Bauleitplanung Nachbargemeinden - 18. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Poing für "Poing Am Bergfeld, Wohngebiete W 7 und W 8 (IV. Entwicklungsstufe) - Stellungnahme im Verfahren nach § 4 Abs. 2 BauGB


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bauausschusses, 08.11.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp Lfd. BV-Nr.
Bauausschuss Sitzung des Bauausschusses 08.11.2018 ö Beschliessend 145

Beschluss

Die Gemeinde Pliening erhebt gegen die 18. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Poing weiterhin Einwendungen.

Zu dem seitens der Gemeinde Poing gefassten Beschluss vom 13.09.2018, hinsichtlich der in der Sitzung am 12.07.2018 vorgebrachten Anregungen, wird wie folgt Stellung genommen.

I.
Die Wechselbeziehungen zwischen dem Umland, insbesondere im Osten, von München und der Landeshauptstadt sowie dem Flughafen und der Messe München sind seit Jahren ein stetig wiederkehrendes Thema in den Gemeinden. Auch der absehbare Anstieg dieser Verkehrsströme ist nichts Neues, allein aufgrund der planerischen Zielsetzungen in den Nachbar-Gemeinden Plienings (z. B. Flächennutzungsplan der Gemeinde Poing oder die „Neues Ortsmitte“ der Gemeinde Kirchheim). Die inzwischen auf den Weg gebrachte überörtliche Verkehrsplanung für den Raum München Ost ist hierzu ein längst überfälliger Schritt.

Gleichwohl muss die Gemeinde Poing die Frage beantworten, warum ausgerechnet eine Wachstumsgemeinde, die bereits seit 1984 eine geplante Einwohnerzahl von 20.000 als Zielsetzung hat, nicht früher an leistungsfähige Straßen für den zu erwartenden Verkehr gedacht hat? Auch muss die Frage beantwortet werden, warum z. B. die Anregungen aus dem Verkehrsgutachten vom März 1992 des Büros Lang-Keller-Burghardt nicht umgesetzt wurden? Bzw., wenn eine solche Umsetzung nicht möglich war, warum nicht alternative Lösungen weiterverfolgt wurden, wenn doch bereits damals die Problematik des Verkehrs bekannt war?

Es handelt sich also um ein selbst verursachtes Problem, welches seit mehr als 30 Jahren absehbar war, seit 1992 in der Gemeinde Poing auch bekannt und für das jetzt, seit Ende 2016, erstmals nach Lösungen gesucht wird.

Es bleibt unstrittig, dass – und zwar bereits seit Jahren – ein Abstimmungserfordernis mit der Gemeinde Pliening, wie in der Stellungnahme zur Auslegung nach § 4 Abs. 1 BauGB bereits gefordert, gegeben ist, um dem Grundsatz der Konfliktbewältigung zu entsprechen.

II.
Die Aussage, „durch die Bebauung im W 5 und W 6, die überwiegend aus Einfamilienhäuser / Doppelhäusern / Reihenhäusern besteht, hat sich der Zuzug in Grenzen gehalten, so dass noch Reserven bestanden und auch deshalb die Entscheidung für die Erhöhung von 2.000 auf 4.000 Einwohner getroffen wurde“, deutet nicht nur auf eine mangelnde Rücksichtnahme, sondern auch auf ein völliges Desinteresse an den Belangen der Nachbargemeinde und einen Widerspruch zu den eigenen Planungszielen hin.

Dies manifestiert sich in der Tatsache, dass die Gemeinde Poing ausgerechnet nach Norden, zum äußeren Rand ihrer Baumöglichkeiten, die höchsten Wohngebäude errichten möchte. Am Ortsrand einen geordneten Übergang zwischen geplanter Bebauung und der angrenzenden offenen Landschaft herzustellen, sollte Grundsatz jeder Bauleitplanung sein. Diesem Grundsatz folgend sollte die Bebauung am Ortsrand „abflachen“ und im Ortsinnern höhere Gebäude und größere Baudichten realisieren.

Die der Auslegung beigefügten Ansichten Richtung Ottersberg sind in diesem Zusammenhang nur ein scheinbarer Beleg für ein „Abflachen“, weil bei dem Blick von Ottersberg die dreigeschossige Bebauung am Ortsrand nahezu hinter den bestehenden Bäumen verschwindet. Blickt man jedoch von Norden auf das Gebiet, wirken die Gebäude offen in die Landschaft. Im Übrigen sind die Ansichten geschönt, da lediglich Gebäude mit Flachdächern dargestellt werden. Eine solche Festsetzung fehlt jedoch im Bebauungsplan, so dass auch höher herausragende Satteldächer möglich sind. Dies wird durch die Festsetzung § 6 Abs. 2 des Bebauungsplanes gestützt. Danach darf die Firsthöhe die Wandhöhe um maximal 6,0 m übersteigen. Eine solche Festsetzung ist entbehrlich, wenn nur Flachdächer geplant sind.

Mit wenigen Ausnahmen finden sich in den Baugebieten W 5 und W 6 bereits für eine Ortsrandbebauung geeignete Gebäude in Form von Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern. Höhere innerörtlichen Baudichten finden sich im W 5 und W 6 nicht und dies, obwohl bei der Entwicklung dieser Baugebiete der Siedlungsdruck aus der Landeshauptstadt heraus bereits bekannt war.

Sofern also nicht rein wirtschaftliche oder politische Ziele ausschlaggebend für die vorliegende Planung waren, kann einer faktisch fünfgeschossigen Bebauung am Ortsrand nur mangelndes Interesse an den Belangen der Gemeinde Pliening bescheinigt werden.

Wie bereits in der ersten Stellungnahme der Gemeinde Pliening ausgeführt, steht die Planung zudem im Widerspruch zur eigenen Zielsetzung des Bebauungsplanes, nämlich der „Gestaltung des Übergangs zur Landschaft am Ortsrand“. Auf die Ausführungen im Beschluss vom 12.07.2018 zum Bebauungsplan Nr. 62 der Gemeinde Poing wird verwiesen.

Der Umstand, dass zwischen der geplanten Bebauung und dem Ortsteil Ottersberg ein Abstand von ca. 260 m besteht, ist hierbei ohne Belang. Weder erzeugt Ottersberg eine derartige städtebauliche Wirkung wie die faktisch fünfgeschossige Bebauung der Gemeinde Poing. Noch rechtfertigt dieser Abstand eine entsprechende Höhenentwicklung.

III.
Für welchen Zeitraum die Umsetzung der Quartiere W 7 und W 8 angedacht ist, ist bei der Abwägung der Belange unerheblich. Der Grundsatz der Konfliktbewältigung stellt immer auf die vollständige Umsetzung des Baugebietes ab, und nicht darauf, dass die zusätzliche Verkehrsbelastung „in vollem Umfang“ frühestens ab 2035 erreicht wird. Die Verkehrsbelastung für die Gemeinde Pliening ist bereits jetzt so hoch, dass es unerheblich ist, ob im Jahr 2022 z. B. erst 30 % des Verkehrs über Pliening fahren oder nicht. Außerdem argumentiert die Gemeinde Poing bei der Ausweisung der Flächen mit dem großen Bedarf als Wohnraum in einem für breite Bevölkerungsschichten bezahlbaren Preissegment. Es ist also davon auszugehen, dass die Bebauung möglichst zügig erfolgen soll. Der Zeitraum bis 2035 scheint daher unrealistisch.

Aus den ausgelegten Unterlagen geht nicht hervor, wie die Gemeinde Poing beabsichtigt, sicherzustellen, dass tatsächlicher günstiger Wohnraum geschaffen wird. Sofern die überplanten Flächen nicht im Eigentum der Gemeinde Poing stehen, müsste dies wohl mittels städtebaulichen Verträgen oder dergleichen geregelt werden. Der Flächennutzungsplan und seine Begründung beziehen hierzu nicht Stellung.

IV.
Die im Zusammenhang mit dem Verkehr vorgebrachte Aussage von Prof. Kurzak zur Umfahrung von Pliening zeigt übrigens bedauerlicherweise, wie die Berechnungen sowohl von 2008 zur Umfahrung von Pliening, als auch zu den Bauquartieren W 7 und W 8 vom Dezember 2016 zu bewerten sind. Die lt. Gutachten von 2008 für 2015 vermutete „Sättigung der Verkehrsnachfrage“ ist bislang nicht eingetreten. Der Siedlungsdruck auf das Münchner Umland lässt auch die für 2020/2025 prognostizierte Verkehrsabnahme eher unwahrscheinlich erscheinen.

Die Gemeinde Pliening erachtet die Baugebiete der Gemeinde Poing nicht als Auslöser für die geplante Umgehungsstraße. Die Baugebiete sind jedoch Grund für einen nicht unerheblichen Teil des Verkehrs, der durch Pliening fließt. Im Erläuterungsbericht zur geplanten Umgehungsstraße werden daher unter anderem die Planungsziele „Reduzierung des Durchgangsverkehrs in Ottersberg“ und „Anbindung des nordwestlichen Teils von Poing zur Schaffung einer zusätzlichen Möglichkeit nach München, zum Flughafen und zur BAB A 99 zu gelangen“ verfolgt. Hierzu ist in der von der Gemeinde Pliening favorisierten Trassenvariante 3, welche der Gemeinde Poing mit Schreiben vom 18.09.2012 übersandt wurde, eine Anbindung an die Prof.-Zorn-Straße, auf Poinger Flur, nördlich von Grub vorgesehen. Außerdem ist eine Anbindung an den Mitterfeldweg, nordwestlich des Bergfeldsee angedacht, um insbesondere die Verkehrsströme aus den Baugebieten W 5 bis W 8 auf die St 2082 zu leiten.


Die Argumentation, dass jede neu gebaute Straße den Verkehr nicht nur aus dem Ort ableitet, sondern auch anzieht, und diese daher abzulehnen, ist bezogen auf die geplante Umgehungsstraße völlig unverständlich. Öffentliche Straßen dienen grundsätzlich der Aufnahme von Fahrzeugen. Der Verkehr, den die Gemeinde Poing durch die Anbindung an die geplante Umgehungsstraße „befürchtet“ ist neben dem, der morgens aus den Baugebieten herausfährt, lediglich der Verkehr, der jetzt bereits über Ottersberg nach Poing z. B. als Pendler, hineinfährt.

Im Hinblick auf den zu erwartenden Verkehrslärm, der auf die Wohnbebauung südlich des Westrings im Gemeindegebiet Poing und entlang der Plieninger Straße im Bereich des Ortsteils Ottersberg einwirken wird, ist ein Lärmschutzgutachten einzuholen.

V.
Die Argumentation, dass die Ausweisung der Bauflächen nicht zurückgestellt wird, bis zum Abschluss des überörtlichen Verkehrskonzepts, da „davon auszugehen ist, dass die Gemeinde Pliening nicht auch auf weitere Ausweisungen verzichtet“ kann nicht anders als ein Vergleich „Äpfel mit Birnen“ bezeichnet werden.

Die Gemeinde Pliening weist darauf hin, dass die beiden größten Baugebiete in der Gemeinde das Baugebiet „Landsham Süd“ mit ca. 230 Einwohnern und „Siglweg“ mit ca. 130 Einwohnern erheblich unter den zu erwartenden Einwohnerzuwächsen liegen, wie die der Gemeinde Poing.

Außerdem weist der ebenfalls in Aufstellung befindliche Änderungs-Bebauungsplan der Gemeinde Poing Nr. 32-O „Hauptstraße Ost – Teilbereich Ost“ eine Geschossfläche von 29.530 m² aus. Nach Abzug von üblichen 20 % für Wände und Putz verbleiben damit in den Vollgeschossen 23.624 m² Wohnfläche. Bei Wohnungsgrößen von ca. 70 m² und lediglich zwei Personen je Wohneinheit ergäbe sich damit durch dieses Baugebiet ein Einwohnerzuwachs von 675 Personen. Dies stellt für sich betrachtet bereits einen 1,9fachen Zuzug an Bewohnern gegenüber den Baugebieten „Landsham Süd“ und „Siglweg“ dar. Diesem Zuwachs sind die geplanten 4.000 neuen Einwohner hinzu zu rechnen.

Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass die Bebauung in dem Baugebiet südlich der Bergfeldstraße, insbesondere im westlichen Teil, erst teilweise umgesetzt wurde. Die aktuellen Verkehrsmessungen bilden daher keine geeignete Grundlage für die zu erwartende Verkehrsbelastung nach der Umsetzung der Wohngebiete W 7 und W 8. Die Gemeinde Poing wird daher ersucht, ein sachgerechtes Verkehrsgutachten einzuholen, das diese Aspekte berücksichtigt.

VI.
Die Planung sieht eine großflächige Versiegelung von Außenbereichsflächen vor. Aus den Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Gemeinde Poing die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes und des Baugesetzbuches zum Flächenverbrauch berücksichtigt hat. Die Gemeinde Poing wird aufgefordert, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zum Flächenverbrauch, eine Umplanung vornehmen.

VII.
Der Flächennutzungsplan der Gemeinde Pliening weist für die nördlich des Baugebietes W 7 gelegenen Grundstücke „Fläche für die Landwirtschaft“ aus. Inwieweit werden die durch die landwirtschaftliche Nutzung hervorgerufenen Geräusch- und Geruchsimmissionen, die auf die geplante Wohnbebauung wirken werden, berücksichtigt?

VIII.
Inwieweit wurden schädliche Umwelteinwirkungen durch die Biogasanlage am Fastlwinkel im Rahmen der Planung berücksichtigt? Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Betrieb nachteilig auf die geplante Wohnbebauung auswirken kann. Ein aussagekräftiges Immissions- bzw. Geruchsgutachten ist einzuholen, um sicherzustellen, dass das Wohngebiet so angeordnet wird, dass es durch den bestehenden Betrieb nicht beeinträchtigt wird und andererseits auch der bestehende Betrieb durch die heranrückende Wohnbebauung, insbesondere im Hinblick auf potentielle Erweiterungen nicht unzulässig beschränkt wird. Auf die Festsetzungen des für die Biogasanlage aufgestellten Bebauungsplanes „Sondergebiet Biogas-Anlage und Fläche für die Landwirtschaft“ (im Geoportal Bayern einsehbar) wird verwiesen.

IX.
Nach dem derzeitigen Planungsstand ist nicht nachvollziehbar, wie der nach der Stellplatzsatzung der Gemeinde Poing notwendige Stellplatzbedarf in dem Plangebiet gedeckt werden soll. Die Gemeinde Poing sollte die Planung diesbezüglich überarbeiten.

Zusammengefasst ergeben sich aus der Stellungnahme keine neuen Erkenntnisse.

Die 18. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Poing wird in seiner jetzigen Form abgelehnt.

Bis zur Vorlage einer Lösung, die die bereits mit Beschluss vom 12.07.2018 genannten Punkte berücksichtigt, wird die vorliegende Planung unter Verweis auf § 2 BauGB abgelehnt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 28.11.2018 13:55 Uhr