Herr XXX, Rohrbach


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 02.07.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Rohrbach) Sitzung des Gemeinderates 02.07.2019 ö beschließend 6.1.28

Sachverhalt

Stellungnahme:
Der o.a. Bebauungsplan bedeutet einen massiven und irreversiblen Eingriff in eine jahrtausendealte Kulturlandschaft. Da bei der Entscheidungsfindung einige wesentliche Aspekte außer Acht gelassen wurden, möchte ich hiergegen folgende Argumente einwenden bzw. zu bedenken geben:
Zu den beiden veröffentlichten Abhandlungen des Planungsbüros Wipfler (Umweltbericht und Begründung zur Planfassung vom 12.02.2019) möchte ich vorausschicken, dass man als Leser fast den Eindruck gewinnen könnte, als sei das Ergebnis, nämlich die Durchwinkbarkeit des Bebauungsplanes, schon festgestanden bevor mit der Ausarbeitung begonnen wurde. Auf die wichtigsten Widersprüche und Ungereimtheiten wird weiter unten Bezug genommen.

Güterabwägung
Der Gemeinderatsbeschluss vom 17.07.2018 lässt nicht erkennen, dass eine ausgewogene Bewertung aller betroffenen Rechtsgüter und Umstände stattgefunden hätte: Letztlich steht hier die Gewinnmaximierung eines einzelnen Unternehmens (Betroffene: 1 Unternehmer und< 100 Mitarbeiter) einem enormen, nicht wieder gut zu machenden Eingriff in eine uralte, weltweit einmalige Kulturlandschaft (Betroffene: mindestens 4.000 Rohrbacher Bürger sowie künftige Generationen) gegenüber. Ein Eingriff noch dazu, der bei objektiver Betrachtung auch nicht notwendig erscheint (dazu unten mehr).
Auch das Entstehen von vielleicht zwei Duzend zusätzlichen oder das Nicht-Abwandern von insgesamt etwa 100 Arbeitsplätzen in Rohrbach vermag dieses Missverhältnis nicht ins Gleichgewicht zu bringen, weil a) auch die (zusätzlichen) Stellen wieder mehrheitlich nicht von Rohrbachern besetzt werden, und b) der Ort sich ohnedies nicht wegen seines vorhandenen Arbeitsplatzangebotes (sondern vielmehr wegen seiner günstigen Bahn- bzw. Verkehrsanbindung) so großer Beliebtheit bei Zuzüglern erfreut.
Selbst für den Fall, dass das betroffene Unternehmen abwandern sollte, soweit es sich in dem neuen Industriegebiet (siehe Umweltbericht Seite 41·ff . 1.1 Absatz 1, letzter Satz) nicht ansiedeln könnte, insoweit stimme ich der Begründung auf Seite 3 (Absatz 1) zu, ist insgesamt nicht mit einem größeren Verlust an Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen, da sich auf den bisher genutzten Flächen Nachnutzer ansiedeln würden.
In diesem Zusammenhang ist der geplante Verlust von fast 10 Hektar wertvoller Kulturlandschaft umso unverständlicher als sich im Umkreis von 20 Kilometern eine ausreichende Zahl von aufnahmefähigen Gewerbe-/Industriegebieten (z.B. in Bruckbach, Schweitenkirchen, Reichertshofen, Manching, Pfaffenhofen etc.) findet, bei denen unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in die Landschaft Hopfen und Malz im Wortsinn bereits verloren ist. Der in Rohrbach geplante Neubau würde dort nicht mehr auffallen und die Landschaft insgesamt weit weniger beeinträchtigen. Auf diesen Aspekt geht die Begründung unter Ziff. 2 Absatz 2 auf Seite nicht ein, es heißt dort nur vage und irreführend dass die Gewerbeflächen in Rohrbach und benachbarten Gemeinden „beinahe erschöpft" waren. Bei einem 150 x 30 x 11 Meter großen Baukörper die anlagenbedingten Auswirkungen für das Landschaftsbild als „gering" einzustufen (Umweltbericht Seite 26, Ziff. 2.4.2) bestätigt die eingangs gemachten Vorbehalte gegen den vorliegenden Umweltbericht.

Signalwirkung
Ein wichtiger Punkt, der völlig unberücksichtigt bleibt, ist die Signalwirkung, die von diesem Projekt ausgeht: Mit den gleichen Argumenten, mit denen sich die Firma Kempf einen neuen Ortsteil jenseits der Staatsstraße erschließen lässt, wird in absehbarer Zeit das nächste expandierende Unternehmen mit Platzbedarf, egal ob aus Rohrbach oder nicht, die Flächen südlich der Staatsstraße 2549 (über den Bahner Berg) beanspruchen usw., so dass innerhalb der nächsten 10 Jahre das gesamte Gebiet östlich der Staatsstraße 2232 bis Bruckbach zum Industriegebiet werden wird. Vom Landschaftsbild her wird es in diesem Abschnitt des Ilmtals dann ungefähr so aussehen, wie im Inntal entlang der Bundesstraße 181 zwischen Kufstein und Wörgl. Das einzige was dann noch fehlt, ist eine Autobahnabfahrt. Eine Gegend, in der man gerne lebt, sieht anders aus.
In diesem Zusammenhang ist auch die Argumentation unter Ziff. 2.2.4 des Umweltberichts auf Seite 14, Absatz 4, wonach die Landschaft „durch angrenzende Straßen und Gewerbeflächen bereits zerschnitten, also vorbelastet" ist, überaus fragwürdig. Der zu überplanende Freiraum hätte deshalb „nur eine geringe bis mittlere Qualität". Da die zitierte Feststellung praktisch auf jede Landschaft zutrifft, auch wenn sie noch so erhaltenswert ist, und sich mit ihr jeder noch so gravierende Eingriff in die Landschaft rechtfertigen ließe, ist dies ein weiterer Beleg für die fehlende Ergebnisoffenheit der Untersuchung: Gerade das Gebiet östlich der Staatsstraße 2232 (bis Bruckbach und danach weiter Richtung Süden) ist ja noch unverbaute Kulturlandschaft. Die Autoren lassen völlig außer Acht, dass gerade die Staatsstraße die Trennlinie zwischen bebauter (westlich) und unbebauter Landschaft (östlich) ist.
Durch das geplante Gewerbegebiet wird genau diese klare trennende Achse (mit den o.a. Auswirkungen) durchbrochen.

Flächenfraß
Dieses Projekt ist weiter ein Beleg dafür, wie wenig sinnvoll es ist, grundsätzlich den Gemeinden in Eigenverantwortung das Begrenzen des Flächenverbrauchs, in diesem Fall immerhin knapp 10 Hektar, zu überlassen. Außer der vielleicht während der Vegetationsperiode ein wenig hilfreichen Eingrünung ist hier nicht eine Maßnahme erkennbar, die einem ungebremsten Flächenfraß Einhalt gebieten würde.
Bedauerlich ist es insoweit auch, wenn gerade eine Gemeinde wie Rohrbach, die selbst schon mehrfach dem Hochwasser der Ilm zum Opfer gefallen ist, aus den Fehlern der Vergangenheit nichts zu lernen vermag und unverdrossen weiter riesige Flächen der fast völligen Versiegelung Preis gibt: Wie wir alle wissen, werden Extremwetterlagen und Starkregenereignisse in Zukunft häufiger vorkommen. Im Umweltbericht wird auf Seite 13 in Absatz 4 das derzeitige Wasserrückhaltevermögen des zu bebauenden bzw. zu versiegelnden Bodens ausdrücklich als "sehr hoch bei Niederschlägen" bezeichnet. Gleichwohl kommt der Bericht auf Seite 20 in Absatz 2 und 6 beim Thema Fläche und Wasser zu dem Ergebnis, dass die Eingriffe nur von „mittlerer" bzw. geringer Erheblichkeit seien. Bleibt abzuwarten, ob die Bewohner der ilmabwärts gelegenen Anwesen und Ortschaften diese Einschätzung zu gegebener Zeit teilen werden. Allein dieses Argument sollte bei einer ausgewogenen Interessenabwägung Grund genug sein, von dem gesamten Vorhaben Abstand zu nehmen.

Kreisverkehr
An zahlreichen Orten werden Kreisverkehre, die sich nicht bewährt haben, wieder zurückgebaut. Die Voraussetzungen dafür, dass der hier geplante Kreisverkehr dieses Schicksal eines Tages teilen wird, stehen aus folgenden Gründen gut:
  • Die Belastbarkeit dürfte bei ca. 10.000 Fahrzeugen pro Tag nicht ausreichen, es werden sich aufgrund des relativ hohen Anteils an Schwer- und landwirtschaftlichem Verkehr Rückstaus in allen drei Richtungen bilden.
  • Bei der jetzigen T-Kreuzung sind derzeit nur etwa 20 bis 30% der vorbeikommenden > 10.000 Fahrzeuge, nämlich die die von der Staatsstraße 2549 kommen, gezwungen, immer auf eine niedrige Geschwindigkeit abzubremsen und anschließend wieder zu beschleunigen. In Zukunft werden es 100% der Fahrzeuge sein, die stark abbremsen und anschließend wieder beschleunigen müssen. Ein Kreisel ist deshalb allein schon wegen der dadurch vorprogrammierten zusätzlichen Belastung der Anwohner und der Umwelt durch Abgase, Bremsenabrieb und lautere, ungleichmäßigere Gräuschemissionen einer größeren Anzahl beschleunigender Fahrzeuge nicht sinnvoll.
  • Auf Seite 3 Absatz 2 der Begründung wird die Kreuzungssituation als „gefahrenträchtig" bezeichnet. Dafür, dass diese Kreuzung kein größeres Gefahrenpotential darstellt als andere Kreuzungen, spricht allein schon die Tatsache, dass in diesem Bereich auf der Staatsstraße 2232 eine Geschwindigkeit von 80 km/h erlaubt ist. Würde es sich wirklich um eine gefährliche Einmündung handeln, dürften dort vernünftigerweise höchstens 60 km/h erlaubt sein.
  • Im Vergleich zu einer normalen Einmündung / Kreuzung ist der Flächenbedarf mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen (s.o.) unverhältnismäßig höher.

Bürgerbeteiligung
Obgleich das ordnungsgemäße Zustandekommen und die Legitimation des Gemeinderatsbeschlusses vom 17.07.2018 außer Frage stehen, bleibt anzumerken, dass es bei einer derart weit reichenden Entscheidung vielleicht nicht ganz unangebracht gewesen wäre, die Einwohner nicht ein weiteres  Mal vor  vollendete Tatsachen zustellen, sondern sie zuvor in die Entscheidungsfindung, zum Beispiel durch eine Bürgerbefragung (Fundstelle Wikipediaeintrag: Die Bürgerbefragung oder auch Einwohnerbefragung ist eine Form der Bürgerbeteiligung an Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung durch Konsultation. Es findet dazu eine Befragung von Bürgern zu einem bestimmten Vorhaben statt. Wie bei anderen Umfragen üblich, bekommen die Bürger zu diesem Zweck in der Regel ein Papierformular mit den Fragen übergeben, das diese nach Ausfüllung zurücksenden oder an bekannt gemachten Sammelstellen abgeben. Bürgerbefragungen sind stets anonym. Oftmals werden Einwohnerbefragungen auf kommunaler Ebene im Vorfeld von in der Öffentlichkeit umstrittenen Bau- und ordnungsrechtlichen Maßnahmen (bspw. der Neubebauung eines Areals oder der Ausweitung von Parkraumbewirtschaftung) durchgeführt, um den tatsächlichen Grad von Zustimmung und Ablehnung in der Einwohnerschaft zu ermitteln. Auf diesem Wege können den Bürgern auch verschiedene Planungsvarianten vorgelegt und ein Vorhaben so stärker an den Wünschen der Einwohnerschaft ausgerichtet werden. Darüber hinaus haben Einwohnerbefragungen oftmals eine akzeptanzsteigernde und streitvermeidende Wirkung, da den Bürgern vermittelt wird, dass sie in Entscheidungsprozesse eingebunden und nicht "über ihre Köpfe hinweg" entschieden wird. ...), mit einzubeziehen. Andere Gemeinden mit einem etwas zeitgemäßeren Demokratieverständnis machen es vor  (u.a.  Kolbermoor zum Thema Stadtentwicklung, etc.).

Abwägung:
Die Erforderlichkeit des Eingriffs in die derzeit zum Hopfenanbau genutzten landwirtschaftlichen Flächen wurde seitens der Gemeinde Rohrbach gesehen und dem Bedarf nach geeigneten gewerblichen Flächen im Gemeindegebiet zur Standortsicherung für ein eingesessenes und kontinuierlich wachsendes, mittelständisches Unternehmen gegenüber gestellt. Dabei wurde festgestellt, dass die Standortsicherung stets einen Eingriff in solche Flächen erfordert, weil im Bereich der Innenentwicklung keine geeigneten Flächen mehr vorhanden sind. Zwar ist es richtig, dass es durch die von der Gemeinde angestrebte Standortsicherung zu einem Eingriff in das Landschaftsbild kommt. Das ist aber stets der Fall, wenn angrenzend an den Ortsrand bisherige Außenbereichsflächen als Bauland entwickelt werden. Den Stellenwert einer weltweit einmaligen Kulturlandschaft misst die Gemeinde dem Planungsgebiet jedoch nicht bei. Die betroffenen Flächen verfügen weder über einen besonderen Schutzstatus noch heben sie sich auf sonstige Weise derart von der Umgebung ab, dass sie als besonders wahrgenommen werden. Anstelle von Hopfenanbau könnte dort auch jede andere landwirtschaftliche Nutzung erfolgen.
Mit der Standortsicherung für das ortsansässige Unternehmen auf den hierfür aus Sicht der Gemeinde sowohl erschließungs- als auch wegen des bereits westlich angrenzenden Gewerbes nutzungstechnisch lagemäßig geeigneten Flächen wird aus Sicht der Gemeinde auch keine Gewinnmaximierung eines einzelnen Unternehmens betrieben. Vielmehr werden die Belange der Wirtschaft im Gemeindegebiet gestärkt. Es werden Arbeitsplätze gesichert, die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert und das im Zusammenhang mit einem örtlich verbundenen Unternehmen, das insoweit auch bereit ist, in seine Zukunft in der Gemeinde zu investieren. Insoweit sieht die Gemeinde nämlich durchaus, dass die Fa Kempf zunächst für die Entwicklung der Flächen und anschließend aber auch für den darauf zu realisierenden neuen Betriebsstandort mit einem erheblichen Kostenaufwand in Vorleistung gehen muss, den es anschließend erst einmal wieder zu erwirtschaften gilt. Schon das steht einer reinen Gewinnmaximierung entgegen.
Weiter stuft die Gemeinde den Erhalt von 100 Arbeitsplätzen sowie das Potential zur Schaffung zahlreicher weiterer Arbeitsplätze für die Gemeinde in seiner Bedeutung deutlich gewichtiger ein, mit der Folge, dass bei gleichzeitiger Minimierung des Eingriffs durch die Planung – soweit aus betrieblichen Erfordernissen heraus möglich – dieser möglich ist. Dass der bisherige Betriebsstandort im Falle einer Absiedlung der Fa. Kempf neu belegt wird, ist zwar nicht abwegig. Wann und in welchem Umfang bzw. mit wie vielen Arbeitsplätzen ist jedoch nicht absehbar. Selbst aber wenn der Standort ggf. in gleichem Umfang neu besetzt würde, ist es nicht das Bestreben der Gemeinde, standortsichernde Maßnahmen, die neue Flächenausweisungen benötigen abzulehnen und insoweit auf potentiell verfügbare Flächen in anderen Gemeinden zu verweisen. Das würde zu einem wirtschaftlichen Stillstand in der Gemeinde führen und widerspräche auch der gemeindlichen Aufgabe eine Daseinsvorsorge für Ihre Bürger zu betreiben.
Insoweit muss sich die Gemeinde deshalb auch nicht auf umliegende Gemeinden und dortige eventuelle nicht näher konkretisierte Gewerbeflächenpotentiale verweisen lassen, sondern kann in der von ihr hier als angemessen betrachteten Weise von der ihr zustehenden Planungshoheit Gebrauch machen, zumal auch die Regierung von Oberbayern als zuständige Raumordnungsbehörde diese Standortsicherung im Gemeindegebiet mitträgt.

Künftige Bestrebungen Dritter zur Entwicklung der Flächen südlich der Staatsstraße 2549 sind für die Abwägungsentscheidung der Gemeinde Rohrbach zu dem hier zu beurteilenden Bebauungsplan nicht relevant. Die Ausweisung von Bauland nördlich der Staatstraße 2549 erzeugt planungsrechtlich keinerlei Vorwegbindung für die Gemeinde in Bezug auf die südlich dieser Staatsstraße gelegenen Flächen, zumal hier auch die Situation mit der westlich gegenüberliegenden Wohnbebauung eine andere ist. Auch gibt es derzeit keinerlei Absichten für eine solche Entwicklung.  
Hinsichtlich der Wertigkeit und der Bedeutung des Landschaftsbilds und der Kulturlandschaft ist anzumerken, dass mit dem Vorhaben zweifelsfrei ein Eingriff in das Landschaftsbild einhergeht, der jedoch wie zu Punkt 1 bereits erläutert, unter Berücksichtigung der betrieblichen Aspekte, die sicherzustellen sollen, dass dem Gewerbetreibenden im Hinblick auf die betrieblichen Abläufe noch ausreichend Spielräume bei der Errichtung der von ihm benötigten Anlagen verbleiben, so gering wie möglich gehalten und kompensiert wird. Grundsätzlich hat sich die Kulturlandschaft in den letzten Jahrzehnten gravierend geändert – Anforderungen durch Verkehr und Wirtschaft prägen die Landschaft mittlerweile wesentlich stärker als dies durch die Landwirtschaft in den vergangenen Jahrhunderten der Fall war. Den mit diesem Trend verbundenen Auswirkungen ist sich die Gemeinde Rohrbach bewusst. Gleichzeitig hält sie gerade auch im Hinblick auf diesen Wandel den Eingriff zugunsten einer Standortsicherung eines für die Gemeinde bedeutenden Wirtschaftsbetriebs mit mittelständischer Struktur und der mit diesem Betrieb verbundenen Arbeitsplätze für vertretbar. Von welchen Personen diese Arbeitsplätze mehrheitlich besetzt werden, spielt dabei keine wesentliche Rolle, ebenso wenig, dass sich im Falle einer Abwanderung des Betriebs am bisherigen Betriebsstandort eventuell ein neuer Betrieb mit neuen Arbeitsplätzen ansiedelt. Letzteres ist zwar wünschenswert, maßgebliches Ziel ist es jedoch den ortsansässigen Betrieb in der Gemeinde zu halten.
Dass im Bereich des Planungsgebiets die Landschaft durch angrenzende Straßen und Gewerbeflächen bereits zerschnitten bzw. vorbelastet ist, versteht die Gemeinde im Rahmen ihrer Abwägung so, dass hier gerade nicht in die freie Landschaft hinein geplant wird, sondern unter Berücksichtigung von Belangen wie dem Anbindungsgebot, der Verträglichkeit mit schon bestehenden Nutzungen und kurzer Erschließungswege. Dass die durch die Staatsstraße und den dortigen Verkehr auf die angrenzenden Flächen ausgelösten Emissionen zu einer Vorbelastung dieser Flächen führen, ist offensichtlich. Die diesbezügliche Feststellung im Umweltbericht ist somit zutreffend.

Die gemeindliche Planungshoheit ist nach wie vor grundgesetzlich in Art. 28 GG verankert.
Die Fläche ist mit ca. 10 ha nicht klein. Ihre Ausweisung ist vorliegend aber durch den konkreten Bedarf in dieser Größe möglich. Nach nunmehr geänderter Straßenplanung und den Anforderungen an eine breitere Eingrünung entfallen bei einem Gesamtumgriff des Bebauungsplans von 10,14 ha ca. 1,52 ha auf Verkehrsflächen (inkl. Radweg, Bankette, Verkehrsgrünflächen), 6,83 ha auf Gewerbegebietsflächen, 0,84 ha auf private Grünflächen, und 0,94 auf Ausgleichsflächen. Somit können die reinen Bauflächen für das Gewerbegebiet gegenüber dem bisherigen Planentwurf im Sinne des Flächensparens um ca. 0,9 ha reduziert werden. Umgekehrt stehen aber für den ortsansässigen Gewerbebetrieb keine Gewerbegebietsflächen im Innenbereich in der benötigten Größenordnung zur Verfügung, welche auch nur annähernd dem bereits jetzt vorhandenen Bedarf des Betriebs entsprechen, noch Entwicklungsoptionen für künftige Betriebserweiterungen abbilden würden. Gerade diese sind entscheidend für die Standortwahl eines mittelständischen prosperierenden Unternehmens, welches auch kurzfristig auf Entwicklungen des Marktes reagieren muss. Diese Reaktion erfordert ggf. nicht nur Änderungen in Produktion und Betriebsabläufen, sondern ist auch mit der Notwendigkeit einer weiteren baulichen Entwicklung verbunden. Insoweit resultiert die Größe der Gewerbegebietsfläche einerseits aus dem Flächenbedarf für die aktuell geplanten Bauabschnitte Nr. 1 „Neubau einer neuen Produktions- und Fertigungshalle“ und Nr. 2 „Verlagerung des bestehenden Betriebs“ (bisher 2,1 ha bebaute Fläche) mit einem Flächenbedarf von insgesamt rund 4,0 ha. Die verbleibenden rund 2,8 ha bebaubarer Gewerbefläche dienen der vorgenannten für die Standortsicherung so wichtigen Erweiterungsoption. Bei nach Auskunft des Unternehmens jährlichen Wachstumsraten von 10-15% in den letzten Jahren kann von einer Inanspruchnahme dieser Flächenreserve binnen der nächsten 5 bis 7 Jahre ausgegangen werden. Es liegt somit schon heute ein entsprechender Bedarf vor, diese Fläche für künftige Betriebserweiterungen mit zu überplanen, um gerade gebietsbezogene Themen, wie die Regenwasserrückhaltung einheitlich und nicht etappenweise zu lösen Von Seiten der zuständigen Fachbehörde, der Regierung von Oberbayern, die die Vereinbarkeit der Planung mit den Zielen der Regional- und Landesplanung prüft, wurde mit Schreiben vom 22.03.2019 festgestellt, dass die Planung den Erfordernissen der Raumordnung nicht entgegen steht.
Bei den Flächen handelt es sich nicht um für den Hochwasserschutz ausgewiesene Flächen. Insoweit sind diese grundsätzlich überplanbar. Im Rahmen der zwischenzeitlich vorliegenden Baugrunduntersuchung (IGA vom 01.03.2019) wurde festgestellt, dass im Gebiet kein durchgängiger Versickerungshorizont gegeben ist. Das hat zur Folge, dass am tiefsten Punkt des Planungsgebiets ein ca. 2.500 qm großes, natürlich ausgestaltetes Regenrückhaltebecken zu errichten ist. Hier kann das Niederschlagswasser im Plangebiet ausreichend gesammelt werden und ohne Risiko für Dritte gedrosselt abgeleitet werden. Auch die diesbezüglichen Belange werden somit durch die weitere Planung ausreichend beachtet. Die Baugrunduntersuchung des Büros IGA vom 01.03.2019 wird den Planunterlagen des Bebauungsplans zur öffentlichen Auslegung beigegeben.  

Die Wirksamkeit und Notwendigkeit eines Kreisverkehrs wurde vom planenden, zuständigen Baulastträger der Staatsstraßen, dem Staatlichen Bauamt Ingolstadt, geprüft. Weiter ist diese u.a. in der Verkehrstechnische Untersuchung (Prof. Dr.-Ing. Harald Kurzak vom 07.06.2018 mit Ergänzung vom 03.07.2018) dargelegt, welche den Planunterlagen des Bebauungsplans zur öffentlichen Auslegung beigegeben wird.
Zur befürchteten erhöhten Lärmbelastung durch die Anlage des Kreisverkehrs wird auf die Ergebnisse aus der nunmehr vorliegenden schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros Kottermair vom 11.06.2019 verwiesen. Diese wird den Planunterlagen zur öffentlichen Auslegung ebenfalls beigegeben. Hier wurden die Kreuzungssituation der Staatsstraßen und die Auswirkungen des geplanten Kreisverkehrs betrachtet. Die zulässigen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV werden an der nächstgelegenen Wohnbebauung in der gegenwärtigen Ist-Situation tags/nachts um 3,2/5,8 dB(A) überschritten. Durch den Umbau zum Kreisverkehr und die damit verbundene Geschwindigkeitsreduzierung sowie die Vergrößerung des Abstands des neu zu errichtenden Kreisverkehrs zur nächst gelegenen Wohnbebauung infolge der Verschiebung etwas in Richtung Nordosten können diese Überschreitungen auf 2,2/4,8 dB(A) tags/nachts um jeweils rund 1,0 dB(A) reduziert werden. Mit dem Umbau zum Kreisverkehr ist daher eine Lärmminderung einhergehend.
Zu der befürchteten erhöhten Anzahl an Beschleunigungen aus dem Kreisverkehr kommend ist anzumerken, dass sich diese nicht messbar in einer Prognose darlegen lassen. Durch die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 70 km/h an allen drei Staatsstraßen-Ästen auf jeweils 150 m vor und nach dem Kreisverkehr ist die Notwendigkeit einer schnellen Beschleunigung jedoch nicht mehr so gegeben wie in der Ist-Situation. Autofahrer vom Bahner Berg kommend können sicher über den Kreisverkehr einfahren und sind nicht mehr gezwungen, auf der St2232 aufgrund schnell herannahender Fahrzeuge von hinten stark zu beschleunigen. Zudem verschiebt sich Einmündesituation durch den Kreisverkehr um ca. 60 m von der nächstgelegenen Wohnbebauung weg nach Nordosten, was zweifelsohne mit einer Reduzierung der Lärmbelastung einhergeht.
Der Umbau der Kreuzung zum Kreisverkehr führt zwar zu einer zusätzlichen Versiegelung von ca. 800 qm Fahrbahnfläche. Angesichts der Vorteile, die sich durch den Kreisverkehr ergeben (u.a. Erhöhung der Verkehrssicherheit, Reduktion der Lärmimmissionen, direkte Erschließung des Gewerbegebiets), wird das von der Gemeinde Rohrbach aber als zweckmäßig angesehen.

Die Gemeinde Rohrbach hat zur aktuellen Planung neben der gesetzlich vorgeschrieben Beteiligung der Öffentlichkeit eine Bürgerinformations veranstaltung abgehalten, auf der durch verschiedene Fachplaner die Planung und deren Auswirkungen vorgestellt wurden. Den Bürgerinnen und Bürgern wurden somit außerhalb des gesetzlichen Verfahrens eine umfassende Information, aber auch eine Diskussion sowie ein Austausch ermöglicht. Das wurde von anderen anwesenden Bürgerinnen und Bürgern als durchaus positiv empfunden. Die Gemeinde hat somit dem Wunsch nach einem „zeitgemäßeren Demokratieverständnis“ offenkundig Rechnung getragen. Einer Beteiligung in Papierform bedurfte es hierzu nicht.

Beschluss

Die Gemeinde Rohrbach nimmt die vorgebrachten Anregungen, Hinweise und Bedenken zur Kenntnis und verweist auf die nunmehr vorliegenden Gutachten zu den Themenbereichen Baugrund, Lärm und Verkehr. Diese Gutachten werden den Planunterlagen zur öffentlichen Auslegung und Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange beigegeben. Die verkehrlichen, immissionsschutztechnischen und wassertechnischen Auswirkungen werden in der Begründung (und im Umweltbericht) zusammenfassend beschrieben und beurteilt. An der Planung wird weiter festgehalten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 08.08.2019 11:16 Uhr