Bebauungsplan "Echinger Wegäcker" / hier: Vorstellung eines aufgrund der mehrheitlichen "persönlichen Beteiligung" von Gemeinderatsmitgliedern kommunalrechtlich gangbaren Wegs hinsichtlich der angestrebten Änderung des Bebauungsplans


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 23.10.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 18.09.2024 ö beschließend 3
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 23.10.2024 ö beschließend 6
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 25.11.2024 ö 2

Pressetaugliche Texte

KOMMUNALRECHTLICHER RAHMEN & PROZESSUALER HANDLUNGSVORSCHLAG

Wie vor der September-Sitzung des Gemeinderats festgestellt, ist aufgrund der hohen Zahl an „persönlich Beteiligten“ (= Mehrheit des Gremiums) eine Änderung des Bebauungsplans im Regelverfahren nicht möglich. 

Mit der Kommunalaufsicht wurden darum in der Zwischenzeit Mittel und Wege besprochen, wie die inhaltlich geboten erscheinende Änderung des Bebauungsplans rechtssicher und zielgerichtet durchgeführt werden kann.

Nach Abstimmung mit der Kommunalaufsicht schlägt die Verwaltung die Einrichtung eines BESCHLIESSENDEN AUSSCHUSSES ECHINGER WEGÄCKER vor.

Dieser Vorschlag ergibt sich aus folgenden Rahmenbedingungen, die die Kommunalaufsicht zusammengetragen hat: 

  • Gem. Art. 32 Abs. 2 Nr. 2 GO kann der Erlass (und damit auch die Änderung/Aufhebung) von Bebauungsplänen auf beschließende Ausschüsse übertragen werden.
  • Die Einrichtung steht im Ermessen der Gemeinde.
  • Sie kann nach h. M. bereits durch Gemeinderatsbeschluss erfolgen (ggf. Änderung der GeschO), da Ausschüsse nur eine von Gemeinderat abgeleitete Organstellung besitzen (bei der Beschlussfassung über die Einrichtung eines Planungsausschusses sehen wir auch keine pers. Beteiligung).
  • Es wäre die Einrichtung eines freiwilligen und voraussichtlich auch zeitlich begrenzten Ausschusses (Durchführung einer Aufgabe/Projektes), der nach Beendigung der Maßnahme oder nach Erfüllung der Aufgabe wieder aufgelöst werden könnte (s. PdK, Anm. 2 zu Art. 32 GO) möglich.
  • Der Gemeinderat kann Ausschüsse jederzeit wieder auflösen (Art. 32 Abs. 5 GO).
  • Ein wichtiger Grund für die Auflösung ist nicht erforderlich, die Grenze bildet lediglich das Willkürverbot (s. Prandl/Zimmermann, Anm. 24 zu Art. 32 GO).

Aus unserer Sicht wäre daher die Einrichtung eines entsprechenden Ausschusses zulässig.

Aufgrund der hohen Anzahl persönlich Beteiligter ist allerdings ggf. die paritätische Besetzung des Ausschusses herausfordernd.


Fraktion
GR
Pers. Beteiligte
Stimmberechtigt
Bgm.
CSU
5
4
1
1. Bgm. pers. bet.
FW
4
1
3
(2. Bgm. nicht)
Grüne
4
2
2
(3. Bgm´in. nicht)
DG
3
1
2


16
8
8
1


Der vorgeschlagene Ausschuss würde sich wie folgt zusammensetzen:

5 er + Vorsitz


Sitze
CSU
5:16 x 5
1,56
1+1=2
FW
4:16 x 5
1,25
1+0=1
GR
4:16 x 5
1,25
1+0=1
DG
3:16 x 5
0,94
0+1=1

  • Die CSU kann von den 2 zustehenden Sitzen nur 1 intern besetzen, da es 4 pers. Beteiligte gibt.
  • Die CSU hätte dann das Vorschlagsrecht für den 2. Sitz (möglich FW, Grüne (außer Vorsitz im Ausschuss), DG (außer Vorsitz im Ausschuss))
  • Beim Beschluss über die Ausschussbesetzung ist Art. 49 Abs. 1 GO nicht anzuwenden (Art. 49 Abs. 2GO).
  • Keine Vertreterbestellung möglich.
  • Der 1. Bgm kann den Vorsitz wg. pers. Beteiligung nicht führen; folglich muss der 1. Bgm. Einen dauerhaften Vertreter bestimmen (= 2. Bgm. oder bei dessen Verhinderung 3. Bgm.). 





***

INHALTLICHE DARSTELLUNG DES HANDLUNGSBEDARFS (=> der mögliche Ausschuss ist in seinen Entscheidungen frei und hieran ausdrücklich nicht gebunden!): 


Der Gemeinderat hat immer wieder in der jüngeren Vergangenheit Befreiungen und Ausnahmen in Verbindung mit den – zum Zeitpunkt der Aufstellung bewusst gewählten – engen Beschränkungen des Bebauungsplans „“Echinger Wegäcker“ erteilt. Aufgestellt bzw. geändert wurde dieser Bebauungsplan rechtskräftig im Jahr 2015 bzw. 2016 als Reaktion auf damals nach Mehrheitsmeinung überbordende Bebauungswünsche einiger weniger Grundstückseigentümer im Geltungsbereich. 

Knackpunkte in der Umsetzung des Bebauungsplans sind aus heutiger Sicht betrachtet die arg restriktiv wirkenden Festsetzungen zur GRZ I sowie definierte Mindestgrundstücksgrößen in Verbindung mit einer Wohneinheiten-Beschränkung (de facto Dopplung der Einschränkungen). 

Die Verwaltung hält es aus operativen Überlegungen darum für geboten, dem Gemeinderat eine Änderung des Bebauungsplans vorzuschlagen. Diese Haltung vertritt auch das Landratsamt. 
Wichtig: Es geht dabei nicht darum, den Charakter des Gebiets signifikant zu ändern. Es soll allerdings sichergestellt werden, dass die tw. verhältnismäßig großen bzw. größeren Grundstücke zeitgemäß und in Anlehnung an Vorhandenes genutzt werden können. De facto ist das Gebiet „Echinger Wegäcker“ heute weit strenger reguliert als viele andere Gebiete im Gemeindegebiet. Von der bei der Aufstellung des Bebauungsplans definierten Intention, Grund-Charakterzüge des Gebiets nicht aufzugeben, soll ausdrücklich NICHT abgerückt werden. Die Verwaltung erlebt allerdings immer öfter, dass wünschenswerte Nachverdichtungen bzw. Ausbauten oder Anbauten vorhandener Gebäude (z. B. für nachfolgende Generationen) scheitern bzw. unnötig hohe Verfahrenskosten und lange Verfahrenslaufzeiten verursachen.  Es wird die Chance gesehen, durch eine gezielte Weiterentwicklung Potentiale zu heben, die dann auch wieder dem Grundsatz der behutsamen Nachverdichtung entsprechen. 

Einige Beispiele für Regelungen in der aktuell gültigen Fassung, die zu überarbeiten sind:
  • Doppelt-Strenge Vorgaben i. B. auf Mindestgrundstücksgrößen UND Wohneinheiten-Begrenzungen. 
  • Dadurch: Nicht-Real-Teilbarkeit von Grundstücken (Hinderungsgrund f. Finanzierungen) aufgrund Mindestvorgaben (gibt es ansonsten in keinem anderen Bebauungsplan in dieser Form => wohl auch landkreisweit in der Form nicht vergleichbar)
  • Gefühlte Ungleichbehandlung im Gebiet – für eine nicht unerhebliche Zahl an Grundstücken (38!) wurde aus verschiedenen Gründen (hist. Bestand, Eckgrundstück, Antrag d. Eigentümer, …) eine Unterschreitung der Mindestgrundstücksgröße zugelassen, tw. ebenso eine Bebauung im hinterliegenden Bereich.
  • GRZ I sehr restriktiv verglichen mit anderen Strukturen (Verwaltung erarbeitet Vergleichswerte; in aller Kürze: Echinger Wegäcker i. d. R. 0,23 – in ausnahmslos allen anderen Bebauungsplänen in Türkenfeld höhere Werte bzw. anstelle GRZ I konkrete Baufenster festgelegt, die ebenso mehr Spielraum lassen)
  • Grundsätzlich: Sehr großer Umgriff, teilweise willkürlich gewählt bzw. historisch gewachsen bei gleichzeitigem Anspruch, trotz (völlig) unterschiedlicher Bebauungsstrukturen Dinge strikt einheitlich zu regeln (was nicht in jedem Fall zielführend sein kann). 


Aufgrund der bereits vorhandenen Bebauungsstruktur wäre theoretisch auch denkbar, den Bebauungsplan ersatzlos aufzuheben und auf den Grundsatz der umliegenden Bebauung abzustellen. Dies würde allerdings Gestaltungsspielräume der Gemeinde zu Gunsten des Landratsamtes verschieben.

FAZIT & konkrete Vorschläge: 
Die Verwaltung schlägt dem Gemeinderat vor, die Änderung des Bebauungsplans „Echinger Wegäcker“ zu beschließen. Folgende Kernpunkte sollen – in enger Abstimmung mit dem Landratsamt – dabei im Fokus der Änderung stehen. Die Kreisbaumeisterin sowie die Leiterin des Referats Räumliche Planung (LRA FFB) waren maßgeblich in die Zusammenstellung der nachfolgenden Punkte eingebunden (vgl. Termin am 28.08.2024): 
  • Sinnvolle Weiterentwicklung bzw. Aufhebung der Vorgaben i. B. auf Mindestgrundstücksgröße in starrer Verbindung zur Wohneinheiten-Zahl
    => ENTFALL dieser Regelung, stattdessen setzen auf städtebaulichen Bezug i. S. von Bestandsgebäude (=> städtebaulicher Bezug leitet – je nach Grundstück – 1 bis max. 4/5 Wohneinheiten her - vgl. vorhandene Bebauung).
    => STATTDESSEN: 
    Eine Begrenzung der Zahl der Wohneinheiten erfolgt dann durch Faktoren wie das Maß der baulichen Nutzung, vorhandene Stellplätze, Einhalt der Abstandsflächen, Festlegung Wand- und Firsthöhe bei klarer Festlegung der Bemessungsgrundlage i. S. „Erhalt des natürlichen Geländes“.   
    Zudem soll die Bedeutung der sog. „gelben Bereiche“ (im hinterlegenden Bereich der Grundstücke festgelegt) beibehalten werden i. S. einer dort herrschenden Begrenzung der Zahl der Wohneinheiten auf das bisher definierte Maß, weshalb auch das Potential des baulichen Eingriffs nachhaltig begrenzt wird. 
  • Soweit möglich dadurch auch Auflösen der Ungleichbehandlung bzgl. Mindestgrundstücksgrößen
    => siehe oben.
  • Festlegung zeitgemäßer Baurechtskennziffern (heute definiert über die GRZ I i. S. von 0,23 bzw. bei Eckgrundstücken 0,26 oder individuell geregelt, vgl. aktueller Bebauungsplan)
=> ANHEBUNG der GRZ-I-Vorgaben auf 0,26 bzw. bei Eckgrundstücken, etc. analog prozentuale Anpassung.
  • Möglichst weitgehende Vereinfachung bzgl. des Vollzugs des Bebauungsplans mit dem Ziel, Antragsverfahren deutlich zu beschleunigen. 
  • Festlegung einer Dachform für Hauptgebäude zur Sicherung des Gebietscharakters (= Satteldächer). 
  • Festsetzungen, konkreter Bemessungspunkte bzw. natürliches Gelände muss erhalten bleiben damit Abgrabungen verhindert werden.
=> Erleichtert dem Landratsamt den Vollzug, da dadurch klarer definiert.

Leider ist es nur schwer möglich, eine verbindliche Kostenindikation für die Änderung des Bebauungsplans zu geben. Nach Rücksprache mit zwei Planungsbüros, darunter auch der Planungsverband, hängen die entstehenden Kosten maßgeblich damit zusammen, ob die übergeordneten Stellen im Zuge des Änderungsverfahrens z. B. eine erneute Umweltprüfung oder eine Bestandsaufnahme aller Bestandsgebäude fordern. Allein die Bestandsaufnahme wird kostenseitig auf mind. 15 TEUR taxiert.

Die Verwaltung schlägt darum vor, mit dem Landratsamt zu klären, innerhalb welcher Änderungsgrenzen wir uns bewegen müssen um z. B. eine erneute Umweltprüfung und Bestandsaufnahme (größte potentielle Kostenfaktoren) zu vermeiden. Sollte die „große Lösung“ auflagenseitig unumgänglich sein, würden vermutlich Kosten von geschätzt 50 TEUR entstehen. 
Eine Festpreisvergabe der Planungsleistungen ist nicht möglich. Die Verwaltung schlägt darum vor, bei einer Beauftragung auf Stundenbasis gem. Stundensatz zu entscheiden.
Im Moment wird von Kosten i. H. von ~ 15 TEUR in Summe ausgegangen. 

***

ANLAGEN

Auszug aus dem Bebauungsplan (Kernfestsetzungen Stand heute): 

Geltungsbereich des Bebauungsplans:




Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

Siehe Ausführungen oben
Je nach Art und Umfang der Änderung bis zu 50 TEUR. 

Im Moment wird von Kosten i. H. von ~ 15 TEUR in Summe ausgegangen.

Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt die Einsetzung eines BESCHLIESSENDEN AUSSCHUSSES ECHINGER WEGÄCKER. Dieser soll – ausgestattet mit Beschlusskompetenz – die Änderung des Bebauungsplans Echinger Wegäcker umsetzen. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen prozessualen Schritte einzuleiten. Die Fraktionen werden aufgefordert, Besetzungsvorschläge für den Ausschuss zu unterbreiten, sodass hierüber gesondert entschieden werden kann. Außerdem wird die Verwaltung beauftragt,  einen Ergänzungsvorschlag für die Geschäftsordnung in Abstimmung mit der Kommunalaufsicht zu erarbeiten, sodass der sachbezogen arbeitende Ausschuss dort (temporär) verankert werden kann. 
 

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt die Einsetzung eines BESCHLIESSENDEN AUSSCHUSSES ECHINGER WEGÄCKER. Dieser soll – ausgestattet mit Beschlusskompetenz – die Änderung des Bebauungsplans Echinger Wegäcker umsetzen. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen prozessualen Schritte einzuleiten. Die Fraktionen werden aufgefordert, Besetzungsvorschläge für den Ausschuss zu unterbreiten, sodass hierüber gesondert entschieden werden kann. Außerdem wird die Verwaltung beauftragt,  einen Ergänzungsvorschlag für die Geschäftsordnung in Abstimmung mit der Kommunalaufsicht zu erarbeiten, sodass der sachbezogen arbeitende Ausschuss dort (temporär) verankert werden kann. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.11.2024 11:07 Uhr