Das bestehende Wohngebäude Haindlstr. 15 soll umgebaut und saniert sowie teilweise aufgestockt werden. Im Zuge dieses Umbaus sollen 4 Wohneinheiten für die Familie des Grundstückeigentümers geschaffen werden.
Da das Bauvorhaben nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, wurde eine Bauvoranfrage eingereicht. Damit soll geklärt werden, ob Festsetzungen des Bebauungsplans auf Grund bereits erfolgter Genehmigungen zwischenzeitlich obsolet geworden sind und bei welchen Abweichungen evtl. eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB möglich ist.
Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen geplant:
- Einbau von 4 Wohneinheiten (1 WE im UG mit 144 m², 1 WE im EG mit 87 m², 1 WE im OG mit 102 m² und 1 WE im EG, OG und DG mit 321 m²)
- Anbringung von Wärmedämmung (Außenwänden und Dach)
- Teilweise Anhebung des Daches um 1,35 m auf insgesamt 7,19 m bzw. um 1,20 m auf insgesamt 6,01 (vgl. Ansicht Südost bzw. Südwest). Dadurch Schaffung einer Kniestockhöhe von max. 2,23 m.
- Einbau eines Lichtbandes sowie mehrerer Dachflächenfenster
- Errichtung einer Außentreppe als Zugang zur WE im OG
Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 2 „Haindlstraße“.
Das Bestandsgebäude wurde Anfang der 1960er-Jahre errichtet und 1970 um einen Anbau im Nord-Osten erweitert.
Das nun geplante Bauvorhaben hält die Festsetzungen dieses Bebauungsplans in folgenden Punkten nicht ein:
- Art. 3 Satz 3: „Die Grundstücke dürfen mit nicht mehr als 2 Wohnungen enthaltenden Wohngebäuden bebaut werden, die zweigeschossig (Erdgeschoss und 1 volles Obergeschoss ohne Kniestock) auszuführen sind.“
Hier: Geplant sind 4 Wohneinheiten und zum Teil eine Kniestockgeschosshöhe von 2,23 m.
- Art. 4 Abs. 4: „Um aus Baugestaltungsgründen die Höhe der Häuser zu beschränken, dürfen die Raumhöhen das Maß von 2,40 m im Lichten nicht übersteigen.“
Hier: Es sind Raumhöhen von über 2,40 m geplant.
- Art. 4 Abs. 6 Sätze 3 bis 5: „Die Dachüberstände haben an den Traufseiten und am rückwärtigen Giebel 1 m zu betragen. An der vorderen Giebelseite soll der Dachüberstand stets 40 bis 50 cm größer als am rückwärtigen Giebel sein. Die Dachflächen sind mit engobierten Flachdachpfannen einzudecken. Dachgauben sind unzulässig.“
Hier: Es ist geplant, die bestehenden Dachüberstände, die bereit im genehmigten Bestand die vorgeschriebenen Maße unterschreiten, beizubehalten. Eine Ausnahme bildet der traufseitige westliche Dachüberstand der geplanten Aufstockung im östlichen Gebäudeteil. Dieser soll auf 66 cm verringert werden.
Die neue Dachoberfläche sind in dunkelgrauen Aluminium Dachplatten mit integrierten Photovoltaik-Modulen geplant.
Im Bereich des Stiegenaufgangs zur Wohneinheit im OG ist lt. Planfertiger eine Dachgaube mit ca. 2 m Tiefe und 2,20 m Breite geplant, um die erforderliche Durchgangshöhe zu gewährleisten.
- Art. 8 Abs. 1 Satz 1: „Terrassenbauten müssen sich dem natürlichen Gelände anpassen.“
Hier: Es ist geplant, einen Teil der südöstlich gelegenen bestehenden Terrasse anzuheben. Die neue Oberkante der Terrasse liegt ca. 70 cm über dem angrenzenden natürlichen Gelände und wird von diesem durch eine Brüstungsmauer aus Beton abgegrenzt.
- Baugrenzen lt. Planzeichnung:
Hier: Es ist geplant, den östlichen Anbau umzubauen bzw. dessen Dach um ca. 1,20 m anzuheben. Dieser Anbau überschreitet die im Bebauungsplan festgelegte Baugrenze.
Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder
2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Zu den geplanten Abweichungen:
Bereits 1987 war eine Streichung der textlichen Festsetzungen bezüglich der Wohneinheiten (Art. 3 Satz 3), der Raumhöhen (Art. 4 Abs. 4) und der Dachüberstände (Art. 4 Abs. 6 Sätze 2 und 3) geplant. Das damals eingeleitete Änderungsverfahren wurde jedoch nie rechtskräftig abgeschlossen.
Im Sinne der Innenraumverdichtung ist die Festlegung von 2 Wohneinheiten nicht mehr zeitgemäß. Da die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch die Aufstockung des Bestandsgebäudes erfolgt und nicht durch Überbauung zusätzlicher Flächen, sowie aufgrund der Größe des bestehenden Gebäudes und der Grundstücksgröße ist die Erweiterung auf 4 Wohneinheiten städtebaulich vertretbar.
Ebenso die Erhöhung des Kniestocks, zumal mit der Genehmigung des Anbaus von 1970 bereits ein Kniestock mit 1,70 m Höhe genehmigt worden ist und die geplante Dachanhebung sich an den Bestand orientiert (bisherige im Bestand vorhandene max. Firsthöhe von 7,10 m wird – unter Berücksichtigung einer minimalen Erhöhung um 9 cm, die sich aufgrund der neu geplanten Dachisolierung ergibt, eingehalten).
Eine max. Raumhöhe von 2,40 m ist nicht mehr zeitgemäß (vgl. Art. 45 Abs. 1 BayBO: …mind. 2,40 m…).
Im 1970 genehmigten Anbau wurden bereits Raumhöhen von über 2,40 m genehmigt. Da durch die Anhebung des Daches wie bereits zuvor erwähnt, die bisherige max. Firsthöhe eingehalten wird, ist die Überschreitung der max. zulässigen Raumhöhe von außen nicht erkennbar. Eine Befreiung hierzu ist somit möglich.
Der Dachüberstand soll in einem Bereich (Länge von 8 m) von 1,50 m auf 0,66 m reduziert werden. Die restlichen Dachüberstände bleiben wie im Bestand bereits vorhanden.
Städtebaulich ist diese Reduzierung vertretbar.
Laut Bebauungsplan sind engobierte Flachdachpfannen zulässig. Das Bestandsgebäude ist aktuell mit grauen Ziegeln eingedeckt. In der weiteren Umgebung sind graue und rotbraune Dacheindeckungen vorhanden.
Der Bauherr wünscht nun dunkelgraue Aluminium Dachplatten mit integrierten Photovoltaik-Modulen zu verwenden.
Die Nutzung von Photovoltaik wird positiv bewertet. Aus der Sicht der Verwaltung ist die Verwendung der gewünschten Dachplatten grundsätzlich denkbar. Allerdings sollte im Bauantrag ein Muster dieser dunkelgrauen Aluminium Dachplatten mit integrierten Photovoltaik-Modulen vorgelegt werden. Sofern hier nicht ein auf das Ortsbild negativ einwirkender Farbton vorliegt, kann einer Befreiung zugestimmt werden.
Lt. Planfertiger ist im Bereich des Stiegenaufganges zur Wohneinheit im OG eine Dachgaube geplant. Aus der Sicht der Verwaltung handelt es sich hier nicht um eine klassische Dachgaube, sondern eher um ein angehobenen Dacheinschnitt. Diese Dachgestaltung ist erforderlich, um die erforderliche Durchgangshöhe zu erreichen. Da diese Dachgestaltung im Vergleich zur Größe des Gesamtdaches nur einen sehr kleinen Teil betrifft und in der Dachfläche nicht groß in Erscheinung tritt, kann auch hier einer Befreiung zugestimmt werden.
Das Baugrundstück hat ein unterschiedliches Geländeniveau. Die geplante Anhebung der Terrasse wirkt nicht verunstaltend. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans ist nach Ansicht der Verwaltung auch hier möglich.
Die Überschreitung der Baugrenzen wurde bereits 1970 genehmigt. Für die zusätzliche, geringfügige Überschreitung der Baugrenzen durch die Anbringung der Wärmedämmung an den Außenwänden kann ebenfalls eine Befreiung erteilt werden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden:
Der Bauvoranfrage kann zugestimmt werden. Für die geplanten Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans können Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden.
Es wird vorgeschlagen, im Baugenehmigungsverfahren ein Muster für die geplanten Dachplatten vorlegen zu lassen. Aufgrund der angegebenen Größe der vorgesehenen 4 Wohneinheiten sind nach der gemeindlichen Stellplatzsatzung 11 Stellplätze erforderlich. Diese sind ebenfalls in den Bauantragsunterlagen nachzuweisen.
Die abschließende Prüfung des Genehmigungsfähigkeit des geplanten Umbaus kann erst nach Vorlage der vollständigen Bauantragsunterlagen erfolgen.