Anwendung des § 2b UStG (Umsatzsteuergesetz) / hier: Verlängerung der Übergangsfrist


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 21.12.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 21.12.2022 ö beschließend 9

Pressetaugliche Texte

Durch Art. 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 wurden die Regelungen zur Unternehmer-eigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf den Weg gebracht. Damit hat der Gesetzgeber den Unternehmerbegriff der öffentlichen Hand grundlegend neu gefasst. § 2 Abs. 3 UStG wurde aufgehoben und § 2b UStG neu in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Mit der gleichzeitig in Kraft getretenen Übergangsregelung konnten die juristischen Personen des öffentlichen Rechts gegenüber dem Finanzamt eine Erklärung abgeben, das bisher geltende Recht bis 31.12.2020 weiterhin anzuwenden (Optionserklärung, Beschluss vom 19.11.2016).

Kerninhalte des § 2b UStG sind insbesondere: 
  • Feststellung der Unternehmereigenschaft von öffentlichen Einrichtungen
  • Handlungen auf privatrechtlicher Grundlage
  • Nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen
  • Nichtbesteuerung bei Ausübung öffentlicher Gewalt (z.B. Gebühren, Beiträge, sonstige Abgaben)
  • Größere Wettbewerbsverzerrungen (§ 19 UStG: Umsätze gleichartiger Tätigkeiten über 22.000 €/Jahr)

Generell nichtsteuerbare Einnahmen sind unter anderem:
  • Meldewesen
  • Personenstandswesen
  • Kinderbetreuung (grundsätzlich steuerbefreit § 4 Nr. 25 UStG)
  • Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Satzungen)
  • Umsätze aus der Verpflegung von Kindern (grundsätzlich steuerbefreit § 4 Nr. 23 UStG)
  • Grundsätzlich der Bereich Schule
  • Feuerwehr, sofern Pflichtaufgaben
  • Bestattungsleistungen (auch Leichenhaus)
  • Schwimmbad (Schulschwimmen ist vom öffentlichen Bäderbetrieb zu trennen)
  • Vermietung von Standflächen (grundsätzlich steuerbefreit § 4 Nr. 12 UStG)
  • Verpachtung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen (steuerbefreit § 4 Nr. 12 UStG)
  • Vermietung und Verpachtung (=Vermögensverwaltung und kein BgA)
  • Grundstücksverkäufe

Einnahmen, die unter das Umsatzsteuergesetz fallen könnten und hinsichtlich der Unternehmereigenschaft bzw. Kleinunternehmereigenschaft überprüft werden müssen:
  • Beglaubigungen (stehen im Wettbewerb mit Notaren, jedoch Grenze bis zu 22.000 €)
  • Kopien gegen Entgelt (ab dem ersten Euro steuerbar)
  • Holzverkauf (z.B. aus dem Gemeindewald)
  • Bauhofarbeiten (Hilfeleistungen für Private oder Vereine gegen Entgelt)
  • Feuerwehr (Hilfeleistungen für Private oder Vereine gegen Entgelt)
  • Märkte und Feste (Wochenmärkte, Weihnachtsmärkte, jedoch Grenze bis zu 22.000 €)
  • Einnahmen Schwimmbad im öffentlichen Betrieb (jedoch Grenze bis zu 22.000 €)
  • Öffentlichkeitsarbeit (Verkauf von Heimatbüchern, Ortschroniken, Kalendern usw)
  • Wasserversorgung (Umsatzsteuerrecht wird bereits angewandt)
  • Energieerzeugung z.B. PV-Anlagen (Umsatzsteuerrecht wird bereits angewandt)
  • Konzessionsverträge

Durch das Corona-Steuerhilfegesetz wurde den juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine Verschnaufpause ermöglicht und die Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 beschlossen. 

Der Bundestag beschloss am 02.12.2022 das Jahressteuergesetz 2022, worin auch geplant ist, die zwingende Erstanwendung des § 2b UStG auf den 01.01.2025 zu verschieben. Um in Kraft tre­ten zu können, be­darf das Ge­setz noch der Zu­stim­mung des Bun­des­rats, der darüber am 16.12.2022 be­ra­ten wird. 

Bis zur tatsäch­li­chen Ge­set­zesände­rung ver­bleibt es recht­lich bei der zwin­gen­den An­wen­dung ab dem 01.01.2023. Noch nicht be­kannt ist, ob die Verlänge­rung ana­log der letz­ten Verlänge­rung von 2021 auf 2023 (§ 27 Abs. 22a UStG) au­to­ma­ti­sch er­folgt oder ob ein ge­son­der­ter An­trag - wie erst­ma­lig bis zum 31.12.2016 - ge­for­dert wer­den wird.

Deshalb empfiehlt die Verwaltung die weitere Verlängerung der Übergangsfrist zur Anwendung des § 2b UStG bis Ende 2024 vorsorglich zu beantragen und das alte Umsatzsteuerrecht noch bis Ende 2024 weiterhin anzuwenden.

Weiterhin werden die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des §2b UStG durch die Finanzverwaltung vorbereitet. Auch wenn die Verlänge­rung der Überg­angs­frist wie er­wart­bar um­ge­setzt wer­den wird, könnte sich die Gemeinde durch An­trag be­reits vor­zei­tig zur An­wen­dung der Neu­re­ge­lung des § 2b UStG ent­schei­den. Dies kann insb. bei größeren In­ves­ti­tio­nen zu Vor­tei­len durch erhöhten Vor­steu­er­ab­zug führen. Hier­bei ist je­weils der kon­krete Ein­zel­fall zu prüfen. Die Ent­schei­dung kann je­doch nur ein­heit­lich für die ge­samte Gemeinde ge­trof­fen wer­den; nicht für ein­zelne Ein­nah­men. Die Kämmerei wird dies z. B. auf Schwimmbad aktiv prüfen. 


Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat beschließt die weitere Inanspruchnahme der Verlängerung der Übergangsfrist zur Anwendung des § 2b UStG bis 31.12.2024. Die Verwaltung wird aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des § 2b UStG vorzubereiten.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt die weitere Inanspruchnahme der Verlängerung der Übergangsfrist zur Anwendung des § 2b UStG bis 31.12.2024. Die Verwaltung wird aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des § 2b UStG vorzubereiten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.01.2023 16:34 Uhr