Gründung einer "Bürgerstiftung Türkenfeld" / hier: Vorstellung des Ansatzes sowie Grundsatzbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 21.09.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 21.09.2022 ö 3

Pressetaugliche Texte

Was ist eine Stiftung? (Quelle u. A.: Bundesverband Deutscher Stiftungen)
Bundesweit gibt es mehr als 24.000 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts. 90 Prozent der Stiftungen verfolgen gemeinnützige Zwecke. Ihre Arbeit ist darauf ausgerichtet, die Allgemeinheit selbstlos zu fördern. Das Prinzip einer Stiftung ist einfach: Ein Stifter möchte sich langfristig für einen gemeinnützigen Zweck engagieren und bringt dazu sein Vermögen in eine Stiftung ein. Rund zwei Drittel der Stifter in Deutschland sind Privatpersonen, oft betätigen sich aber auch Organisationen als Stifter. Wer eine Stiftung errichtet, trennt sich für immer von seinem Vermögen. Die Stiftung legt das ihr übertragene Vermögen sicher und gewinnbringend an. Die so erwirtschafteten Überschüsse werden für den gemeinnützigen Zweck ausgegeben. Das gestiftete Vermögen selbst muss als Grundkapital der Stiftung erhalten bleiben und kann auch selbst eine gesellschaftliche Wirkung entfalten. Denn eine Stiftung ist für die Ewigkeit gedacht und kann in der Regel nicht aufgelöst werden.

Detaillierte Informationen: siehe 

Beispiele für das Wirken von Stiftungen:

Warum eine „Bürgerstiftung Türkenfeld“? (Quelle u. A.: buergerstiftungen.org):
An Bürgermeister Staffler wurde von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern der Gedanke herangetragen, ihr (Immobilien)-Vermögen langfristig bzw. nach ihrem Ableben unter Umständen in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen und dabei einen regionalen bzw. örtlichen Bezug zu haben. Die Gespräche hierzu stehen ganz am Anfang und nachvollziehbarerweise können sich Lebensumstände und Ansichten ändern. Dennoch böte eine „Bürgerstiftung Türkenfeld“ die Möglichkeit, langfristig – d. h. in Jahrzehnten und länger gedacht – ein Vehikel zu schaffen, um (Zu)-Stiftungen von Bürgerinnen und Bürgern aus der Gemeinde zu ermöglichen und nachhaltig Gutes für unsere Gemeinde zu bewirken. Die Stifterinnen und Stifter hätten die Garantie, dass über ihr Lebensende hinaus Vermögenswerte in ihrem Sinne zum Wohle ihrer Heimatgemeinde bzw. deren Menschen eingesetzt wird. Gleichzeitig könnte die Stiftung ein Konstrukt sein, um Spenden zu verwalten und entsprechend einzusetzen (=> „Türkenfeld hilft & gestaltet“). 

Ausgehend von den einleitend formulierten Gedanken, hat Bürgermeister Staffler Vertreter aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen zu einem gemeinsamen Termin mit einem Notar eingeladen. Im Rahmen des Termins wurden mögliche Konstrukte und Hürden besprochen. Teilgenommen am Gespräch haben der stv. BGM Johannes Wagner sowie die GR-Kollegen Stephan Zöllner und Jürgen Brix. 

Zur Grundidee einer Bürgerstiftung, wie sie auch in einschlägigen Portalen dargestellt wird (…): In Bürgerstiftungen stiften Menschen einer Region gemeinsam. Die weltweit erste derartige Stiftung wurde 1914 mit der Cleveland Foundation in Ohio gegründet. 1996 kam es zur ersten Gründung in Deutschland. Bürgerstiftungen sind für ihre Heimat aktiv - in vielfältigen eigenen Projekten, als Förderer anderer Engagierter, als Plattform für bürgerschaftliches Engagement.

Bürgerstiftungen sind unabhängig, haben einen breiten Stiftungszweck und sind offen für alle. Wie bei anderen Stiftungen auch besteht ein elementares Ziel darin, das Stiftungskapital zu vergrößern, um so langfristig wachsende Erträge für gemeinnützige Zwecke einsetzen zu können. Ein weiteres wichtiges Ziel ist der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern.


Welche Zwecke könnte eine „Türkenfelder Bürgerstiftung“ verfolgen und wie könnte diese konzipiert und aufgebaut werden?
Der Stiftungszweck sollte möglichst breit formuliert sein und gleichzeitig einen klaren Bezug zu Türkenfeld und seinen Ortsteilen haben. Klassische Stiftungszwecke sind dabei:
Jugend, Senioren und Soziales, Kunst, Kultur und Denkmalpflege sowie Natur- und Umweltschutz.

Bürgerstiftungen haben mindestens zwei Organe: Den Vorstand, der für das operative Geschäft zuständig ist und das Stiftungskuratorium, häufig auch Stiftungsrat genannt. Dieses kümmert sich um die strategische Ausrichtung und nimmt eine Kontrollfunktion wahr. Bei den meisten Bürgerstiftungen sind zudem die Gründungstifter automatisch Mitglied in der Stifterversammlung.

Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten und den eindeutigen Bezug zur Gemeinde dauerhaft festzuschreiben, wird Folgendes vorgeschlagen:
1)        Vorstand und Stiftungsrat werden jeweils aus den Reihen der Gemeindeverwaltung und des demokratisch legitimierten Gemeinderats per Beschluss bestellt. Der jeweils amtierende Bürgermeister soll gemeinsam mit Vertretern aller Fraktionen eine Schlüsselrolle spielen.
2)        Kassenführung, etc. könnte/ sollte in Personalunion durch die Gemeindekasse bestritten werden. 

Der verwaltungsseitige Aufwand ist prinzipiell mit den Aufwänden in einem „normalen Verein“ vergleichbar. Der Aufwand steigt, wenn entsprechende Vermögenswerte (z. B. Mietobjekte) zu verwalten sind. Dann aber wiederum steigen auch die Erträge, die gemeinnützig eingesetzt werden können. 

Wichtig: Möglich wird die eigentliche Stiftungsgründung erst durch die Einbringung nennenswerter Vermögenswerte im sechsstelligen Euro-Bereich. D. h., dass die Stiftung erst dann formal aus der Taufe gehoben werden kann, wenn z. B. ein erster Bürger bzw. eine erste Bürgerin bereit ist, sich entsprechend zu engagieren. Alle nachfolgenden (Zu)-Stiftungen sind dann nicht mehr an Mindestbeträge gebunden. ABER: Die Stiftung kann und sollte sinnvollerweise erst dann ihre Arbeit aufnehmen und alle formellen Gründungsakte vollziehen, wenn eben der vorbeschriebene Fall eingetreten ist. So wird auch vermieden, dass eine „leblose Hülle“ entsteht.
Die Gemeinde kann NICHT als Gründungs-Stifterin auftreten, weil damit Gemeindevermögen in ein rechtlich anderes Konstrukt gegeben würde, was grds. nicht zulässig ist. 

Wie könnten die nächsten Schritte aussehen?
Bürgermeister und Verwaltung empfehlen dem Gemeinderat, in der heutigen Sitzung einen Grundsatzbeschluss zu fassen. Hierauf aufbauend kann dann in den nächsten Jahren für das Einbringen von Vermögenswerten zum Wohle der Allgemeinheit geworben werden. Das Gremium wird erneut mit dem Sachverhalt befasst, wenn sich ein konkreter Gründungsumstand ergibt. 

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Vom Bundesverband Deutscher Stiftungen wurden 10 Merkmale für die Grundsätze einer Bürgerstiftung erarbeitet.
Nach diesen Grundsätzen arbeitet und organisiert sich eine Bürgerstiftung. Nur wenn diese Grundsätze eingehalten werden, kann ein Gütesiegel vergeben werden.
1.        Eine Bürgerstiftung ist gemeinnützig und will das Gemeinwesen stärken. Sie versteht sich als Element einer selbstbestimmten Bürgergesellschaft.
2.        Eine Bürgerstiftung wird in der Regel von mehreren Stiftern errichtet. Eine Initiative zu ihrer Errichtung kann auch von Einzelpersonen oder einzelnen Institutionen ausgehen.
3.        Eine Bürgerstiftung ist wirtschaftlich und politisch unabhängig. Sie ist konfessionell und parteipolitisch nicht gebunden. Eine Dominanz einzelner Stifter, Parteien, Unternehmen wird abgelehnt. Politische Gremien und Verwaltungsspitzen dürfen keinen bestimmenden Einfluss auf Entscheidungen nehmen.
4.        Das Aktionsgebiet einer Bürgerstiftung ist geographisch ausgerichtet: auf eine Stadt, einen Landkreis, eine Region.
5.        Eine Bürgerstiftung baut kontinuierlich Stiftungskapital auf. Dabei gibt sie allen Bürgern, die sich einer bestimmten Stadt oder Region verbunden fühlen und die Stiftungsziele bejahen, die Möglichkeit einer Zustiftung. Sie sammelt darüber hinaus Projektspenden und kann Unterstiftungen und Fonds einrichten, die einzelne der in der Satzung aufgeführten Zwecke oder auch regionale Teilgebiete verfolgen oder fördern.
6.        Eine Bürgerstiftung wirkt in einem breiten Spektrum des städtischen oder regionalen Lebens, dessen Förderung für sie im Vordergrund steht. Ihr Stiftungszweck ist daher breit. Er umfasst in der Regel den kulturellen Sektor, Jugend und Soziales, das Bildungswesen, Natur und Umwelt und den Denkmalschutz. Sie ist fördernd und/oder operativ tätig und sollte innovativ tätig sein.
7.        Eine Bürgerstiftung fördert Projekte, die von bürgerschaftlichem Engagement getragen sind oder Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Dabei bemüht sie sich um neue Formen des gesellschaftlichen Engagements.
8.        Eine Bürgerstiftung macht ihre Projekte öffentlich und betreibt eine ausgeprägte Öffentlichkeitsarbeit, um allen Bürgern ihrer Region die Möglichkeit zu geben, sich an den Projekten zu beteiligen.
9.        Eine Bürgerstiftung kann ein lokales Netzwerk innerhalb verschiedener gemeinnütziger Organisationen einer Stadt oder Region koordinieren.
10        Die interne Arbeit einer Bürgerstiftung ist durch Partizipation und Transparenz geprägt. Eine Bürgerstiftung hat mehrere Gremien (Vorstand und Kontrollorgan) in denen Bürger für Bürger ausführende und kontrollierende Funktionen innehaben.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, perspektivisch eine „Türkenfelder Bürgerstiftung“ zu Gründen. Diese Stiftung soll mit einem klaren örtlichen Bezug (= Türkenfeld & Ortsteile) konzipiert werden und dabei wohltätige bzw. gemeinnützige Zwecke in den Handlungsfeldern Jugend, Senioren und Soziales, Kunst, Kultur und Denkmalpflege sowie Natur- und Umweltschutz unterstützen. Die Stiftung soll konzeptionell, wie im Sachvortrag beschrieben, im Sinne der Kontinuität eng an die Gemeinde und ihre zentralen Organe „Gemeinderat und Bürgermeister“ gebunden werden. Bürgermeister und Verwaltung werden beauftragt, kontinuierlich in den nächsten Jahren in der Bürgerschaft um die Einbringung von Vermögenswerten zu werben. Die Stiftungsgründung selbst soll/ kann erst erfolgen, wenn nennenswerte (erste) Vermögenswerte eingebracht werden. Eine erneute Beschlussfassung im Gremium erfolgt, sobald die Voraussetzungen für eine konkrete Umsetzung des heutigen Grundsatzbeschlusses gegeben sind. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 27.10.2022 17:44 Uhr