Formlose Bauvoranfrage bzw. Projektidee bzgl. der Errichtung einer Biomasse-Heizzentrale auf Flurnummer 718/4 Gemarkung Türkenfeld / hier: Beschlussfassung durch den Gemeinderat zum weiteren Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates mit Beschlussfassung über Haushalt 2024, 31.01.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates mit Beschlussfassung über Haushalt 2024 31.01.2024 ö beschließend 15

Pressetaugliche Texte

Mit Schreiben vom 19.01.2024 wenden sich die Eigentümer der Flurnummer 718/4  mit folgenden Anliegen an die Gemeinde (Auszug aus dem Schreiben, das dem Bürgermeister persönlich übergeben wurde und inhaltlich erläutert wurde):

Die einleitend in dem Schreiben geäußerte Bitte nach Herstellung einer öffentlichen Zufahrt wird als laufende Verwaltungsangelegenheit behandelt. Stand heutiger Erkenntnisse besteht ein Anspruch auf die Ermöglichung einer öffentlichen Zufahrt.

Darüber hinaus bitten die Antragsteller in dem Schreiben um eine Rückmeldung aus dem Gemeinderat, inwieweit die Gemeinde Interesse an der Errichtung einer Biomasse-Heizzentrale auf der o. g. Flurnummer hat. Hintergrund der Anfrage ist die Tatsache, dass die Flächen-Eigentümer von Flurnummer 718/4 bzw. deren potentielle Rechtsnachfolger unternehmerisch in dieser Branche bereits tätig sind. Die Antragsteller wären bei positiver Rückmeldung aussagegemäß bereit, in einem Kooperationsmodell (auf eigene Kosten) eine solche Anlage zu errichten und zu betreiben. Zu sehen wäre das Projekt zunächst unabhängig von der Baulanderschließung „Saliterstraße Nord“, weil aussagegemäß auch Bestandsgebäude an ein mögliches Nahwärmenetz angeschnlossen werden könnten und auch „mit wenigen Abnehmern begonnen werden könnte“. Natürlich wären aber auch Bauherren im Geltungsbereich des angedachten Bebauungsplans „Saliterstraße Nord“ potentielle Kunden. 

Abbildung: Einordnung der Fläche in den aktuell gültigen Flächennutzungsplan (siehe rosa markierte Parzelle). Wichtig: Die Parzelle liegt auf einer lt. FNP Stand heute rein landwirtschaftlichen Fläche.



Abbildung: Eingereichte Standortskizze des Antragstellers mit Darstellung der Zufahrtssituation. 



Abbildung: Reinzeichnung des Grundstücksgrenzen-Verlaufs. 

Einschätzung der Verwaltung:
Aus Sicht der Verwaltung deckt sich das Ansinnen der Antragsteller grundsätzlich mit den Zielen der Bundesregierung, wonach zukünftig z. B. durch die Nutzung von Nahwärmenetzen Synergien sowohl i. B. auf umwelttechnische Aspekte wie auch wirtschaftliche Ansätze forciert werden sollen.
Sollte eine derartige Anlage realisiert werden, ist immer eine weitergehende Verständigung und Schaffung vertraglicher Grundlagen im Zusammenspiel mit der Gemeinde nötig (Nutzung von Straßen für Wärmeleitungen, …).
Die Parzelle liegt Stand heute gemäß gültigem Flächennutzungsplan ausserhalb eines zur Bebauung vorgesehenen Gebiets, wobei für Heizanlagen, etc. wohl Sonderregulungen Anwendung finden können (=> offen).
Aus verkehrsplanerischer Sicht problematisch wird die angedachte Zufahrtssituation zur Anlage gesehen. Die Anlage, die vermutlich auch mittels regelm. LKW-Verkehr beschickt werden müsste, kann nur über eine schmale und rein durch Wohngebiet führende (kurvenreiche) Straße erreicht werden. Zudem ist die in den oben dargestellten Abbildungen geplante Zufahrt auf Privatgrund ebenfalls verwinkelt (breite der Zufahr dort: 6 Meter; einbiegende Kurve auf Fl. Nr. 718/4 kommend von öff. Grund de facto rechtwinklig).
Zu klären ist auch, ob eine solche Anlage in unmittelbarer Nähe zu bebauten Strukturen bzgl. Emmissionschutz, etc. genehmigungsfähig ist und wie sich das Projekt in die unmittelbare Umgebung gut einfügt.

Es obliegt dem Gemeinderat zu entscheiden, ob die vorgestelle Projektskizze weiter verfolgt werden soll. 


***

Einschätzung aus dem AK Energie:
1. Standort
Die Größe des Gebäudes und die Straßenanbindung finde ich problematisch

2. Holz für Energieerzeugung
- Holz ist langfristig ein knappes Gut, von dem nur die wirklich nicht anders nutzbaren Teile verheizt werden sollten
- Jetzt gibt es sicher noch viel Schadholz (Käfer, Sturm etc.) Mit Ende der großen Fichtenwälder wird sich Knappheit bilden
- Schon heute wird in vielen Heizwerken Holz aus Osteuropa verwertet

3. Wärmenetze
Um Wärmenetze wirtschaftlich betreiben zu können, ist der Wärmeabsatz pro Meter Leitung entscheidend.
Damit sind Wärmenetze in erster Linie in Verdichtungsräumen (große Wohnungsbestände etc.) sinnvoll. 


4. Technik
In der Anfrage ist die Rede von "Kraft-Wärme-Kopplung in einem thermodynamischen Prozess". 
Das wäre dann keine Hackschnitzelheizung sondern vermutlich eine Holzvergasung, die dann mittels Motor Strom und Wärme erzeugt. 
Leider fehlt in der Anfrage des Bauwerbers der Hinweis auf die beabsichtigte Leistung der Stromerzeugung. 
Derartige Anlagen werden m.W. ganzjährig - nicht nach Wärmebedarf - betrieben. 
Wie dabei eine Energiebereitstellung "klimapositiv" sein soll, erschließt sich mir nicht. 

5. Fazit
Der Standort ist hinsichtlich Erschließung und Wärmeabsatz nicht geeignet.
Ein Wärmenetz mit Biomasse ist für ein Neubaugebiet mit Einzelhäusern weder ökologisch noch wirtschaftlich sinnvoll. 
Eine Anlage dieser Größe und Technik ist als Gewerbebetrieb anzusehen, der auch in ein dafür passendes Gebiet gehört. 
Die Aussage, dass "auch mit wenigen Abnehmern begonnen werden könnte" läßt den Schluß zu, dass die Wärmeabgabe nur ein Nebenprodukt der Anlage ist. 
Wäre die Wärmeversorgung der Kern der Anlage, müßten erst größere Wärmeabnehmer gefunden werden, bevor mit einem Bau begonnen werden könnte.


Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat steht dem geplanten und von den Antragstellern grob skizzierten Projekt grundsätzlich offen gegenüber. Der Bürgermeister wird beauftragt, in weitergehende Gespräche einzutreten. 

Beschluss

Der Gemeinderat steht dem geplanten und von den Antragstellern grob skizzierten Projekt grundsätzlich offen gegenüber. Der Bürgermeister wird beauftragt, in weitergehende Gespräche einzutreten. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 16

Datenstand vom 26.03.2024 12:27 Uhr