Kommunalrecht - Prüfung eines Fraktionsaustritts von Frau Béatrice Merk aus der Initiative für Pliening


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung, 25.06.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp Lfd. BV-Nr.
Gemeinderat Gemeinderatssitzung 25.06.2020 ö Beschliessend 54

Beschluss

Der Gemeinderat der Gemeinde Pliening ist für die Entscheidung über einen Fraktionsaustritt sachlich und örtlich zuständig (Art. 29, 30 Abs. 2, Art. 33 Abs. 1, 3, Art. 1, 6, 7 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO), Art. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).

Für die Zusammensetzung der Ausschüsse gibt Art. 33 Abs. 1 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) das Spiegelbildlichkeitsgebot vor: Dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen ist Rechnung zu tragen. Während der Wahlzeit im Gemeinderat eintretende Änderungen des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen sind auszugleichen, Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO.

Für die Berechnung des Stärkeverhältnisses im Gemeinderat zur Gewährleistung der „Spiegelbildlichkeit“ kommt es nicht auf die formale Mitgliedschaft in einer Partei/Wählergruppe an. Entscheidend ist vielmehr die Zugehörigkeit der einzelnen Gemeinderatsmitglieder zu einer Fraktion/Gruppe.

Ein Ausscheiden aus einer Partei führt daher nicht automatisch zum Ausscheiden aus der Fraktion.

Allerdings können bei der Bestimmung, ob ein Mitglied einer Fraktion angehört oder nicht, nicht die internen Auffassungen der Fraktion selbst entscheidend sein. Daher hat die Rechtsprechung zur Wahrung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit Grundsätze entwickelt, die an einen Fraktionswechsel zu stellen sind. Dies sind die Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaft und die Hinzuwendung zur neuen Fraktion. Im Falle eines Fraktionsaustritts beschränkt sich die Beurteilung auf die Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaft.

Ob eine solche Abkehr vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls festzustellen (BayVGH, BayVBl. 1984, 77). Dabei geht es weniger um eine inhaltliche Bewertung politischer Überzeugungen als um äußere Umstände, aus denen sich erkennen lässt, dass sich der Betreffende von den Personen gelöst hat, die ihm ursprünglich zu seinem Mandat im Gemeinderat verholfen haben, also der Partei oder Wählergruppe, auf deren Wahlvorschlag er erfolgreich kandidiert hat (BayVGH v. 15.07.1992, BayVBl. 19993, 81).

In ihrer Stellungnahme spricht Frau Merk von unüberbrückbaren Differenzen und einem Vertrauensverlust, der eine weitere Zusammenarbeit in der Fraktion der Initiative für Pliening unmöglich macht.

Der Fraktionsvorsitzende der Initiative für Pliening, Herr Uffinger, nennt das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört, und dass eine Zusammenarbeit als Fraktion mit Frau Merk für Frau Löffler und ihn nicht mehr möglich sei.

Die übereinstimmenden Aussagen zur Unmöglichkeit einer künftigen Zusammenarbeit in einer Fraktion, die deutlich über geringfügige Meinungsverschiedenheiten hinauszugehen scheinen, lässt die äußeren Umstände erkennen, die eine Lösung von Frau Merk von der Initiative für Pliening belegen.

Dass Frau Merk an mit der Initiative für Pliening erarbeiteten Zielen festhält, ist unter die weniger zu gewichtende inhaltliche Bewertung politischer Überzeugungen zu subsumieren. Das VG Regensburg führt in einem Beschluss vom 19.09.2013, Az. RN 3 S 13.1463 aus, dass die programmatischen Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien und Wählergruppen in der Kommunalpolitik erfahrungsgemäß nicht so ausgeprägt sind, wie in der Bundes-, Landes- und Europapolitik. Die partei- und wählergruppenübergreifende Übereinstimmung in vielen Sachfragen ist typisch für die Zusammenarbeit in kommunalen Vertretungskörperschaften. Dem Beschluss zu Folge ist ein Gemeinderat nach den Vorstellungen des Bayerischen Gesetzgebers kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan. Eine Abkehr von bisherigen Positionen ist daher, da kommunalpolitische Gremien erfahrungsgemäß in vielen Sachfragen einheitlich abstimmen, nicht zu jeder Sachfrage zu fordern. Die Übereinstimmung von Zielen von Frau Merk und der Initiative Pliening steht daher einem Fraktionsaustritt nicht entgegen.

Der Gemeinderat erkennt aufgrund dieser Sachlage den Austritt von Frau Béatrice Merk aus der Fraktion Initiative Pliening an.

19 dafür : 0 dagegen

Frau Merk beabsichtigt, sich zunächst als parteifreies Mitglied des Gemeinderates, unabhängig von anderen Gruppierungen, für die Interessen der Bürger und der Gemeinde einzusetzen.

Der Fraktionsaustritt von Frau Merk führt weder bei den mit neun ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern besetzten Finanzausschuss bzw. Bau- und Umweltausschuss, noch bei dem mit sechs ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern besetzten Rechnungsprüfungsausschuss zu Änderungen. Dem Anspruch des Spiegelbildlichkeitsgebots gemäß Art. 33 Abs. Abs. 1 Satz 2 GO wird unverändert Rechnung getragen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 16.09.2020 11:11 Uhr