Erstellung eines Energieeinsparkonzepts


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 21.09.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Schäftlarn) Sitzung des Gemeinderates 21.09.2022 ö 15.3

Sachverhalt

Die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 04.09.2022 den nachfolgenden Antrag an den Gemeinderat gestellt:
Erstellung eines Energieeinsparkonzepts 
Wir beantragen die Erstellung eines Konzeptes, dass die Einsparung von Energiekosten in Höhe von 20% für den Zeitraum Oktober 2022 bis April 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum in den gemeindlichen Einrichtungen sicherstellt.  
Begründung: 
Der völkerrechtswidrige Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine hat die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Aufgrund der reduzierten Gasliefermengen drohen für Wirtschaft und Bürger erhebliche Einschränkungen. Um der zu erwartenden Mangellage entgegenzuwirken, ist eine gesamtgesellschaftlicher Kraftakt notwendig, soviel Energie auf allen Ebenen wie möglich einzusparen. 
Die zum 1.9.2022 in Kraft getretene Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung sieht bereits weitgehende Maßnahmen zur Energieeinsparung für Unternehmen und die öffentliche Hand vor. Entsprechend § 8 dieser Verordnung wurde bspw. bereits die nächtliche Beleuchtung der Hohenschäftlarner Kirche eingestellt. Auch die Arbeitsräume dürfen nur noch mit einer Lufttemperatur von 19 Grad beheizt werden. Zu prüfen ist, ob diese Maßnahmen bereits ausreichen, den notwendigen Anteil an dem gesamtgesellschaftlichen Ziel der Energieeinsparung zu erreichen. Im Rat ist in der Oktobersitzung ein freiwilliges Gesamtmaßnahmenpaket für das Gemeindegebiet zu beschließen, mit dem Energiekosten in einem Umfang von mind. 20% gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingespart werden können. 
Das vorzulegende Konzept soll insbesondere, 
  • kurzfristige Energieeinsparpotentiale in allen gemeindlichen Objekten (Schule, Kindergarten etc.) aufzeigen 
  • die Auswirkungen der nächtlichen Abschaltung der Geh- und Fahrwegbeleuchtung prüfen 
  • Möglichkeiten der gezielten Aufklärung von gemeindlichen Mieterinnen und Mietern 
aufzeigen 
  • Eine Informations- und Aufklärungskampagne für gemeindliche Bürgerinnen und Bürgen und Unternehmen beinhalten. 

Sofern nötig, kann die Verwaltung die Beratung eines externen Energieberaters hinzuziehen.
Der gestellte Antrag weist thematisch zu großen Teilen Überschneidungen mit dem Antrag der CSU-Fraktion vom 22.06.2022 auf, der am 11.07.2022 im Umwelt- und Mobilitätsausschuss behandelt wurde. Zu letzterem Antrag wurde am 11.07.2022 der nachfolgende Beschluss gefasst: „Die Verwaltung wird beauftragt, die konkreten Maß­nahmen für den Nachweis der Energie-Einsparungen sowie der finanziellen Ein­sparungen fest­­zulegen.“

  1. Zu den Energieeinsparungen in allen gemeindlichen Objekten
1.1 Schäftlarn ist seit Oktober 2020 Mitglied im Kommunalen Energieeffizienz-Netzwerk (KEEN) Ebersberg-München. Ziel ist die Steigerung der Energieeffizienz, die Verminderung von klimaschädlichen Treibhausgasemissionen und die Senkung der Energiekosten der beteiligten Kommunen durch die energetische Untersuchung von kommunalen Liegenschaften. 
In diesem Zusammenhang hat die Gemeinde im Rahmen der Netzwerkbeteiligung im Jahr 2021 die Analysen der Straßenbeleuchtung, der Grundschule, der Kläranlage, des Hochbehälters, des Pumpwerks und des Mehr­familienhaus Bergstraße 5 durch das Netz­werk vorangetrieben. Durch die daraus entstandenen Befundberichte der Liegenschaften wurden Maßnahmen konkretisiert, welche in den nächsten zwei Jahren fort­laufend um­gesetzt werden sollen, um damit Energiekosten zu senken und Treibhausgasemissionen zu verhindern. Im aktuellen zweiten Netzwerkjahr haben bereits zwei Netzwerktreffen zu den Themen „Sanierung von Liegenschaften und kommunalen Wohngebäuden“ sowie "Energie­management“ stattgefunden. Das letzte Netzwerktreffen am 21. September 2022 hatte explizit die kurzfristig möglichen Maßnahmen von Kommunen in Vorbereitung auf den nächsten Winter zum Gegenstand.

1.2 Die Gemeinde Schäftlarn unterfällt hinsichtlich der öffentlichen Gebäude dem Anwendungs­bereich der Verordnung der Bundesregierung zur Sicherung der Energie­versorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenergieversorgungs­sicher­ungs­­­maßnahmenverordnung – EnSikuMaV).
Die sich aus Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung für die öffentlichen Gebäude einschließlich des Rathauses umzusetzenden Maß­nahmen wurden be­reits unmittelbar nach der Verlautbarung in den Medien veranlasst. 
Gem. § 6 Abs. 3 Nr. 2 EnSikuMaV sind die Höchstwerte für die Lufttemperatur nach Absatz 1 (19 Grad Celsius) sind nicht anzuwenden für Schulen und Kindertagesstätten, da es sich bei den Kindern- und Jugendlichen um schutzbedürftige, vulnerable Personen­gruppen handelt.
Weiterhin weist die Verwaltung darauf hin, dass aufgrund der im Gemeinderat diskutierten evtl. Anschaffung von geförderten Luftwäschern aufgrund der Corona-Situation geprüft wurde, ob ein ausreichender Luftwechsel in den Unterrichtsräumen durch die vorhandene Lüft­ungs­­anlage erreicht wird. Hierbei wurde festgestellt, dass die Lüftungsanlage der Grund­schule in der Lage ist, die Luft je Stunde ca. 2,4-mal auszutauschen. 

Aufgrund des dem Gemeinderat bekannten hohen Stromverbrauchs der Lüftungsanlage bei hoher Leistung hat die Gemeinde auf Anregung von Herrn Tonnar bereits die vorhandenen Energie­ein­spar­möglichkeiten bei der Grundschule und den Kindertages­stätten optimiert. Bei der Lüftung wurde unter anderem festgestellt, dass beim Neubau der Turnhalle auch größere Umbaumaßnahmen an der vorhandenen Lüftung durchgeführt werden müssen, um den Energieverbrauch deutlich zu senken. Hierfür ist eine umfangreiche Vorplanung notwendig, die nicht kurzfristig durchführbar ist.

  1. Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED im gesamten Gemeindegebiet 

2.1 Die konsequente Steigerung der Energieeffizienz im Rahmen der Straßen­be­leuchtung war in jüngster Zeit u.a. Gegenstand im gemeindlichen Rechnungsprüfungsausschuss. Die Verwaltung hat sich in Umsetzung der Maßnahmen des Kommunalen Energieeffizienz-Netz­­werks bei den Bayernwerken nach Möglichkeiten zur Umrüstung der Straßen­beleuchtung auf LED kundig gemacht. 
Nach Vorberatung im Umwelt- und Mobilitätsausschuss vom 05.07.2021 hat der Ge­meinde­rat im Anschluss am 21.07.2021 die geförderte Umrüstung der Straßen­beleuchtung auf LED im gesamten Gemeindegebiet beschlossen. Hierfür wurden im Haus­haltsjahr 2022 Haushaltsmittel in Höhe von 190.000 € bereitgestellt. Am 04.04.2022 wurde im Umwelt- und Mobilitätsausschuss darüber informiert, dass es aufgrund der Viel­zahl an Förderanträgen zu einer Verzögerung der Fördermittelbewilligung kommen wird. 
2.2 Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden nach bayerischer Rechtslage gem. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich verpflichtet sind, die öffentlichen Straßen nach Verkehrsbedeutung sowie im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu beleuchten:

„Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung haben Gemeinden innerhalb der geschlossenen Ortslage nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen zu beleuchten (…).“
Zudem ergibt sich eine grundsätzliche gemeindliche Beleuchtungspflicht auch aus der Ver­­kehrs­sicherungspflicht (VSP) zur Verminderung von Gefahren im Rahmen der Be­nutz­ung von Verkehrswegen. Das OLG München, Urteil vom 29.07.2010 - 1 U 1878/10 hat hier­zu näher ausgeführt:
„Deshalb hängt die Pflicht zur Beleuchtung von Gehwegen von den Umständen des Einzelfalles ab. Es kommt insbesondere auf das Gefährdungspotential und die Verkehrsbedeutung der Unfallstelle sowie die Uhrzeit, zu der sich der Unfall ereignet hat, an.
Eine Beleuchtungspflicht ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der betreffende Gehweg wegen der örtlichen Besonderheiten bei Dunkelheit als gefährlich gelten muss (OLG Hamm, Urteil vom 17.01.2006, 9 U 102/05).“

Der Begründung zu § 11 EnSikuMaV kann weiterhin das Nachfolgende entnommen werden: 
„Die Beleuchtung kann ausnahmsweise aufrechterhalten werden, wenn dies zur Abwehr von Gefahren wie z.B. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Verkehrs- und Betriebssicherheit, insbesondere im öffentlichen Personen- und Nahverkehr oder der Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und die Beleuchtung nicht kurzfristig durch andere Lösungen ersetzt werden kann. Darunter fallen beispielsweise Be­leucht­ungs­­­einrichtungen in Form von beleuchteten Werbeträgern an Fahrgast­unterständen oder Wartehallen, Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebs­sicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind.
Aus Haftungsgründen ist eine Abschaltung der Straßenbeleuchtung über das vorhandene Maß hinaus nicht angezeigt.

  1. Information der gemeindlichen Mieterinnen und Mieter

§ 9 Abs. 1 EnSikuMaV beinhaltet die primäre Zielsetzung und Verpflichtung, dass Energie- oder Wärmeversorger ihre Abnehmer auf die gestiegenen Energiepreise aufmerksam machen und zu Energieeinsparmaßnahmen oder zu einer Verbrauchsreduktion anregen. 
Die Informationen sollen so bestimmt sein, dass sie den größtmöglichen verhaltens­lenkenden Einfluss auf die Endkunden haben, ohne diese mit Hinweisen zu überfrachten. Die einfache Aufstellung der voraussichtlichen Kosten für die nächste Abrechnungs­periode bei unverändertem Verhalten und das Gegenüberstellen der potentiellen Ein­sparungen bei nur leichter Verhaltensänderung kann schnell erfasst werden und in konkretes Verhalten münden.

§ 9 Absatz 3 EnSikuMaV sieht eine niederschwellige Informationspflicht für Vermieter von Wohn­gebäuden mit weniger als zehn Wohneinheiten vor. 
Soweit die Gemeinde als Wohnungsvermieterin agiert, ergibt sich mithin die Informationspflicht der Mieterinnen und Mieter unmittelbar aus der Kurzfristenergiever­sorgungs­sicherungsmaßnahmen­ver­ordnung.

  1. Informations- und Aufklärungskampagne für gemeindliche Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen

Klimaschutz und der Aufbau einer effizienten und möglichst CO2-freien Energie­ver­sorgung sind und bleiben die drängendsten Zukunftsaufgaben.
Das Landratsamt München und die Energieagentur Ebersberg-München unterstützen die 29 Kommunen des Landkreises München zusammen mit ENIANO im Rahmen des Um­setzungsprogramm++ dabei, ihre Entwicklungspotenziale für die Energiewende zu erkennen und eine individuelle Perspektive zu entwickeln. Die Gemeinde Schäftlarn nimmt hin­sichtlich der Erstellung eines kurz- bis mittelfristigen Umsetzungsplans am Um­setzungs­programm++ teil. Dem Gemeinderat wurden zuletzt in der Sitzung vom 11.07.2022 die möglichen Maßnahmen durch die Energieagentur vorgestellt.
In Zusammenhang mit dem Tag der Gemeinde hat die Gemeinde anlassbezogen in Ko­operation mit der Energieagentur klimaschutzbezogene Beratung und weiterführende Informationen zur Verfügung gestellt. Weiterhin wird im Monatsturnus der Energiespartipp der Energieagentur Ebersberg-München auf der gemeindlichen Homepage veröffentlicht.
Die Energieagentur bietet ferner eine produktneutrale individuelle Energieberatung für Privat­haus­halte an, die dank öffentlicher Förderung kostenlos bzw. kostengünstig (max. 30 Euro) in Anspruch genommen werden kann:
Für ein­kommensschwache Haushalte mit Nachweis sind alle Beratungs­ange­bote der Energieagentur sogar komplett kostenfrei erhältlich.
In Kooperation mit der Verbraucherzentrale Bayern bietet die Energieagentur auch Energie-Checks für das private Zuhause an – in den Beratungsstellen der Energieagentur, am Telefon oder per Online-Beratung. Hierbei wird analysiert, welche Maßnahmen für private Gebäude in Frage kommen und wie es nach der Beratung weitergehen kann.
Ein Energie-Check durch die Energieagentur kann verschiedene Schwerpunkte be­inhalten, zum Beispiel Einspar­mög­lich­keiten bei Strom- und Wärmeverbrauch, bauliche Wärme­schutzmaßnahmen, technische Optimierungen, die Einstellung des Heizsystems oder die Verwendung er­neuer­­barer Energien.

Diskussionsverlauf

Herr Tonnar erklärt, dass er in der kommenden Abwesenheitsvertretung die kurzfristigen Energieeinsparmöglichkeiten der kommunalen Liegenschaften prüfen wird.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, dass hinsichtlich der kommunalen Liegenschaften und der Straßen­beleuchtung die kurz- und mittelfristigen Energieoptimierungsmaßnahmen aus der Teil­nahme am Kommunalen Energieeffizienz-Netzwerk Ebersberg-München (KEEN) gem. der bestehenden Beschlusslage konsequent fortgeführt werden. Die laufende Bericht­erstattung erfolgt im Umwelt- und Mobilitätsausschuss.
Die sich für die Gemeinde als Eigentümer von öffentlichen Gebäuden sowie bei der Vermietung von Wohn­räumen aus der Kurzfristenergie­versorgungs­sicherungs­maß­nahmen­verordnung (EnSiku­MaV) ergebenden Verpflichtungen und Maßnahmen werden von der Ge­meinde umgesetzt.
Die Gemeinde wird Interessenten weiterhin auf der Website und im Gemeindebrief auf das bestehende produkt­neutrale individuelle Energieberatungsangebot für Privathaushalte des Landkreises München und der angeschlossenen 29 Landkreiskommunen durch Experten der die Energieagentur Ebersberg-München aufmerksam machen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 14.02.2024 15:31 Uhr