Einbau einer Betriebsleiterwohnung im Anwesen Untersbergstr. 23 (Fl.Nr. 727/42); nochmalige Stellungnahme zur Erhöhung des Dachfirstes


Daten angezeigt aus Sitzung:  46. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 11.06.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss (Gemeinde Piding) 46. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 11.06.2018 ö 6

Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens für verschiedene Änderungen am Anwesen Untersbergstr. 23, u.a. zum Einbau einer Betriebsleiterwohnung, wurde im Rahmen einer Tektur auch die Erhöhung des Dachfirstes um 1,20 m auf eine Gesamthöhe von 10,90 m beantragt, führt Herr Schaller aus. In der Sitzung des Bauausschusses vom 25.01.2017 wurde dieser beantragten Erhöhung das gemeindliche Einvernehmen versagt. Begründet wurde dies u.a. mit der weiteren Steigerung der Massivität des Gebäudes, das ohnehin schon sehr dominierend für die Umgebung ist. Das Landratsamt hat den Bauantrag geprüft und festgestellt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für das Versagen des gemeindlichen Einvernehmens nicht vorliegen.
Mit Schreiben vom 16.04.2018 hat das Landratsamt mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen und das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen. Die Gemeinde hat nun nochmals Gelegenheit, sich zur Sach- und Rechtslage zu äußern und erneut über das Einvernehmen zu entscheiden.

Im Folgenden zeigt Herr Schaller das Ergebnis seiner Recherchen auf:
Das Landratsamt verweist auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.05.1978. Darin wurde ausführlich das Einfügen von Gebäuden in die nähere Umgebung behandelt. Die Sachlage ist schwierig und die Rechtsauffassungen gehen weit auseinander. Grundsätzlich ist dieser Entscheidung zu entnehmen, dass sich ein Vorhaben, das sich - in jeder Hinsicht - innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, in die Umgebung einfügt. Dieser Rahmen setzt sich zunächst grundsätzlich aus den niedrigeren und höheren Gebäuden zusammen. In der beiliegenden Übersicht sind beispielhaft die Höhen einiger Gebäude der näheren Umgebung eingetragen. Daraus ist eindeutig zu erkennen, dass sich die Höhe des beantragten Vorhabens weit von der übrigen Bebauung abheben und damit den fiktiven Rahmen sprengen würde. Der Rahmen bestimmt aber nicht immer das Einfügen, es spielen auch andere Kriterien eine Rolle. Ein Gebäude kann sich auch dann nicht einfügen, wenn es „an der gebotenen Rücksichtnahme“ auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene, Bebauung fehlen lässt. In der unmittelbaren Umgebung gibt es Kniestockhäuser ab einer Höhe von 6,30 m. Für diese Nachbarschaft tritt durch die erhebliche Gebäudeerweiterung zweifellos eine Verschlechterung der Situation ein. Im besagten Urteil wurde festgehalten: Der Eintritt einer Verschlechterung der vorgegebenen Situation kann unter bestimmten Voraussetzungen, ohne dass es weiterer Überlegungen oder Prüfungen bedarf, ausschließen, dass sich ein Vorhaben einfügt.
Bei objektiver Betrachtung der Sachlage stellt sich für die unmittelbare Nachbarschaft eine Verschlechterung ein, wenn das bereits stattliche Gebäude noch um weitere 1,20 m erhöht wird. Zudem hat das bestehende Gebäude eine Breite von 21,78 m, wodurch das Gesamterscheinungsbild des Bauwerks noch wuchtiger erscheint.
Die Auffassung des Landratsamtes, dass bei der Höhe eines Gebäudes in der Regel die Traufhöhe und nicht die Firsthöhe maßgebend ist, wird nicht geteilt. Nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2006 ist zunächst die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung für das Einfügen maßgebend. Die Traufhöhe kann, muss aber nicht prägend sein, entscheidend sind auch die örtlichen Gegebenheiten. Auch die absolute Höhe der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude können das Baugrundstück entscheidend prägen. Die Höhenentwicklung nach der Traufhöhe zu richten, erscheint im vorliegenden Fall absolut unpassend, da die Firsthöhe durch die Breite des Gebäudes erheblich beeinflusst wird und mit der umliegenden Bebauung nicht zu vergleichen ist.  
Weiter darf auch eine negative Vorbildwirkung nicht übersehen werden. Ein Vorhaben kann auch dann unzulässig sein, wenn es sich zwar selbst einfügen würde, aber wegen des Gleichbehandlungsgebotes weitere derartige Vorhaben nach sich ziehen könnte. Nachdem in unmittelbarer Nähe des Vorhabens noch bebaubare Grundstücke des Bauherrn vorhanden sind, könnte genau dieser Fall eintreten. Soweit es mit den weiteren materiell rechtlichen Bestimmungen vereinbar wäre, könnte im Fall einer weiteren Bebauung auf eine Höhe von 10,90 m Bezug genommen werden. Der eingangs behandelte Rahmen für das Einfügen müsste aus Gründen der Gleichbehandlung angepasst werden.
Bei einer Betrachtung der näheren Umgebung, die sich natürlich über die Anwesen mit den Höhenangaben hinausbewegen muss, ist festzustellen, dass in diesem Bereich kein Bauwerk mit einer nur annähernden Größenordnung vorhanden ist. In der Gesamtschau ist das Gebäude einfach zu voluminös und fügt sich nach Ansicht der Verwaltung deshalb nicht in die nähere Umgebung ein.
Auf die Belange des Ortsbildes braucht nicht mehr näher eingegangen zu werden.
Unter Würdigung der gesamten städtebaulichen Situation wird daher vorgeschlagen, am Beschluss der Bauausschusssitzung vom 25.01.2017 festzuhalten.  

Diskussionsverlauf

GR Geigl spricht eine mögliche Beschattung der Nachbargebäude an und erkundigt sich, ob Beschwerden der Nachbarn vorliegen. Wie Herr Schaller schildert, werden die Nachbarn erst nach Erteilung der Baugenehmigung informiert und haben dann vier Wochen Zeit zu klagen.

Dem Beschlussvorschlag komplett zustimmen kann GRin Wolf. Für sie ist die Begründung des Landratsamtes nicht nachvollziehbar.

3. BM Dr. Zimmer hält das Ausblenden des Begriffs „Ortsbild“ für nicht günstig, nachdem das Landratsamt darauf deutlich eingeht.  Er empfiehlt, in der Stellungnahme an das Landratsamt anzugeben, dass das Ortsbild durch die Massivität des Gebäudes in diesem Gebiet sehr beeinflusst wird.

Hauptproblem ist das Einfügegebot, verdeutlichen BM Holzner und Herr Schaller. Es soll auch kein Bezugsfall geschaffen werden. Ebenso ist zu beachten, dass das Gebäude bereits auf einer Anhöhe steht.

GRin Schönherr sieht kein Problem, nachdem das Gebäude den Nachbarn auch nach der Erhöhung kein Licht nimmt. Es wirke nur höher, weil es etwas höher steht.

Nach Meinung von BM Holzner und GR Lerach ist die Angabe des Landratsamtes bezüglich der Vergleichbarkeit der First- und Wandhöhen in der näheren Umgebung falsch, nachdem das Gebäude Fl.Nrn. 727/41 eine Höhe von 8,95 Meter aufweist und es sich bei der Fl.Nr. 727/1 um eine Trafostation handelt.

Beschluss

Dem Bauantrag (Tektur) zur Teilerhöhung des Dachfirstes um ca. 1,20 m des Anwesens Untersbergstraße 23 (Fl.Nr. 727/42) wird weiterhin nicht zugestimmt, das gemeindliche Einvernehmen wird nicht erteilt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 2

Datenstand vom 20.03.2019 11:00 Uhr