Behandlung der Stellungnahmen Träger öffentlicher Belange, vorgebracht während der Offenlage des Planentwurfs


Daten angezeigt aus Sitzung:  16. Sitzung des Gemeinderates, 22.12.2015

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat 16. Sitzung des Gemeinderates 22.12.2015 ö beschließend 3.2

Sachverhalt

Anregungen haben vorgebracht:

1.1        IHK, Schreiben vom 26.11.2015

Wie telefonisch besprochen, ist uns die Abgabe einer Stellungnahme vor dem Hintergrund der durch uns zu vertretenden Belange der gewerblichen Wirtschaft zu obigen Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Röthlein bis 1.12.2015 leider nicht möglich.
Gerne sind wir bereit, nach Aufforderung, eine Stellungnahme im Zuge der zu erwartenden Aufstellung eines Bebauungsplans für das betreffende Einzelhandelsprojekt abzugeben.

1.2        IHK, Schreiben vom 10.12.2015

Vor dem Hintergrund der durch uns zu vertretenden Belange der gewerblichen Wirtschaft haben wir zu obigem Vorhaben folgende Anmerkungen.
Aus fachlicher Sicht ist die Versorgung der ortsansässigen Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs unter Betrachtung der marktwirtschaftlichen Situation also unter Berücksichtigung der regionalen vorhandenen Kaufkraft- (Nachfrage) und Angebotspotenziale (Angebot) räumlich-funktional zu beurteilen. Aufgrund der Mobilität von Kundengruppen schließt dies die Marktpotenziale angrenzender Gemeinden ein.

Angebotssituation
Nach Schließung des Edeka-Marktes bietet in der Gemeinde Röthlein, im Altort des Ortsteiles Röthlein der Dorfladen Knödel & Trödel auf circa 300 m² Verkaufsfläche ein Grundsortiment an, Waren des täglichen Bedarfs sowie Wurst- und Fleischwaren incl. Mittagstisch einer ortsansässigen Metzgerei und Backwaren als Shop in Shop an. Metzgereiprodukte und Backwaren können an Stehtischen vor Ort verzehrt werden.
Weitere funktional bedeutsame Angebotsstandorte befinden sich in den Nachbargemeinden. Relevant ist vor allem der am nordwestlichen Ortsrand der östlich des Ortsteils Röthlein gelegenen Gemeinde Schwebheim befindliche Standort. Über die St 2277 ist der Ortsteil Röthlein direkt mit dieser  Agglomerationen zweier Märkte verbunden (Entfernung circa 1,5 km). Hier bieten ein Rewe-Markt (circa 1400 m² Verkaufsfläche) sowie ein Penny Discounter (circa 1100 m² Verkaufsfläche) ein qualitativ umfassendes Sortiment an.

Weitere Angebotsstandorte befinden sich in circa 2,5 km Entfernung von Röthlein in der ebenfalls durch die St 2277 angebundenen nordwestlichen Nachbargemeinde Grafenrheinfeld mit einem Edeka Markt (circa 750 m² Verkaufsfläche) sowie einen Norma-Discounter (circa 600 m² Verkaufsfläche).

Diesen regional ein Angebot stehen folgende Nachfrage gegenüber:

Nachfragesituation
Die Gemeinde Röthlein selbst weist im Jahr 2015 über alle Ortsteile hinweg ein Kaufkraftpotenzial für die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren) von 10,91 Mio € auf. Für die Gemeinde Schwebheim wird ein diesbezüglicher Jahreswert von 10,33 Mio € für die Gemeinde Grafenrheinfeld von 8,31 Mio € ausgewiesen (Quelle: Michael Bauer Research GmbH, Nürnberg 2015).
Zu berücksichtigen ist, dass ein Großteil des ortsansässigen Haushalte seine Einkäufe unter Nutzung des motorisierten Individualverkehres (IV) vor allem mit dem Pkw erledigt und dabei auch Angebotstandorte außerhalb der eigenen Gemeinde frequentiert.
Aufgrund der starken Pendlerverflechtungen in das Oberzentrum Schweinfurt findet die Versorgung der ortsansässigen Haushalte mit Gütern des täglichen Bedarfs häufig im Zuge der Berufspendelverkehre statt. Somit fließt ein Teil der lokal vorhandenen Kaufkrafzpotentialee regelhaft an verkehrsgünstig gelegene Angebotsstandorte mit großen Grundversorgungssortimenten entlang der Pendelstrecken ab.
Im Zuge dessen profitieren teilweise auch die oben genannten Angebotsstandorte, vor allem der verkehrsgünstig gelegene der Gemeinde Schwebheim, von Kaufkraftzuflüssen aus peripheren Ortschaften.

Neben den mobilen Kunden gibt es jedoch auch relativ immobile Menschen ohne Zugang zum IV. Diese sind auf ein hinreichendes, wohnstandortnahes Angebot an Gütern des täglichen Bedarfs angewiesen und versorgen sich lokal.

Für die Gemeinde Röthlein kann aufgrund von Zuzügen im Kontext der Errichtung neuen Wohnraumes (etwa im Neubaugebiet „An der Tränke“), bei sehr progressiver Betrachtungsweise mittelfristig ein zusätzliches Kaufkraftpotenzial von 0,38 Mio € p. a. für die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs unterstellt werden.
Angesichts der demographischen Entwicklung ist darüber hinaus bis auf absehbare Zeit keine relevante Steigerung der regionalen Nachfrage in den betreffenden Einzelhandelssegmenten zu erwarten.

Bewertung
Der regionale Markt im Bereich des Einzelhandels mit Gütern des täglichen Bedarfs ist weitgehend konsolidiert.
Insgesamt steht dem oben dargelegten regionalen Nachfragepotenzial ein adäquates Angebot gegenüber. Den Ortsteil Röthlein betreffend deckt dieses, durch das Angebot des Dorfladens Knödel & Trödel auch die Nachfrage lokal ansässiger Kunden ab die über kein Zugang zum IV verfügen.

Das obige Planungsvorhaben der Gemeinde Röthlein sieht die Ansiedlung eines Nettomarktes mit einer Verkaufsfläche von 1040 m² zuzüglich eines Backshops/Cafe mit circa 79 qm vor.
Qualitativ ist dieses neue Angebotssortiment in der Schnittmenge des Rewe-Markts und des Penny-Discounters in Schwebheim einzuordnen.

Aufgrund der konsolidierten Marktsituation ergibt sich mit dem Hinzukommen der neuen Verkaufsfläche ein regionaler Angebotsüberhang, der einen Verdrängungswettbewerb zwischen den Anbietern nach sich zieht. Dies ist Teil marktwirtschaftlicher Dynamik und per se nicht zu beanstanden.
Darüber hinaus sind jedoch die Auswirkungen auf die zentralörtliche Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs zu betrachten.
Infolge des, mit Umsetzung des obigen Planvorhabens entstehenden Angebotsüberhanges ist kurz- und mittelfristig ein weitgehender Umsatzrückgang das nur ein Grundsortiment anbietenden Dorfladens Knödel & Trödel absehbar.
Zur Erlangung hinreichender Rentabilität ist der Umsatz durch lokale Kunden die den IV nicht nutzen ( Z. B. Senioren, Menschen mit Handikap, Bürger die sich keine eigenen PKW leisten können) für den Dorfladen nicht hinreichend.

Daher ist er auf einen Grundumsatz durch Kunden die mit dem IV kommen angewiesen. Im Zuge eines regionalen Verdrängungswettbewerbs um diese Kunden ist der Dorfladen deutlich in der strukturell schwächstem Marktposition aller Wettbewerber. Somit ist mittelfristig die Aufgabe des Dorfladens zu erwarten
Der Wegfall dieses Angebot wird sich nachhaltig negativ auf die Versorgungssituation der Bürger ohne Zugang zum IV auswirken.

In der langen Frist sind der bestehenden Agglomeration aus Rewe und Penny angesichts des relativ größten Sortiments und der besseren verkehrlichen der Erschließung strukturelle Vorteile im Zuge der Marktkonsolidierung zu unterstellen.

Wir hoffen den Mitgliedern des Rates der Gemeinde Röthlein mit unseren fachlichen Erläuterungen bei der Findung einer nachhaltigen Entscheidung für die weitere Ortsentwicklung behilflich zu sein.

Beschluss

Die Gemeinde weist deshalb diese neue Fläche für Einzelhandel aus, um eine wettbewerbsfähige Nahversorgung in der Gemeinde Röthlein aufrecht erhalten zu können.
Durch die Wahl eines ortsnahen integrierten Standortes mit Anbindung an den ÖPNV und fußläufiger Erreichbarkeit werden die Voraussetzungen geschaffen, dass auch Bürger ohne Zugang zum Individualverkehr dieses neue Angebot nutzen können.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 0

Datenstand vom 04.01.2018 10:35 Uhr