Novelle der Bayerischen Bauordnung / hier: Information für den Gemeinderat und Beschluss einer "Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe"


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 20.01.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 20.01.2021 ö informativ 9

Pressetaugliche Texte

Ergänzte Fassung des Sachvortrags nach Abstimmung mit anderen Kommunen sowie der Sitzung des Bayerischen Gemeindetags (KV FFB) am 19.01.2021.


Der Bayerische Gemeindetag hat in seinem Rundschreiben vom 08.12.2020 alle Mitglieds-Kommunen über die Novelle der Bayerischen Bauordnung informiert. Entsprechenden Schriftverkehr hat Bürgermeister Staffler taggleich an die Mitglieder des Türkenfelder Gemeinderats weitergeleitet.

Die Novelle der Bayerischen Bauordnung adressiert dabei mehrere Punkte. Exemplarisch genannt werden sollen an dieser Stelle
  1. die in Zukunft vereinfachte Möglichkeit, Dachgeschosse im sog. Innenbereich als Wohnraum zu nutzen (=> „Freisteller“). In Zeiten knapper Wohnräume ist dies aus Sicht der Verwaltung zu begrüßen.
  2. Ebenso sollen die Baugenehmigungsverfahren beschleunigt werden, was ebenfalls positiv im Sinne aller Beteiligten wäre.
  3. Darüber hinaus wird dem Bauen mit Holz zukünftig mehr Bedeutung beigemessen.

Problematisch ist aus Sicht der Verwaltung das ebenfalls in der Novelle adressierte neue Abstandsflächenrecht. Hier sieht die ab 1.2.21 geltende Neufassung der Bauordnung eine erhebliche Reduzierung der bisher gekannten (und nach Sicht der Verwaltung bislang schon nicht zu groß dimensionierten Werte) Abstandsflächen vor. Allerdings haben Staatsregierung und Bayerischer Landtag beschlossen, die Entscheidungsgewalt hierüber in die Hände der betroffenen Kommunen zu legen. Sprich: Es liegt in den Händen des Gemeinderats, den IST-Zustand (= Abstandsflächen wie bisher gekannt) per Satzung festzuschreiben. Nach Meinung der Verwaltung sollte dies geschehen, weshalb die durch die kommunalen Spitzenverbände ausgearbeitete Muster-Satzung entsprechend angepasst und mit dem heutigen Sachvortrag als Beschlussvorschlag aufgerufen wird. Hauptgrund ist der Erhalt gekannter Abstandsstrukturen, gerade im Kernort bzw. nach §34 BauGB zu beurteilenden Gebieten im Gemeindebereich. Besagte Satzung muss nach vorherrschender Rechtsmeinung VOR dem 1.2.21 erlassen werden.

WICHTIG: Der dem Gemeinderat heute vorgelegte Satzungsentwurf gilt NUR für Flächen/Gebiete, für die bislang kein Bebauungsplan aufgestellt wurde bzw. ersetzt nicht die in Bebauungsplänen möglicherweise bewusst formulierten Abweichungen i. B. auf Abstandflächen.

Wie den Medien zu entnehmen ist, verfahren viele ebenfalls ländlich geprägte Kommunen analog.
Für den 19.1.21 ist darüber hinaus eine Sitzung des Bayerischen Gemeindetags zu diesem Thema anberaumt. Sollten sich hieraus Neuerungen ergeben, wird der Bürgermeister mündlich informieren.

S A T Z U N G S E N T W U R F
vorgelegt im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 20.01.2021


Auf Grund des Art. 6 Abs. 5 Satz 2 und Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a Bayerische Bauordnung
-BayBO- in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.08.2007 (GVBl. S 588), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetztes vom 23.12.2020 (GVBl. S 663) in Verbindung mit Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern –GO– erlässt die Gemeinde Türkenfeld folgende

Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe


§ 1 Geltungsbereich

Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet von Türkenfeld mit Ausnahme von
  1. Gewerbegebieten
  2. Sondergebieten
  3. festgesetzen urbanen Gebieten
  4. dem gesamten Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB


§ 2 Abstandsflächentiefe

  1. Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Abstandfläche im Gemeindegebiet Türkenfeld 0,8 H, mindestens jedoch 3 m.

  1. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.

§ 3 Abweichungen

Abweichungen von dieser Satzung können gem. Art. 63 BayBO zugelassen werden.


§ 4 Bebauungspläne

Abweichende, in Bebauungsplänen festgesetzte Abstandsflächen bleiben unberührt.
Ordnen Bebauungspläne, die vor dem 01.02.2021 in Kraft traten, gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO (in der vom 01.01.2008 bis 31.01.2021 gültigen Fassung), bzw. gemäß Art. 7 Abs. 1 BayBO (in der vom 01.06.1994 bis 31.12.2007 gültigen Fassung) die Geltung der Abstandsflächenvorschriften an, so gilt die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der Bayerischen Bauordnung.

§ 5 Inkrafttreten

Die Satzung tritt am 01.02.2021 in Kraft.


Emanuel Staffler
Erster Bürgermeister



-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Begründung zur Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe der Gemeinde Türkenfeld:

Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe. a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das Abstandflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten, wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität dient.

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken.

Vorstehende Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität und des Wohnfriedens erlassen.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen und der Wohnqualität den vorhandenen Bestand zu erhalten.
 
Im Gemeindegebiet sind viele Bereiche nicht überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Zudem sind nicht überplante Baugebiete und Gebiete, die nach § 35 Abs. 6 BauGB zu beurteilen sind, vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich oder vorwiegend über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt.
Darüber hinaus sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das Abstandflächenrecht geregelt.

Der hohe Siedlungsdruck in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen Zankenhausen und Pleitmannswang und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Die Ziele „Erhaltung des Ortsbildes, des traditionellen Siedlungscharakters und der Wohnqualität“ wären ohne diese Satzung in der Gemeinde nachhaltig gefährdet. Damit wird sich die Wohnqualität im Gemeindegebiet nachteilig ändern. Eine deutliche Nachverdichtung wird nach Auffassung der Gemeinde auch nachteilige Auswirkung auf den Wohnfrieden haben.

Die Wohnqualität ist im Gemeindegebiet in vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt.

Gerade im Gemeindegebiet werden Wohnformen angeboten, die im städtischen bzw. baulich verdichteten Raum nicht bzw. nur noch selten anzutreffen sind. Das Wohnen ist geprägt durch Abstand zum Nachbarn. Freibereiche um die Gebäude stellen insoweit einen westlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Die Gemeinde möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten und gegebenenfalls im Rahmen der Neubebauung von Grundstücken verbessern. Dies führt auch zu einer Verbesserung von Belichtung und Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke und somit zum Erhalt und der Weiterentwicklung des Wohnfriedens, der auch die beiden Kriterien „Schutz der Privatsphäre vor unerwünschten Einblickmöglichkeiten“ und „Mithören sozialer Lebensäußerungen in der Nachbarschaft“ (BayVGH Urteil v. 3.12.2014, Az 1 B 14.819) umfasst. Zudem kann es gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes führen.

Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der Abstandflächen in Art. 6 Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeabstands festgelegt. Die Gemeinde möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards, als vom Gesetzgeber vorgesehen, festlegen.
Aus Umsicht für Gebiete, in denen ein besonders hoher Siedlungsdruck herrscht und dadurch ein stark verkürztes Abstandsflächenrecht zu Auswirkungen führen würde, die den genannten Zielen entgegenstehen würden, hat der Gesetzgeber nach Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO eine umfassende, an die Gemeinden gerichtete, Satzungsermächtigung aufgenommen.
Gleichzeitig werden über größere Abstandflächen auch notwendige Flächen für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz ist größer als in der Stadt. Durch die Verlängerung der Abstandflächen wird auch insoweit ausreichend Raum auf den Baugrundstücken gesichert.

Die Gemeinde Türkenfeld bezieht in Ihrer Überlegung durchaus ein, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und einer Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Gemeinde hält aber die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für vorranging. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein höheres Maß baulicher Nutzung erreicht werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Gemeinde in ihren Planungen berücksichtigen.

In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Gemeinde dazu entschieden, die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen, mit Ausnahme der in § 1 Buchst. a bis d bezeichnet Gebiete, die nicht Teil dieser Satzung sind und innerhalb derer das Abstandsflächenrecht nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO unverändert Anwendung findet.

Zwar gibt es im Gemeindegebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen. Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Gemeindegebiet verfolgt werden und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist eine Korrektur über Abweichungen möglich.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen den vorhandenen Bestand zu erhalten. In der Gemeinde Türkenfeld sind traditionell nicht überplante Baugebiete vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt. So wird sichergestellt, dass das Gemeindegebiet sich unter Beachtung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßvoll weiterentwickeln kann.

Die Geltung der Satzung bezieht sich auf Gebiete, in denen eine Wohnnutzung von bestimmtem Gewicht zulässig ist. Sie sichert damit grundsätzlich für Wohnnutzungen eine ausreichende Wohnqualität. Daher hat die Satzung in § 1 Gebiete ausgenommen, in denen mit keiner oder mit untergeordneter Wohnnutzung zu rechnen ist. In Gewerbe-, Kern-, und Industriegebieten findet sich in der Regel nur ein auf spezielle, teilweise eingeschränkte Wohnformen festgelegter Nutzerkreis, dessen Anspruch auf Wohnqualität im Lichte der Gebietskategorie zu sehen ist.

Diese Wohnnutzungen unterscheiden sich grundlegend von den sonstigen Wohnnutzungen. In Sondergebieten richten sich die Abstände nach der Nutzung oder des planerischen Willens der Gemeinde. Die gesetzliche Regelung der Tiefe der Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) und das sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO ergebende Maß (Art. 6 Abs. 4 Satz 5 BayBO) soll in diesen Gebieten, sofern keine weitergehenden Regelungen in den hierfür vorgesehenen Bebauungsplänen gefasst wurden, gelten.

Im gesamten Außenbereich finden sich andere Voraussetzungen bezüglich der Wohnqualität und des Wohnfriedens wie im Innenbereich. Die in der Regel nachbarschaftslose oder nachbarschaftsreduzierte Form des Wohnens mit regelmäßig großzügigen angrenzenden Freibereichen bedarf keiner größeren Abstände. Ausgenommen hiervon sind Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB, deren Verdichtung nach Innen vorwiegend über das Abstandsflächenrecht gesteuert wird.

§ 2 Satz 2 der Satzung (sog. 16 m Privileg) stellt ein Bemessungskriterium für das sich ergebende Maß der Abstandsflächentiefe dar. Als Ergebnis der Anwendung dieser Regelung steht für jede Seite eines Gebäudes ein Maß „H“. Sie verändern durch eine Berechnung der angeordneten Tiefe der Abstandsfläche das sich ergebende Gesamtmaß der einzuhaltenden Abstände und ist daher in ihrer Anwendungsmöglichkeit in einer Satzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO gleichrangig zu sehen.

Die Gemeinde ist sich auch bewusst, dass die Beibehaltung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung derselben Auswirkungen auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen nachteilig betroffen werden können. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Gemeindegebiet rechtfertigt indes mögliche Eigentumseinschränkungen.


Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt folgende Satzung mit Begründung:

Auf Grund des Art. 6 Abs. 5 Satz 2 und Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a Bayerische Bauordnung
-BayBO- in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.08.2007 (GVBl. S 588), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetztes vom 23.12.2020 (GVBl. S 663) in Verbindung mit Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern –GO– erlässt die Gemeinde Türkenfeld folgende

Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe


§ 1 Geltungsbereich

Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet von Türkenfeld mit Ausnahme von
  1. Gewerbegebieten
  2. Sondergebieten
  3. festgesetzen urbanen Gebieten
  4. dem gesamten Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB


§ 2 Abstandsflächentiefe

  1. Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Abstandfläche im Gemeindegebiet Türkenfeld 0,8 H, mindestens jedoch 3 m.

  1. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.

§ 3 Abweichungen

Abweichungen von dieser Satzung können gem. Art. 63 BayBO zugelassen werden.


§ 4 Bebauungspläne

Abweichende, in Bebauungsplänen festgesetzte Abstandsflächen bleiben unberührt.
Ordnen Bebauungspläne, die vor dem 01.02.2021 in Kraft traten, gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO (in der vom 01.01.2008 bis 31.01.2021 gültigen Fassung), bzw. gemäß Art. 7 Abs. 1 BayBO (in der vom 01.06.1994 bis 31.12.2007 gültigen Fassung) die Geltung der Abstandsflächenvorschriften an, so gilt die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der Bayerischen Bauordnung.

§ 5 Inkrafttreten

Die Satzung tritt am 01.02.2021 in Kraft.


Emanuel Staffler
Erster Bürgermeister



-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Begründung zur Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe der Gemeinde Türkenfeld:

Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe. a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das Abstandflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten, wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität dient.

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken.

Vorstehende Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität und des Wohnfriedens erlassen.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen und der Wohnqualität den vorhandenen Bestand zu erhalten.
 
Im Gemeindegebiet sind viele Bereiche nicht überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Zudem sind nicht überplante Baugebiete und Gebiete, die nach § 35 Abs. 6 BauGB zu beurteilen sind, vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich oder vorwiegend über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt.
Darüber hinaus sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das Abstandflächenrecht geregelt.

Der hohe Siedlungsdruck in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen Zankenhausen und Pleitmannswang und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Die Ziele „Erhaltung des Ortsbildes, des traditionellen Siedlungscharakters und der Wohnqualität“ wären ohne diese Satzung in der Gemeinde nachhaltig gefährdet. Damit wird sich die Wohnqualität im Gemeindegebiet nachteilig ändern. Eine deutliche Nachverdichtung wird nach Auffassung der Gemeinde auch nachteilige Auswirkung auf den Wohnfrieden haben.

Die Wohnqualität ist im Gemeindegebiet in vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt.

Gerade im Gemeindegebiet werden Wohnformen angeboten, die im städtischen bzw. baulich verdichteten Raum nicht bzw. nur noch selten anzutreffen sind. Das Wohnen ist geprägt durch Abstand zum Nachbarn. Freibereiche um die Gebäude stellen insoweit einen westlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Die Gemeinde möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten und gegebenenfalls im Rahmen der Neubebauung von Grundstücken verbessern. Dies führt auch zu einer Verbesserung von Belichtung und Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke und somit zum Erhalt und der Weiterentwicklung des Wohnfriedens, der auch die beiden Kriterien „Schutz der Privatsphäre vor unerwünschten Einblickmöglichkeiten“ und „Mithören sozialer Lebensäußerungen in der Nachbarschaft“ (BayVGH Urteil v. 3.12.2014, Az 1 B 14.819) umfasst. Zudem kann es gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes führen.

Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der Abstandflächen in Art. 6 Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeabstands festgelegt. Die Gemeinde möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards, als vom Gesetzgeber vorgesehen, festlegen.
Aus Umsicht für Gebiete, in denen ein besonders hoher Siedlungsdruck herrscht und dadurch ein stark verkürztes Abstandsflächenrecht zu Auswirkungen führen würde, die den genannten Zielen entgegenstehen würden, hat der Gesetzgeber nach Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO eine umfassende, an die Gemeinden gerichtete, Satzungsermächtigung aufgenommen.
Gleichzeitig werden über größere Abstandflächen auch notwendige Flächen für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz ist größer als in der Stadt. Durch die Verlängerung der Abstandflächen wird auch insoweit ausreichend Raum auf den Baugrundstücken gesichert.

Die Gemeinde Türkenfeld bezieht in Ihrer Überlegung durchaus ein, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und einer Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Gemeinde hält aber die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für vorranging. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein höheres Maß baulicher Nutzung erreicht werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Gemeinde in ihren Planungen berücksichtigen.

In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Gemeinde dazu entschieden, die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen, mit Ausnahme der in § 1 Buchst. a bis d bezeichnet Gebiete, die nicht Teil dieser Satzung sind und innerhalb derer das Abstandsflächenrecht nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO unverändert Anwendung findet.

Zwar gibt es im Gemeindegebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen. Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Gemeindegebiet verfolgt werden und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist eine Korrektur über Abweichungen möglich.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen den vorhandenen Bestand zu erhalten. In der Gemeinde Türkenfeld sind traditionell nicht überplante Baugebiete vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt. So wird sichergestellt, dass das Gemeindegebiet sich unter Beachtung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßvoll weiterentwickeln kann.

Die Geltung der Satzung bezieht sich auf Gebiete, in denen eine Wohnnutzung von bestimmtem Gewicht zulässig ist. Sie sichert damit grundsätzlich für Wohnnutzungen eine ausreichende Wohnqualität. Daher hat die Satzung in § 1 Gebiete ausgenommen, in denen mit keiner oder mit untergeordneter Wohnnutzung zu rechnen ist. In Gewerbe-, Kern-, und Industriegebieten findet sich in der Regel nur ein auf spezielle, teilweise eingeschränkte Wohnformen festgelegter Nutzerkreis, dessen Anspruch auf Wohnqualität im Lichte der Gebietskategorie zu sehen ist.

Diese Wohnnutzungen unterscheiden sich grundlegend von den sonstigen Wohnnutzungen. In Sondergebieten richten sich die Abstände nach der Nutzung oder des planerischen Willens der Gemeinde. Die gesetzliche Regelung der Tiefe der Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) und das sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO ergebende Maß (Art. 6 Abs. 4 Satz 5 BayBO) soll in diesen Gebieten, sofern keine weitergehenden Regelungen in den hierfür vorgesehenen Bebauungsplänen gefasst wurden, gelten.

Im gesamten Außenbereich finden sich andere Voraussetzungen bezüglich der Wohnqualität und des Wohnfriedens wie im Innenbereich. Die in der Regel nachbarschaftslose oder nachbarschaftsreduzierte Form des Wohnens mit regelmäßig großzügigen angrenzenden Freibereichen bedarf keiner größeren Abstände. Ausgenommen hiervon sind Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB, deren Verdichtung nach Innen vorwiegend über das Abstandsflächenrecht gesteuert wird.

§ 2 Satz 2 der Satzung (sog. 16 m Privileg) stellt ein Bemessungskriterium für das sich ergebende Maß der Abstandsflächentiefe dar. Als Ergebnis der Anwendung dieser Regelung steht für jede Seite eines Gebäudes ein Maß „H“. Sie verändern durch eine Berechnung der angeordneten Tiefe der Abstandsfläche das sich ergebende Gesamtmaß der einzuhaltenden Abstände und ist daher in ihrer Anwendungsmöglichkeit in einer Satzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO gleichrangig zu sehen.

Die Gemeinde ist sich auch bewusst, dass die Beibehaltung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung derselben Auswirkungen auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen nachteilig betroffen werden können. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Gemeindegebiet rechtfertigt indes mögliche Eigentumseinschränkungen.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt folgende Satzung mit Begründung:

Auf Grund des Art. 6 Abs. 5 Satz 2 und Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a Bayerische Bauordnung
-BayBO- in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.08.2007 (GVBl. S 588), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetztes vom 23.12.2020 (GVBl. S 663) in Verbindung mit Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern –GO– erlässt die Gemeinde Türkenfeld folgende

Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe


§ 1 Geltungsbereich

Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet von Türkenfeld mit Ausnahme von
  1. Gewerbegebieten
  2. Sondergebieten
  3. festgesetzen urbanen Gebieten
  4. dem gesamten Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB


§ 2 Abstandsflächentiefe

  1. Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Abstandfläche im Gemeindegebiet Türkenfeld 0,8 H, mindestens jedoch 3 m.

  1. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.

§ 3 Abweichungen

Abweichungen von dieser Satzung können gem. Art. 63 BayBO zugelassen werden.


§ 4 Bebauungspläne

Abweichende, in Bebauungsplänen festgesetzte Abstandsflächen bleiben unberührt.
Ordnen Bebauungspläne, die vor dem 01.02.2021 in Kraft traten, gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO (in der vom 01.01.2008 bis 31.01.2021 gültigen Fassung), bzw. gemäß Art. 7 Abs. 1 BayBO (in der vom 01.06.1994 bis 31.12.2007 gültigen Fassung) die Geltung der Abstandsflächenvorschriften an, so gilt die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der Bayerischen Bauordnung.

§ 5 Inkrafttreten

Die Satzung tritt am 01.02.2021 in Kraft.


Emanuel Staffler
Erster Bürgermeister



-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Begründung zur Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe der Gemeinde Türkenfeld:

Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe. a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das Abstandflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten, wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität dient.

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken.

Vorstehende Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität und des Wohnfriedens erlassen.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen und der Wohnqualität den vorhandenen Bestand zu erhalten.
 
Im Gemeindegebiet sind viele Bereiche nicht überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Zudem sind nicht überplante Baugebiete und Gebiete, die nach § 35 Abs. 6 BauGB zu beurteilen sind, vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich oder vorwiegend über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt.
Darüber hinaus sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das Abstandflächenrecht geregelt.

Der hohe Siedlungsdruck in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen Zankenhausen und Pleitmannswang und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Die Ziele „Erhaltung des Ortsbildes, des traditionellen Siedlungscharakters und der Wohnqualität“ wären ohne diese Satzung in der Gemeinde nachhaltig gefährdet. Damit wird sich die Wohnqualität im Gemeindegebiet nachteilig ändern. Eine deutliche Nachverdichtung wird nach Auffassung der Gemeinde auch nachteilige Auswirkung auf den Wohnfrieden haben.

Die Wohnqualität ist im Gemeindegebiet in vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt.

Gerade im Gemeindegebiet werden Wohnformen angeboten, die im städtischen bzw. baulich verdichteten Raum nicht bzw. nur noch selten anzutreffen sind. Das Wohnen ist geprägt durch Abstand zum Nachbarn. Freibereiche um die Gebäude stellen insoweit einen westlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Die Gemeinde möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten und gegebenenfalls im Rahmen der Neubebauung von Grundstücken verbessern. Dies führt auch zu einer Verbesserung von Belichtung und Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke und somit zum Erhalt und der Weiterentwicklung des Wohnfriedens, der auch die beiden Kriterien „Schutz der Privatsphäre vor unerwünschten Einblickmöglichkeiten“ und „Mithören sozialer Lebensäußerungen in der Nachbarschaft“ (BayVGH Urteil v. 3.12.2014, Az 1 B 14.819) umfasst. Zudem kann es gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes führen.

Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der Abstandflächen in Art. 6 Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeabstands festgelegt. Die Gemeinde möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards, als vom Gesetzgeber vorgesehen, festlegen.
Aus Umsicht für Gebiete, in denen ein besonders hoher Siedlungsdruck herrscht und dadurch ein stark verkürztes Abstandsflächenrecht zu Auswirkungen führen würde, die den genannten Zielen entgegenstehen würden, hat der Gesetzgeber nach Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO eine umfassende, an die Gemeinden gerichtete, Satzungsermächtigung aufgenommen.
Gleichzeitig werden über größere Abstandflächen auch notwendige Flächen für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz ist größer als in der Stadt. Durch die Verlängerung der Abstandflächen wird auch insoweit ausreichend Raum auf den Baugrundstücken gesichert.

Die Gemeinde Türkenfeld bezieht in Ihrer Überlegung durchaus ein, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und einer Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Gemeinde hält aber die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für vorranging. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein höheres Maß baulicher Nutzung erreicht werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Gemeinde in ihren Planungen berücksichtigen.

In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Gemeinde dazu entschieden, die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen, mit Ausnahme der in § 1 Buchst. a bis d bezeichnet Gebiete, die nicht Teil dieser Satzung sind und innerhalb derer das Abstandsflächenrecht nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO unverändert Anwendung findet.

Zwar gibt es im Gemeindegebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen. Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Gemeindegebiet verfolgt werden und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist eine Korrektur über Abweichungen möglich.

Die Satzung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Gemeinde Türkenfeld mit ihren Ortsteilen ein Bedürfnis besteht, die Nachverdichtung einerseits zu ermöglichen, andererseits aus ortsgestalterischen Gründen den vorhandenen Bestand zu erhalten. In der Gemeinde Türkenfeld sind traditionell nicht überplante Baugebiete vorhanden, in denen die Steuerung der Gebäudeabstände zueinander ausschließlich über das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht erfolgt. So wird sichergestellt, dass das Gemeindegebiet sich unter Beachtung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßvoll weiterentwickeln kann.

Die Geltung der Satzung bezieht sich auf Gebiete, in denen eine Wohnnutzung von bestimmtem Gewicht zulässig ist. Sie sichert damit grundsätzlich für Wohnnutzungen eine ausreichende Wohnqualität. Daher hat die Satzung in § 1 Gebiete ausgenommen, in denen mit keiner oder mit untergeordneter Wohnnutzung zu rechnen ist. In Gewerbe-, Kern-, und Industriegebieten findet sich in der Regel nur ein auf spezielle, teilweise eingeschränkte Wohnformen festgelegter Nutzerkreis, dessen Anspruch auf Wohnqualität im Lichte der Gebietskategorie zu sehen ist.

Diese Wohnnutzungen unterscheiden sich grundlegend von den sonstigen Wohnnutzungen. In Sondergebieten richten sich die Abstände nach der Nutzung oder des planerischen Willens der Gemeinde. Die gesetzliche Regelung der Tiefe der Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) und das sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO ergebende Maß (Art. 6 Abs. 4 Satz 5 BayBO) soll in diesen Gebieten, sofern keine weitergehenden Regelungen in den hierfür vorgesehenen Bebauungsplänen gefasst wurden, gelten.

Im gesamten Außenbereich finden sich andere Voraussetzungen bezüglich der Wohnqualität und des Wohnfriedens wie im Innenbereich. Die in der Regel nachbarschaftslose oder nachbarschaftsreduzierte Form des Wohnens mit regelmäßig großzügigen angrenzenden Freibereichen bedarf keiner größeren Abstände. Ausgenommen hiervon sind Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB, deren Verdichtung nach Innen vorwiegend über das Abstandsflächenrecht gesteuert wird.

§ 2 Satz 2 der Satzung (sog. 16 m Privileg) stellt ein Bemessungskriterium für das sich ergebende Maß der Abstandsflächentiefe dar. Als Ergebnis der Anwendung dieser Regelung steht für jede Seite eines Gebäudes ein Maß „H“. Sie verändern durch eine Berechnung der angeordneten Tiefe der Abstandsfläche das sich ergebende Gesamtmaß der einzuhaltenden Abstände und ist daher in ihrer Anwendungsmöglichkeit in einer Satzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO gleichrangig zu sehen.

Die Gemeinde ist sich auch bewusst, dass die Beibehaltung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung derselben Auswirkungen auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen nachteilig betroffen werden können. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Gemeindegebiet rechtfertigt indes mögliche Eigentumseinschränkungen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 12.02.2021 12:15 Uhr