In nächster Zeit kommen aufgrund vieler gesetzlicher Änderungen neue Aufgaben auf die Verwaltung, insbesondere der Finanzverwaltung, zu, die nicht nur den Aufgabenumfang erhöhen sondern auch neue Anforderungen an die Qualifikation des Personals stellen.
Aus diesem Grund soll der Gemeinderat über folgende Änderungen informiert werden:
- § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG)
- Tax Compliance
- Inkrafttreten des neuen Verpackungsgesetzes (Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz – VerpackG) zum 01.01.2019
- Einführung E-Rechnung bis spätestens 18.04.2020
- Grundsteuer; Einheitsbewertung für die Bemessung ist verfassungswidrig
Zu a) § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG):
Der eingeführte § 2b UStG regelt die Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) in Abstimmung mit europäischem Recht seit dem 1. Januar 2017 neu. Zwischenzeitlich ist ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zu An-wendungsfragen des § 2b UStG ergangen.
Die meisten Kommunen und auch wir (GR-Beschluss vom 19.10.2016, TOP 10) haben wirksam bis zum 31. Dezember 2016 die Option gem. § 27 Abs. 22 UStG zugunsten des alten Rechts ausgeübt, so dass für eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2020 die Kommune die zur Einführung des § 2b UStG notwendigen Schritte er-greifen kann.
Diese Übergangsphase bis zur endgültigen Einführung des § 2b UStG soll nun genutzt werden, alle von der Neuregelung betroffenen Sach-verhalte zu erfassen und nach der neuen Rechtslage zu bewerten. Nur eine Beurteilung des Haushaltes im Vorhinein schafft die Basis, die ab 1. Januar 2021 geltenden Erklärungspflichten erfüllen zu können.
Im Hinblick auf zukünftig durch die jPdöR zu erfüllende steuerliche Pflichten ist eine systematische Aufarbeitung der Tätigkeiten ein elementarer Schritt. Dies auch im Hinblick auf ein noch einzurichtendes sog. Tax Compliance Management System, welches grundsätzlich vor erheblichen finanziellen sowie politischen und schließlich strafrechtlichen Konsequenzen schützen kann.
Die Firma Schüllermann – Wirtschafts- und Steuerberatung – GmbH bietet ein Gemeinschaftsprojekt „§2b Umsatzsteuergesetz“ an.
Kooperation bündelt Erfahrungen, eröffnet Freiräume, steigert die Effizienz, hilft Kosten sparen und schafft gewünschte Synergien. Dass Städte, Gemeinden und Kreise bei der Umstellung auf die Neuregelungen des § 2b UStG kooperieren, um durch regen Erfahrungs- und Gedankenaustausch voneinander zu profitieren, ist von höchstem Interesse.
Die Kooperation mit anderen Gebietskörperschaften bietet die Möglichkeit der gegenseitigen Unterstützung und der Kostenreduktion. Damit ein zielgerichtetes Vorgehen bei der Erledigung von Aufgaben und der gemeinsamen Wissensnutzung möglich wird, ist eine gut durchdachte Organisation und Strukturierung erforderlich, um so die größtmöglichen Vorteile einer reibungslosen Zusammenarbeit in einem Gemeinschaftsprojekt zu gewährleisten.
Die Finanzverwaltung hat im ersten Schritt ein Angebot dazu eingeholt. Je mehr Kommunen sich beteiligen, desto niedriger wird der Preis. Je nach Interesse wertet die Schüllermann – Wirtschafts- und Steuerberatung – GmbH in regionale Kreise auf (z.B. Icking, Baierbrunn, Schäftlarn, Straßlach-Dingharting).
Das würde Sinn machen und hätte den großen Vorteil, dass alle o.g. Kommunen mit dem gleichen Softwareprogramm CipKD von komuna arbeiten. Über den Fortgang informieren wir.
Zu b) Tax Compliance:
Im Hinblick auf die Ziffer a) und der Änderung des Anwendungserlasses zu § 153 AO werden organisatorischen Änderungen notwendig und machen den Aufbau eines internen Kontrollsystems (IKS) bzw. ein sog. Risikovorsorgesysteme (Tax Compliance) unumgänglich. Haftungsrechtlich ein sehr großes Thema, das zu großer Verunsicherung bei allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere aber auch der Führungskräfte und des 1.Bürgermeisters führen kann (ausschließliche persönliche Haftung!).
Innergemeinschaftliche Erwerbe, § 13b-Leisungen, Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis und der Einsatz von Werbemobilen in Gemeinden sind nur einige Beispiele für Umsatzsteuersachverhalte, die außerhalb der Betriebe gewerblicher Art einer Gebietskörperschaft wie Wasser-, Strom-, Gas- und Wärmeversorgung auftreten und in der umsatzsteuerlichen Praxis teilweise zu Problemen führen. Auch andere Steuerarten unterliegen einem steten Wandel und stellen Gebietskörperschaften und ihre Unternehmen vor neue Herausforderungen.
Hiermit informieren wir Sie über den Inhalt und die Folgen des BMF-Schreibens vom 23.05.2016. Das BMF hat darin den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) um eine Regelung zu § 153 AO ergänzt und Aussagen zur Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO von einer Selbstanzeige nach §§ 371 sowie 378 AO getroffen.
Steuerpflichtige sind gesetzlich zur rechtzeitigen Abgabe von vollständigen und richtigen Steuererklärungen verpflichtet. Trotz größter Sorgfalt kann es bei der Abgabe von Erklärungen bzw. Anmeldungen zu Fehlern kommen.
Liegt zum Abgabezeitpunkt ein Fehler vor, so ist die Erklärung objektiv unrichtig. Hinsichtlich der weiteren rechtlichen Folgen ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um einen Fall einer „normalen“ Berichtigung (§ 153 AO) oder um eine Selbstanzeige (§§ 371, 378 AO) handelt. Denn die Normen unterscheiden sich hinsichtlich des subjektiven Tatbestands deutlich.
Das nun vorliegende BMF-Schreiben vom 23.05.2016 zu § 153 AO stellt klar, dass nicht jede objektive Unrichtigkeit den Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit nahelegt.
Es bedarf vielmehr einer sorgfältigen Prüfung durch die zuständige Finanzbehörde, ob der Anfangsverdacht einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung gegeben ist. Das BMF führt hierzu aus:
„Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.“
Im BMF-Schreiben wird der Begriff „innerbetriebliches Kontrollsystem“ nicht näher konkretisiert. Der Begriff „innerbetriebliches Kontrollsystem“ versteht sich in diesem Zusammenhang gemäß den Ausführungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) unter Berücksichtigung von rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen als ein auf die Einhaltung der Steuergesetze sowie der Steuerrechtsprechung gerichteter Teilbereich eines Compliance Management Systems (CMS). Falls ein Fehler in der Steuererklärung des Unternehmens bzw. der Gebietskörperschaft auftreten sollte, ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung künftig den Blick auch darauf richten wird, ob das Unternehmen bzw. die Gebietskörperschaft ein angemessenes Tax CMS eingerichtet hat.
Konkret bedeutet dies für Gebietskörperschaften und ihre Unternehmen, dass ein Tax CMS dann angemessen ist, wenn es dafür geeignet ist, mit hinreichender Sicherheit sowohl Risiken für wesentliche Regelverstöße im steuerlichen Bereich rechtzeitig zu erkennen als auch solche Regelverstöße zu verhindern. Die Wirksamkeit des Tax CMS ist dann gegeben, wenn die steuerlichen Grundsätze und Maßnahmen in den laufenden Geschäftsprozessen von den hiervon betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach Maßgabe ihrer Verantwortung zur Kenntnis genommen und beachtet werden.
Die Verantwortung für das Tax CMS liegt dabei beim / bei den gesetzlichen Vertreter/n des Unternehmens (Werkleiter) bzw. der Gebietskörperschaft (1. Bürgermeister).
Der erste Schritt zur erfolgreichen Einführung eines solchen Tax CMS besteht darin, umfassend alle wesentlichen und tatsächlich existierenden steuerlichen Risiken zu identifizieren und zu bewerten. Die mit Steuerfragen befasste Abteilung Ihres kommunalen Unternehmens bzw. der Gebietskörperschaft braucht umfassende Kenntnis über alle steuerlich relevanten Sachverhalte und Daten des Unternehmens / der Gebietskörperschaft und über die durch steuerliche Organschaft miteinander verbundenen Unternehmen.
Für diese Bestandsaufnahme und ein darauf basierendes funktionierendes Risikomanagement müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über umfassendes Wissen im Bereich der relevanten steuerlichen Informationen verfügen, das ggf. in Schulungen erworben und erweitert wird (z.B. Ausbildung/Fortbildung Bilanzbuchhalter).
Zudem ist ein Zugang zu aktuellen Steuergesetzen, der Steuerrechtsprechung etc. erforderlich.
Für kleine Einheiten in der Finanzverwaltung bzw. der Steuerabteilung sowie der Personalabteilung (Lohnsteuer) empfiehlt der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) über die im vorherigen Absatz beschriebenen Maßnahmen hinaus,
- • Checklisten für die Bearbeitung von Buchungen u.a. Vorgängen vorzuhalten, an denen
- sich die Mitarbeiter zur Einhaltung der steuerrechtlichen Vorgaben orientieren können,
- Regelungen zur Sicherstellung des Informationsflusses bei Neuerungen im Bereich der Steuergesetzgebung und Steuerrechtsprechung zu treffen,
- - Verantwortlichkeiten eindeutig zuzuweisen, z.B.:
- Wer darf Rechnungen ausstellen?
- Wer darf Eingangsrechnungen aus dem Ausland zur Zahlung anweisen?
- Wer darf Bestellungen im Ausland vornehmen?
- An wen im Haus wird die USt-ID-Nr. weitergegeben?
- Kontrollschritte in die Abläufe zu implementieren und diese durch organisatorische Maßnahmen zu fixieren.
Auch im Hinblick auf die Erweiterung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand durch die Anwendung des § 2b UStG spätestens ab dem 01.01.2021 (vgl. Buchst. a) weisen wir auf die zunehmende Komplexität insbesondere umsatzsteuerlicher Fragestellungen in der kommunalen Praxis hin.
Es ist aus Sicht des BKPV deshalb unerlässlich, in Gebietskörperschaften bzw. deren Unternehmen angemessene Regelungen zu treffen, um Risiken aus steuerrechtlichen Verstößen gering zu halten.
Im Anhang erhalten Sie das BMF-Schreiben vom 23.05.2016 (Anwendungserlass zu § 153 AO) mit einer Hervorhebung der aus unserer Sicht für juristische Personen relevanten Passagen.
Ein solches Tax Compliance Management System kann insbes. Führungskräfte bei steuerlichem Fehlverhalten und daraus resultierenden Nachzahlungen von dem Vorwurf eines persönlichen Fehlverhaltens aufgrund fehlender organisatorischer Maßnahmen und Instrumente u.U. freizeichnen.
Zu c) Inkrafttreten neues Verpackungsgesetz:
Das neue Verpackungsgesetz (Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz-VerpackG)) wird am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Die Ansprüche der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Bezug auf die seit vielen Jahren unveränderten Nebenentgelte sind damit wesentlich verbessert. Jedoch müssen sie belastbar in der ersten neuen Abstimmungsvereinbarung geltend gemacht werden; das Gesetz sieht nachträgliche Anpassungen nur bei wesentlichen Systemänderungen vor. Da die Systembetreiber in Erwartung dieser höheren Nebenentgelte die Umstellung verzögern, wird in der Regel die Übergangszeit bis Ende 2020 genutzt werden können, um die Gebührenkalkulation über die Nebenentgelte umfassend aufzubauen und zu dokumentieren. Die Rahmenbedingungen und die typischen Vorgehens- und Projektabläufe müssen erarbeitet werden. Die Zuständigkeit liegt hier im Hauptamt (Amt 1).
Zu d):
Die E-Rechnung im Sinne einer EU-weiten Vorgabe für die Verwendung bei Lieferungen und Dienstleistungen an die öffentliche Hand wird auf Bundesebene ab 18.04.2019 und auf Landes- und Kommunalebene ab 18. April 2020 verbindlich. In diesem Zuge werden bei allen Unternehmen und der öffentlichen Hand die Rechnungsein- und -ausgangsprozesse bedingt durch die vollständige digitale Abwicklung einschneidend verändert. Hieraus ergeben sich Fragen zur Behandlung innerhalb des Rechnungswesens, aber auch bzgl. des Rechnungseingangsprüfungsprozesses und der Datenspeicherung.
Was ist eine elektronische Rechnung?
Nach dem Umsatzsteuergesetz lässt sich eine elektronische Rechnung wie folgt definieren:
Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt, übertragen und empfangen wird. Dabei wird unterschieden zwischen
•strukturierten Daten (z.B. EDI, XML)
•unstrukturierten Daten (z.B. Rechnungen im PDF-/TIF-JPEG-/Word-Format oder E-Mail-Text) und
•hybriden Daten (z.B. ZUGFeRD).
Als Übertragungs-/Empfangswege stehen u. a. E-Mail, DE-Mail, E-Post, Computer-Fax, Fax-Server oder Web-Download zur Verfügung.
In Papierform eingegangene und in elektronische Formate umgewandelte Rechnungen fallen nicht unter die Definition der elektronischen Rechnung nach dem Umsatzsteuergesetz.
Als Anlage ist eine Handreichung des Deutschen Landkreistages zur Vorbereitung der elektronischen Rechnungsverarbeitung in der Kommunalverwaltung beigefügt. Daraus ersichtlich sind die Einführungsstrategie, Umsetzungsschritte, Praxisbeispiele.
Themen:
- Rechnungseingangskanäle festlegen
Zentrale ePoststelle mit speziellen Funktionalitäten zur Bündelung von Eingangskanälen,der Rechnungsvalidierung, Transformation, Visualisierung und Weiterleitung bzw. der Bereitstellung über eine Schnittstelle
- Scanverfahren definieren
Werden Rechnungen, Bescheide oder Buchungsbelege in Papierform empfangen, werden
- Verfahrensdokumentation
Der Scanvorgang ist gesondert in einer Verfahrensdokumentationen zu beschreiben
- Rollen-/Berechtigungskonzept (inkl. Lese- und Prüfrechte)
In jeder Verwaltung muss für das Anordnungs- und Auszahlungsverfahren ein internes Kontrollsystem (IKS) implementiert sein. Das IKS umschreibt die Gesamtheit aller aufeinander abgestimmten und miteinander verbundenen Kontrollen, Maßnahmen und Regelungen die Papierdokumente durch den Scanvorgang in elektronische Dokumente umgewandelt.
- Revisionssichere Archivierung
Die Kämmerei hat im April 2018 bereits ein Angebot von der Fa. Komuna für das elektronische Anordnungswesen angefordert. Software, monatliche Softwarepflege, Installation- und Schulungskosten belaufen sich dabei auf gut 9.000 €.
Das neue Modul elektronische Anordnung beinhaltet den elektronischen Vollzug sämtlicher Zahlungsanordnungen.
Vom Posteingang bis zum Kassenvollzug wird der Workflow in allen Stufen transparent abgebildet und effizient unterstützt. Der Rechnungseingang als zusätzliches Modul zu CIP-Archiv bietet wesentliche organisatorische Unterstützung für den täglichen Arbeitsablauf. Dem Anwender wird dabei ein komplett elektronischer Rechnungslauf ermöglicht. Vom Einscannen der Eingangsrechnung bis hin zum Kassenvollzug werden alle Bearbeitungsstufen abgebildet. So wird neben der zentralen auch die dezentrale Buchungsvariante unterstützt. Bisher wird bei uns dezentral gebucht.
Rechnungsprüfungsämter, örtliche und überörtliche Rechnungsprüfungen lassen sich selbstverständlich in den Workflow einbinden.
Ein wesentlicher Vorteil soll auch darin liegen, dass ab dem Einscannen der Vorgang beauskunftet werden kann.
Bis zur Implementierung, die nicht nur die Finanzverwaltung sondern die gesamte Verwaltung vom Eingang der Rechnung bis zum 1. Bürgermeister als Anordnungsbefugter berührt, ist noch ein weiter Weg.
Zu e) Grundsteuer:
Die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer sind verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 10.4.2018. Der Entscheidung lagen fünf Verfahren, drei Richtervorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden, zugrunde. Nach Auffassung des BVerfG sind die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten" Bundesländern jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führe zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gebe. Mit dieser Begründung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Vorschriften für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum. 31.12.2024 angewandt werden.
Für die Neuerungen stehen diverse Möglichkeiten und Reformentwürfe im Raum. Diese könnten sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Grundstücksbesitzer und Mieter haben.
Welche Bedeutung hat die Grundsteuer und wie läuft die Berechnung?
Das Grundsteuergesetz (GRStG) bildet die Rechtsgrundlage für das Erheben und Berechnen der Steuer auf ein Grundstück oder dessen Bebauung. Es besteht seit den 1930er Jahren und ist eine der ältesten Abgabearten in Deutschland. Der Erlös aus der Grundsteuer kommt Kommunen und Gemeinden zugute. Dabei legt das Finanzamt anhand eines Einheitswertes und einer Messzahl den Wert des Grundstücks fest. Hierbei wird zusätzlich nach Privatgrundstück, land- und forstwirtschaftlichem Besitz sowie Betriebsgrundstück unterschieden.
Einige Werte, mit denen das Finanzamt rechnet, wurden jedoch seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepasst. Dabei spielte es keine Rolle, ob ein Grundstück oder Gebäude in dieser Zeit verfallen ist oder eine Immobilie an Wert gewonnen hat. Ziel ist es nun, die Werte neu anzupassen, in Ost und West auszugleichen und damit Ungerechtigkeit zu beseitigen.
Neuberechnungen könnten zu Verzehnfachung der Grundsteuer führen
Geht es um die Frage, wie die Grundsteuer künftig bemessen werden soll, stehen diverse Modelle in der Diskussion. Das sogenannte „Kostenwertmodell“ wurde von der Mehrheit der Bundesländer vorgeschlagen. Hier soll der Wert aller 35 Millionen Grundstücke und Immobilien ganz neu berechnet werden. Dies könnte jedoch zu einem hohen Anstieg der Kosten für die Eigentümer führen, sodass diese Variante stark in der Kritik steht. Der Immobilienverband IZA äußerte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass das Modell zur „Verzehnfachung der Grundsteuer“ führen könne. Auch könnte die Ermittlung aller neuen Einheitswerte viele Jahre dauern.
Mehrfamilienhäuser könnten entlastet werden
Ein von der Immobilienwirtschaft favorisiertes Modell ist das sogenannte „Südländer-Modell“. Die südlichen Bundesländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg schlagen vor, die Grundsteuer nach der Grundstücksgröße und der Nutzfläche zu bemessen. Sympathisiert wird es, weil es zunächst leichter umzusetzen ist. Zudem besteht kein Risiko, dass die Steuer plötzlich erheblich ansteigt. Der sogenannte automatische Erhöhungsmechanismus würde damit vermieden werden.
Ein mieterfreundliches Modell ist das „Bodenwertmodell“. Hier wird allein der Bodenwert des Grundstücks für die Steuerberechnung in Betracht gezogen. Unterschiede zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken entfallen dabei, um Grundstücksspekulationen, die gerade in Großstädten weit verbreitet sind, zu mindern. Zudem würde die stärkere steuerliche Belastung unbebauter Flächen die Bautätigkeit anregen und eine dämpfende Auswirkung auf die Immobilienpreise und Mieten zur Folge haben. Damit würden auch Mieter in Mehrfamilienhäusern im Vergleich zu Einfamilienhäusern stärker entlastet werden.
Politik entscheidet über Reformmodell
Für welches Modell sich Bundestag und Bundesrat bis Ende nächsten Jahres entscheiden, ist noch ungewiss. Die Verwaltung kann durch die Neuregelungen in jedem Fall mit viel Arbeit und hohem Aufwand rechnen. Ziel ist es, für alle Beteiligten ein möglichst sinnvolles, stimmiges System zu erzielen und mit der Abschaffung der veralteten Ungerechtigkeiten keine neuen zu schaffen.
Die politische Diskussion wird also in eine neue Runde gehen.
Hinweis:
Die Finanzministerkonferenz (FMK) beschäftigt sich seit 1995 mit Fragen der Grundsteuerreform.
Schon im Jahr 2000 hat sie sich mehrheitlich auf ein Modell verständigt, das durch einen Kompromissvorschlag der Finanzminister aus Bayern und Rheinland-Pfalz so modifiziert wurde, dass die FMK auf ihrer Jahreskonferenz 2006 im Konsens eine Arbeitsgruppe beauftragen konnte, einen Gesetzesentwurf auf dieser Grundlage zu erarbeiten. Dieser soll das Grundsteuerrecht stark vereinfachen und die Steuer für den Steuerzahler transparenter machen.
Zur Unterstützung dieser Ziele legt die Bertelsmann Stiftung eigene Überlegungen vor, die ihren Vorschlag zur Grundsteuerreform aus dem Jahr 2003 präzisieren. Auf den beigefügten Aufsatz der Bertelsmann Stiftung wird hingewiesen.
Es bleibt abzuwarten welche Neuregelung kommt und wie das Verfahren zur Erhebung der Grundsteuer festgelegt wird. Das bisherige zweistufige Verfahren kann entbehrlich werden. Die kommunalen Steuerämter können sowohl den Steuermessbetrag wie die Steuerlast festsetzen. Ob das Konnexitätsprinzip dabei beachtet wird, bleibt abzuwarten.
Das Konnexitätsprinzip (Konnexität = Zusammenhang) ist ein Grundsatz im Staatsrecht, der besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören. Die Instanz (Staatsebene), die für eine Aufgabe verantwortlich ist, ist auch für die Finanzierung zuständig. Vereinfacht wird dies oft ausgedrückt mit dem Satz "Wer bestellt, bezahlt".
Resümee:
Zusammenfassend ist festhalten, dass die Aufgaben für eine Verwaltung, insbesondere die Finanzverwaltung, komplexer und für Führungskräfte haftungsrelevanter werden. Man kann nicht erwarten, dass Verwaltungsmitarbeiter von heute auf morgen wegen gesetzlichen Änderungen zu einem kleinen Steuerfachmann bzw. -berater werden.
Um die Organisation an die neuen Anforderungen anzupassen, müssen gewohnte Arbeitsprozesse angepasst werden. Alle Mitarbeiter müssen frühzeitig in den Organisationsprozess eigebunden und ein Konsens über künftige Vorgehensweisen hergestellt werden.
Die Finanzverwaltung wird mit den anderen Fachabteilungen intern die Anforderungen an mögliche neue Strukturen diskutieren bzw. erörtern. Gemeinsam sind Vorschläge zu erarbeiten, um haftungsrechtliche Risiken möglichst ausschließen und die Ablauforganisation entsprechend optimieren zu können. Dies wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Neben den finanziellen Ressourcen für Software werden auch personelle Ressourcen in nicht geringem Umfang notwendig. Das wird u.U. auch eine personelle Verstärkung und entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen (Aus- und Fortbildung) in der Finanzverwaltung nach sich ziehen, welche sich im Haushalts- und Finanzplan 2019/2020 niederschlagen werden.