Einführung der allgemeinen Umsatzsteuerpflicht bei der Verwaltungsgemeinschaft Offingen ab dem 01.01.2023


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung der Gemeinschaftsversammlung, 26.01.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinschaftsversammlung (VGem Offingen) Sitzung der Gemeinschaftsversammlung 26.01.2023 ö 6

Sachverhalt

Vorbemerkung:
Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist mit dem Ziel der Anpassung an das Recht der Europäischen Union sowie an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesfinanzhofes durch das Steueränderungsgesetz 2015 neu geregelt worden. 

Der Gesetzgeber hat hierfür mit Einführung des § 2 b Umsatzsteuergesetz (UStG) explizit neue Regelungen für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) geschaffen. Mit der gesetzlichen Änderung sollen künftig größere Wettbewerbsverzerrungen durch die öffentliche Hand vermieden werden.

Bisher geltendes Recht
Nach bisher geltendem Recht waren jPdöR nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig. Durch diese Bindung an den körperschaftsrechtlichen Begriff des BgA unterlag insbesondere die vermögensverwaltende Tätigkeit der öffentlichen Hand nicht der Umsatzbesteuerung. 

Auch sogenannte Beistandsleistungen (Kooperation der öffentlichen Hand, Stichwort ,,Interkommunale Zusammenarbeit“) unterlagen weder der Körperschaftssteuer noch der Umsatzsteuer wenn diese von sog. Hoheitsbetrieben erfüllt wurde. 

Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand durch § 2 b UStG
Die Unternehmereigenschaft einer jPdöR begründet sich künftig über ihre ausgeführten Tätigkeiten und Leistungen, nicht mehr über das Vorliegen eines BgA. Durch die gesetzliche Neuregelung verschärft der Gesetzgeber die Voraussetzung, unter denen eine jPdöR bei der Leistungserbringung nicht als Unternehmer anzusehen ist. 

Dies hat zur Folge, dass bisher steuerfreie Tätigkeiten und Leistungen, welche gegen Entgelt erbracht werden, künftig zu umsatzsteuerbare Vorgänge werden.

Insbesondere betrifft dies jede Tätigkeit der jPdöR auf privatrechtlicher Grundlage, welche grundsätzlich als unternehmerisch und somit steuerpflichtig eingestuft wird (bereits ab dem ersten Euro!).

Darüber hinaus können in Zukunft aber auch unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen an Dritte, die auf einer öffentlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage beruhen und für die ein Entgelt erhoben wird, steuerbar sein, d. h. steuerpflichtig werden, sofern größere Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Der Gesetzgeber hat hierfür vielmehr Negativabgrenzungen für verschiedene Fallkonstellationen vorgenommen. Treffen diese Negativabgrenzungen zu, liegen weiterhin keine umsatzsteuerbaren Leistungen vor.

Wegen der Komplexität der Regelungsinhalte soll an dieser Stelle auf vertiefte rechtliche Ausführung verzichtet werden. 




Übergangsregelung
Die Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand tritt grundsätzlich zum 01.01.2017 in Kraft. Für 2016 gilt noch die bisherige Rechtslage weiter. Der Gesetzgeber räumte den jPdöR jedoch eine Optionsmöglichkeit zur weiteren Anwendung des bisherigen Rechts vom 01.01.2017 bis längstens 31.12.2022 ein. 

Diese Optionsfrist wurde für die VGem Offingen in Anspruch genommen.


Neuregelung ab dem 01.01.2023:

Zunächst war zu prüfen, ob die VGem evtl. unter die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG fällt

Kleinunternehmer ist, wer 
  • im vorangegangenen Kalenderjahr einen Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer von nicht mehr als 22.000 Euro hat
    und 
  • im laufenden Kalenderjahr einen voraussichtlichen Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer von nicht mehr als 50.000 Euro hat.
Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Bei der Grenze von 50.000 Euro handelt es sich um eine Prognose zu Beginn des Kalenderjahres. Wurde diese Prognose nach bestem Wissen und Gewissen aufgestellt, ist eine Überschreitung der 50.000 Euro während des laufenden Jahres unschädlich. 

Diese sin für die VGem nicht erfüllt. Ursächlich sind hierfür die bei den Verbänden erhobenen Verwaltungskostenbeiträge. Diese stellen keine ö.r. Leistungen dar, sondern ein privatrechtliches Entgelt aus Personaldienstleistungen. Die Bemessung erfolgt über einen Umlagefaktor nach Buchungsvorgängen und Personalstellen und betrifft die Verrechnung dieser Kosten nach Jahresablauf an die beiden Schulverbände und den Abwasserverband Mindel-Kammel.

Dies begründet sich vor dem Hintergrund, dass diese selbständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts über keine eigene Verwaltung aus Personalamt, Kämmerei und Kasse verfügen und sich hier der Dienstleistung der Vgem Offingen als geschäftsführende Verwaltung bedient. Da über die Verbände auch keine Kostenbeteiligung am Defizit erfolgt (im Gegensatz zu den Mitgliedsgemeinden), ist eine Kostenverrechnung im Sinne der Leistungsabgabe sachgerecht.

Aus dieser Verrechnung heraus erhält die VGem Zuflüsse im Umfang von rund 90.000 €. 

Damit werden automatisch auch alle anderen privatrechtlichen Umsätze steuerbar.

Eine Reihe von Einnahmen ist aber auch weiterhin steuerfrei. 

Davon sind hoheitliche Aufgaben auf gesetzlicher Grundlage betroffen. Z.B. Gebühren im Vollzug der Gesetze wie Bayerisches Straßen und Wegegesetz, StVO, BauGB, BayBauO, Gaststättengesetz, Meldegesetz, Passgesetz um nur einige zu nennen. Zudem sind die Gebühren für den Musikschulunterricht steuerbar aber steuerbefreit.

Weit überwiegend sind also Vorgänge von eher geringer Bedeutung betroffen, sowohl monetär als auch gemessen an der Fallzahl. Dennoch müssen hier neue Bruttoentgelte festgelegt und in System eingepflegt werden, um die automatische Absummierung auf Umsatzsteuerhau-shaltsstellen zu ermöglichen.

Es ist geplant, die Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die Umsatzsteuerjahreserklärung im Hause abzuwickeln. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Jahreserklärungen der verwalteten Verbände die von der Kleinunternehmerregelung profitieren (Schulverband Gundremmingen, Abwasserverband Mindel-Kammel). Der Schulverband Offingen ist noch intensiv auf die Möglichkeit der Kleinunternehmerregelung aber auch auf die Inanspruchnahme der Optionsmöglichkeit hin zu prüfen. 

In der beigefügten Anlage werden alle bisherigen Entgelte aufgelistet, um den entsprechenden Steuersatz erhöht und auf einen vollen Wert abgerundet.

Haushaltsrechtliche Auswirkungen

Ja, jedoch nicht zu beziffern

Datenstand vom 27.04.2023 16:36 Uhr