Daten angezeigt aus Sitzung:
8. Sitzung des Gemeinderates, 30.05.2017
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Die Gemeinde Oberaudorf beabsichtigt, in naher Zukunft die gemeindliche Kläranlage (Abwasserbeseitigungsanlage) zu ertüchtigen. Hierzu fanden bereits mehrere Gemeinderats-Sitzungen (z. B. 27.10.2015, 27.09.2016, 02.03.2017), sowie eine Sonderbürgerversammlung (16.03.2017) statt. Dabei wurden der Gemeinderat und die Anwesenden umfassend über den Sachstand, die Rechtslage und die weitere Vorgehensweise informiert.
Mit Schreiben der Gemeinde Oberaudorf vom 28.07.2015 wurde Frau Rechtsanwältin Bettina Radlbeck (öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige) u. a. mit der Erstellung von Beitrags- und Gebührenkalkulationen beauftragt. Im Hinblick auf die regelmäßig durchzuführenden Kalkulationen, auch im Zusammenhang mit der anstehenden Ertüchtigung, ist zum 01.01.2018 der Erlass geänderten Ortsrechts (z. B. BGS-EWS) beabsichtigt. Damit Frau Radlbeck die Kalkulationen fortsetzen, bzw. termingerecht abschließen kann, bedarf es einiger Grundsatzbeschlüsse des Gemeinderates Oberaudorf.
Hierfür sind insbesondere die Vorschriften des KAG (Kommunalabgabengesetz) einschlägig (Art. 1 f. KAG).
- Kalkulationszeitraum
Der Kalkulationszeitraum gem. Art. 8 Abs. 6 Satz 1 KAG soll höchstens 4 Jahre umfassen und sich von 2018 mit einschließlich 2021 erstrecken.
- Refinanzierungsquotient Verbesserungsbeitrag / Gebühren
Der Gemeinderat Oberaudorf wurde mehrfach und umfassend über die Möglichkeiten der Quotierung von Verbesserungsbeitrag / Gebühren und den sich jeweils daraus ergebenden Schlussfolgerungen informiert. Nunmehr bedarf es der endgültigen Festsetzung eines Quotienten zur Verteilung der Investitionskosten Ertüchtigung Kläranlage auf Verbesserungsbeiträge und/oder Gebühren. Mischformen zwischen Beiträgen und Gebühren (Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KG) sind zulässig.
- Angemessene Verzinsung des Anlagekapitals
Zu den Gebührenfähigen Kosten gehört auch eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals (Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG). Anlagekapital ist das im Anlagevermögen gebundene Kapital (Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich Abschreibungen, § 87 Nr. 2 KommHV-Kameralistik). Die Verzinsung des Anlagekapitals stellt auf kalkulatorische Zinsen ab, wobei nicht zwischen einer Verzinsung von Eigen- oder Fremdkapital unterschieden wird. Eine weitergehende gesetzliche Konkretisierung erfolgte bislang nicht.
Ab dem Haushaltsjahr 2012 wurde der Zinssatz (Verzinsung Restbuchwerte) von 4,00 % p. a. auf 3,00 % p. a. gesenkt. Im Hinblick auf den aktuellen Durchschnittszinssatz sämtlicher längerfristiger Fremddarlehen der Gemeinde Oberaudorf (31.12.2016, ca. 2,27 % p. a. nach Darlehenssummen, ca. 2,45 % p. a. nach Zinssätzen) empfiehlt die Verwaltung die Beibehaltung des bisherigen Zinssatzes während des Kalkulationszeitraums.
- Abschreibungssätze (Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG)
Im Zuge der Beitrags- und Gebührenneukalkulation 2012 erfolgte eine Anpassung der Abschreibungssätze. Diese teilen sich dzt. grob wie folgt auf:
- Bauwerke Afa 1,78 – 10,00 %
- Maschinen, Einrichtungen Afa 4,00 – 10,00 %
- weitere Einrichtungen Afa 10,00 – 20,00 %
- BGA, Fahrzeuge, Werkzeuge Afa 5,00 – 25,00 %
- Kanalisation Afa 1,71 – 9,59 %
- Hausanschlüsse AfA 1,67 % - 1,74 %
Die Verwaltung empfiehlt, grds. die Beibehaltung der bisherigen Abschreibungssätze, soweit möglich. Abweichungen, bzw. Sätze für bisher nicht verwendete Anlagegüter sind sachgerecht zu ermitteln, bzw. zu begründen.
Diskussionsverlauf
Einleitend erinnert der Erste Bürgermeister Herr Hubert Wildgruber an die bisherigen Sitzungen und Beschlussfassungen, nicht zuletzt an die Sondersitzung am 02.03.2017 und die Sonderbürgerversammlung am 16.03.2017. Bislang wird von Investitionskosten in Höhe von 6,5 Mio. € ausgegangen, wobei darauf hingewiesen wird, dass die wahrscheinlichen endgültigen Gesamtkosten erst nach Ausschreibung und Vergabe feststehen können.
Nach Einleitung durch den Ersten Bürgermeister Herr Hubert Wildgruber melden sich reihum einzelne Gemeinderatsmitglieder zu Wort:
Herr Magnus Waller: Die gesamte Angelegenheit wurde aus seiner Sicht ausgiebig und umfassend diskutiert. Er schlägt daher vor, den Quotienten auf 50 % / 50 % nach Verbesserungsbeitrag und Gebühren zu setzen. Gleichzeitig sollten die Grundgebühren um ca. 10 % angehoben werden. Außerdem regt er eine analoge Anwendung auf die Beitrags- und Gebührenzahler im Bereich der Fäkalschlammentsorgung an. Die Erhebung von Vorausleistungen auf den Verbesserungsbeitrag sollte in 2 Raten erfolgen.
3. Bürgermeister Max Resch: Aus persönlicher Sicht wäre ihm eine Quotierung von 80 % / 20 % (Verbesserungsbeitrag / Gebühren) lieber. Im Hinblick auf die unterschiedlichsten möglichen Einzelsichtweisen wäre eine Quotierung von 60 % / 40 % oder 50 % / 50 % auch möglich.
2. Bürgermeister Alois Holzmaier: Aufgrund der Rückmeldungen nach der Sonderbürgerversammlung und vielen Einzelgesprächen mit Beteiligten hält er eine Quotierung 50 % / 50 mit Anhebung der Grundgebühren für die sozial verträglichste Lösung. Er verweist noch darauf, dass es sich bei der geplanten Maßnahme nicht um einen kompletten Neubau handelt, sondern nach Möglichkeit einzelne Anlagenteile so weit als möglich weiter verwendet werden sollten.
Herr Hannes Rechenauer: Nach vielen Einzelgesprächen mit Beteiligten wären – je nach Sichtweise – viele Quotierungen möglich. Im Sinne des gerechten Ausgleichs der jeweiligen Interessen schlägt er eine Quotierung von 50 % / 50 % vor. Außerdem sollten die jeweiligen Satzungen sonst nach Möglichkeit unverändert bleiben. Herr Rechenauer drückt deutlich seinen Unmut über die aktuelle Rechtslage zur Entscheidung über die Vergabe von Fördermitteln aus und ruft die Verwaltung auf, intensiv nach evtl. Fördermöglich Ausschau zu halten. Außerdem sollte der Kostenplanungsrahmen zumindest eingehalten werden. Abschließend verweist er auf ähnliche Projekte in Nachbargemeinden; selbst bei Umsetzung der geplanten Maßnahme läge die Beitrags- und Gebührenbelastung deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt.
Frau Andrea Wögerbauer: Aus rein fiskalischer Sicht wäre ein möglichst hoher Beitragssatz wünschenswert. Im Sinne des gerechten Interessenausgleichs schlägt sich auch eine Quotierung 50 % / 50 % vor.
Herr Stephan Bruhn: Er schließt sich den Vorrednern hinsichtlich der Quotierung 50 % / 50 % an, rät aber die Festsetzung und Ergebung von mindestens 2 Vorausleistungsraten beim Verbesserungsbeitrag.
Herr Hans Seebacher: Er empfindet eine vollständige Umlegung auf Verbesserungsbeiträge (Quotierung 100 % / 0 %) für die gerechteste Lösung und verweist insbesondere auf erschlossene, aber unbebaute Flächen und Flächenleerstände. Eine andere, wie von ihm vorgeschlagene Quotierung würde seiner Meinung nach zu einer unsozialen Bevorteilung von Vermögenden führen.
Herr Martin Gruber sieht die ganze Thematik als „heikel“ an und mahnt an, eine Lösung zu finden, die der Gerechtigkeit am nahsten kommt.
Beschluss
- Der Kalkulationszeitraum erstreckt sich von 2018 mit 2021.
Abstimmung: 15:0
- Der Quotienten nach Verbesserungsbeitrag und Gebühren ist auf 50 % / 50 % zu setzen. Gleichzeitig sollten die Grundgebühren um ca. 10 % angehoben werden. Außerdem soll nach Möglichkeit eine analoge Anwendung auf die Beitrags- und Gebührenzahler im Bereich der Fäkalschlammentsorgung, sowie die Erhebung von Vorausleistungen auf den Verbesserungsbeitrag in 2 Raten erfolgen.
Abstimmung: 14:1
Das Gemeinderatsmitglied Herr Hans Seebacher stimmt gegen den Beschlussvorschlag und bittet um Dokumentation seines Abstimmungsverhaltens im Protokoll.
- Der Zinssatz für die angemessene Verzinsung des Anlagevermögens beläuft sich im Kalkulationszeitraum auf wie bisher 3,00 % p. a..
Abstimmung: 15:0
- Die bisherigen Abschreibungssetze werden beibehalten. Abweichungen, bzw. Sätze für bisher nicht verwendete Anlagegüter sind sachgerecht zu ermitteln, bzw. zu begründen.
Abstimmung: 15:0
Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0
Datenstand vom 08.06.2017 09:49 Uhr