Stellungnahme zum Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates Taching a. See, 29.06.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Taching a. See (Gemeinde Taching a. See) Sitzung des Gemeinderates Taching a. See 29.06.2017 ö beschließend 11.1.6

Sachverhalt

Stellungnahme zum Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung

  • Herrn Stefan Mayer anwaltlich vertreten durch Dr. Veronika Kessler; Rechtsanwälte Messerschmidt – Dr. Niedermeier und Partner PartmbB; Schreiben vom 24.05.2017:

Frau Dr. Veronika Kessler schreibt Folgendes:
„Unter Vorlage einer beglaubigten Vollmachtskopie zeigen wir an, dass wir Herrn Stefan Mayer anwaltlich vertreten.

Namens und im Auftrag unseres Mandanten erheben wir gegen die 1. Änderung des Flächennutzungsplanes Limberg innerhalb der Auslegungsfrist folgende

Einwände

  1. Unser Mandant ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 934 der Gemarkung Taching a. See. Das Grundstück befindet sich innerhalb des Änderungsbereichs des Flächennutzungsplanes. Herr Stefan Mayer betreibt auf dem Grundstück eine Pferdepension mit derzeit 10 Pferden. Geplant ist die Aufstockung auf 20 Pensionspferde. Derzeit ist beim Landratsamt Traunstein unter dem Az. 4.40-A-94-2016 ein Vorbescheidsverfahren betreffend der Erweiterung des Pferdepensionsbetriebs anhängig.

  1. Bereits im Rahmen der ersten Auslegung der Flächennutzungsplanänderung hat unser Mandant Einwände gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Diese Einwände, welche hauptsächlich ein Immissionsgutachten der Hoock Farny Ingenieure vom 16.02.2016 betrafen, machen wir zum Gegenstand unseres Vortrags und beziehen sie vollumfänglich in dieses Einwendungsschreiben ein.

  1. Gegenstand der 1. Änderung des Flächennutzungsplanes Limberg ist die Darstellung eines Dorfgebietes im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 5 BauNVO für den Bereich Limberg. Mit der Änderung sollen ausweislich der Begründung zur Flächennutzungsplanänderung, S. 1, die Voraussetzungen für einen nicht privilegierten Bauwunsch eines Privaten geschaffen werden. Die Änderung des Flächennutzungsplanes wird als zwingend erforderlich für die Aufstellung einer Satzung nach § 34 Abs. 4 S.1 Nr. 2 BauGB und damit der Schaffung von Baurecht gesehen.


  1. Die Änderung des Flächennutzungsplanes begegnet rechtlichen Bedenken, insbesondere ist der von unserem Mandanten in seinem ersten Einwendungsschreiben bereits erhobene Vorwurf der Gefälligkeitsplanung nicht ausgeräumt.

Die Änderung des Flächennutzungsplanes ist nicht erforderlich im Sinne des §1 Abs. 3 BauGB und verstößt gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Hierzu im Einzelnen:

    1. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, wenn und soweit es für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung erforderlich ist. Wann eine Planung erforderlich ist, bestimmt sich in erster Linie nach der Planungskonzeption der Gemeinde. Die Grenze zu Erforderlichkeit ist jedenfalls dann überschritten, wenn mit der Planung Ziele verfolgt werden, für deren Verwirklichung die Bauleitplanung nicht das geeignete Instrument ist oder wenn sich die mit der Planung dargestellten Ziele aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht verwirklichen lassen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur Urteil vom 12.08.1999, Az. 4 CN 4.89, juris).

Vorliegend ist die Änderung des Flächennutzungsplanes nicht erforderlich, da das damit angestrebte Ziel der Schaffung von Baurecht nicht realisierbar ist.

4.1.1        Wir haben bereits Zweifel, ob es sich beim Ortsteil Limberg wirklich um ein Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO handelt. Laut der Begründung zum Flächennutzungsplan finden sich im Limberg überwiegend landwirtschaftliche Gebäude und Wohngebäude überwiegend mit landwirtschaftlichen Bezug.

Ein Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO zeichnet sich aber durch eine (gleichwertige) Durchmischung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe mitsamt den dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, aber auch sonstige, nicht landwirtschaftlichen Wohngebäuden sowie nicht wesentlich störenden Gewerbebetriebe aus. Gerade das Nebeneinander von nicht landwirtschaftlichem Wohnen und landwirtschaftlich genutzten Gebäuden ist die besondere Zweckbestimmung des Baugebiets „Dorfgebiet“.

Einem Bereich mit ausschließlich landwirtschaftlicher Nutzung, seien es Wirtschaftsgebäude oder landwirtschaftliche Wohnnutzungen, fehlt dieser Charakter der Durchmischung.

4.1.2        Sollte die Annahme im Gutachten der Hoock Farny Ingenieure zutreffen und in Limberg ausschließlich landwirtschaftliches Wohnen vorhanden sei, so wird auch eine Satzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB, welche von der Gemeinde angestrebt ist, nicht rechtfehlerfrei erlassen werden können. Die Beurteilung der Zulässigkeit eines durch die Satzung ermöglichten Bauvorhaben ist nur möglich, wenn sich in der Umgebung ein Maßstab für die zulässige Bebauung nach § 34 Abs. 1 BauGB ablesen lässt.

Zu den Kriterien, die ein Vorhaben im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB erfüllen muss, gehört u. a. das Einfügen nach der Art der baulichen Nutzung. Wenn aber in der Umgebung ausschließlich landwirtschaftliches Wohnen vorhanden ist, findet „nicht landwirtschaftliches Wohnen“ gerade kein Vorbild in der Umgebung und würde sich daher nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Dem Bauwunsch des Privaten, der Anstoß für die Flächennutzungsplanänderung war, könnte mit der Satzung nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB dann nicht abgeholfen werden.

4.1.3        Sollte die Annahme der Hoock Farny Ingenieure jedoch fehlerhaft sein und sich in Limberg auch nicht landwirtschaftliches Wohnen befinden, geht jedenfalls die dem immissionsschutzrechtlichen Gutachten zugrunde gelegte Annahme fehl, dass die Gebäude in Limberg eine Art „Schicksalsgemeinschaft“ begründen und damit landwirtschaftlichen Immissionen nahezu uneingeschränkt hinnehmen müssen. Die Auffassung der Gutachter in der ergänzenden Stellungnahme vom 12.01.2017, wonach dann die Situation derjenigen im Gutachten von 16.02.2016 entspricht und Geruchsstundenhäufigkeit von 20 % zulässig sein sollen, ist nicht nachvollziehbar und steht scheinbar im Widerspruch zu der Aussage, dass in einem (echten) Dorfgebiet nur eine maximale Geruchsstundenhäufigkeit von 0,15 oder 15 % der Jahresstunden zulässig ist.

4.2.        Unabhängig davon macht die derzeitige Planung der Gemeinde Taching a. See nach wie vor den Eindruck eine Gefälligkeitsplanung, da insbesondere keine städtebaulichen Gründe für die Änderung des Flächennutzungsplanes vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind.

Insbesondere ist hier zu beachten, dass die Urfassung des Flächennutzungsplanes für diesen Außenbetriebstyp (sogenannte Kategorie 3 a) ausdrücklich vorsieht, dass reine Wohnfunktionen ohne Bindungen zu einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht möglich sein sollen. Lediglich funktional bauliche Erweiterungen sollen über Ortssatzungen ermöglicht werden (vgl. Begründung zum Flächennutzungsplan der Gemeinde Taching a. See in der Urfassung, Seite 63)

Ein Neubau für nicht landwirtschaftliches Wohnen ist davon grundsätzlich nicht umfasst. Der aktuellen Begründung zum Flächennutzungsplan lässt sich nicht entnehmen, aus welchen städtebaulichen Gründen die Gemeinde von diesem beschlossenen Konzept nun abweicht.

4.3        Schließlich ist die Änderung des Flächennutzungsplanes auch nach wie vor abwägungsfehlerhaft im Sinn des § 1 Abs. 7 BauGB, da die konkreten Erweiterungsinteressen unserer Mandantschaft nach wir vor nicht berücksichtigt wurden.

Dies wäre aber zwingend nötig gewesen, insb. da die ergänzende Stellungnahme der Hoock Farny Ingenieure vom 12.01.2017 auch bei Anwendungen der Abstandregelungen für Rinderhaltung des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ davon ausgeht, dass die maßgeblichen Geruchswerte (nur) dann eingehalten werden können, wenn der Betrieb „Rinderhaltung Krautenbacher“ eingestellt wird. Sollte dies nicht der Fall sein, so überschreiten bereits die derzeitigen Immissionen die zulässigen Richterwerte am Planungsgrundstück. Eine Erweiterung des Betriebs unseres Mandanten wäre dann ausgeschlossen.“


3. Bürgermeisterin Mayer wird wegen persönlicher Beteiligung von der Beschlussfassung ausgeschlossen.

Beschluss

Der Gemeinderat Taching a. See nimmt die vorliegende Stellungnahme zur Kenntnis.
Die Anregungen insbesondere der Gefälligkeitsplanung können nicht nachvollzogen werden. Vorliegend wird der Flächennutzungsplan geändert, um Baulücken, soweit dies aus immissionsschutzrechtlichen Gründen möglich ist, zu bebauen. Die Flächennutzungsplanänderung dient als vorbereitende Planung für den Erlass einer Innenbereichssatzung. Die Nachverdichtung ist unter anderem ein Ziel des Regionalplans. Wie unter Nr. 4. 1 genannt, sind Bauleitpläne aufzustellen, wenn und soweit sie für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung erforderlich sind. Ziel für die Bauleitplanung ist die oben angesprochene Nachverdichtung. Für Limberg soll jedoch lediglich eine Nachverdichtung durchgeführt werden. Eine weitere Ansiedlung von Wohnhäusern ist derzeit nicht geplant, da sich Limberg vorrangig und weiterhin für landwirtschaftliche Betriebe entwickeln können muss. Nach dem vorliegenden Gutachten ist eine Nachverdichtung grundsätzlich möglich, sodass durch die Flächennutzungsplanänderung und durch die Aufstellung einer Innenbereichssatzung nach derzeitigem Stand ein Baurecht realisierbar ist.

Nr. 4.1.1.
Die Anregungen hinsichtlich des Dorfgebiets können nicht nachvollzogen werden. Das Dorf Limberg erfüllt die Voraussetzungen des § 5 BauNVO. Nach § 5 BauNVO dient das Dorfgebiet der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeit ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. Laut Kommentar Ernst-Zinkahn-Bielenberg Nr. 11 ist ersichtlich, dass aus dem grundsätzlich gleichwertigen Nebeneinander der drei Hauptnutzungen nicht folgen muss, dass sie im Dorfgebiet im gleichen, auch nicht im annähernd gleichen Verhältnis vorhanden sein müssen. Der Gebietscharakter des Dorfgebiets verlangt nicht ein bestimmtes Mischverhältnis der drei Hauptnutzungen (BVerG Beschl. v. 19.01.1995 – 4 B 7.96 ). Limberg erfüllt die Voraussetzungen eines Dorfgebiets.

Nr. 4.1.2
Bereits vor der Flächennutzungsplanänderung wurden zahlreiche Gespräche mit dem Kreisbaumeister geführt. Da es sich vorliegend um ein Dorfgebiet handelt und die Voraussetzungen des § 34 Abs. 5 BauGB für den Erlass einer Innenbereichssatzung gegeben sind, steht einer rechtmäßigen Satzung nichts im Wege.

Nr. 4.1.3
Die Berechnung nach GIRL hat ergeben, dass auf dem Baugrundstück nahezu die MD-Werte eingehalten werden können (In Randlage zu § 35 BauGB sind bis zu 20 % zulässig). Diese 20 % ergeben sich aus einem Gerichtsurteil mit einem vergleichbaren Fall. Unabhängig davon können laut Gutachten die in einem Dorfgebiet grundsätzlich geltenden maximalen Geruchsstundenhäufigkeit von 0,15 oder 15 % der Jahresstunden in jedem Fall eingehalten werden, wenn der Betrieb Krautenbacher (Vater des Bauwilligen) seine Tierhaltung in Limberg einstellt.

Zudem stellt nach einhelliger Rechtsprechung die Berechnung nach GIRL ein komfortables worst-case-Szenario dar, mit dem die Gerüche aus landwirtschaftlicher Tierhaltung erheblich überschätzt werden. Unabhängig davon sind die konkreten Bauvorhaben erst im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens hinsichtlich der Immissionen zu überprüfen. Im Vorfeld wurde jedoch ein Immissionsschutzgutachten erstellt, um überhaupt abschätzen zu können, ob ein Flächennutzungsplanverfahren zielführend ist.

Nr. 4.2
Im ursprünglichen Flächennutzungsplan wurde Limberg der Kategorie Nr. 3 a) zugeordnet. Da sich jedoch die Ziele der Gemeinde auch ändern können, sieht das Gesetz Flächennutzungsplanänderungen vor. Im vorliegenden Fall wird davon Gebrauch gemacht. Bauleitpläne sind erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3, soweit sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sind. In ständiger Rechtsprechung wird darauf hingewiesen, dass es Sache der Gemeinde sei, wie sie ihre Planungshoheit handhabe und welche Konzeption sie ihr zu Grunde lege, dass die Entscheidung über planerische Zielsetzungen eine Frage der Gemeindepolitik und nicht bloße Rechtsanwendung sei und dass sich die geordnete städtebauliche Entwicklung im Einzelfall nach den vorhandenen, hinreichend konkretisierenden planerischen Willensbetätigungen der Gemeinde bestimme. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinde, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Vorliegend wird das Ziel der Nachverdichtung an der bestehenden Ortschaft Limberg verfolgt. Vor allem für Einheimische soll ein Baurecht geschaffen werden. Da jedoch in einem Dorfgebiet auf die Entwicklungsmöglichkeit von land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO), ergibt sich eine Nachverdichtung nach Berücksichtigung dieses Grundsatzes und der geltenden Immissionsschutzvorschriften.

Nr. 4.3
Die Bedenken hinsichtlich der fehlerhaften Abwägung kann nicht geteilt werden. Der Flächennutzungsplan stellt ein internes Ziel der Gemeinde dar. Die vorgebrachten Stellungnahmen sind sachgerecht abgewogen worden. Wie bereits in der Abwägung zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ersichtlich, wurde der Antrag von Rosa Maria Mayer bzw. jetzt von Stefan Mayer nicht berücksichtigt, da noch keine planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nachgewiesen werden konnte. Sollte der Vorbescheid positiv vom Landratsamt Traunstein verbeschieden werden, wonach es derzeit nicht danach aussieht, beurteilt sich die Rechtslage unabhängig vom Ausgang des Flächennutzungsplanverfahrens nach dem baurechtlichen Außenbereich. Sollte dennoch der Antrag auf Vorbescheid positiv verbeschieden werden, müssten die immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen im konkreten Baugenehmigungsverfahren überprüft werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 28.02.2019 15:00 Uhr