Bürgermeister Obermeier eröffnet die Gemeinderatssitzung und begrüßt den Fachreferenten, Herrn Wolfgang Gröll, der den Gemeinderat über die grundsätzlichen Überlegungen und Abläufe der Struktur- bzw. Marktanalyse informiert. Herr Gröll erläutert eingangs, dass die Einrichtung von Stadtteilläden, Bürgerläden oder Dorfläden üblicherweise in kleineren Städten und Gemeinden meist dann diskutiert wird, wenn die fehlende oder rückläufige Nahversorgung, gepaart mit einem offensichtlichen Desinteresse der Lebensmittelkonzerne, am Standort festzuhalten, festzustellen sind. Um die örtlichen Notwendigkeiten zu analysieren und zudem eine optimale Versorgungsituation zu erreichen, ist die bereits von der Gemeinde Pettendorf beauftragte Strukturanalyse sehr gut geeignet.
Im Rahmen einer Strukturanalyse können der örtliche Bedarf an Einzelhandelsinfrastruktur valide analysiert und Potentiale ausgelotet werden. Insbesondere lassen sich zielführende Maßnahmen einleiten, die den Missstand meist erfolgreich beseitigen. Gängige Maßnahmen in Gemeinden der Größenordnung Pettendorfs sind z. B. Bürgerläden als genossenschaftliches Engagement oder Dorfläden als kommunales Projekt.
Denkbar sind auch Mischmodelle in denen privates und bürgerschaftliches Engagement gefördert und zusammengeführt werden. Es zeigt sich im Übrigen zunehmend, dass der rein ehrenamtlich geführte Dorfladen tendenziell nicht geeignet ist, dauerhaft die Infrastruktur sicherzustellen. Generell ist daher ein inhabergeführter Laden einem ehrenamtlich geführten Geschäft vorzuziehen. Der Dorfladen, so Gröll, ist heutzutage „hybrid“, d. h. er vermengt Themen der Infrastruktur und des Handels wie Regionalität, Bio, Begegnungsstätte, Bistro, Gemeinschaft, etc.
Als wichtige Bausteine der Strukturanalyse, gelten daher die
- Bürgerbefragung (Wo, was, wie?)
- daraus resultierend die Beantwortung der Frage, welche Erwartungen an den Laden gestellt werden
- und im Ergebnis, ein Modellentwurf für die möglichen Betriebs- und Beteiligungsformen
Hierzu erfolgt im Voraus eine allgemeine Infoveranstaltung, den Haushalten werden im repräsentativen Umfang im Regelfall geeignete Fragebögen zugestellt, die einer weitergehenden Analyse unterzogen werden. Aus diesen Ergebnissen lassen sich dann weitere Schlüsse ziehen, welche Lösungen weiter verfolgt werden sollten. Nach der Strukturanalyse folgt nach entsprechender Festlegung des „Kurses“ der Gründungs- und Umsetzungsprozess. Herr Gröll weist darauf hin, dass auch die Begleitung des Gründungsprozesses und insbesondere des Umsetzungsprozesses bis hin zur schwarzen Null Inhalt des Projektes sind.
Gemeinderat Bink fordert, die Infoveranstaltung schnellstmöglich durchzuführen, um die Bürgerinnen und Bürger für das Thema zu sensibilisieren. Es ist vor allem zu bedenken, dass ein längeres Zuwarten immer mehr Abwanderungstendenzen zugunsten der Einkaufsmöglichkeiten im Umland nach sich ziehen dürfte.
Auf die Rückfrage aus dem Gemeinderat wie lange die Implementierung eines Dorfladens dauert, verweist Herr Gröll auf ein Projekt, bei dem der Dorfladen bereits nach sieben Wochen in die Tat umgesetzt werden konnte. Jedoch sind diese kurzen Laufzeiten eher die Ausnahme als die Regel und sind auch nur dann möglich, wenn grundsätzliche Strukturen angelegt waren.
Im Rahmen der nun bevorstehenden Einleitung des Analyseprozesse ist auf Anraten von Herrn Gröll auch anzudenken, in welchen Ortsteilen die Einrichtung einer Nahversorgung sinnvoll erscheint.
Bürgermeister Obermeier informiert in diesem Zusammenhang darüber, dass im Rahmen der Dorferneuerung Kneiting auf Grundlage einer Einschätzung des ALE aus dem Jahr 2007 die Errichtung eines Dorfladens bei einer Einwohnerzahl unter 1.000 generell als problematisch erachtet wurde.
Herr Gröll erwidert hierzu, dass zur weiteren Gültigkeit dieser Feststellung die damalige Versorgungssituation betrachtet werden müsste und zudem die aktuellen Rahmenbedingungen einbezogen werden sollten. Allgemein gilt, dass der Wettbewerbsdruck in Läden mit kleinerer Verkaufsfläche geringer ist. Als kleiner gelten z. B. Läden in der Größenordnung von ca. 70 bis 150 m².
Gemeinderat Dr. Bosl plädiert dafür, sich im Rahmen der Strukturanalyse nicht auf den Standort Pettendorf zu reduzieren, sondern auch offen für Alternativen zu sein. Gemeinderat Meyer ergänzt hierzu, dass nichts dagegen spricht an mehreren Standorten aktiv zu sein. Durch einen Dorfladen dürfte im Ortskern der betroffenen Ortsteile „mehr Leben“ stattfinden. Auch ist
die Erreichbarkeit für ältere Mitmenschen im Ortskern besser.
Auf die Rückfrage bezüglich einer Einkaufskooperation von Ortsteilläden an verschiedenen Standorten erläutert Herr Gröll, dass sich diese Modelle weitgehend nicht bewährt haben. Das Dorfladenkonzept lebt vor allem auch von der Individualität der einzelnen Läden bzw. Standorte.
Gemeinderat Achhammer argumentiert, dass ein Laden mit Bistro zu bevorzugen wäre. Gerade die zunehmende Tendenz, dass auch werktags außerhalb gegessen wird, verlangt neben dem Einkaufen auch die Möglichkeit kleine Speisen und Getränke einzunehmen.
Gemeinderätin Muehlenberg kann sich ebenfalls ein dezentrales Modell, also eine Ansiedlung in verschiedenen Ortsteilen gut vorstellen. Kurze Wege und die Möglichkeit die Einkäufe zu Fuß zu erledigen machen diese Vorgehensweise sehr attraktiv und ermöglichten auf das Auto zu verzichten.
Auf Rückfrage von Gemeinderat Dotzler bestätigt Herr Gröll, dass eine Marktanalyse auch das Ergebnis bringen kann, dass der Betrieb eines klassischen Supermarktes durch einen Lebensmittelkonzern die beste Wahl ist. Herr Gröll empfiehlt jedoch den Prozess ergebnisoffen zu starten. Erst nachdem das Wie und Wo geklärt wurde, kann die Zulieferseite analysiert werden.
Im Gemeinderat entsteht nach kurzer Diskussion ein Konsens darüber, dass Infoabende in den Ortsteilen Pettendorf und Kneiting stattfinden sollen.
Diesbezüglich finden in den nächsten Tagen noch weitergehende Abstimmungen zwischen Herrn Gröll und der Verwaltung satt.