Vorberatung zum Erlass einer Obdachlosenunterbringungssatzung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, 07.03.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Haupt- und Finanzausschuss Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses 07.03.2017 ö beschließend 5

Sachverhalt

Lt. Art. 6 LStVG ist es Aufgabe der zuständigen Behörden, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
Eine Gefahr liegt dann vor, wenn jemand unfreiwillig obdachlos ist und somit sein Recht auf körperliche Unversehrtheit dadurch beeinträchtigt wird.
Die Verpflichtung zur Unterbringung von Obdachlosen gehört zu der von der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis zu vollziehenden Pflichtaufgabe im Vollzug des Art. 7 Abs. 2 LStVG.

Bis 2009 standen in der früheren „Langhalle“ an der Schulstr. 31 dafür zwei Räume zur Verfügung.
Nach ihrem Abriss befindet sich seit 2009 eine geeignete Einrichtung in der Markomannenstraße 24 B. Dort können maximal 8 Personen untergebracht werden.
Außerdem verfügt die Gemeinde Poing seit 16.06.2016 über das Anwesen in der Plieninger Straße 16, wo im Bedarfsfall weitere 4 Personen untergebracht werden können.

In der Vergangenheit wurden rechtsmittelfähige Zuweisungsbescheide erteilt und mit einer entsprechenden Hausordnung ausgehändigt.
Ggf. wurde auch der Entzug der Nutzungsgenehmigung verfügt.
Die Erteilung eines Wiedereinweisungsbescheids und der damit verbundenen Beschlagnahme der bisherigen Wohnräume war glücklicherweise nicht erforderlich.

Der Inhalt der Bescheide orientierte sich dabei an der noch gültigen Empfehlung für das Obdachlosenwesen – Gemeinsame Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit und des Innern vom 4.7.1997 (AllMBl. Nr. 16, S. 518).

Über die jeweilige Benutzungsgebühr wurde eine Kostenrechnung ausgestellt.

Eine Benutzungssatzung für die gemeindlichen Einrichtungen bzw. eine entsprechende Gebührensatzung existiert in Poing bislang nicht.

Obwohl seither mehrere Einzelpersonen und auch ganze Familien, z. T. über mehrere Monate, untergebracht waren, konnte eine verfestigte Obdachlosigkeit in allen Fällen verhindert werden. Auch das jeweils fällige Nutzungsentgelt konnte vereinnahmt werden.
Juristische Auseinandersetzungen waren nicht nötig oder konnten erfolgreich abgewendet werden.

Bestehen weder Satzungen noch eine vertragliche Regelung, so kann die Gemeinde von dem Obdachlosen in entsprechender Anwendung des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Bereicherungsvorschrift) keine entsprechende Gebühr verlangen.

Bereits 2011 hat der BayVGH seine anderslautende Rechtsprechung aufgegeben, allerdings nicht, wenn die Wiedereinweisung in private Unterkünfte verfügt wurde.

Nachdem die Höhe des Ausfalls im Falle einer Nichtbegleichung der Nutzungsgebühr in den Gemeinschaftsunterkünften für die Gemeinde Poing relativ gering war, bestand bislang kein Handlungsbedarf.
Außerdem waren die gemeindlichen Einrichtungen zum Zwecke der Unterbringung von Asylbewerbern an das Landratsamt Ebersberg vermietet.
Die Einrichtungen stehen der Gemeinde Poing zwischenzeitlich wieder uneingeschränkt zur Verfügung.

Nun hat der BayVGH am 07.11.2016 entschieden, dass auch bei einer Wiedereinweisung die Gemeinde ihre Nutzungsentschädigung nur dann ersetzt verlangen kann, wenn eine entsprechende Kostensatzung vorhanden ist.
Dies könnte im Falle einer erforderlichen Wiedereinweisung in bestehenden Wohnraum erhebliche Kosten für die Gemeinde zur Folge haben, da die Nutzungsgebühren dann nicht als öffentlich-rechtliche Forderung geltend gemacht werden können.

Daher sieht die Verwaltung die Notwendigkeit im Bereich des Obdachlosenwesens sowohl die Benutzung der Einrichtungen, als auch die Gebührenerhebung dafür per Satzung zu regeln.

Im Bereich der Benutzung dient dies der Rechtssicherheit im Vollzug der Ordnungsvorschriften des Satzungsinhalts.
Denn nur eine Satzung stellt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die grundlegende Organisations- und Benutzungsregelungen dar. Verfügt die Gemeinde nicht über eine entsprechende Satzung und sind die Benutzungsverhältnisse nicht öffentlich-rechtlich geregelt, kann die Gemeinde insbesondere bei der Durchsetzung von Verboten auf rechtliche Probleme stoßen.

Eine Benutzungssatzung ist außerdem Grundlage für die Erhebung von Gebühren in den gemeindlichen Einrichtungen.

Die von der Verwaltung erstellte Benutzungssatzung orientiert sich inhaltlich an der Empfehlung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit und des Innern vom 4.7.1997 (AllMBl. Nr. 16, S. 518) unter Berücksichtigung der seither ergangenen Rechtsprechung.

Die vielfach in Bayerischen Kommunen existierenden Satzungen, basierend auf einer Mustersatzung, wurde dabei an die aktuellen und örtlichen Gegebenheiten angepasst
(z. B. statt Verbot von Holzhackens und Halten von Nutztieren bzw. Nachweis der Ungezieferfreiheit von Läusen, Flöhen etc. – AsylbLG, und Verwendung von elektronischen Kommunikationsgeräten, wie Smartphones).

Der Satzungsentwurf wurde bewusst allgemein gehalten, um die Notwendigkeit künftiger Änderungssatzungen zu minimieren und wird in der Sitzung durch die Verwaltung erläutert.

Die Hausordnungen richten sich nach den aktuellen Gegebenheiten in der jeweiligen gemeindlichen Einrichtung und sind bei Bedarf anzupassen.

Der Erlass einer Gebührensatzung, welche die Benutzungssatzung zur Grundlage hat, wird im nächsten TOP behandelt.

Beschlussvorschlag

Dem Gemeinderat wird empfohlen, folgenden Beschluss zu fassen:

Der vorliegende Entwurf der Obdachlosenunterbringungssatzung in der Fassung vom 09. März 2017 wird als Satzung erlassen.

Beschluss

Dem Gemeinderat wird empfohlen, folgenden Beschluss zu fassen:

Der vorliegende Entwurf der Obdachlosenunterbringungssatzung in der Fassung vom 09. März 2017 wird als Satzung erlassen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Kurzbericht

(ka) Die Gemeinde Poing verfügt seit mehreren Jahren über geeignete Einrichtungen zum Zwecke der Unterbringung von Obdachlosen.
Weder die Benutzung dieser Einrichtungen, noch die Gebührenerhebung für deren Nutzung waren bislang per Satzung geregelt.
Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung wurde der Erlass entsprechender Satzungen erforderlich.
Im Bereich der Benutzung dient dies der Rechtssicherheit im Vollzug der Ordnungsvorschriften des Satzungsinhalts. Die Unterbringungssatzung ist außerdem Grundlage für die Erhebung von Gebühren in den gemeindlichen Einrichtungen.
Die Höhe der Nutzungsgebühren wird in einer Gebührensatzung gesondert geregelt.
Die Verwaltung hat entsprechende Satzungsentwürfe vorbereitet. Diese wurden im Haupt- und Finanzausschuss beraten.
Auf dessen Verschlag sollen beide Satzungsentwürfe, nach entsprechenden Änderungen, dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Datenstand vom 04.05.2017 12:03 Uhr