Der Gemeinderat beschloss in seinen Sitzungen vom 03.03. und 12.05.2016 die Fa. Lehmann + Partner, Erfurt, mit der Durchführung der digitalisierten Bestands- und Zustandserfassung der gemeindlichen Straßen und Wege zu beauftragen.
Nach zeitlichen Verzögerungen liegt nun ein Zwischenergebnis vor, welches in der heutigen Sitzung durch den Vertreter der Fa. Lehmann und Partner, Herrn Diplom-Mathematiker Kai Weltzien, vorgestellt wird.
Herr Weltzien erläutert, dass mit dem Projekt 2016 begonnen wurde. Im ersten Schritt wurden die Basisdaten, d. h. alle für eine Befahrung in Frage kommenden Straßen und Wege der Gemeinde Pettendorf in Zusammenarbeit mit dem Bauamt erfasst. Das Netz umfasst ca. 62 Kilometer Straßen und Wege, von denen 44 Kilometer von der Gemeinde als relevant befunden und im Jahr 2017 befahren wurden. Im zweiten Schritt erfolgte die Auswertung der Daten. Die Befahrung zeigt im Ergebnis den Zustand des jeweils untersuchten Straßen- bzw. Wegeabschnitts aus vier Betrachtungswinkeln, bildet aber auch Punkt- und Linienobjekte des Straßeninventars ab. Zu den erfassten Punktobjekten gehören z. B. 1.206 Bäume, 509 Einlauf- und Sinkkasten sowie 475 Verkehrszeichen, die Linienobjekte umfassen 11 Schutzplanken, 747 Borde und 545 Bordrinnen. Für alle erfassten Straßen, Wege und Objekte wurden referenzierte Geodaten hinterlegt, die eine exakte räumliche Zuordnung ermöglichen. Eine Übertragung in das Geoinformationssystem ist ebenso möglich, wie der Aufbau eines Katasters.
Ein besonderer Schwerpunkt der Untersuchung war der eigentliche Straßenzustand. Hierzu werden mit einem aufwendigen Mess- und Rechenverfahren im 20m-Raster aus einer großen Menge von Bilddaten Zustandsgrößen visualisiert und analysiert. Der festgestellte Straßenzustand wird dann, ähnlich einem Notensystem, vom Wert 1,0 (Neubauzustand) bis hin zum Wert 5,0 (sofortige Maßnahmen erforderlich) kategorisiert. Ein festgestellter Straßenzustand von 3,5 gilt als Warnwert, d. h. ab diesem Wert sollten aktive Maßnahmen begonnen werden, um schwerwiegende Folgemängel zu vermeiden. Ab 4,5 ist der Schwellenwert erreicht, der unverzügliche Maßnahmen erforderlich macht.
Aus der Praxis zeigt sich, dass umfangreiche Sanierungsmaßnahmen eingespart werden können, wenn durch geeignete Maßnahmen das Netz erhalten wird. In der Gemeinde Pettendorf zeigte sich, dass die Straßen im Quervergleich zu anderen Kommunen des Projektanten in einem guten bis sehr guten Zustand sind. So sind 76,87 % des untersuchten Straßenbereichs im Zustandsbereich von 1,0 bis 2,49, 19,30 % im Zustandsbereich bis 3,49 und lediglich 3,72 % an der Grenze zum Warnwert von 4,5. Akuter Handlungsbedarf besteht für nur
0,11 % des Wegenetzes.
Hinweis der Verwaltung: Hierzu ist anzumerken, dass besonders schlechte Straßen und Wege, wie der Kellerweg in Reifenthal, die Gartenstraße in Neudorf, die Hummelbergstraße in Adlersberg, die Zufahrtsstraße Zum Aichahof und der Quellenweg in Schwetzendorf im Sanierungsprogramm aufgenommen wurden und ab 2019 saniert werden. Diese decken im Wesentlichen die knapp 4 % des „schlechten“ Straßen- und Wegenetzes ab.
Herr Weltzien setzt fort, dass trotz des vergleichsweise gut erhaltenen Straßennetzes eine kontinuierliche Instandhaltung dringend zu empfehlen ist. Kostenrechnungsmodelle zeigen, dass die ständige Unterhaltung des Straßen –und Wegenetzes im Ergebnis wirtschaftlicher ist, als große Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.
Gemeinderat Dr. Schweiger fragt nach, ob die Werte auf rein mathematischen Modellen beruhen und ob die Beurteilung der Schadensparameter referenziert ist.
Herr Weltzien erläutert hierzu, dass die Werte das Ergebnis aus einer mathematischen Gewichtung der gewonnenen Echt-Parameter ist. Die Zuordnung zu den Schadensklassen 1,0 bis 5,0 beruht auf Grundlage der vom Bund empfohlenen Standards, die per se auf die Klassifizierung von Bundesfernstraßen aufgebaut wurde. Für Innerortsstraßen gelten aufgrund der niedrigeren gefahrenen Geschwindigkeiten jedoch andere Grenzwerte. Gemeinderätin Mühlenberg bittet um Erläuterung, ob die gewonnen Daten über eine Beschreibung der Objekte hinausgeht. Sie erhofft sich, dass zu neuralgischen Punkten Detailinformationen feststellbar sind, die in ein Sachdokument übergeführt werden.
Herr Weltzien erläutert hierzu, dass die übermittelten Daten eine präzise Auswertung aller erfassten Parameter ermöglicht. Eine Ortseinsicht und die Durchführung von Detailuntersuchungen vor möglichen Sanierungsmaßnahmen lassen sich jedoch durch die Ergebnisse der Zustandserfassung nicht vollständig ersetzen. Auf Rückfrage von Dr. Schweiger, wieviel von der Funktionalität im gemeindlichen Geoinformationssystem wiedergefunden wird, erläutert Herr Weltzien, dass die hierfür erforderliche Abstimmung mit der GIS Service GmbH Regensburg noch abschließend erfolgt und zudem ein Viewer kostenfrei mitgeliefert wird. Die Funktionalität im GIS-System ist auf dem erfassten Datenstand gewährleistet.
Auf Rückfrage aus dem Gemeinderat, in welchem Zeitraum die Untersuchungen wiederholt werden sollten, informiert Herr Weltzien, dass Bund und Länder im Rhythmus von vier Jahren die Untersuchungen wiederholen. Im kommunalen Bereich ist ein Zeitraum von 7 bis 10 Jahren denkbar. Aufgrund des Straßenzustands der Gemeinde Pettendorf ist eine Ausweitung auf den 10-jährigen Turnus vertretbar. Er weist jedoch auch darauf hin, dass im kommunalen Bereich noch nicht so viele Erfahrungen vorliegen, wie auf Bundes- und Landesebene. Entscheidend ist, dass die Kommunen ihrer Unterhalts- und Überwachungspflicht im gesetzlichen Rahmen nachkommen. Hierfür ist die Straßenzustandsermittlung ein Mittel der ersten Wahl, ersetzt jedoch nie die notwendigen Sichtprüfungen im Rahmen der Bauhofroutine.
Bürgermeister Obermeier bedankt sich für die Ausführungen. Im Gemeinderat besteht kein weitergehender Diskussionsbedarf. Eine Abstimmung erfolgt nicht.