Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 42 "Schelmengrund - 2. BA" (mit Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. 37 "Schelmengrund - 1. BA") - ergänzende Behandlung der Stellungnahme des Bay. Landesamt für Denkmalschutz *)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 05.05.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Rohrbach) Sitzung des Gemeinderates 05.05.2021 ö 3

Sachverhalt

Der Gemeinderat hatte sich bereits in der Sitzung vom 14.04.2021 mit der Stellungnahme des Bay. Landesamt für Denkmalschutz (BLfD) ausführlich befasst. Auf die Beschlusslage wird an dieser Stelle verwiesen.

Im Nachgang zur Sitzung wurde seitens der Verwaltung eine rechtliche Überprüfung der Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt durchgeführt. Auf das anwaltliche Antwortschreiben in der Anlage zu diesem TOP wird verwiesen. Auf folgende Auszüge hieraus wird verwiesen:

  1. Allgemeines:
Die in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG unbestimmten Rechtsbegriffe, so insbesondere der angesprochene Nähebereich, sind immer einzelfallbezogen auslegungsbedürftig und lassen sich nicht pauschal und allgemein beantworten. Der Nähebereich lässt sich letztendlich dadurch definieren, dass eine Auswirkung durch die Errichtung, Änderung oder Beseitigung einer baulichen Anlage auf das Baudenkmal noch möglich sein muss. Letztendlich wird hierfür immer zumindest eine Sichtbeziehung erforderlich sein. Jedenfalls kann die Nähe nicht in Metern angegeben werden. Abzustellen ist vielmehr auf den Wirkungsbereich des Denkmals. Dieser kann auf die Nachbarschaft begrenzt sein, er kann aber auch, z. B. bei beherrschenden Burgen oder Kirchen, sehr weit reichen. Wie gesagt, ist eine Anlage immer dann in der Nähe eines Baudenkmals gelegen, wenn ihre Errichtung, Veränderung oder Beseitigung für ein Baudenkmal, insbesondere sein äußeres Erscheinungsbild, nachteilige Wirkungen haben kann. Dies ist letztendlich der Schutzbereich, der von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG gezogen wird.
Für die Frage, wann sich eine Veränderung in der Nähe auf ein Baudenkmal auswirkt, genügt es, dass das Erscheinungsbild des Denkmales beeinflusst wird. Dies ist letztlich immer dann der Fall, wenn sowohl Denkmal, wie errichtete, veränderte oder beseitigte Anlagen gleichzeitig mit dem Denkmal wahrgenommen werden können. Eine Beeinträchtigung des Denkmales selbst ist nicht erforderlich.
Vorliegend ist auch denkbar, dass sich der „Nähebereich“ des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG im Laufe der Zeit verändert: so kann beispielsweise die Bebauung der Parzelle 33 sich im optischen Einwirkungsbereich der Denkmäler befinden, solange die östlich benachbarten Parzellen (34, 35, 36 und 37) noch nicht bebaut sind. Erfolgt sodann deren Bebauung, ist ggf. die Parzelle 33 nicht mehr dem Nähebereich zuzuordnen. Eine konkrete Ein- und Abschätzung der Frage ist aber letztendlich nur vor Ort möglich und kann Geltung nur solange beanspruchen, bis keine anderen Änderungen vorliegen, die sich auf das Denkmal auswirken können.

  1. Auswirkungen konkret auf BPL Nr. 42 „Schelmengrund – 2. BA“
  • Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen „Nähefall“ i. S. des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG handelt. Eine Angebe in Metern beim Nähebereich ist nicht möglich. Es kommt hier immer auf die Frage an, wie weit der Wirkbereich des Denkmales und die Auswirkungsmöglichkeit der „heranrückenden“ Anlage reicht.
  • Die Frage, ob sich eine Auswirkung i. S. d. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG ergibt, ist von einem Denkmalschutzfachmann (ggf. extern einzuschalten) zu beurteilen.
  • Das BLfD weist darauf hin, dass Sattel- und Walmdächer mit naturroter Dachdeckung für denkmalschutzfachlich erlaubnispflichtig gehalten werden; Flachdächer werden abgelehnt.
  • Für die Rechtssicherheit ist anzuraten, die Forderungen der Denkmalschutzbehörde zu übernehmen oder aber durch einen eigenen Denkmalschutzfachmann beurteilen zu lassen, welche weitergehenden Festsetzungen möglich wären. Dabei ist grundsätzlich auch denkbar, dass hierbei ein Auswirkungsbereich der denkmalgeschützten Anlagen festgestellt werden kann, so dass ein Bezug auf die betroffenen Bauparzellen möglich ist.
  • Der vom Gemeinderat beschlossene Verweis auf die Abstimmungs- und Erlaubnispflicht reicht nicht aus. Gem. Art. 3 BayDSchG nehmen die Gemeinden bei ihrer Tätigkeit, vor allem im Rahmen der Bauleitplanung, auf die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege angemessen Rücksicht. Diese „Abwägungsdirektive“ spiegelt sich wider in § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB. Dabei wird dem Gebot gerechter Abwägung in der Regel Rechnung getragen, wenn mit entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan die Minimierung von denkmalschutzrechtlichen Beeinträchtigungen erreicht werden kann (Eberl/Martin/Spengemann, BayDSchG, Art. 3, Rn. 16).
  • Es wird darauf hingewiesen, dass die Denkmalschutzbehörden Eingriffsmöglichkeiten gemäß Art. 15 Abs. 4 BayDSchG haben. Hiernach haben die Denkmalschutzbehörden die Möglichkeit zu verlangen, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird, soweit dies noch möglich ist, wenn ohne die erforderliche Erlaubnis, Baugenehmigung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigungen eine Handlung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG durchgeführt wurde. Zudem gelten die Regelungen des Art. 75 und 76 BayBO (Baueinstellung und Baubeseitigung) entsprechend.

Aus Sicht des 1. Bürgermeisters und der Verwaltung sollten aufgrund der Empfehlung des Anwalts zu einer möglichst rechtssicheren Abwägung über den bereits beschlossenen Verweis auf die denkmalfachliche Abstimmungs- und Erlaubnispflicht weitere Festsetzungen getroffen werden. Nachdem leider der Nähebereich i.S. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG nicht konkret in Metern angegeben werden kann, zudem einzelfallbezogen und je nach Baufortschritt scheinbar variabel ist – was dem Bauherrn nicht vermittelbar ist -, werden aus Sicht der Gemeinde (ausgehend vom Endausbauzustand des Baugebietes „Schelmengrund – 2. BA“ sowie dem angenommenen möglichen Einwirken von Baudenkmal „Alte Kirche“ und „Schloß“) folgende Änderungen/Ergänzungen des Bebauungsplanes vorgeschlagen:
  1. Als Nähebereich werden die Parzellen 23-25 und 36-38 beurteilt. Für diese Parzellen wird eine Putz- oder Holzfassade sowie ein Sattel- oder Walmdach im Farbton „rot bis rotbraun“ (damit fällt das Zeltdach sowie die bisherigen Dachfarben anthrazit/schwarz und grau weg) festgesetzt.
  2. Parzelle 16 (WA 3 – Mehrfamilienhaus): Die Satteldachform wird (zum Walmdach) ergänzt und auf die Dachformen „Flach-, Pult- oder Zeltdach“ verzichtet.
Begründung: Dieses Gebäude steht unmittelbar hinter den o.g. definierten Nähebereich und wirkt mit seinen zulässigen Geschossen (U+II+S) optisch hinweg, so dass zumindest die Dachform an die BLfD-Forderungen angepasst werden soll. Weitere Änderungen/Ergänzungen werden für nicht erforderlich gehalten.
  1. WA 3 (restliche Parzellen): Hier wird die Satteldachform ergänzend in den Katalog aufgenommen.
  2. Der Verweis auf die allgemeine Abstimmungs- und Erlaubnispflicht mit den Denkmalfachbehörden wird beibehalten.

Ein Einwirken i.S. der Denkmalschutzgesetze der neuen Kirche – selbst ein recht moderner Bau, der von den geforderten Gestaltungsvorgaben des BLfD abweicht – wird aus gemeindlicher Sicht nicht gesehen. Daher wird der denkmalfachliche Nähbereich lediglich eng um die alte Kirche samt Schloß vermutet, aus Sicht der Gemeinde hauptsächlich um das Rathausumfeld als prägende Ortsmitte. Ein Wirken über die bestehende westliche Häuserzeile des Kirchenweges ins neue Baugebiet hinein ist bereits fragwürdig, so dass aus gemeindlicher Sicht max. die o.g. Häuserzeile des neuen Baugebietes betroffen sein könnte. Allgemein gilt zur gesamten Denkmalschutzthematik anzumerken, dass ein Baugebiet immer die Silhouette eines Ortes verändern wird. Dies ist letztlich unvermeidlich, wenn sich ein Ort zur Lebens- und Wohnraumschaffung mit den Gegebenheiten der Gegenwart weiterentwickeln möchte.  

Beschluss

Der Gemeinderat stimmt den o.g. Vorschlägen zur Änderung/Ergänzung des Bebauungsplanes hinsichtlich der Stellungnahme des BLfD zu und ersetzt damit den ergangenen Beschluss vom 14.04.2021 zur Stellungnahme des BLfD. Der am 14.04.2021 gefasste Billigungsbeschluss zum Bebauungsplan-Entwurf gilt diesbezüglich als ergänzt.  
 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 4

Datenstand vom 11.06.2021 09:48 Uhr