Modernisierung von Bebauungsplänen am Beispiel der Nr. 4 "Predigtstuhlstraße"


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 23.02.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss (Gemeinde Piding) 10. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 23.02.2021 ö 11

Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Herr Schuster teilt mit, in der Dezembersitzung des Bauausschusses wurde die Verwaltung beauftragt, im Hinblick auf die Wohnraumbeschaffung ein Bebauungsplan-Änderungsverfahren für das gesamte Plangebiet Bebauungsplan Nr. 4 „Predigtstuhlstraße“ bis zur Februarsitzung 2021 zu prüfen und die Kostenfrage zu klären.

Der Eigentümer der Predigtstuhlstr. 4, Fl. Nr. 758/5, stellte Ende 2020 eine Bauvoranfrage zur Anhebung des Dachgeschosses. Aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 „Predigtstuhlstraße“ zu Höhenangaben und Fußpfetten verstößt dies aber gegen die Grundzüge der Planung. Diese Sichtweise der Gemeinde wird vom Landratsamt geteilt, dieses hat daher dem Antragsteller die Rücknahme der Bauvoranfrage empfohlen.

Durch die Änderung des Bebauungsplans kann zusätzlicher Wohnraum geschaffen und somit Innenverdichtung betrieben werden, der bereits vorhandene Bauwunsch kann umgesetzt sowie Baurecht für die Nachbarn geschaffen werden.
Da ein Grundzug der Planung betroffen ist, kann das Änderungsverfahren nicht nach dem vereinfachten, sondern muss nach dem regulären Aufstellungsverfahren durchgeführt werden. Dies bedeutet im Wesentlichen die zusätzliche frühzeitige Beteiligungsphase.
Hierzu muss ein Planungsbüro beauftragt werden, da sich die Höhenänderung auch auf andere Werte, wie z. B. Abstandsflächen und Geschossflächenzahl, auswirkt.
Dem Bebauungsplan Nr. 4 „Predigtstuhlstraße“ wohnt die Besonderheit inne, dass trotz seiner Gültigkeit seit 1967 erst die Hälfte des beplanten Gebiets tatsächlich bebaut ist.

Die Kostenfrage ist hier deutlich schwieriger zu beantworten, da überhaupt zusätzliche Kosten eines externen Dienstleisters entstehen würden. Die Übernahme der Kosten für das Änderungsverfahren durch die Gemeinde ist unzulässig, da hier das städteplanerische Erfordernis fehlt: Es gibt zumindest derzeit nur einen realen Interessenten für eine Gebäudeerhöhung. Zwar könnten alle Eigentümer von Grundstücken des Bebauungsplans diese mögliche Gebäudeerhöhung nutzen, aber nur die Hälfte des Gebiets ist bebaut bzw. verkauft. Die Gemeindeverwaltung sieht keine rechtlich haltbare Möglichkeit, dem Eigentümer der Predigtstuhlstr. 4 die Kosten auch nur anteilig je Parzelle weiterzugeben, geschweige denn die Gesamtkosten als Verursacher und alleiniger derzeitiger Profiteur. Auch die anteilige Kostenbeteiligung der anderen Grundstückseigentümer ist rechtlich wohl anfechtbar, da diese eventuell gar nicht größer bauen wollen. Auch die Möglichkeit der späteren Kostenbeteiligung von Eigentümern, welche greift, wenn tatsächlich höher gebaut wird, wurde in der Verwaltung diskutiert und als rechtlich nicht haltbar verworfen, zumal dies auch zukünftige Grundstückseigentümer derzeit noch unbebauter Parzellen betreffen würde.

Die Gemeindeverwaltung schlägt daher eine Klausurtagung mit dem Rechtsanwalt der Gemeinde als Referenten vor, welche den rechtlichen Rahmen zu Kostenbeteiligung und generellen Auswirkungen bei Bebauungsplanänderungen darlegen soll.

Diskussionsverlauf

Herr Schuster setzt die Räte in Kenntnis über sein zwischenzeitlich mit dem gemeindlichen Anwalt geführte Telefonat. Dieser bestätigte die in der Beschlussvorlage dargelegte Kostenfrage und fügte hinzu, bei der Vertragsgestaltung ist die Gemeinde frei, sollte der Bauwerber einen Teil der Änderungskosten des Bebauungsplanes übernehmen wollen.
Mit der Aussage „gewünschte Innenraumverdichtung“ ist grundsätzlich ein städtebauliches Erfordernis erfüllt. Die Signalwirkung auf andere Bebauungspläne darf jedoch nicht außeracht gelassen werden. Jetzt im Fall „Änderung Bebauungsplan Predigtstuhlstraße“ die Kosten zu übernehmen, setzt Zeichen für die Zukunft. Herr Schuster warnt, hier haben die Steuerzahler Kosten für den Vorteil Einzelner zu tragen.    

BM Holzner plädiert für die von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagene Abhaltung einer Klausurtagung in Begleitung eines Anwalts zum Baurechts- und Verwaltungsrecht.
GR Leirer begrüßt die Durchführung der Klausurtagung. Er wünscht sich in absehbarer Zeit ein Ergebnis für den Antragsteller.
„Aus der Hüfte zu schießen“, weil es dem Antragsteller pressiert, lehnt GR Dr. Zimmer ab. Eine Vereinbarung mit einem Einzelnen, kann immer wieder vergleichend herangezogen werden, gibt er zu Bedenken. GR Dr. Zimmer baut auf das Treffen mit dem Anwalt, um eine grundlegende Linie zu finden.
Herr Schuster argumentiert in gleicher Weise.
GR Schmidtmeier unterstützt die Aussage von GR Dr. Zimmer, bei allem Verständnis für den Bauwerber, der möglichst schnell bauen will.

GRin Schöndorfer wirft ein, bei der Änderung des Bebauungsplans Berchtesgadener Straße war auch nur ein Bauwerber betroffen. Hier beschloss das Gremium die Übernahme von 50 % der Kosten durch die Gemeinde.
Grundsätzlich ist jeder Bebauungsplan als Einzelfall zu betrachten, äußert Herr Schuster. Bei dem Bebauungsplan „Berchtesgadener Straße“ profitiert die Gemeinde als Eigentümerin des Kindergartens. Das Kostenverhältnis betrug 2/3 zu 1/3, korrigiert der Sachbearbeiter.

2. BM Kleinert bewertet es positiv, dass anwaltschaftliche Auskunft eingeholt wurde. Er fasst zusammen: Innenraumverdichtung wird gewünscht, die rund 40 Bebauungspläne von Piding sind größtenteils veraltet, deren Überarbeitung zieht sehr viel Mehrarbeit nach sich. 2. BM Kleinert zeigt kein Verständnis, wenn junge Familien dabei alle Kosten übernehmen sollen. Bei dem Beschlussvorschlag fehlt ihm deshalb der Passus, die Beteiligung der Gemeinde soll geprüft werden.
Die Gemeinde muss eine gewisse Leistung erbringen, um junge Familien halten zu können, ergänzt GR Lerach. Als Beispiele führt er die Gemeinden Ainring und Saaldorf-Surheim an. Die Abhaltung einer Klausurtagung zu den veralteten Bebauungsplänen wird von ihm befürwortet.
Die Klausurtagung mit dem gesamten Gemeinderat abzuhalten, empfiehlt BM Holzner.
GR Dr. Zimmer dankt GR Lerach für seinen Beitrag und bringt für die Klausurtagung den Sitzungssaal des Landratsamts Berchtesgadener Land ins Gespräch. Dieser ist ebenso technisch wie auch unter Corona-Bedingungen gut geeignet.

BM Holzner nimmt dies zur Kenntnis.

Beschluss 1

Der Bauausschuss bekundet seinen Willen, das 9. Änderungsverfahren des Bebauungsplans Nr. 4 „Predigtstuhlstraße“ nach erfolgter rechtssicherer Kostenklärung und Beteiligung aller betroffenen Grundstückseigentümer zu beginnen. Ziel dabei soll die Innenverdichtung und Wohnraumschaffung sein.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der Bauausschuss beschließt, eine Klausurtagung zum Thema Kostenbeteiligung und generelle Auswirkungen bei Bebauungsplanänderungen in Abhängigkeit der Pandemielage durchzuführen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.05.2021 11:24 Uhr