Am 28.08.2015 ging bei der Gemeinde Poing ein Antrag auf Vorbescheid für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Laden und Werkstatt auf dem Grundstück Fl. Nr. 380/4 der Gemarkung Poing bei der Gemeinde Poing ein.
Seitens des Antragstellers wurden folgende Fragestellungen an die Gemeinde Poing gerichtet:
1. GRZ und GFZ:
Ist ein Bauvorhaben mit einer GRZ von 0,66 und einer GFZ von 1,1 an dieser Stelle machbar?
Falls nicht: Wo liegt die zulässige Grenze für ein Bauvorhaben an dieser Stelle?
2. Geschoße:
Ist an dieser Stelle ein Gebäude mit E+ll+D sowie einem auf der Nordseite weitgehend freiem UG denkbar?
Falls nicht: Mit wie vielen Geschoßen kann gebaut werden?
3. Kniestock:
Im Bereich des Schnittes B-B wäre ein Kniestock von 66,5 cm (Bereich Schnitt A-A 126 cm) wünschenswert. Ist dieser Kniestock machbar?
Falls nicht: Welcher Kniestock ist machbar?
4. Windräder
Der Bauherr möchte als Beitrag zur regenerativen Stromgewinnung 2 Windräder auf dem Dach installieren. Ist dies an dieser Stelle möglich?
5. Garagen / Stellplätze:
Der Bauherr beabsichtigt, ausschließlich oberirdische Stellplätze zu errichten. Erst im Zuge mit einer Bebauung entlang der Neufarner Straße (entsprechend B-Plan Nr. 23) sollen die Stellplätze in einer gemeinsamen Tiefgarage untergebracht werden.
Sind die Stellplätze bis dahin an geplanter Stelle (siehe Lageplan) denkbar?
6. Spielplatz:
Der Spielplatz soll im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 23 errichtet werden. Größe und Lage weicht allerdings von diesem Bebauungsplan ab, da hier nun ein anderes Gebäude als im B-Plan vorgesehen bedient wird. Ist eine Abweichung vom B-Plan möglich?
Von welchen Rechenansätzen hinsichtlich der Spielplatzfläche soll ausgegangen werden (z. B. München: 1,5 m² / 25 m² Wfl.)?
Wie ist dabei zu berücksichtigen, dass bis auf 1 Wohnung im Dachgeschoss keine Wohnungen mit Kinderzimmern vorgesehen sind?“
7. Lage des Gebäudes:
Der Vorbau ragt minimal (ca. 40 cm) in den Bereich des Bebauungsplanes Nr. 23, ohne dessen Festsetzungen einzuhalten.
Ist dies auf Grund der geringen Überlagerungen zulässig bzw. kann eine Abweichung erteilt werden?
8. Fahrradstellplätze/Kinderwagenstellplätze:
Es ist vorgesehen im UG einen Raum als Abstellplatz für Kinderwägen und Fahrräder zu verwenden. Von welchen Rechenansätzen ist auszugehen?
Wie ist dabei zu berücksichtigen, dass bis auf 1 Wohnung im Dachgeschoss keine Wohnungen mit Kinderzimmern vorgesehen sind?
Stellungnahme der Verwaltung:
Zu 1:
Das geplante Vorhaben befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB, sondern innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorbescheides richtet sich somit nach § 34 BauGB. Das Vorhaben ist dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Die nähere Umgebung um das o.g. Grundstück entspricht hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einem Mischgebiet, indem sich Gewerbebetriebe und Wohnnutzung abwechseln. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung fügt sich das beantragte Gebäude in die nähere Umgebung ein, da es sich bei dem geplanten Vorhaben um ein Mehrfamilienhaus mit einem Laden und einer Werkstatt handelt.
Nachdem sich das geplante Bauvorhaben somit innerhalb eines faktischen „Mischgebietes“ gemäß § 6 (BauNVO) befindet, richtet sich das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 BauNVO. In einem Mischgebiet kann durch den Bauherrn gemäß § 17 BauNVO eine max. GRZ von 0,6 und eine max. GFZ von 1,2 auf dem Baugrundstück errichtet werden. Die vom Antragsteller beabsichtigte Errichtung einer GRZ von 0,66 ist daher nicht möglich, die Errichtung einer GFZ von 1,1 dagegen schon.
Zu 2 und 3:
Das geplante Vorhaben ist hinsichtlich der geplanten Anzahl an Vollgeschossen genehmigungsfähig.
Hinsichtlich der geplanten Kniestöcke, Wand- bzw. Firsthöhen ist das Vorhaben jedoch nicht genehmigungsfähig.
Für das Einfügen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ist nach der Rechtsprechung des BayVerwG in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten (absolute Maßfaktoren).
Bei der bereits bestehenden umliegenden Bebauung in der Umgebung des geplanten Vorhabens handelt es sich derzeit um eine Bebauung mit ca. 3 Vollgeschossen bei einer Wandhöhe von 5,51 m – 10,00 m. Die max. Firsthöhe der Umgebungsbebauung liegt derzeit bei ca. 7,70 m -12,50 m. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen besteht die umliegende Bebauung im o.g. Bereich aus Baukörpern mit einer Länge von 7,49 m - 38,16 m und einer Breite von 9,68 m - 21,49 m.
Das vom Antragsteller geplante Vorhaben fügt sich durch seine 3-geschossige Bebauung inklusive eines zusätzlichen Dachgeschosses (Dachgeschoss ist kein Vollgeschoss i.S.d. § 20 Abs. 3 BauNVO) hinsichtlich der bereits bestehenden Anzahl an Vollgeschossen in die nähere Umgebung ein.
Des Weiteren handelt es sich bei dem geplanten abgegrabenen Untergeschoss auf der Nordseite des Grundstückes um kein Vollgeschoss nach Art. 2 Abs. 8 BayBO.
Des Weiteren ist durch den Antragsteller die Errichtung des geplanten Vorhabens mit einer Wandhöhe von 10,50 m – 12,60 m geplant.
Darüber hinaus ist im Vorbescheid ein Dachgeschoss mit einem Kniestock von 0,665 m bzw. 1,26 m geplant. Durch die Errichtung der geplanten Kniestöcke würde sich eine insgesamte Firsthöhe für das Vorhaben von 13,45 m ergeben.
Hinsichtlich der geplanten Wand- bzw. Firsthöhen fügt sich das geplante Vorhaben somit nicht in die bereits bestehende Umgebungsbebauung ein. Die geplanten Kniestöcke sind deshalb so zu reduzieren, dass sich für das Gesamtvorhaben eine max. Firsthöhe von max. ca. 12,50 m ergibt. Zusätzlich sind die geplanten Wandhöhen auf eine Höhe von ca. 10,00 m zu reduzieren.
Zu 4:
Die geplanten Windräder auf dem Dach des Vorhabens können gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 3 BayBO verfahrensfrei errichtet werden, solange und soweit alle weiteren öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. Abstandsflächen zum Nachbargebäude gemäß Art. 6 BayBO) eingehalten werden.
Zu 5:
Gemäß § 3 Nrn. 1.1 und 1.2 der gemeindlichen Stellplatzsatzung vom 08.10.2009 sind die notwendigen Stellplätze für eine bauliche Anlage grundsätzlich auf dem Baugrundstück selbst zu errichten. Darüber hinaus können sie auch auf einem bis zu 100 m entfernten Grundstück errichtet werden, wenn die Nutzung hierfür tatsächlich und rechtlich für diesen Zweck durch den Bauherrn gesichert wird. Die Verpflichtung zur Unterbringung der notwendigen Stellplätze für ein Bauvorhaben in einer Tiefgarage ist in der gemeindlichen Satzung nicht enthalten. In der gemeindlichen Stellplatzsatzung wurde lediglich festgelegt, dass Besucherstellplätze oberirdisch anzulegen sind.
Für die Anordnung der Stellplätze auf den angrenzenden Grundstücken kann das gemeindliche Einvernehmen durch den Bau und Umweltausschuss unter folgenden Voraussetzungen erteilt werden:
? Abstand der einzelnen Stellplätze zum Bauvorhaben beträgt nicht mehr 100 m
und
? es erfolgt eine tatsächliche und rechtliche Sicherung der Stellplätze durch den Bauherrn.
Zu 6:
Nachdem es sich bei der Errichtung von Kinderspielplätzen gemäß Art. 7 BayBO um eine bauordnungsrechtliche Vorschrift handelt, entscheidet über die Größe des notwendigen Spielplatzes das Landratsamt Ebersberg als Untere Bauaufsichtsbehörde in eigener Zuständigkeit.
Hinsichtlich der Lage des Spielplatzes kann seitens der Gemeinde Poing eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 23 in Aussicht gestellt werden, da sich die geplante Fläche ebenfalls im Eigentum des Antragstellers befindet. Darüber hinaus soll auf dem vorgesehenen Standort außerdem der Spielplatz für die zukünftige Bebauung entlang der Neufarner Straße entstehen.
Zu 7:
Nach den bei der Gemeinde Poing vorgelegten Unterlagen überschreitet das geplante Vorhaben des Antragstellers durch einen Vorbau minimal mit ca. 40 cm den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 23, rechtsverbindlich seit dem 08.11.1978. Durch den geplanten Vorbau werden in diesem Bereich die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht eingehalten.
Des Weiteren kann die geplante Überschreitung des Vorhabens mit 40 cm von der Verwaltung noch als geringfügig angesehen werden.
Das gemeindliche Einvernehmen für die Erteilung einer Befreiung bzgl. der Nichteinhaltung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 23 kann wegen der Geringfügigkeit der geplanten Überschreitung (ca. 40 cm) vom Bau- und Umweltausschuss in Aussicht gestellt werden.
Zu 8:
Nachdem es sich bei dem geplanten Vorhaben um ein Vorhaben der Gebäudeklasse 4 handelt, sind durch den Bauherrn gemäß Art 46 Abs. 2 BayBO, leicht erreichbare und gut zugängliche Abstellräume für Kinderwägen, Fahrräder und Mobilitätshilfen zu errichten, soweit die Wohnungen nicht ebenerdig liegen. Es handelt sich hierbei um eine bauordnungsrechtliche Vorschrift, über deren letztendliche Ausgestaltung das Landratsamt Ebersberg als Untere Bauaufsichtsbehörde in eigener Zuständigkeit entscheidet.