Vollzug der Straßenausbaubeitragssatzung; Antrag der FW-Fraktion auf Aussetzung des Vollzugs der SAB


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Gemeinderat, 01.02.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Pettendorf) 2. Gemeinderat 01.02.2018 ö beschließend 2

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 21.01.2018 beantragte die Fraktion der Freien Wähler Pettendorf den Vollzug der Straßenausbaubeitragssatzung bis zur Entscheidung über die Abschaffung durch den Landesgesetzgeber auszusetzen.

Aus dem Schreiben vom 21.01.2018:

„Antrag der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat Pettendorf auf Aussetzen der Ausbaubeitragssatzung (ABS)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr verehrte Gemeinderätin und Gemeinderäte,

die Fraktion der Freien Wähler Pettendorf beantragt:

Die Verwaltung wird beauftragt die offen Beiträge der Ausbaubeitragssatzung (ABS) nicht einzuziehen.
Es sollen auch keine neuen Bescheide verschickt werden.

Hierzu ist die Entscheidung des Bayrischen Landtags abzuwarten.

Der Gemeinderat Pettendorf möchte doch hierzu in seiner nächsten Sitzung einen Beschluss herbeiführen.

Im Auftrag der FW-Fraktion
gez.
Bernhard Weigl
Fraktionssprecher


Stellungnahme der Verwaltung

Dass von den Freien Wählern vorgesehene Volksbegehren zur Abschaffung der Straßenausbaubeträge und die Absichtserklärung der Bayerischen Staatsregierung (vss. im weitgehenden Einvernehmen mit allen Fraktionen im Landtag) die Straßenausbaubetragssatzung abzuschaffen, bildet de jure keine verbindliche Grundlage für die Aussetzung des Satzungsvollzugs. Inwieweit der Gesetzgeber in einer möglichen Neufassung des Art. 5 KAG eine materielle Grundlage für eine echte oder unechte Rückwirkung, z. B. für die  Rückerstattung von bereits bezahlten Beiträgen bildet, ist ebenfalls unklar. Insoweit wäre aus verwaltungsrechtlicher Sicht kein Grund gegeben, der die Anwendung der bestehenden Satzung auf Grundlage der geltenden Rechtslage ausschließt.

Gleichzeitig ist mit der Erhebung und Beitreibung von weiteren Beiträgen ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand verbunden. Bis zur Klärung der endgültigen Rechtslage erscheint es daher bereits aus verfahrensökonomischen Gründen geboten, auf die weitere Erhebung von Vorauszahlungen zu verzichten, da im Rahmen der Rechtsänderung unter Umständen sogar rückwirkend von der Beitragserhebung abgesehen wird  und somit (vorhersehbar) unnötige und zeitaufwändige Arbeitsschritte bei der anordnenden Stelle (Bauamt, Kämmerei) und vollziehenden Stelle (Gemeindekasse) erforderlich werden.

Auch ist zu beachten, dass Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG eine Ermessensentscheidung bezüglich der Erhebung von  Vorauszahlungen vorsieht. Es stünde der Gemeinde daher grundsätzlich zu, auf Vorauszahlungen zu verzichten. Dabei ist allerdings einschränkend zu berücksichtigen, dass die Gemeinde bereits Vorausleistungsbescheide erlassen hat, somit deren Vollzug nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 4 VwGO aussetzen kann.    

Da es trotz der vergleichsweise klaren Aussage der politisch Verantwortlichen nicht abschließend sicher ist, ob überhaupt und ab wann der Gesetzgeber die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschließt und es zudem offen ist, ob eine rückwirkende Regelung getroffen wird, sollte die Aussetzung des Vollzuges vorerst bis 31.12.2018 befristet werden. Wird der Gesetzgeber bis dahin nicht über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge entschieden haben, ist ein erneuter Beschluss über die weitere Vorgehensweise auf Grundlage der dann aktuellen Sachlage zu fassen.

Keinerlei Rechtsgrund besteht für die Rückerstattung bereits erhobener Beiträge. Auch ausstehende Zahlungen, deren Fälligkeit bis einschließlich 31.01.2018 eintrat, sind vom Aussetzen der Vollziehung nicht betroffen. Säumige Zahlungen werden im Rahmen der Abgabenordnung weiter verfolgt. Auch die Einlegung von Widersprüchen entfaltet keine aufschiebende Wirkung, vgl. hierzu auch § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.  

Nach endgültiger Klärung der Rechtslage ist auch über mögliche Stundungsfälle, z. B. bei landwirtschaftlicher Nutzung, neu zu entscheiden.

Diskussionsverlauf

Bürgermeister Obermeier erläutert den Sachverhalt. Im Gemeinderat findet sich schnell ein Konsens darüber, dass die Aussetzung der Vollziehung, zumindest bis zur Herbeiführung der Rechtsklarheit durch den Gesetzgeber, unnötige Arbeit in der Verwaltung vermeidet. Die Befristung stellt zudem sicher, dass keine Festsetzungsverjährung eintreten kann. Bürgermeister Obermeier informiert, dass auch der Bayerische Gemeindetag zur Aussetzung der Vollziehung rät. Dieser erwartet aber auch konstruktive Vorschläge der Staatregierung, wie künftige Straßenausbaumaßnahmen gerecht und praxisorientiert finanziert und wie die zahlreichen Rechtsprobleme gelöst werden sollen.

Beschluss

Die Verwaltung wird beauftragt den Vollzug der Straßenausbaubeitragssatzung bis zur endgültigen Entscheidung über die neue Rechtslage, längstens jedoch bis 31.12.2018, auszusetzen. Die Aussetzung des Vollzugs gilt nicht für bereits erlassene Bescheide, deren Fälligkeit bis 31.01.2018 eintrat.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 15.05.2018 16:22 Uhr