Am 23.05.2016 wurde bei der Gemeinde Poing ein Bauantrag für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit einem Ladengeschäft im Erdgeschoss und einer Werkstatt auf dem Grundstück Fl. Nr. 380/4 der Gemarkung Poing, eingereicht.
Für das Bauvorhaben wurde bereits im August 2015 bei der Gemeinde Poing ein Antrag auf Vorbescheid eingereicht, über den die Untere Bauaufsichtsbehörde noch nicht abschließend entschieden hat.
Bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens:
Das geplante Vorhaben befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes i.S.d.
§ 30 BauGB, sondern innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Antrages richtet sich somit nach § 34 BauGB. Das Vorhaben ist dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Die nähere Umgebung um das o.g. Grundstück entspricht hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einem Mischgebiet, indem sich Gewerbebetriebe und Wohnnutzung gegenseitig abwechseln. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung fügt sich das beantragte Gebäude in die nähere Umgebung ein, da es sich bei dem geplanten Vorhaben um ein Mehrfamilienhaus mit Gewerbenutzung im Erdgeschoss handelt.
Für das Einfügen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ist nach der Rechtsprechung des BayVerwG in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten (absolute Maßfaktoren).
Bei der bereits bestehenden umliegenden Bebauung im Bereich der Neufarner Straße / Wikingerstraße befinden sich derzeit Gebäude mit ca. 3 Vollgeschossen bei einer Wandhöhe von ca. 5,51 m – 12,73 m. Die max. Firsthöhe der Umgebungsbebauung liegt derzeit bei ca. 7,70 m – 13,79 m. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen besteht die umliegende Bebauung im o.g. Bereich aus Baukörpern mit einer Länge von ca. 7,49 m - 38,16 m und einer Breite von 9,68 m - 21,49 m. Das vom Antragsteller geplante Vorhaben soll mit einer Wandhöhe von ca. 10,64 m – 11,05 m bei einer Firsthöhe von 14,02 m errichtet werden.
Des Weiteren fügt sich das Gebäude durch seine 3-geschossige Bebauung inklusive eines zusätzlichen Dachgeschosses (Dachgeschoss ist kein Vollgeschoss i.S.d. § 20 Abs. 3 BauNVO) im Hinblick auf die bereits bestehenden Anzahl an Vollgeschossen in die bestehende Umgebungsbebauung ein.
Bei dem abgegrabenen Untergeschoss auf der Nordseite des Grundstückes handelt es sich darüber hinaus um kein Vollgeschoss i.S.d. Art. 2 Abs. 8 BayBO.
Hinsichtlich des geplanten Maßes der baulichen Nutzung fügt sich das Bauvorhaben somit in die bereits bestehende Umgebungsbebauung ein, da vom Bauherrn entgegen dem Vorbescheid eine engere Anpassung des Vorhabens an die Bebauung entlang der Wikinger
straße vorgenommen wurde.
Des Weiteren überschreitet der geplante Neubau an der nordöstlichen Grundstücksecke auf einer Fläche von ca. 1,50 m² den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 23, rechtsverbindlich seit dem 08.11.1978. Durch den geplanten Vorbau werden in diesem Bereich die jeweiligen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht eingehalten.
Nachdem das Vorhaben den Geltungsbereich des Bebauungsplanes nur auf einer Fläche von ca. 1,50 m² überschreitet wird dies noch als geringfügig angesehen.
Das gemeindliche Einvernehmen für die Erteilung einer Befreiung bzgl. der Nichteinhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 23 kann deshalb erteilt werden.
Stellplatzsituation:
In den Antragsunterlagen werden die für das Gebäude erforderlichen 23 Stellplätze nachgewiesen. Auf dem Baugrundstück selbst werden jedoch insgesamt nur 3 Stellplätze errichtet. Die restlichen 20 Stellplätze werden alle samt auf dem Nachbargrundstück, Fl. Nr. 380/3 der Gemarkung Poing, in einer Entfernung von max. 61,00 m zum Hauseingang angeordnet.
Nach § 3 Nr. 1.2 der gemeindlichen Stellplatzsatzung vom 08.10.2009 sind sämtliche Stellplätze, die für eine bauliche Anlage benötigt werden, auf dem Baugrundstück selbst zu errichten. Der geplanten Anordnung von Stellplätzen auf einen nahe gelegenen Nachbargrundstück kann jedoch ebenfalls zugestimmt werden, da zusätzlich die Anordnung von Stellplätzen auf einem bis zu 100 m benachbarten Grundstück möglich ist.
Die Verlegung der Stellplätze ist jedoch nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Nutzung hierfür tatsächlich und rechtlich für diesen Zweck durch den jeweiligen Bauherrn gesichert wird.
Des Weiteren ist für die Errichtung der Stellplätze 1 - 6 noch eine Befreiung vom Bebauungsplan Nr. 23 notwendig, da diese nicht mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 23 vereinbar sind.
Nach den vorgelegten Unterlagen werden die Stellplätze auf der in der Planzeichnung zum Bebauungsplan festgesetzten Fläche für einen zukünftig geplanten Eigentümerweg errichtet. Die Bauherren begründen den Befreiungsantrag damit, dass im Zuge der Neubebauung Ihrer angrenzenden Grundstücke die derzeit bestehende Gesamtstellplatzsituation auf dem Gesamtareal neu bewertet und geplant werden soll.
Seitens der Verwaltung sind somit keine Bedenken, die gegen eine Erteilung des Einvernehmens sprechen, vorhanden
Sonstiges:
Hauskleinwindkraftanlage:
Des Weiteren können die beiden auf dem Hauptdach des Bauvorhabens geplanten Windräder gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b BayBO verfahrensfrei errichtet werden, solange und soweit alle weiteren öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. Abstandsflächen zum Nachbargebäude gemäß Art. 6 BayBO) eingehalten werden.
Überschreitung / Übernahme der Abstandsflächen durch den Grundstücksnachbarn
Es handelt sich hierbei um eine Abweichung von der BayBO, über die das Landratsamt Ebersberg als Untere Bauaufsichtsbehörde in eigener Zuständigkeit entscheidet