Positionierung des Gemeinderats i. B. auf öffentliche Bäume und Sträucher // hier: Umgang mit Anlieger-Wünschen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 11.11.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 11.11.2020 ö 6

Pressetaugliche Texte

Bäume und Sträucher stellen sind wichtige Elemente der Gestaltung urbaner / bebauter Lebensräume. Darüber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle i. B. auf Natur und Umwelt sowie als CO2 Speicher und Lebensraum für Tiere. Nicht ohne Grund werden darum z. B. bei der Ausweisung neuer Baugebiete öffentliche Flächen definiert, die entsprechend bepflanzt und durch die Gemeinde gepflegt werden.

Immer wieder erreichen die Gemeindeverwaltung Schreiben von Anliegern, die – bedingt durch das Wachstum von Bäumen und Sträuchern – nachvollziehbare Interessen zum Ausdruck bringen. Z. B.
A)        Ein durch die Gemeinde bepflanzter Ahorn-Baum hat im Laufe der Jahre eine Dimension e        rreicht, die beim Abwurf von Samen große Teile des privaten Gartens in Mitleidenschat zieht.
B)        Ein auf Gemeindegrund bepflanzter Baum ist mittlerweile so groß, dass der Privat-Garten massiv verschattet wird.
C)        Ein gemeindeeigener Baum hat mittlerweile solche Ausmaße angenommen, dass er die private Grundstückseinfassung „sprengt“.
D)        Gemeindeeigene Bäume, die direkt an Privatgrundstücke reichen, verschatten nachweislich Photovoltaik-Anlagen.
E)        

In jedem Fall ist es in der Zukunft nötig, gemeindeeigene Bäume und Sträucher INNERORTS konsequent zu schneiden. Die Verwaltung hat entsprechende Aufträge vergeben, die seit Anfang Oktober ausgeführt werden und bis zum Ende der Schnitt-Saison abgeschlossen sein sollen.
 Gleiches gilt für private Hecken, die nicht selten auf öffentliche Gehwege reichen und dadurch das Durchkommen mit Kinderwägen, etc. erschweren. Hier ist eine Sensibilisierung der Bevölkerung notwendig. Viele Einzel-Anschreiben des Bauamtes sind ein Beleg, dass hier ein MEHR an gegenseitiger Rücksichtnahme erforderlich ist. Ergänzend bei zukünftigen Baumpflanzungen darauf zu achten, dass die gewählten Baum-Arten i. B. auf Samenwurf, etc. für den urbanen Raum geeignet sind. Dies steigert auch die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung.

Durch die zuständige Referentin, Gemeinderätin Meissner wurde ein Positionspapier erarbeitet, das auch nach Meinung der Verwaltung den Sachstand treffend zusammenfasst und eine mögliche Handreichung für das zukünftige Vorgehen sein kann:  

Bedeutung von Bäumen:
Bäume leisten durch ihre CO2-Speicherung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Durch ihre Verdunstungsleistung und Beschattung beeinflussen sie das örtliche Klima. Das Wurzelwerk erfüllt eine wichtige Aufgabe bei der Erhaltung des Bodens. Außerdem bietet ein Baum vielen Tieren Lebensraum und Nahrung und ist deshalb wichtig für die Erhaltung der Artenvielfalt.
Deshalb sollte die Gemeinde Türkenfeld Bäume auf öffentlichem Grund nicht leichtfertig entfernen.
Mögliche Richtlinien für den Umgang mit Anträgen auf die Beseitigung von Bäumen auf öffentlichem Grund:
  • Laut eines Urteils des BGH sind weder Beschattung noch Laubwurf, noch andere Immissionen (z.B. Pollen, Früchte, Samen) durch einen Baum, ein Grund, ihn zu fällen. (Urteil vom 20. September 2019 – V ZR 218/18) 
  • Mögliche Gründe für eine Fällung könnten sein: Verkehrssicherheit, Gefährdung durch den Baum bei mangelnder Standfestigkeit, evtl. Bauvorhaben
  • Wird ein Baum auf öffentlichem Grund entfernt, muss eine Ersatzpflanzung erfolgen. Eine mögliche Richtlinie dafür könnte sein wie in Brandenburg. Hier gilt: Je angefangenen 40 cm Stammumfang in 1 m Höhe des gefällten muss ein Baum mit 18 bis 25 cm Stammumfang gepflanzt werden. Dies sollte in und um Türkenfeld erfolgen. Aber selbst unter diesen Vorgaben muss man sich bewusst sein, dass es ca. 20 Jahre dauert, bis die Ersatzpflanzen die Klimaleistung des gefällten Baumes ersetzen.
  • Man könnte in Türkenfeld über die Gruppe klimaaktiv oder über die Nachbarschaftshilfe versuchen, „Laubpatenschaften“ zu initiieren, die beim Entfernen des Laubes helfen, wenn die Grundstückbesitzer das z.B. aus Altersgründen nicht selber können.



Die Gemeindeverwaltung hat hierauf aufbauend einen Beschlussvorschlag formuliert, der die einzelnen Belange aufgreift. Der Beschlussvorschlag teilt sich in vier Kernaussagen:

1.)        Der Gemeinderat beschließt, dass auf gemeindeeigenem Grund gepflanzte Bäume innerorts wo immer möglich erhalten werden sollen.
2.)        Der Gemeinderat erkennt dabei berechtigte Anlieger-Interessen an und beschließt, durch einen konsequenten Baumschnitt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen einen Beitrag zum Interessensausgleich zu leisten.
3.)        Entfernt werden „öffentliche“ Bäume nur dann, wenn eine Gefährdung der Verkehrssicherheit nachgewiesen ist oder konkrete bauliche Schäden (z. B. durch das Heben von Fundamenten, …) zu Tage treten.
4.)        Gleichzeitig soll bei Neupflanzungen von Bäumen im urbanen Gebiet darauf geachtet werden, dass bei der Wahl der Baum-Art eine Verträglichkeit gegeben ist.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, dass auf gemeindeeigenem Grund gepflanzte Bäume innerorts wo immer möglich erhalten werden sollen. Der Gemeinderat erkennt dabei berechtigte Anlieger-Interessen an und beschließt, durch einen konsequenten Baumschnitt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen einen Beitrag zum Interessensausgleich zu leisten. Entfernt werden „öffentliche“ Bäume nur dann, wenn eine Gefährdung der Verkehrssicherheit nachgewiesen ist oder konkrete bauliche Schäden (z. B. durch das Heben von Fundamenten, …) zu Tage treten.
Gleichzeitig soll bei Neupflanzungen von Bäumen im urbanen Gebiet darauf geachtet werden, dass bei der Wahl der Baum-Art zur jeweiligen Pflanz-Situation bzw. dem jeweiligen Umfeld passt (z. B. ausladende Krone wenn ausreichend Platz; andere Wuchs-Form wenn wenig Platz, …).

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 10.12.2020 14:51 Uhr