Vollzug der GO; Bürgerantrag nach Art. 18b GO, Wiederaufnahme der Bauleitplanung Reifenthal Nord II


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Gemeinderat, 16.01.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Pettendorf) 1. Gemeinderat 16.01.2025 ö beschließend 3

Sachverhalt

Ausgangslage
Mit Schreiben vom 19.09.2024 (Eingang 27.09.2024) wurde ein Bürgerantrag bei der Gemeinde Pettendorf eingereicht, der die „Beschlussfassung über die Fortführung des Bauleitplanverfahrens Reifenthal Nord II auf Basis der angepassten Planungen des Architekturbüros Gebauer und Wittmann-Architekten, Regensburg“ zum Inhalt hat. Zu Grunde gelegt wurde dem ein neuer Planentwurf (siehe Anlage).

Der Bürgerantrag wurde im Oktober von der Verwaltung hinsichtlich seiner formellen und materiellen Zulässigkeit geprüft. Der Antrag ist auf Grundlage des Art. 18b Abs. 1 bis 3 GO geprüft worden: 

Die Verwaltung hat am 18.10.2024 die abschließende Feststellung über die Zulässigkeit getroffen, da alle Kriterien erfüllt sind. 

Da über die Zulässigkeit des Antrages nicht fristkonform innerhalb des regulären Sitzungsturnus des Gemeinderats der Gemeinde Pettendorf vom Gemeinderat entschieden werden konnte, erfolgte die Feststellung des Ergebnisses und die Mitteilung an den Vertretungsberechtigten auf Grund von Art. 37 Abs 3 GO durch den Ersten Bürgermeister. Eine Sondersitzung konnte aus organisatorischen Gründen nicht einberufen werden. Die Antragssteller wurden über die Zulässigkeit am 18.10.2024 formlos in Kenntnis gesetzt. 

Der Gemeinderat wurde nach Art. 37 Abs. 3, Satz 2 GO über das Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung unter „Anfragen und Bekanntgaben“ in der Sitzung am 07.11.2024 informiert. Diese Vorgehensweise wurde den Antragstellern zusätzlich schriftlich mitgeteilt. 

Der Gemeinderat der Gemeinde Pettendorf hatte mit der ursprünglichen Planung zum Projekt „Reifenthal Nord II“ die Realisierung von Flächen für einen Nahversorger (Lebensmitteleinzelhandel), die Errichtung von seniorengerechten Wohnangeboten, die Errichtung eines Teilstückes der geplanten Umgehungsstraße und der Schaffung von Bauland für Einfamilien- und Doppelhäusern vorgesehen. Auf Grundlage der kontroversen Diskussionen im Vorfeld wurde vom Gemeinderat entschieden, die weitere Umsetzung der Planvorstellungen vom Ergebnis eines Bürgerentscheides abhängig zu machen. Das Ratsbegehren wurde am 22.05.2022 durchgeführt, eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat sich gegen die Bauleitplanung entschieden. 
Dies hat aber nur eine zeitlich begrenzte Bindungswirkung.

Ein Antrag vom 29.06.2022 der Fraktionen UwB Pettendorf, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zur 
Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses vom 03.02.2022 zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Bereich der Fl.Nrn. 1266, 1266/2, 1266/3 (T.), 1266/5, 1266/8, 1270 (T.) zur Planung Reifenthal Nord II fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Ein weiterer Antrag der UwB vom 24.1.2023 auf Zurückstellung von weiteren Planungskonzepten für das Planungsgebiet Reifenthal Nord II wurde in der öffentlichen Sitzung vom 2.3.2023 ausführlich diskutiert, der Antrag 1:13 Stimmen abgelehnt.

Bereits hier wurde die Einschätzung des Gemeinderates deutlich: 
Auch besteht innerhalb des Gemeinderates einstimmiger Konsens über die weitere Vorgehensweise, die auch klar die Aussage hat, dass der Entscheidungsprozess zum Seniorenforum erst zu einem Ergebnis geführt wird und erst dann weitere Entscheidungen getroffen werden. Dies wurde wiederholt vom Bürgermeister im Seniorenforum, in den Bürgerversammlungen, im Umweltforum und zuletzt im Workshop der Akteure kommuniziert.
Im Gemeinderat wurde nach mehrfacher Diskussion und der aufwendigen Erarbeitung von möglichen Lösungsansätzen entschieden, für das Seniorenwohnen am Hauptort Pettendorf Möglichkeiten zu realisieren. Gleichzeitig wurden die Überlegungen zur Ansiedlung eines Supermarktes in Reifenthal vorerst zurückgestellt, insbesondere um den Erfolg und den dauerhaften Bestand des PettenDorfladens längerfristig „erproben“ zu können. 

An dieser grundsätzlichen Haltung hat sich aus Sicht des Bürgermeisters nichts geändert. Die Fläche insgesamt eignet sich auch zukünftig für eine städtebauliche Entwicklung. Dies wurde auch im Rahmen des ursprünglichen Verfahrens mit den Fachbehörden abgeklärt. Sie entspricht auch den Aussagen im Leitbild, städtebauliche Entwicklungen vornehmlich entlang der Achse Pettendorf Reifenthal- Kneiting anzusiedeln.

Grundsätzlich ist also die Entwicklung der Fläche zukünftig weiterhin vorstellbar. 

Eine aktuell notwendige Entwicklung wird derzeit aus folgenden Gründen nicht gesehen:

  • Seniorenwohnen:
Derzeit befindet sich die Gemeinde Pettendorf in Gesprächen mit Grundstückseigentümern in Pettendorf, die ihre Grundstücke u. U. an die Gemeinde Pettendorf veräußern würden und die sich voraussichtlich auch für das „Seniorenwohnen“ nutzen lassen. Dieser Prozess befindet sich in Abklärung mit den Fachstellen und wird jedoch noch längere Zeit beanspruchen, so dass man noch nicht von einer tragfähigen Sicherstellung des Seniorenwohnens in Pettendorf sprechen kann. 
Insbesondere sind nach den vorbereitenden Abklärungen

    •        Finanzierbare Erwerbsoptionen zu sichern
    • Konkrete Interessenten für Entwicklung (Investoren) und Betrieb (Träger)

zu finden.

  • Supermarkt/ Nahversorgung: 
die Entwicklung im PettenDorfladen ist grundsätzlich positiv, auch wenn mittelfristige Risiken nie auszuschließen sind. Dies wird dem Gemeinderat vierteljährlich aus dem Geschäftsbericht erläutert. 

Somit ist aktuell die Nahversorgung als gesichert zu betrachten.

  • Baulandentwicklung:
Die Gemeinde Pettendorf stellt momentan mit den Baugebieten
    • Solner Breite III
    • An der Hauptstraße
    • Schwetzendorf II
    • Schwetzendorf Auberg
    • Am Riedfeld
    • Zur Alten Mühle I und II

ausreichend Wohnbauflächen zur Verfügung. Diese sollten sich zumindest in größeren Teilen in der Umsetzung befinden oder abgeschlossen sein, ehe weitere Bedarfe erforderlich werden. Zudem war die Wohnfläche im Gebiet Reifenthal Nord II v.a. auch für die Erfüllung des Anbindegebots erforderlich.

Der Bürgerantrag enthält auch einen konkreten Planungsvorschlag als Basis weiterer Entwicklungen:

Der neue Planentwurf (Konzeptstudie) der dem Bürgerantrag zugrunde liegt, sieht 
eine Gesamtfläche von 32.580 m², aufgeteilt in

  • 5.950 m² Flächen für einen Lebensmittelvollsortimenter 
  • 6.750 m² Flächen für das Seniorenwohnen 
  • ein Wohngebiet, dass mit 12.800 m² festgesetzt werden soll, beispielsweise 11 Einzelhäuser und 13 Doppel- und Reihenhäuser vorgesehen.
  • eine neu zu schaffende Ringstraße mit 2.650 m²
  • Sowie eine Erweiterungsfläche von 4.400 m²

Diese Planung unterscheidet sich von der bisherigen Beschusslage durch:

  • Eine insgesamt um ca. 0,8 ha reduzierte Fläche
  • Die Situierung des Supermarktes: auch wenn nach Aussagen des Entwurfsverfassers der Marktbetreiber diese Variante für akzeptabel hält, hätte dies zur Folge, dass auch überörtlicher Verkehr ausschließlich über die Pettendorferstraße geführt würde. Dies kann zu einer erheblichen Erhöhung des innerörtlichen Verkehrs führen, was ursprünglich ausdrücklich nicht gewollt war.
  • den Wegfall des Teilbereiches der Ortsumgehungstraße mit direkter Anbindung an die R 39. Das Verkehrsaufkommen in der Pettendorferstraße liegt bei durchschnittlich 1.800 Kfz/die und würde hier deutlich reduziert werden können. 

Diskussionsverlauf

Bürgermeister Obermeier erläutert den Sachverhalt. Insbesondere stellt er die bisherige Vorgehensweise des Gemeinderates und der Verwaltung im Zusammenhang mit dem Findungsprozess zum Seniorenwohnen dar. 

Da der Gemeinderat eine Ansiedlung des Seniorenwohnens am Hauptort vorsieht und hierfür auch Grundstücksoptionen am Hauptort gegeben sind, ist diese Möglichkeit vorrangig zu prüfen. Erst wenn die Möglichkeiten am Hauptort ausgeschlossen werden können, ist ein Alternativstandort, z. B. in Reifenthal, anzudenken. Bis dahin ist aus seiner Sicht eine Wiederaufnahme der Planung nicht erforderlich. Zum Planungsentwurf selbst ist anzumerken, dass dieser ca. 8.000 m² weniger Fläche vorsieht, aber auch nicht die ursprünglich favorisierte Anbindung an die Umgebungsstraße dargestellt. Im Anschluss an den einleitenden Vortrag verliest Bürgermeister Obermeier nochmals den Antrag vom 19.09.2024 im vollständigen Wortlaut und bittet um Diskussion im Gemeinderat. 

Gemeinderätin Vetter-Löffert bedankt sich für die ausführliche Darstellung des Bürgermeisters und beginnt die Diskussion mit dem Einwand, dass das Beschlussvorschlag 1 verwendete Adjektiv „grundsätzlich“ im juristischen Sinn die ursprüngliche Planungsüberlegung aus 2022 nicht ausschließt. Dies sei aus ihrer Sicht nicht statthaft, da damals knapp 60 % der Wählerinnen und Wähler die Planung abgelehnt haben. Änderungen sind aus ihrer Sicht nur durch ein neues Rats- oder Bürgerbegehren sinnvoll. Bürgermeister Obermeier erwidert hierzu, dass es nicht um die originäre Planung geht, sondern darum, dass das Areal Reifenthal Nord II an sich für eine gemeindliche Entwicklung in Frage kommt. Insbesondere auch dann, wenn sich keine geeigneten Flächen für das Seniorenwohnen am Hauptort realisieren lassen. Insoweit bezieht sich die Formulierung auf die allgemeine Möglichkeit, die Fläche künftig bedarfsgerecht entwickeln zu können. Dies steht auch nicht im Widerspruch zum Ratsbegehren, da sich dieses mit einem konkreten Planungsentwurf auseinandersetzte. 

Gemeinderat Dr. Bosl stimmt den Ausführungen des Bürgermeisters zu und erinnert daran, dass es mehrere eindeutige Beschlusslagen zum weiteren Vorgehen gibt. Bezüglich des Seniorenwohnens liegt die Priorität in Pettendorf, insoweit gibt es hier eine klare Kursvorgabe aus dem Gemeinderat. Dr Bosl betont weiterhin, dass beim Ratsbegehen eine kontrovers diskutierte, konkrete Planung eines Investors abgelehnt wurde. Diese Betrachtung kann und darf sich nicht dauerhaft auf die städtebauliche Entwicklung des Gebietes im Allgemeinen beziehen. 

Gemeinderätin Muehlenberg schlägt vor, den Beschlussentwurf dennoch anders zu formulieren. Es sei klar, dass die städtebauliche Entwicklung weiterhin gegeben sein muss, dennoch sollte durch Beschluss klargestellt werden, dass die Fortführung der Bauleitplanung auf der Fläche in Reifenthal (vorerst) nicht weiterverfolgt wird. Bürgermeister Obermeier sieht hier keinen Widerspruch und erkennt keine Notwendigkeit, den vorliegenden Beschlussvorschlag zu ändern. Hierzu besteht seitens der Gemeinderätin Muehlenberg eine abweichende Sichtweise. Sie schlägt daher vor, den Beschlussvorschlag Nr. 1 so abzuändern, dass die Bauleitplanung auf der Fläche in Reifenthal nicht weiterverfolgt wird. 

Gemeinderat Bink meldet sich zu Wort und weist nochmals darauf hin, dass das Thema mehrmals und ausführlich im Gemeinderat behandelt wurde. Eine deutliche Mehrheit war im Gemeinderat dafür, dass das Gebiet als Option bestehen bleibt. Insoweit sind die vorliegenden Beschlussvorschläge inhaltlich nicht zu beanstanden, da sie keine Hintertür öffnet sondern weiterhin eine sachliche Auseinandersetzung möglich macht. Dies widerspricht insoweit auch nicht dem Ergebnis des Bürgerentscheids. 

Gemeinderätin Muehlenberg bittet nochmals darum, den Beschlussvorschlag wie folgt anzupassen: „Die Fortführung der Bauleitplanung auf der Fläche in Reifenthal wird vorerst nicht weiterverfolgt“. 

Bürgermeister Obermeier schlägt vor, zuerst über den Beschlussvorschlag zu Nr. 1 der Verwaltung abstimmen zu lassen. Findet dieser keine Mehrheit, soll über den Beschlussvorschlag von Frau Muehlenberg abgestimmt werden. 

Beschluss 1

Der Gemeinderat hält an der grundsätzlichen Entwicklung des Gebietes als Option weiterhin fest.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 4

Beschluss 2

Die aktuelle Wiederaufnahme nach dem geänderten Entwurf wird abgelehnt. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Gemeinderätin Muehlenberg hat ursprünglich gegen den Beschlussvorschlag Nr. 2 gestimmt. Dies beruhte auf dem Irrtum, da sie von der Behandlung ihres Beschlussverschlags ausging. Sie bittet daher um Korrektur, da sie ebenfalls gegen die Wiederaufnahme der Planung stimmen wollte. Dem Änderungswunsch wird aus dem Gemeinderat nicht widersprochen.

Datenstand vom 07.03.2025 08:31 Uhr