Gemeindeentwicklung; Information über die Standortbewertung der Fachstellen zur Ansiedlung eines Vollsortimenters in Kneiting


Daten angezeigt aus Sitzung:  12. Gemeinderat, 04.11.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Pettendorf) 12. Gemeinderat 04.11.2021 ö beratend 4

Sachverhalt

In Zusammenhang mit der Suche nach Entwicklungsflächen für einen Vollsortimenter wurden im Vorfeld verschiedene Flächen (insgesamt 3 Standortvorschläge) im Gemeindegebiet in Betracht gezogen und von der Regionalplanungsstelle der Regierung der Oberpfalz bewertet. Diese hielt nur den Standort nördlich von Reifenthal als mit der Landesplanung vereinbar. Hinzu kam auch im Frühjahr 2021 ein weiterer Standortvorschlag in Kneiting auf der Fl.Nr. 112, Gemarkung Kneiting. Die Fläche liegt gegenüber des Ortsbereiches Kneiting an der Straße „Zur Alten Mühle“ (Bild). Auch diese Fläche wurde nochmal von der Regierung und den Fachstellen im Landratsamt in einem Fachstellen-Scoping bewertet.

Diesen Standort stellte ein Entwickler in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung vor und signalisierte dem Gemeinderat, dass die Grundstücke hierfür vertraglich bereits gesichert wären und auch ein möglicher Betreiber eines Vollsortimenters eine Zusage gegeben hätte. Der mögliche Betreiber war nachfolgend in der Sitzung und wurde zur Thematik der in Betracht kommenden Standorte gehört.

Der Standort wird in der Sitzung gezeigt und sowohl die Lage im Landschaftsschutzgebiet wie auch die Lage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet HQ 100 eingeblendet. In einer weiteren Karte wird die Objektlage um die Karte HQ extrem ergänzt (Anlagen).

Die kompletten Aussagen der Fachstellen liegen seit langer Zeit den Gemeinderäten vor, sodass auf einen Vortrag im Einzelnen verzichtet wird. Die städtebauliche Bewertung durch den Gemeinderat war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu entscheiden und wird auch hier nicht bewertet.

Im Ergebnis wurde der Standort Kneiting bis auf das Wasserrecht im Grundsatz als gut realisierbar eingeschätzt. Das Wasserrecht ist jedoch an diesem Standort von erheblichem Belang und die Aussagen waren bereits aus dem Scoping heraus aus Sicht der Verwaltung eindeutig negativ.

Nachdem diese Aussage im Gemeinderat teilweise nicht entsprechend gewichtet wurde oder zumindest ab- bzw. wegwägbar erschien, zudem noch überlegt werden sollte, durch Drehen von Gebäudekörpern einen positiven Effekt zu erreichen, wurde beim Sachgebiet Wasserrecht im LRA ein Besprechungstermin vereinbart, an dem der 3. Bürgermeister Weigl mit dem Entwickler teilnahm.

Vorab wurde mit Mail vom 02.09.2021 durch die Sachgebietsleitung Wasserrecht nochmal die bisherige Sichtweise bekräftigt:

§ 78 Abs. 1 WHG verbietet die Ausweisung neuer Baugebiete im Überschwemmungsgebiet (hier: festgesetztes der Donau). Wenn eine Baugebietsausweisung gewünscht wird, muss eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 2 WHG beantragt werden. Erfolgversprechend ist dieser Antrag nur, wenn alle Ausnahmetatbestände des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 9 und des Satzes 2 WHG erfüllt sind. Im vorliegenden Fall würde es – wie in 99,9% der Fälle – an der Nr. 1 scheitern „Keine andere Möglichkeit der Siedlungsentwicklung“, wenn die Gemeinde selber schon eine Alternative in Reifenthal außerhalb des ÜSG sieht. Zudem ist bei der Ausweisung neuer Baugebiete auch § 78b Abs. 1 Nr. 1 WHG „Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten“ zu beachten, da das Risikogebiet (= HQ extrem) bis vor zur Straße „Zur Alten Mühle“ geht.

Das Landratsamt wird – selbst, wenn alle anderen Ausnahmetatbestände vorliegen würden - keine Ausnahmegenehmigung erteilen, wenn das Sondergebiet für den Einkaufsmarkt auch woanders im Gemeindegebiet ausgewiesen werden könnte.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sich aus der Wassertiefenkarte des Umweltatlasses ergibt, dass sich bei einem HQ100 Wassertiefen bis zu 4,00 m auf der Fl.Nr. 112, Gemarkung Kneiting, ergeben können; der Standort auf der Fl.Nr. 112 ist nicht der Geschickteste.

Trotz dieser Aussage wurde der Termin wahrgenommen. Hier wurde noch versucht, durch Drehung des Baukörpers zur Straße hin die Auswirkungen zu optimieren und Zustimmung zu erreichen. Im Verlauf des Gespräches konnte die Bewertung nicht verändert werden. Im Ergebnis teilte mir Herr Biersack bei einem nachfolgenden Termin im Rathaus persönlich mit, dass er seine Bemühungen einstellt und den Antrag zurückzieht.

Diskussionsverlauf

Bürgermeister Obermeier erläutert den Sachverhalt.

Gemeinderätin Muehlenberg weist darauf hin, dass trotz der Feststellung der Fachbehörden und der festgesetzten Grundlagendaten aus ihrer Sicht durchaus die Möglichkeit besteht, den Standort Kneiting zu realisieren. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass alternative Standorte, z. B. in Reifenthal ggf. nicht umgesetzt werden können. 

Bürgermeister Obermeier weist nochmals auf die Rechtssystematik des § 78 WHG hin, der bereits im ersten Punkt eine Bauleitplanung im festgesetzten Überschwemmungsgebiet eindeutig ausschließt, wenn es Alternativstandorte gibt. Dabei sei es nicht zielführend, die Alternativlosigkeit künstlich zu konstruieren, da es de facto einen Alternativstandort gibt, der planungsrechtlich realisierbar ist. 

Gemeinderätin Muehlenberg erwidert, dass ihr diese Systematik durchaus bewusst sei, dennoch zeige die Praxis das Ausnahmen möglich sind. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass häufig auch die Berechnungsgrundlagen mit Fehler behaftet seien, so dass bei einer erweiterten Untersuchung durchaus abweichende Sichtweisen möglich sind. Diese Aussage wird von Gemeinderat Dotzler unterstützt, der aus beruflicher Praxis gerade bei Baumaßnahmen für die Deutsche Bahn AG nach Nachberechnungen Korrekturen durch das WWA erfolgten. Im Anschluss erinnert Gemeinderätin Muehlenberg daran, dass der Bauausschuss entgegen der jetzt gezeigten Haltung Einzelbauvorhaben in Mariaort befürwortete, die ebenfalls im Überschwemmungsbereich liegen. 

Gemeinderat Dr. Bosl widerspricht und macht hierzu deutlich, dass der Bauausschuss bei solchen Vorhaben regelmäßig einstimmig das Einvernehmen verweigert hat und eine Genehmigung durch das Landratsamt Regensburg mit entsprechenden Auflagen erfolgte. Es wird von Bürgermeister Obermeier ergänzend angefügt, dass es sich hier um Einzelvorhaben handelte, nicht um einen Bauleitplan. 

Gemeinderat Weigl weist darauf, dass auch er ein absoluter Befürworter für den Standort Kneiting war, jedoch die Faktenlage nach dem Gespräch mit dem WWA und dem Entwickler kaum eine Chance für eine Realisierbarkeit aufzeigte. Insbesondere wären aufwändige Untersuchungen erforderlich, die eine jahrelange Verzögerung mit unsicheren Ausgang nach sich zögen. Hierzu ist der Investor auf seine Kosten sicher nicht bereit. Gemeinderätin Vetter-Löffert wirft ein, dass es ihr im Kontext mit dem Vorhaben nicht klar sei, wieso der Kindergarten in Kneiting realisiert werden durfte, der augenscheinlich noch tiefer liegt. Bürgermeister Obermeier widerspricht dieser Einschätzung und weist darauf hin, dass die objektiven Höhendaten eine andere Aussage treffen. 

Gemeinderat Bink moniert, dass es grundsätzlich vorgesehen war nur die Information über die Standortbewertung zu erhalten. Nicht vorgesehen war, eine erneute, ausschweifende Diskussion zu führen und merkt kritisch in Richtung Gemeinderätin Muehlenberg an, dass ihre Zweifel an der Sichtweise der Fachstellen deutlich zu weit geht. 

Beschluss

Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zur Kenntnis. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Gemeinderat Dr. Bosl ist während der Abstimmung abwesend.

Datenstand vom 30.12.2021 14:57 Uhr