1. Änderung der Örtlichen Bauvorschriften (ÖBV) vom 22.04.2020


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 05.05.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Schäftlarn) Sitzung des Gemeinderates 05.05.2021 ö 3

Sachverhalt

Die ÖBV 2000 wurde nach 20-jähriger Geltungsdauer von der am 22.04.2020 vom Gemeinde­rat beschlossenen Neufassung abgelöst. 
Eine praxisrelevante inhaltliche Änderung der ÖBV 2020 im Vergleich zur ÖBV 2000 ist, dass Zwerch- oder Quergiebel erst ab einer Dachneigung des Hauptdachs von mindestens 30 Grad zulässig sind. Bei der Verlängerung von Bestands­baugenehmigungen hat diese Regelung zu Verwerfungen geführt, da die Verlängerung von Baugenehmigungen betreffend Zwerchgiebel bei Dachneigungen des Hauptdachs von beispielsweise 28 Grad nicht mehr genehmigungsfähig waren.
Eine Überprüfung des Sachverhalts durch die Verwaltung hat ergeben, dass eine völlige Gleichsetzung von reinen Dachaufbauten wie Dachgauben mit  Quergiebeln, die eine aus der Fassade entwickelte besondere Ausprägung der Dachform darstellen, fachlich nicht geboten ist.
Diesbezüglich hat bereits der BayVGH (1. Senat), Urteil vom 12.12.1995 - 1 B 94.2264 ausgeführt:
„Eine Dachgaube ist nach dem Sprachgebrauch der mit dem Bauwesen befassten Fachleute wie auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein "aus dem Dach herausgebautes, senkrechtes Dachfenster" (vgl. Duden, Wörterbuch der Deutschen Sprache, Band 2, 1977, Stichwort: "Dachgaube"; Koepf, Bildwörterbuch der Architektur, 2. Auflage, Stichwort: "Dachgaupe"). 
Demgegenüber handelt es sich bei dem strittigen Vorhaben um einen Bauteil, der nicht aus dem Dach, sondern aus der Fassade aufsteigt und ein quer zum Hauptdach stehendes Dach hat. Ein solcher Bauteil wird als Zwerchgiebel bezeichnet (vgl. Koepf, a.a.O., Stichwort: "Zwerchhaus", und Duden, a.a.O., Band 6, 1981, Stichwort: "Zwerch-:"). 
[…] Dabei wird übersehen, dass Dachgauben und Zwerchgiebel unterschiedliche Bauteile sind.“

1.        Der Vorschlag der Verwaltung lautet daher folglich, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 ÖBV 2020 ersatzlos gestrichen wird, so dass Zwerch- oder Quergiebel grundsätzlich unabhängig von der Mindestgradzahl 30 Grad des Hauptdachs zulässig sind. 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 ÖBV ist dann zunächst Mindestdachneigung von 18 Grad einschlägig. Weiterhin darf nach § 7 Abs. 2 Satz 6 ÖBV die Dachneigung von Zwerch- und Quergiebeln von der Neigung des Hauptdaches um maximal 5 Grad abweichen, soweit die festgesetzte Dachneigung gemäß § 6 Abs. 1 eingehalten wird. 

2.         § 7 Abs. 2 Satz 2 ÖBV 2020 wird zu Satz 1 und folgendermaßen neu gefasst: „Zwerch- oder Quergiebel sind je Hauseinheit (d. h. je Einfamilienhaus, je Mehrfamilienhaus, je Doppelhaus, je Reihenhauseinheit bei Hausgruppen) nur maximal zweimal zulässig.“
3.        In Abstimmung von Herrn Ersten Bürgermeister mit den Fraktionen wird als dritte inhaltliche Änderung vorgeschlagen § 12 Abs. 2 Satz 3 ÖBV ersatzlos streichen.
Thujen- und Taxushecken sind überall im Ortsbild teilweise als jahrzehntealter Bestand vorhanden und Verstöße gegen § 12 Abs. 2 Satz 3 ÖBV werden offenkundig nicht geahndet.
Weitere Änderungen sind derzeit nicht angezeigt, dafür sollte eine insgesamt dreijährige Evaluationsphase abgewartet werden.

Diskussionsverlauf

Herr Zattler spricht sich dafür aus, dass das Verbot von Thujen- und Taxushecken in der ÖBV verbleiben soll, die durch das Pflanzen von heimischen Hecken die Bienenfreundlichkeit und das Schaffen von Rückzugsräumen für Vögel im Vordergrund steht. Der Erste Bürgermeister pflichtet Herrn Zattler bei.
Herr Dr. Ruhdorfer ist ebenfalls der Auffassung, dass § 12 Abs. 2 Satz 3 in der ÖBV verbleiben soll, auch wenn sich in der Praxis Vollzugsschwierigkeiten zeigen. 

Es besteht im Gremium die Übereinkunft, dass die Zulässigkeit von Zwerch- oder Quergiebeln erst ab 30 Grad (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ÖBV) entfallen soll.

Weiterhin folgt das Gremium dem Vorschlag von Herrn Waldherr, die Limitierung der Anzahl von Zwerch- oder Quergiebeln (§ 7 Abs. 2 Satz 2 ÖBV) ebenfalls zu streichen, da sich durch das veränderte Abstandsflächenrecht ohnehin in vielen Fällen dahingehend Einschränkungen ergeben werden.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt die 1. Änderung der Örtlichen Bauvorschriften vom 22.04.2020 mit den nachfolgenden Inhalten:
  1. Die Überschrift zu § 7 sowie gleichermaßen die Überschrift in der Begründung zu § 7 wird folgendermaßen neu gefasst: „§ 7 Gestaltung von Dachaufbauten sowie von Zwerch- oder Quergiebeln“.

  1. § 7 Abs. 2 Sätze 1 und 2 werden ersatzlos gestrichen. In der Begründung zu § 7 wird Satz 4 folgendermaßen neu gefasst: „Aufgrund der typischen Erscheinung im Ortsbild von Schäftlarn sind nur Dachgauben oder Schleppgauben als Dachaufbauten sowie Zwerch- oder Quergiebel zulässig.“ In der Begründung zu § 7 wird Satz 5 folgender­maßen neu gefasst: „Dachgauben sind erst ab einer Dachneigung von 30°, Schleppgauben erst ab einer Dachneigung von 35° zulässig, da in beiden Fällen aus konstruktiven Gründen bei niedrigeren Dachneigungen des Haupt­daches übergroße Proportionen des Dachaufbaus bezogen auf das Hauptdach des Gebäudes entstehen.“ In der Begründung wird § 7 Abs. 7 ersatzlos gestrichen.

  1. Die Überschrift zu § 8 sowie gleichermaßen die Überschrift in der Begründung zu § 8 wird folgendermaßen neu gefasst: „§ 8 Anordnung von Dachaufbauten sowie von Zwerch- oder Quergiebeln“. In der Begründung zu § 8 werden in Satz 6 die Worte „-wie alle anderen Dachaufbauten auch-“ gestrichen.

Der Erste Bürgermeister wird ermächtigt, die Örtlichen Bauvorschriften vom 22.04.2020 in der Fassung der vorstehend beschlossenen 1. Änderung vom 05.05.2021 auszufertigen in Kraft zu setzen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 14.02.2024 16:57 Uhr