Vollzug des Baugesetzbuches (BauGB) - Bebauungsplan "Schwetzendorf II"; Beratung und Beschlussfassung über die während der Beteiligung der Öffentlichkeit durch Auslegung eingegangenen Stellungnahmen und Anregungen (§ 3 Abs. 2 BauGB)


Daten angezeigt aus Sitzung:  9. Gemeinderat, 06.09.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Pettendorf) 9. Gemeinderat 06.09.2018 ö beschließend 2

Sachverhalt

1. 
Mit Schreiben vom 06.08.2018, eingegangen am 10.08.2018, geben die Rechtsanwälte Schlachter und Kollegen aus Regensburg namens ihrer Mandantin, Frau Emilie-Sofie Rauch, folgende Stellungnahme ab:

„Die Planung sieht ein Mehrfamilienhaus bzw. zwei Mehrfamilienhäuser mit maximal fünf Wohneinheiten für den sozialen Wohnungsbau vor. Auch wenn nur von „Mehrfamilienhaus" die Rede ist, interpretiert unsere Mandantin dies doch als „versteckten" sozialen Wohnungsbau, da immer davon die Rede ist, der Anteil der Sozialwohnungen auf ihrem Grundstück solle mindestens 30% betragen.

Es fragt sich, warum hierfür gerade auf dem Grundstück unserer Mandantin (Fl.Nr. 1276) ein entsprechender Bedarf gesehen wird, angesichts der Fläche von etwa 3.000 m2 und „Altbestand". Demgegenüber wurde vor wenigen Jahren ein Bebauungs- und Grünordnungsplan „Pettendorf Südwest" aufgestellt mit 62 Parzellen, also einem riesigen neu ausgewiesenen Bauland, wo überhaupt nichts für den sozialen Wohnungsbau getan wurde, obwohl sich derlei bei dieser Größe gewiss angeboten hätte.

Durch diese Maßnahmen (Bebauungsplan für sozialen Wohnungsbau, Veränderungssperre, etc.) verliert das Grundstück unserer Mandantin erheblich an Wert. Dies wird sie nicht hinnehmen. Dabei stellt sich uns schlussendlich die Frage nach der Erforderlichkeit der Planung, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ja auch geeignet sein müsste, für die Durchsetzung einer bestimmten Planungsabsicht. Wie aber soll die Planung realisiert werden, wenn ja noch nicht einmal die Verfügbarkeit der überplanten Flächen gesichert ist? Über die Behandlung unserer Einwendungen wollen Sie uns unaufgefordert informieren.“

Stellungnahme Verwaltung:
Der zunehmende Bedarf an sozialem Wohnungsbau führt in Stadt- und Landkreis Regensburg zu einem dringenden Handlungsbedarf, auch bezahlbaren Wohnraum durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Die Stadt Regensburg hat wiederholt die Landkreiskommunen aufgefordert, diese erhöhten  Anforderungen an den sozialen Wohnungsbau in der Bauleitplanung zu berücksichtigen. Vor allem auch für junge Familien mit geringerem Einkommen ist bezahlbarer Wohnraum im Großraum Regensburg unzureichend vorhanden. Im Landkreis Regensburg ist ein Bedarf von ca. 1.000 zusätzlichen Sozialwohnungen prognostiziert, vgl. hierzu z. B. die Berichterstattung in der MZ vom 22.02.2016. Gerade bei den Anrainergemeinden Regensburgs entsteht zudem ein erhöhter Nachfragedruck nach bezahlbarem Wohnraum, da hier die Grundstücks- und Mietpreise sich noch stärker an der (Miet-) Preissituation der Stadt Regensburg orientieren.

Die Aufstellung dieses Bebauungsplans stellt sicher, dass bei einer möglichen Bebauung die zunehmend bedeutenden Aspekte der sozialgerechten Bodennutzung im ausreichenden Umfang gewährleistet werden.

Der Gemeinderat hat bereits beim Aufstellungsbeschluss abgewogen, dass sich die Fläche insbesondere zur Verwirklichung eines Angebots zum sozialen Wohnungsbau eignet. Die unmittelbar gegenüberliegende Bushaltestelle in Verknüpfung auch mit den Schulbusverkehren gewährleistet den Anschluss an den Hauptort. Spielplatz, Anbindung an das Radwegenetz und die nahe Naherholungseinrichtung „Schwetzendorfer Weiher“ sind weitere positive Faktoren.

Bei der Aufstellung von Bauleitplänen hat die Gemeinde im Rahmen ihrer Planungshoheit unstreitig die Möglichkeit bei Bauleitplanungen auch Belange des sozialen Wohnungsbaus zu berücksichtigen, vgl. u. a. § 1 Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB und § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB. Dies gilt unabhängig von der Eigentumsfrage.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das ins Feld geführte Argument der Wertminderung nicht greift, da eine Investition in den sozialen Wohnungsbau auch für Kapitalanleger interessante Fördermöglichkeiten eröffnet. Die Planungen im Bereich Schwetzendorf II berücksichtigen zudem in einem besonders ausgewogenen Verhältnis Flächen für den privaten Gebrauch und Standorte für den sozialen Wohnungsbau. Eine unverhältnismäßige  Wertminderung durch sozialen Wohnungsbau ist nicht zu erwarten, da a) auch Sozialwohnungen ausreichend Einnahmen zur Refinanzierung erwarten lassen und b) die Gestaltung des Areals auch städtebaulich ein verträgliches Nebeneinander  unterschiedlicher Einkommensschichten ermöglicht.

Auch die Argumentation, dass beim Bebauungsplan „Pettendorf Südwest“ keine Flächen für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen waren, greift nicht. Die Bauleitplanung Pettendorf Südwest greift auf eine Konzeption zurück, die weit vor 2010 entstanden ist. Die Problematik des sozialen Wohnungsbaus ist erst nach Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans verstärkt an den ländlichen Raum, respektive die Gemeinde Pettendorf, herangetragen worden. Für die Planung „Pettendorf Südwest“ war der heutige Betrachtungswinkel und auch die allgemeinen Aspekte für den sozialen Wohnungsbau im ländlichen Raum nicht relevant.

Unter Berücksichtigung des Abwägungsgrundsatzes nach § 1 Abs. 7 BauGB ist die Festsetzung einer Quote für den sozialen Wohnungsbau mit 30 % unter Berücksichtigung der ausgewogenen Bebau- und Nutzbarkeit zulässig. Ebenso entstehen für den Eigentümer keine erkennbaren Wertminderungen, die einem enteignungsgleichem Eingriff nahe kommen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Bauleitplanung der Gemeinde auch für den Eigentümer eine geordnete Bebaubarkeit und optimale städtebauliche Nutzung seiner Flächen sicherstellt.

Der Gemeinde wurde ein Kaufangebot unterbreitet, sie hat hier deutliches Interesse bekundet und würde im Falle eines Zuschlages zu vertretbaren Grundstückspreisen die Aufgabe des sozialen Wohnungsbaues in dieser untergeordneten Größe umsetzen.

Beschluss:

Der Gemeinderat teilt die Stellungnahme der Verwaltung. Die Rechtsanwälte sind hiervon in Kenntnis zu setzen.

11 : 1  Stimmen

2.
Maria-Luise und Michael Seidl, Hans- Jürgen und Martina Gratzl, Schwetzendorf, Schreiben vom 05.08.2018:

a) Das mögliche Gebäude auf der Parzelle 4 mit einer zulässigen Wandhöhe von 9,00 m und 3 Wohneinheiten ist definitiv zu hoch und beeinträchtigt die Grundstücke FI.Nrn. 1412 und 1276/2, Gemarkung Pettendorf.

Begründung: Die geplante Höhenentwicklung stimmt nicht mit den vorhandenen Gebäuden in der näheren Umgebung überein, zudem wird eine ungewollte Sichtbeziehung zu den o.g. Grundstücken befürchtet.

b) Des Weiteren erscheint die geplante Anzahl an Stellplätzen für die Parzellen 3, 4 und 5, so wie sie derzeitig im Bebauungsplanentwurf vorgesehen sind, nicht ausreichend. Für die Parzellen 3 und 5 sind für jeweils 2 Wohneinheiten nur zwei Stellplätze und für die Parzelle 4 für 5 Wohneinheiten nur fünf Stellplätze vorgesehen.

Begründung: Pro Wohneinheit sollten eine Mindestanzahl von zwei Stellplätzen zur Verfügung gestellt werden um einen voraussichtlichen Bedarf an Stellplätzen zu decken. Ist dies nicht gegeben wird eine erhebliche Beeinträchtigung des Straßenverkehrs durch geparkte PKWs in den umliegenden Straßen (Aubergstraße, Am Hirtenacker) erwartet.

Stellungnahme Planer:

zu a):
Die auf Parzelle 4 geplanten Gebäude sind der Hangsituation angepasst und erreichen aufgrund der Festsetzungen Wandhöhen von ca. 400 m üNN. Dies entspricht der Höhensituation auf den Fl.Nr. 1412 und 1276/2, diese Grundstücke liegen ca. 2 bis 3 m unter dem Planniveau der Parzelle 4. Die geplanten Gebäude befinden sich zudem im Norden der genannten Grundstücke, insofern ist eine Beeinträchtigung durch Beschattung nicht gegeben. Zudem ist die Abstandsflächenregelung der Bayerischen Bauordnung gem. Art. 6 Abs. 4 - 6 einzuhalten.

Beschluss:
Der Gemeinderat nimmt die Einwendung zur Kenntnis, Änderungen sind dadurch keine veranlasst.

7 : 5   Stimmen

zu b):
Nach Ziff. 1.5 der textlichen Festsetzungen sind 2 Stellplätze je Wohneinheit nachzuweisen. Dies entspricht der Stellplatzverordnung und wird als ausreichend erachtet. Für die Parzelle 4 sind ebenfalls 2 Stellplätze je Wohneinheit, also zehn Stellplätze berücksichtigt. Eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs in den umliegenden Straßen durch parkende PKW ist nicht zu erwarten.

Beschluss:
Der Gemeinderat nimmt die Einwendung zur Kenntnis, Änderungen sind dadurch keine veranlasst.

12 : 0   Stimmen



3.
Auf Vorschlag der Gemeinderäte Dotzler und Simbeck sieht der Gemeinderat die Notwendigkeit, bei gleicher Zahl der Wohneinheiten die Planung auf der Parzelle 4 (hier Gebäude 2) von 3 Vollgeschossen nochmals zu überprüfen. In bisherigen Bebauungsplänen wurden max. 2 Vollgeschosse festgesetzt. Es wird befürchtet, hier einen Präzedenzfall zu schaffen, der bei weiteren Entscheidungen im Bauausschuss Probleme bereiten würde.

Beschluss:
Der Gemeinderat erkennt durch die Festsetzung auf 3 Vollgeschosse eine Abweichung von der bisherigen Praxis der Genehmigung von max. 2 Vollgeschossen und ersucht die Verwaltung und den Planer um eine alternative Planung bei gleicher Zahl an Wohneinheiten.

12 : 0   Stimmen

Diskussionsverlauf

Die Gemeinderäte Dotzler und Simbeck sehen in der Planung mit 3 Vollgeschossen eine Abweichung von der bisherigen Praxis und erachten 2 Vollgeschosse bei gleicher Wohnungsanzahl  als ausreichend. Es würde womöglich ein Präzedenzfall für künftige Baugebiete und Entscheidungen im Bauausschuss über Vorhaben im Innenbereich geschaffen.

Zweiter Bürgermeister Weigl weist darauf hin, dass in der heutigen Sitzung nur über die eingegangenen Stellungnahmen/Anregungen abzustimmen ist. Der Vorschlag wird dennoch zur Prüfung weitergeleitet. Allerdings ist er schon verwundert, da die bisher vorliegenden Festsetzungen einstimmig mitgetragen wurden.

Herr Putz von der Verwaltung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass heute ohnehin kein Satzungsbeschluss gefasst werden kann und das Verfahren aufgrund verschiedener Änderungen in verkürzter Form erneut durchgeführt werden muss.

Beschluss

Der Gemeinderat teilt die Stellungnahmen der Verwaltung bzw. des Planers. Die Einspruchsführer sind hierüber in Kenntnis zu setzen. Eine Änderung der Planung ist aufgrund der Stellungnahmen zunächst nicht veranlasst.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.11.2018 13:29 Uhr