Antrag auf Baugenehmigung zum Dachausbau und Errichtung einer straßenabgewandten Gaube bei einem bestehenden Einfamilienhaus, Prielmayrstraße 12, Fl.-Nr. 273/7, Gemarkung Poing


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 24.01.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 24.01.2023 ö beschließend 3.4

Sachverhalt

Am 30.12.2022 wurde der Verwaltung der o.g. Antrag zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt im Rahmen eines Dachausbaus eine Dachgaube komplett über das Dachgeschoß zu errichten. Durch die Errichtung der Gaube entsteht im bestehenden auch räumlich genutzten Dachgeschoß ein Vollgeschoß.
Zusätzliche Stellplätze sind nicht erforderlich

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes Nr. 11 „Süd-Ost“, der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung enthält. Der Bebauungsplan setzt für den Bereich des Grundstückes zwingend eine eingeschossige Bebauung fest, so dass die Errichtung eines weiteren Geschosses grundsätzlich nicht zulässig ist. Des Weiteren setzt der Bebauungsplan eine Geschoßflächenzahl bei einer Bebauung mit einem Geschoß von 0,5 und bei zwei Geschoßen 0,8 fest.

Mit der Errichtung der Dachgaube wird die max. zulässige Geschoßfläche um 76 m² überschritten. Mit der Befreiung für ein 2. Vollgeschoss wäre die Geschoßfläche bei einer Geschoßflächenzahl von 0,8 eingehalten.

Für die Errichtung der Dachgaube und der damit verbundenen Überschreitung des zulässigen Vollgeschosses stellt der Antragsteller folgende Befreiung nach dem Baulandmobilisierungsgesetz:

„Befreiung gemäß § 31 Abs. 3 BauGB von der Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 11 „Süd-Ost“ zum Maß der baulichen Nutzung „zulässiges Vollgeschoß als Höchstgrenze.
Die Befreiung wird wie folgt begründet:
Das Grundstück liegt in einem Gebiet mit einem nach § 201 a BauGB definierten, angespannten Wohnungsmarkt. Somit kann im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zugunsten des Wohnungsbaus und der Vergrößerung von Wohnflächen von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden. Dies ist möglich, da weder öffentliche noch nachbarliche Interessen durch die Schaffung eines zusätzlichen Vollgeschosses berührt werden. Die beantragte Gaube liegt abgewandt zur Straße entsprechend trägt sie nicht zur wahrnehmbaren optischen Veränderung des Ortsbildes bei. Die Giebelseiten zu den Nachbarn bleiben von der Baumaßnahme unberührt. Zudem haben die Nachbarn dem Bauvorhaben bereits zugestimmt.“

Mit dem am 23.06.2021 in Kraft getretenen Baulandmobilisierungsgesetz wurde für Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt ein weiterer Befreiungstatbestand geschaffen, der eine qualifizierte Mitwirkung der Gemeinde, nämlich deren Zustimmung voraussetzt. Die Neuregelung findet sich im neu geschaffenen § 31 Abs. 3 BauGB.

Im Unterschied zum bisherigen Befreiungstatbestand nach § 31 Abs. 2 BauGB gilt der § 3 Abs. 3 BauGB nur zugunsten des Wohnungsbaus.
Unerheblich ist es ob ein komplettes Wohngebäude neu erstellt wird oder ob nur ein bestehendes Gebäude für Wohnnutzung erweitert werden soll.
Das Landratsamt Ebersberg kann die Befreiung nur mit Zustimmung der Gemeinde erteilen.
Damit ein Vorhaben nach § 31 Abs. 3 BauGB befreit werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

1. Rechtsverordnung
Das Vorhaben muss in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201 a BauGB liegen. Hiernach wurden die Landesregierung ermächtigt durch Rechtsverordnung Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu bestimmen. Diese Verordnung ist in Bayern am 16.09.2022 in Kraft getreten. Damit können in den in der Anlage zur Verordnung aufgeführten Städten und Gemeinden die Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes (wie auch § 31 Abs. 3 BauGB) zur Anwendung bringen.
Die Gemeinde Poing ist in dieser Anlage enthalten.

2. Einzelfall
Eine Befreiung ist nur im Einzelfall möglich.
Der Antragsteller beantragt die Befreiung für ein bestehendes bereits räumlich genutztes Dachgeschoß. Es erfolgt keine Aufstockung um ein zusätzliches komplettes Geschoß. 

3. Würdigung nachbarlicher Interessen und öffentliche Belange
Inhaltlich identisch mit § 31 Abs. 2 BauGB hat auch § 31 Abs. 3 Satz 1 BauGB zur Voraussetzung, dass die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss.
Öffentliche Belange sind durch die Gaube nicht berührt. Die Errichtung der Dachgaube erfolgt zur straßenabgewandten Seite und fügt sich in die Umgebung ein. 
Die Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung entfalten keine drittschützende Wirkung zugunsten des Nachbars, da sie ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dienen sollen. 
Des Weiteren haben die Nachbarn dem Bauvorhaben schriftlich zugestimmt.

4. Grundzüge der Planung dürfen verletzt sein
Im Unterschied zur Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kann bei der Befreiung nach § 31 Abs. 3 BauGB mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplan auch dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt sind, das Vorhaben also dem planerischen Grundkonzept der Gemeinde zuwiderläuft.
Der Antragsteller beantragt die Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung. Durch die Errichtung der Gaube entsteht ein Vollgeschoss. Das Maß der baulichen Nutzung ist ein Grundzug der Planung.

Stellungnahme der Verwaltung
Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 BauGB sind erfüllt. Der Befreiung kann zugestimmt werden.

Beschlussvorschlag

Das gemeindliche Einvernehmen zum Dachausbau und Errichtung einer straßenabgewandten Gaube bei einem bestehenden Einfamilienhaus, Prielmayrstraße 12, Fl.-Nr. 273/7, Gemarkung Poing, wird erteilt.

Der Befreiung nach § 31 Abs. 3 BauGB von der Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung und Schaffung eines Vollgeschosses und der damit einhergehenden Überschreitung der Geschossfläche auf 0,6 wird zugestimmt.

Beschluss

Das gemeindliche Einvernehmen zum Dachausbau und Errichtung einer straßenabgewandten Gaube bei einem bestehenden Einfamilienhaus, Prielmayrstraße 12, Fl.-Nr. 273/7, Gemarkung Poing, wird erteilt.

Der Befreiung nach § 31 Abs. 3 BauGB von der Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung und Schaffung eines Vollgeschosses und der damit einhergehenden Überschreitung der Geschossfläche auf 0,6 wird zugestimmt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 08.03.2023 11:29 Uhr