Fernwärme Stehbründl - Sachstandsbericht sowie Beratung und Beschluss zum weiteren Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 20.12.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Schäftlarn) Sitzung des Gemeinderates 20.12.2017 ö beschliessend 15

Sachverhalt

In Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 41 „Stehbründl“ hat die Gemeinde ein Konzept zu einem kleinen Fernwärmenetz erstellen lassen. Es wurde darüber hinaus untersucht, in welchem Umfang Grundstückseigentümer in den anliegenden Wohngebieten für ein derartiges Fernwärmekonzept gewonnen werden können.  Auf den Sachstandsbericht zu diesem Konzept vom 26.07.2017 wird hingewiesen.

Im August und September folgten Untersuchungen zu den betriebswirtschaftlichen sowie steuerlichen Auswirkungen durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband und einer Steuerkanzlei. Für eine kostendeckende Preisgestaltung ergaben sich folgende Preise für einen „Standardanschluss“ von 10 KW Anschlussleistung (Nettopreise):
  • Baukostenzuschuss                                2.500 Euro (einmalig)
  • Hausanschluss                                        4.800 Euro (einmalig)
  • Grundpreis (Verwaltungspauschale)                  200 Euro (jährlich)
  • Messpreis (Zähler, Eichkosten, …)                    50 Euro (jährlich)
  • Leistungspreis 
    (Wärmeerzeuger, Kapitaldienst,…)                  500 Euro (jährlich)
  • Arbeitspreis                                          0,0716 Euro/kWh
    d.h. bei 10.000 kWh                                  716 Euro (jährlich)
    d.h. bei 5.000 kWh                                  358 Euro (jährlich)

Voraussetzung für diese Kalkulation ist ein Anschlussgrad von 80 %.

Eine Beispielrechnung für die Kosten eines Bestandsgebäudes ergab folgende Kosten:
  • Einmalkosten:                                        7.700 Euro (netto)
  • Jährl. Kosten (20MWh Jahresheizarbeit)        2.200 Euro (netto)
Für einen Neubau (DHH):
  • Einmalkosten:                                        7.700 Euro (netto)
  • Jährl. Kosten bei 10MWh JHA                1.466 Euro (netto)
  • Alternativ bei 5 MWh JHA                        1.108 Euro (netto)

Eine Umfrage bei den Grundstückseigentümern im Plangebiet Stehbründl bzw. bei den Interessierten im Umfeld des Plangebietes ergab folgende Hinweise:
  • Bei Bestandsbauten können bei einer neuen Heizungsanlage (z.B. Brennwertkessel mit Gas) die Investitionskosten in der Größenordnung der Einmalkosten für einen Fernwärmeanschluss gehalten werden, aber die laufenden jährlichen Kosten deutlich unterschritten werden.
  • Im Neubaugebiet sind zwar die Einmalkosten deutlich niedriger als die eigenen Investitionskosten, jedoch können bei einer eigenen Heizanlage die jährlichen Betriebskosten deutlich niedriger gehalten werden als bei einem Anschluss an das konzipierte Fernwärmenetz. Ein Anschluss an die Fernwärme rein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten rentiert sich somit nicht. Ein eigenes Heizsystem wird gegenüber einem zentralen gasbetriebenen Blockheizkraftwerk mit Zusatzheizung auf Hackschnitzelbasis unter Umweltgesichtspunkten auch energieeffizient und nachhaltig sein.
Für die Gemeinde besteht das Risiko, ob und wann der der Kalkulation zugrunde gelegte Anschlussgrad von 80% erreicht wird. Hinzu kommen noch erhebliche Aufwendungen für Aufbau, Realisierung und laufende Betreuung und Abwicklung eines derartigen Projektes.

Auf Grund der schwierigen Abschätzung von finanziellen Risiken und Aufwendungen für die Gemeinde sowie finanzieller Belastungen für die Wärmeabnehmer auf der einen Seite und den ökologisch unterschiedlichen Bewertungen einer zentralen bzw. einer dezentralen Lösung wurde die CARMEN e.V. eingebunden. CARMEN ist die gemeinnützige Koordinierungsstelle für Nachwachsende Rohstoffe, Erneuerbare Energien und nachhaltige Ressourcennutzung im ländlichen Raum. CARMEN hat das bisher vorliegende Konzept geprüft und seine Einschätzung den Mitgliedern des Gemeinderates Ende November vorgestellt.

CARMEN kam zu folgenden Ergebnissen:
  • Im Gebäudebestand besteht hoher Heizenergiebedarf, ein hohes Temperaturniveau, aufwändiger Wärmenetzausbau und unterschiedlicher, schwer abschätzbarer Anschlusszeitpunkt
  • Im Neubaugebiet besteht niedriger Heizenergiebedarf, niedriges Temperaturniveau, günstiger Wärmenetzausbau, gesetzliche Vorgaben durch EE WärmeG und zeitlich gut planbarer Anschlussgrad, der durch Anschluss- und Benutzungszwang unterstützt werden kann. Dies führt zu niedrigeren Wärmeverlusten durch geringere Rohrquerschnitte, niedrigere Vorlauftemperaturen und durch hohen Anschlussgrad. Der Heizbetrieb könnte im Sommer z.B. auch durch Solarthermie gedeckt werden.

Aufgrund der hohen Wärmegestehungskosten der bisherigen Variante stellt der Vertreter von CARMEN eine Variante vor, die sich auf das Neubaugebiet konzentriert und somit auch deutlich niedrigere Investitionen auslösen könnte. Hierbei ergeben sich deutlich geringere Trassenlängen (1.050 m zu 440 m) und geringere Netzverluste. Für das Heizsystem ist eine Pelletheizung mit 100 kW vorgesehen, die mit ca. 53 to Pellets 243 MWh Heizwärme erzeugt. Die Investitionskosten würden unter 300.00 Euro liegen und die Betriebskosten deutlich sinken, so dass sich die Wärmegestehungskosten auf 127 Euro/MWh gegenüber dem bisherigen Konzept fast halbieren würden.

Die organisatorischen Regelegungen und die Kapazitäten für Errichtung und Betrieb der Anlagen müssen auch noch festgelegt und geschaffen werden (z.B. über Contracting).

Gleichzeitig sollte bedacht werden, dass es auch für die geplanten gemeindeeigenen Gebäude (Feuerwehrhaus/Bauhof, Wohngebäude, u.ä.) die Möglichkeit gibt, umweltfreundliche und energieeffiziente Heizsysteme einzubauen. 

Diskussionsverlauf

Herr Lang äußert, dass die Verwendung von Pellets der Intention widersprechen würde nachwachsende Rohstoffe aus heimischen Wäldern für das Fernwärmeprojekt zu verwenden. Für die geplanten gemeindlichen Mietshäuser an der Auen- und Schorner Straße sollten jedoch die Eigentümer der in der Nähe befindlichen Hackschnitzelheizung angesprochen werden ob die  neu zu errichtenden Mietshäuser in dieses Fernwärmenetz einbezogen werden können.

Herr Lankes merkt an, dass Pellets auch aus näherer Umgebung bezogen werden können. Daher sollte ein Einstieg im Neubaugebiet am Stehbründlweg trotzdem gefunden werden.

Herr Strobl weist darauf hin, dass aufgrund der derzeit niedrigen Rohstoffpreise die Grundeigentümer zu einem Anschluss an das Fernwärmenetz „gezwungen“ werden müssten. Daher sei das geplante Fernwärmenetz besser für öffentliche Gebäude (z. B. Feuerwehrhaus/Bauhof) geeignet.

Frau Dichtl äußert die Ansicht, dass die Gemeinde das aus einer schlechten Auslastung der Anlage resultierende Defizitrisiko nicht eingehen sollte. 

Beschluss

Die Errichtung einer Nahwärmeversorgung im Neubaugebiet Stehbründlweg wird wegen der wirtschaftlichen Risiken für die Gemeinde und mangels regionaler Wertschöpfung nicht weiterverfolgt. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 7

Datenstand vom 15.02.2024 12:24 Uhr