Tektur zum Bauantrag zum Neubau von zwei Einfamilienhäusern mit Garagen und Stellplätzen (hier: Dachanhebung, 2. Gaube, Garagendach - Haus West), Maubergerstraße 4, Fl.Nr. 1166/11, BA 60/2020


Daten angezeigt aus Sitzung:  Bau-, Planungs- und Ortsentwicklungsausschuss, 18.01.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau-, Planungs- und Ortsentwicklungsausschuss (Gemeinde Schäftlarn) Bau-, Planungs- und Ortsentwicklungsausschuss 18.01.2021 ö beschliessend 3

Sachverhalt

Das Baugrundstück ist im FNP als Wohnbaufläche (W) dargestellt und liegt im rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 16 für das Gebiet „An der Leiten, Mauberger- und Bahnhofstraße“ in Hohenschäftlarn.
Geplant ist die Tektur des Hauses 1 (West). Der Dachstuhl soll um 40 cm angehoben werden, auf der Westseite soll eine zusätzliche Dachgaube entstehen, der Hauseingang soll fassadengleich ausgeführt werden und die Garage soll mit einem Satteldach (DN 25°) versehen werden. Die Begründung der Tektur wurde den Mitgliedern des Bau-, Planungs- und Ortsentwicklungsausschuss über das Ratsinformationssystem zur Verfügung gestellt.
Da die Wohnfläche durch die Dachanhebung nunmehr 143,10 m² beträgt, ist ein zusätzlicher Stellplatz nachzuweisen. Dieser soll parallel der Maubergerstraße 1 m hinter der Grundstücksgrenze und abgepflanzt mit einer Hecke errichtet werden. Hierfür ist die Abweichung von der Ortsgestaltungssatzung notwendig, da hierdurch zwei Zufahrten zum Grundstück entstehen.  
Beantragt wird die Abweichung von Art. 6 BayBO (in der Fassung bis zum 31.01.2021) hinsichtlich der Abstandsflächen, die sich durch das Anheben des Daches um 40 cm im Bereich der Garagen überschneiden
Es liegt ein Widerspruch der Grundstücksmiteigentümer (östliches Einfamilienhaus) vor, wonach die erforderliche Zustimmung für bauliche Maßnahmen im Grundbuch eingetragen wurde, um eine gegenseitige Wertminderung des jeweils benachbarten Hauses aufgrund einer Überschreitung von Mindestabstandsflächen zu verhindern.
Eine Abweichung kann nur zugelassen werden, wenn sie unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Damit verpflichtet das Gesetz, die Belange der Nachbarn, die durch die Abweichung berührt werden, zu ermitteln und entsprechend ihrem Gewicht in die Abwägung einzustellen (vgl. BayVGH, Gr. Senat v. 3.11.2005 Nr. 2 BV 04.1756).
Dabei kann der Nachbar umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch die Abweichung beeinträchtigt wird und je einfacher es dem Bauherrn ohne Aufgabe geschützter eigener Interessen möglich ist, die gesetzlichen Anforderungen einzuhalten.
Die Verwaltung weist darauf hin, dass die Planung zur zuletzt erteilen Baugenehmigung vom 03.08.2020 sicherstellt, dass das Gebäude energetisch auf dem neuesten Stand genehmigt wurde.
Bei der Gewichtung der nachbarlichen Belange ist zu bedenken, dass diesen Interessen schon deshalb ein gewisser Vorrang zukommt, weil sie auf einem Interessenausgleich beruhen, den der Gesetzgeber im Regelfall für sachgerecht angesehen hat (vgl. BVerwG v. 6.10.1989 Nr. 4 C 17.87, BVerwGE 82, 343 = NJW 1990, 1192; BayVGH v. 8.5.2008 Nr. 14 B 06 2813).
Im Hinblick auf die Novellierung der BayBO wird die Gemeinde Schäftlarn voraussichtlich Ende Januar eine neue Satzung über die Abstandsflächen beschließen. Durch den Entfall des 16 m-Privilegs würden die gesetzlichen Regel-Abstandsflächentiefen für alle Gebäudeseiten ab dem 01.02.2021 ohne den Erlass einer Satzung 0,4 H mindestens jedoch 3 m betragen. In der Satzung wird voraussichtlich eine Abstandsflächentiefe von mehr als 0,5 H angeordnet werden, so dass auch nach der voraussichtlich ab dem 01.02.2021 anzuwendenden Rechtslage das beantragte Vorhaben weiterhin materiell unzulässig sein wird.
Da das Abstandsflächenrecht nachbarschützend ist (s. hierzu die nachbarliche Beschwerde im Vorfeld) und das Vorhaben der Dachanhebung um 40 cm weder nach der bis zum 31.01.2021 geltenden Rechtslage, noch nach der voraussichtlich zum Entscheidungs­zeitpunkt anzuwendenden Rechtslage genehmigungsfähig sein wird, empfiehlt die Bauverwaltung dem Tekturantrag aufgrund der nicht eingehaltenen Abstands­flächen abzulehnen. 

Diskussionsverlauf

Herr Dr. Stoiber erscheint zur Sitzung.

Beschluss

  1. Das gemeindliche Einvernehmen zur Anhebung des Dachs um 40 cm wird nicht erteilt.  Im konkreten Einzelfall ist die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange nicht mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
  2. Für die Errichtung der beantragten zusätzlichen Dachgaube auf der Westseite wird das gemeindliche Einvernehmen für den Fall in Aussicht gestellt, dass die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten werden.
  3. Für die beabsichtigte Errichtung des Satteldachs auf der Garage entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans sowie für die fassadengleiche Ausführung des Hauseingangs wird das gemeindliche Einvernehmen erteilt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 14.02.2024 16:23 Uhr