GR Herr Astl erscheint um 19.03 Uhr und nimmt ab TOP 3 an der Sitzung teil.
WL Paul erläutert dem Gremium zunächst die Ergebnisse aus dem Jahresabschluss 2020 anhand einer Tabelle mit den Jahresüberschüssen / Jahresfehlbeträgen, unterteilt nach den Betriebszweigen / Teilbetrieben, in welcher zum Vergleich auch die Vorjahre 2018 und 2019 gegenübergestellt sind:
Betriebszweig / Teilbetrieb
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2018
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2019
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2020
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E-Werk
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127.789 €
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85.428 €
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20.287 €
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- Teilbetrieb EW-Netz
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131.388 €
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88.274 €
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-39.436 €
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- Teilbetrieb EW-Vertrieb
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-521 €
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89.166 €
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3.488 €
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- Teilbetrieb EW-Erzeugung mit Breitbandausbau
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879 €
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-78.368 €
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81.248 €
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- Teilbetrieb Moderne Messeinrichtungen
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-3.958 €
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-13.644 €
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-25.014 €
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Wasserwerk
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-135.157 €
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-16.493 €
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31.611 €
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Beteiligungen
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20.820 €
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65.209 €
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68.164 €
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Jahresüberschuss Gemeindewerke gesamt
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13.452 €
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134.144 €
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120.062 €
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Er wies darauf hin, dass die Corona-Krise in 2020 im Betriebszweig E-Werk negative Auswirkungen hatte, welche insbesondere auf einen Rückgang des Stromabsatzes sowie einem geänderten Abnahmeverhalten zurückzuführen sind.
Zudem müsse ein Sondereffekt im Breitbandausbau berücksichtigt werden, bei welchem stattliche Fördergelder für Maßnahmen der Vorjahre zu einem zusätzlichen Plus von rund 81 T€ führten. Ohne diesen Sondereffekt hätte der Jahresüberschuss der Gemeindewerke insgesamt nur rund 40 T€ betragen.
Im Anschluss erläuterte WL Paul anhand dem Lagebericht wichtige Einzelheiten zum Jahresabschluss 2020. Zunächst wies er darauf hin, dass der Lagebericht gemäß § 24 der Eigenbetriebsversordnung vorgeschrieben ist. Der Lagebericht diene dazu, den Geschäftsverlauf des abgelaufenen Geschäftsjahres, das Geschäftsergebnis, die aktuelle Lage sowie die Risiken eines Unternehmens darzustellen.
Wesentliche Aussagen aus den Erläuterungen zum Lagebericht werden im Folgenden wiedergegeben:
Versorgungsgebiet, Infrastruktur:
- Das Stromnetz hat eine Länge von rund 180 km (ohne Hausanschlüsse), hiervon sind 49 km in der Mittelspannung. Es werden rund 3.700 Kunden (Stromzähler) versorgt.
- 2020 wurden 14,2 Mio. kWh ins Oberaudorfer Stromnetz eingespeist. Die Herkunft teilt sich wie folgt auf:
72,4 % vom vorgelagerten Netz (Bayernwerk),
14,0 % vom Wasserkraftwerk Mühlbach,
11,6 % von Photovoltaikanlagen im Gemeindegebiet
(Ende 2020 190 Stück mit einer installierten Leistung von 2.300 kWp),
1,9 % von Blockheizkraftwerken (6 Stück).
- Das Wasserleitungsnetz hat eine Gesamtlänge von 68 km, wobei 1.400 Gebäude versorgt werden. Für die Versorgungssicherheit dienen 8 Hochbehälter und 8 Pumpstationen. 6 Hochbehälter und Teile des Wasserleitungsnetzes sind sanierungsbedürftig.
Allgemeine Entwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020:
- Aufgrund der Corona-Pandemie ging der Stromabsatz in 2020 deutlich zurück (Deutschland 6 %, eigenes Netz 3,75 %). Rückgang des Wasserabsatzes in Oberaudorf 1,1 %.
- Der Rückgang des Stromabsatzes ist jedoch auch ein langjähriger Trend, welcher auf die stetig wachsende Anzahl von Photovoltaikanlagen sowie die Umstellung auf stromsparende Elektrogeräte zurückzuführen ist.
- Der gesamte Stromabsatz ist seit 2010 um 22 % zurückgegangen. Dennoch ist ein leistungsfähiges Stromnetz aufrechtzuerhalten.
- 2020 war geprägt von niedrigen Energiepreisen an der Strombörse EEX, welche jedoch ab Dezember 2020 und im ersten Halbjahr 2021 unerwartet kräftig und stetig anstiegen (erwarteter konjunktureller Aufschwung, CO2-Bepreisung).
- 2020 wurde geprägt von einem Umdenken in der Bevölkerung und in der Politik bezüglich des Klimaschutzes zur Begrenzung der Erderwärmung.
- Die Umstellung im Verkehrssektor auf Elektromobilität ging deutlich voran.
- Stromzähler müssen in den kommenden Jahren zunehmend auf intelligente Messsysteme umgestellt werden (Markterklärung im Februar 2020).
- Der Stromabsatz an Kunden, welche einen anderen Stromlieferanten gewählt haben, blieb in den vergangenen 5 Jahren in etwa konstant (rund 15,4 % vom Gesamtabsatz).
- Wasserverluste im Netz sollen weiter gesenkt werden (24,5 % in 2020).
Vermögenslage:
- Anstieg der Bilanzsumme Ende 2020 auf 8,796 Mio. €. Hauptgrund: Anstieg von Rückstellungen und Verbindlichkeiten, welche auch zu einem höheren Kassenbestand führten.
- Sachanlagevermögen ist auf 5,020 Mio. € um 226 T€ gesunken.
- Die Finanzanlagen (Beteiligungen) verringerten sich auf 188 T€. Hierbei wurde der Rest-Beteiligungswert an der Hocheck Bergbahnen GmbH & Co. KG von 30.529 € aufgebraucht.
- Die Eigenkapitalquote lag Ende 2020 bei 83,3 %.
- Wichtige Investitionstätigkeiten 2020:
• Erneuerung von Strom- und Wasserleitungen
(z. B. Sanierung Bad-Trißl-Straße - Bauabschnitt 1),
• Neubau von Trafostationen,
• Einführung eines Dokumentenmanagementsystems,
• Neubeschaffung eines Laders.
Finanzlage:
- Die Mittel aus Kassenbestand und Forderungen (3,392 Mio. €) überstiegen zum Bilanzstichtag die Rückstellungen und Verbindlichkeiten (1,465 Mio. €) deutlich.
- Alle Investitionen können aus eigener Ertragskraft getätigt werden.
Ertragslage (siehe Tabelle oben):
- Die Umsatzerlöse betrugen 5,354 Mio. € und gingen um 247 T€ zurück, insbesondere wegen dem niedrigeren Stromabsatz.
- EW-Netz: Niedrigere Erlöse bei den Netzentgelten können nach den Vorgaben der Regulierung in den Folgejahren ausgeglichen werden (2022 und 2023).
- In 2020 führte ein geändertes Absatzverhalten aufgrund der Corona-Pandemie zu höheren Kosten bei der Strombeschaffung für den Netzbetreiber (Strombeschaffung für die Netzverluste und Ausgleichsenergiemegen).
- EW-Vertrieb: Durch die Strompreiserhöhung zum 01.01.2020 konnten die Absatzrückgänge etwas ausgeglichen werden.
- EW-Erzeugung mit Breitband: Sondereffekt Zuwendungen Breitbandausbau für Aufwendungen der Vorjahre (+ 81.200 €).
- Moderne Messeinrichtungen: Bei den Stromzählern der Kunden müssen nach den Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes zunehmend „moderne Messeinrichtungen“ und „intelligenten Messsysteme“ eingebaut werden. Hierbei sind in den ersten Jahren die Aufwendungen deutlich höher als die Erlöse.
- Wasserwerk: Durch die Erhöhung der Verbrauchsgebühren zum 01.01.2020 auf 1,21 €/m³ (vorher 1,02 €/m³) konnte nach den Verlusten der Vorjahre wieder ein Gewinn erzielt werden.
- Die Beteiligungen trugen wie in den vergangenen Jahren positiv zum Jahresergebnis bei.
- Die Personalkosten betrugen 2020 1,032 Mio. € und stiegen gegenüber 2019 deutlich an, u. a. wegen der Verstärkung im IT-Bereich.
- 2020 wurden 144.600 € Konzessionsabgaben Strom und 53.450 € Konzessionsabgaben Wasser an die Gemeinde abgeführt.
Auf die Anfrage von GR Herrn Astl, ob man aufgrund des Erfolges mit den Beteiligungen diese nicht ausbauen könnte, teilte WL Paul mit, dass die Beteiligungen historisch gewachsen seien. So habe sich z. B. die Beteiligung an einer Kooperationsgesellschaft bei deren Gründung vor über 20 Jahren, der heutigen KOS Energie GmbH, sehr vorteilhaft entwickelt, da der heutige Beteiligungswert um ein vielfaches höher sei als die damals zu entrichtende Stammeinlage von 2.500 €.
Anmerkung: Die KOS Energie GmbH ist heute eine Kooperationsgemeinschaft von zwölf mittelständischen Stadt- und Gemeindewerken. Sie wurde 1999 gegründet und hatte zum 31.12.2020 ein Eigenkapital von 3,634 Mio. €.
Risiken, Entwicklungen:
- Zum 01.01.2022 wird eine deutliche Erhöhung der Strompreise erwartet, insbesondere aufgrund des kräftigen Anstieges der Stromhandelspreise seit Dezember 2020.
- Die GWO sind ein sehr kleines Versorgungsunternehmen. Die umfangreichen und komplexen Aufgaben eines Stromnetzbetreibers und Stromlieferanten stellen hohe Anforderungen an das Personal. Plötzliche Personalausfälle an Schlüsselpositionen sind ein großes Risiko.
- Geplante Investitionen 2021 und folgend:
• Modernisierung des Leittechniksystems AQASYS.
• Erneuerungen im Mittelspannungs- und Niederspannungsnetz, z. B. in Verbindung mit dem Rückbau von Freileitungen, sowie Erneuerung von sanierungsbedürftigen Wasserleitungen, z. B. auch in Kombination mit Straßenbaumaßnahmen.
• Erneuerung von Trafostationen
• Sanierung von Trinkwasser-Hochbehältern,
ggf. der Bau eines neuen Hochbehälters,
• Neugestaltung der Wassergewinnung in der Mühlau
(Verlegung des Brunnens, neues Wasserschutzgebiet),
• Neuerschließung Grafenherberg (Wasser / Abwasser)
Nach der Vorstellung des Lageberichtes wurde über einzelne Punkt noch kurz diskutiert:
GR Herr Hefter hinterfragte mögliche Trassen für eine Erschließung von Grafenherberg. BGM Bernhardt wies darauf hin, dass in Grafenherberg auch das vorhandene Wasserverteilnetz erneuerungsbedürftig sei.
Zur Umstellung im Verkehrssektor auf Elektrofahrzeuge wurden Argumente hinsichtlich des Für und Wieder ausgetauscht, wie z. B.:
• Durch die Elektromobilität wachse der Bedarf an elektrischen Strom deutlich an, wobei die regenerative (erneuerbare) Erzeugung dieses Energieträgers in Deutschland noch keine 50 % erreicht hat. Daher steigt bei einer Betankung mit Netzstrom grundsätzlich die Menge an Strom an, welcher konventionell erzeugt werden muss.
• Bei einer Betankung mit Strom aus der eigenen PV-Anlage sieht die Öko-Bilanz jedoch deutlich anders aus.
• Für den seit vielen Jahren rückläufigen Stromabsatz der GWO bietet diese Entwicklung auf jeden Fall auch Chancen.