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Sitzung des Werk- und Abwasserausschusses, 11.11.2021
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Die DFMG Deutsche Funkturm GmbH plant an der nördlichen Gemeindegrenze von Oberaudorf südlich des Kirnsteiner Sees einen Funkmast zu errichten (siehe Übersichtsplan im Anhang) und hatte hierfür die erforderlichen Bauanträge eingereicht. Der Bauausschuss der Gemeinde Oberaudorf hat in den Sitzungen am 25.06.2020 und 18.02.2021 den Bauantrag abgelehnt. Dennoch hat das Landratsamt Rosenheim am 15.03.2021 die Baugenehmigung erteilt und hierbei das gemeindliche Einvernehmen ersetzt.
Die DFMG ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG und betreibt deutschlandweit über 31.000 Funkstandorte.
Zur Stromversorgung des Funkmastens stellte ein Bevollmächtigter der DFMG am 14.06.2021 bei den Gemeindewerken Oberaudorf einen Antrag für einen Netzanschluss Strom. In den Antragsunterlagen wird für den Endausbau eine benötigte Leistung von 45 kVA angegeben. Ein vergleichbarer Funkmast in Schweinberg hatte im vergangenen Jahr einen Bedarf von 64.300 kWh.
Mit Schreiben vom 16.07. und 20.08.2021 haben die Gemeindewerke darauf hinwiesen, dass die Herstellung eines Netzanschlusses aufgrund der erforderlichen langen Stromtrasse hohe Investitionskosten verursachen würde und diese von der DFMG zu tragen wären. Hierzu hat die DFMG inzwischen mit Schreiben vom 26.08. und 18.10.2021 signalisiert, die „bei wirtschaftlich effizienter Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung des Netzanschlusses“ zu übernehmen.
Der Standort für den geplanten Funkmast befindet sich noch auf dem Gemeindegebiet von Oberaudorf, so dass die Gemeindewerke aufgrund des Konzessionsvertrages Strom den Netzanschluss prinzipiell für sich beanspruchen können.
Grundsätzlich haben die Gemeindewerke Oberaudorf ein Interesse, Möglichkeiten für einen zusätzlichen Stromabsatz zu nutzen, um dem Anstieg der Netzentgelte und somit der Strompreie entgegenzuwirken.
Zum Für und Wider einer Erweiterung des Stromversorgungsnetzes nach Norden sollen auch Planungen der Autobahndirektion Südbayern (jetzt „Die Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Südbayern“) betrachtet werden und welche bereits mindestens bis 2017 zurückreichen, am Autobahn-Parkplatz Kranzhorn WC-Anlagen zu errichten. Auf Anfrage wurde uns am 11.10.2021 von der Autobahn GmbH mitgeteilt, dass sich die Planungen im Vorentwurfsstadium befinden und der Vorentwurf noch heuer fertiggestellt werden soll. Für die WC-Anlagen werden neben einem Stromanschluss auch ein Wasser- und Abwasseranschluss benötigt.
Das Stromversorgungsnetz der Gemeindewerke Oberaudorf reicht derzeit lediglich bis zum Ortsteil Einfang, siehe „Trafostation Einfang“ auf dem beigefügten Übersichtsplan bzw. zur Kläranlage. Die Gemeindewerke haben bereits verschiedene Varianten für Stromtrassen zum Kirnsteiner See betrachtet:
- Eine Trasse bis zum geplanten Funkmast entlang einer asphaltierten öffentlichen Feldstraße hat eine Länge von rund 1,9 km (dargestellt als „Trasse Blau“). Lediglich ein kleiner Abschnitt am nördlichen Ende ist hier nicht asphaltiert. Entlang dieser Trasse sind Versorgungsleitungen der Telekom verlegt. Die Trasse wird im nördlichen Bereich (Beginn des Waldstückes) von der Gashochdruckleitung der bayernets GmbH sowie der Ölpipeline der Deutschen Transalpine Oelleitung GmbH gekreuzt.
- Eine alternative Trasse, in der Übersicht als „Trasse Grün“ dargestellt, führt über eine überwiegend nicht asphaltierte öffentliche Feldstraße. Sie beginnt an der Trafostation Kläranlage und hat eine Länge von 2,6 km. Bei dieser Trasse ist lediglich der südliche Abschnitt ab dem nördlichen Punkt des Badesees am Husarenweg bis zur Kläranlage asphaltiert.
Entlang der Feldstraße sind jedoch bereits drei Mittelspannungstrassen der Bayernwerk Netz GmbH sowie Leitungen der Telekom verlegt (Bayernwerk: Seit 2018 zwei Trassen mit je 3 x 630 mm² und eine bereits ältere Trasse 3 x 150 mm²). Ob noch zusätzlich eine Mittelspannungstrasse der Gemeindewerke verlegt werden kann, erscheint fraglich und müsste noch eingehend in Abstimmung mit dem Bayernwerk und der Telekom geprüft werden.
Auch diese Trasse wird von der Gashochdruckleitung der bayernets GmbH sowie der Ölpipeline der Deutschen Transalpine Oelleitung GmbH gekreuzt (rund 200 m nördlich des Badesees).
Im nördlichen Abschnitt der „Trasse Grün“ ab dem Autobahn-Parkplatz „Kranzhorn“ verläuft außerdem die geplante Trasse für den Brenner Nordzulauf „Trasse Violett“.
- Die Realisierung einer Stromtrasse östlich der Autobahn erscheint unrealistisch, da auf einer Länge von 300 m der Inndamm unmittelbar an der Schallschutzwand der Autobahn grenzt.
- Denkbar wäre auch eine Verlegung an der westlichen Grundstückgrenze der Autobahn, sofern die Autobahn GmbH zustimmen würde (ggf. als Gegenzug für die Herstellung von Ver- und Entsorgungseinrichtungen für den Autobahn-Parkplatz). An der Grundstücksgrenze befinden sich derzeit mehrere Baumgruppen.
- Eine Trasse über landwirtschaftliche Grundstücke erscheint nicht realisierungsfähig. Es würden vermutlich einige Grundstückseigentümer einer Verlegung nicht zustimmen.
- Ein derartig aufwendiger Netzanschluss für nur einen Funkmast erscheint zunächst sehr aufwendig und unrentabel. Blickt man jedoch die nächsten 10 bis 20 Jahre nach vorne, stellt sich die Frage, ob eine neue Stromtrasse im nördlichen Gemeindegebiet nicht auch für zukünftige Anforderungen von Interesse sein könnte, wie z. B.
- WC-Anlage am Autobahn-Parkplatz „Kranzhorn“ (siehe „P“ im Übersichtsplan bzw. die o. g. Hinweise),
- Schnellladestationen am Autobahn-Parkplatz (Ladeinfrastruktur, z. B für LKW),
- Ausbau regenerativer Energien, z. B. Photovoltaik am westlichen Randstreifen der Autobahn, Windkraft an der nördlichen Gemeindegrenze,
- Bau Brenner-Nordzulauf in einigen Jahren, z. B. Bereitstellung Baustrom.
Für diese Optionen erscheint die längere Trasse Grün interessanter zu sein, wenngleich eine Verlegung aufgrund der vorhandenen Untergrundbelegung ungesichert ist (siehe oben).
Bei Trasse Blau ist zu berücksichtigen, dass der Asphalt noch in einem sehr guten Zustand ist und es schade wäre, diesen aufzuschneiden. Ebenso ist man hier vom Autobahn-Parkplatz „Kranzhorn“ rund 300 m entfernt.
Im Bereich des geplanten Standortes des Funkmastens verläuft bereits eine Stromtrasse der Bayernwerk Netz GmbH. Sollten die Gemeindewerke auf einen Stromanschluss verzichten, wäre dies ggf. eine alternative Versorgungsmöglichkeit, wobei dann die Gemeindewerke Oberaudorf von zukünftigen Entwicklungen ausgeschlossen werden könnten. Ebenso bliebe dann der Anschluss des Autobahn-Parkplatzes „Kranzhorn“ an die Strom- und Wasserversorgung sowie Abwasserentsorgung ungeklärt.
Um belastbare Kosten für einen möglichen Netzanschluss zu erhalten, haben die Gemeindewerke vom Ingenieurbüro ROPLAN eine Kostenberechnung durchführen lassen. So ist bei Variante Blau mit Kosten von rund 362.000 €, bei Variante Grün mit Kosten von rund 334.000 € zu rechnen (jeweils netto ohne MwSt, inkl. 10 % Planung und Bauüberwachung, Mittelspannungstrasse 3 x 150 mm², mit Trafostation am Funkmast). Für einen möglichen zukünftigen Ringschluss wäre zu überlegen, auch ein Leerrohr mitzuverlegen. Die Anschlusskosten für Strom, Wasser und Abwasser des Autobahn-Parkplatzes Kranzhorn sind bei den o. g. Preisen noch nicht enthalten.
Diskussionsverlauf
WL Paul stellte den Sachverhalt dar und berichtete über den bisherigen Schriftwechsel mit der Deutschen Funkturm GmbH. Er betonte, dass es den Gemeindewerken nicht alleine um die Versorgung eines Funkmastens gehe, sondern die weitere Entwicklung entlang einer geeigneten Trasse mit möglichen zusätzlichen Stromabnehmern im Mittelpunkt stehe. Für die Gemeindewerke in der Rolle als Stromnetzbetreiber wäre es wichtig, der Tendenz des sinkenden Stromabsatzes in den vergangenen Jahren entgegenzuwirken, damit das Delta der höheren Netzentgelte gegenüber anderen Netzbetreibern nicht weiter ansteige.
BGM Bernhard und WL Paul wiesen darauf hin, dass mit dem heutigen Beschluss eine Entscheidung getroffen werden soll, ob das Stromversorgungsnetz der Gemeindewerke zur nördlichen Gemeindegrenze am Kirnsteiner See erweitert und der DFMG ein Angebot unterbreitet werden soll. Welche Trasse die beste Eignung habe und technisch realisiert werden kann, wäre dann im nächsten Schritt zu prüfen und festzulegen.
BGM Bernhardt zeigte sich davon überzeugt, dass in Zukunft entlang einer Trasse zur nördlichen Gemeindegrenze ein zusätzlicher Strombedarf entstehen werde.
Aus seiner Sicht wäre eine geeignete Trasse, um z. B. auch den Autobahn-Parkplatz Kranzhornstraße mit Wasser und Abwasser erschließen zu können, die nicht asphaltierte Gemeindestraße zwischen den Trassen Blau und Grün. Diese Trasse ende am landwirtschaftlichen Grundstück von Herrn Waller, wobei dieser bereit wäre, einer weiteren Verlegung durch sein Grundstück Richtung Autobahnparkplatz zuzustimmen (siehe folgenden Ausschnitt - rote Strichlinie):
WL Paul äußerte Bedenken, weil im Bereich dieser Gemeindestraße unmittelbar die violette Trasse des geplanten Brenner-Nordzulaufes verlaufe. BGM Bernhard verwies hier auf die laufenden Vorplanungen, ggf. die Verknüpfungsstelle etwas nach Westen in den Bereich der vorhandenen Bahnlinie zu verschieben.
Auf Anfrage aus dem Gremium wies er auch darauf hin, dass im Bereich der bisher vorgesehenen Trasse zum Brenner-Nordzulauf noch keine Veränderungssperre festgelegt wurde.
Insgesamt sprach sich der Werkausschuss einstimmig dafür aus, der DFMG ein Angebot für einen Stromanschluss zu unterbreiten. Daher wurde von den beiden Beschlussvorlagen die erste befürwortet, die zweite abgelehnt.
Beschluss 1
Die DFMG Deutsche Funkturm GmbH plant die Errichtung eines Funkmastens südlich des Kirnsteiner Sees auf dem Gebiet der Gemeinde Oberaudorf. Für die Stromversorgung der Sendeanlagen hat die DFMG bei den Gemeindewerken Oberaudorf einen Antrag auf einen Netzanschluss Strom gestellt. Da die DFMG inzwischen mitgeteilt hat, die bei wirtschaftlich effizienter Betriebsführung entstehenden Kosten für einen Anschluss zu übernehmen, hat sie um ein konkretes Kostenangebot für die Herstellung des Netzanschlusses angefragt. Der Werkausschuss spricht sich dafür aus, der DFMG hierfür ein Angebot zu unterbreiten und bei Annahme desselben durch die DFMG mit den Ausführungsplanungen für eine geeignete Trasse zu beginnen.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 6, Dagegen: 0
Beschluss 2
Der Werkausschuss spricht sich dagegen aus, der DFMG Deutsche Funkturm GmbH ein Angebot für einen Stromanschluss am geplanten Standort für einen Funkmast am Kirnsteiner See zu unterbreiten und stattdessen der DFMG vorzuschlagen, einen Antrag für einen Netzanschluss Strom bei der Bayernwerk Netz GmbH zu stellen. Das den Gemeindewerken Oberaudorf im Konzessionsvertrag Strom grundsätzlich eingeräumte Recht zur Stromversorgung im Konzessionsgebiet würde dann für den Funkmast der Bayernwerk Netz GmbH abgetreten, sofern diese bereit ist, den Anschluss herzustellen.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 6
Datenstand vom 18.11.2021 18:57 Uhr