Antrag von Poller Biogas GbR auf Aufstellung eines Bebauungsplanes "Sondergebiet - Bioenergie Parschall" für das Grundstück der bestehenden Biogasanlage in Parschall


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bau- und Werkausschusses, 30.07.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Werkausschuss Markt Waging a. See (Markt Waging a. See) Sitzung des Bau- und Werkausschusses 30.07.2019 ö beschließend 10

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 16.07.2019 beantragt das Planungsbüro meineumwelt GmbH, Vogtareuth im Auftrag der Poller Biogas GbR die Aufstellung eines Bebauungsplanes „Sondergebiet – Bioenergie Parschall“ und analog die Änderung des Flächennutzungsplanes.
Betroffen ist das Gelände der bestehenden Biogasanlage mit einer Teilfläche von ca. 1,0 ha.


Die beantragte Ausweisung wird im Schreiben vom 16.07.2019 wie folgt erläutert und begründet:

„Sehr geehrte Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wie Johann Poller bereits mit Ihnen besprochen hat, besteht die Absicht die Biogasanlage Poller Biogas GbR, Parschall 3, 83367 Petting, über die nach Baugesetzbuch begrenzten Leistungsschwellen hin zu betreiben. Die Erweiterung dient der Betriebssicherung über das Ende des Erneuerbare Energien Gesetzes hinaus. Nach derzeitiger Regelung muss im Anschluss an den 20-jährigen Vergütungsanspruch die Biogasanlage zu Börsenpreisen liefern, was betriebswirtschaftlich mit landwirtschaftlicher Produktion völlig ausgeschlossen ist. Alternativ kann am Ausschreibungsverfahren gemäß aktuellem EEG teilgenommen werden, in dem nochmals eine 10-jährige Vergütung unter finanziellen Einschränkungen und technischen Auflagen (doppelte Überbauung) möglich ist. Bei der Ausschreibung lässt sich jedoch heute weder sagen, ob die Förderung zu gegebener Zeit überhaupt noch gegeben ist, noch ob bei der Vielzahl von Erneuerbare-Energien-Anlagen ein Zuschlag erfolgt. Die Ausschreibungsmengen sind im EEG gedeckelt und es ist möglich, dass man keinen Zuschlag erhält. In diesen Fall müsste die Biogasanlage wohl stillgelegt werden, bzw. könnte lediglich mit Reststoffen aus der Landwirtschaft betrieben werden. Entsprechend würde für den Landwirt Johann Poller mit Familie die Existenzgrundlage entfallen, da mit der Tierhaltung bereits vor Jahren aufgehört wurde.

Weiterhin soll die Biogasanlage vermehrt nach Wärmebedarf betrieben werden, wozu auch Gespräche mit der Gemeinde als Wärmeabnehmer geführt werden. Zur Wärmesicherung müssten in hohen Bedarfszeiten höhere Leistungen gefahren werden, die ggf. in den Sommermonaten nicht entsprechend zurückgeführt werden könnten. Bei der heutigen Deckelung der Gasproduktionsmenge könnte dies schnell an die Grenzen führen, bzw. diese Flexibilität stark einschränken.

Die aktuellen Forschungen zur weiteren Effizienzsteigerung von Biogasanlagen und zur bedarfsgerechten Energieproduktion beschäftigen sich mit sogenannten Power-to-Gas Anlagen. Diese Anlagen ermöglichen im Netz kurzfristig nicht benötigten Strom zu nutzen und Energie in anderer Form als Strom zur Verfügung zu stellen. Hierzu wird Biogas aufgereinigt und als Biomethan in das Erdgasnetz eingespeist (sogenannte Gaseinspeiseanlagen) oder es werden Stromspitzen aus dem Netz genutzt, um aus Wasserstoff und CO2 Methan zu produzieren. Auf Grund des Klimaschutzzieles der Reduzierung der CO2-Bilanz könnte in absehbarer Zeit an Biogasanlagen über diesen Methanisierungsprozess CO2 gebunden, in Methan umgewandelt und in das Erdgasnetz eingespeist werden. Dabei entsteht eine negative CO2-Bilanz (CO2 Bindung statt Freisetzung des Treibhausgases), was klimatechnisch sehr interessant ist. Eine Erdgasleitung wäre für die Anlage Poller räumlich erreichbar. Außerdem könnte eine Biomethan-Tankstelle installiert werden. So könnte der landwirtschaftliche Betrieb Poller mit Biogasproduktion zukünftig langfristig gesichert werden und seinen Anteil an moderner Energieerzeugung bei gleichzeitiger CO2-Reduktion leisten.

Zur Methanisierung und der vorgelagerten Wasserstoffgewinnung aus H2O kann der selbst erzeugte Strom aus den Biogas-BHKW oder auch anderweitig erzeugter Strom verwendet werden, auch der Bezug aus dem Stromnetz wäre möglich, z.B. bei zu hoher Netzauslastung. Möglich wäre auch mit PV-Modulen Strom zu erzeugen und hierfür zu nutzen. Entsprechend sollte auch die Stromproduktion aus Photovoltaik zulässig sein, was auch die Zulässigkeit der Errichtung erfordert.

Zukünftig sollen etwa 4 Mio. Nm³ Biogas pro Jahr erzeugt werden. Damit überschreitet die heute bereits immissionsschutzrechtlich genehmigte Biogasanlage die baurechtliche Privilegierung im Sinne des §35 Abs. (1) Nr. 6 d) BauGB, der die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas auf 2,3 Mio. Nm³/a begrenzt. Um Baurecht für die zukünftigen Vorhaben herzustellen, beantragt Herr Poller hiermit die Aufstellung eines Bebauungsplans und die notwendige Änderung des betroffenen Flächennutzungsplans. Etwaige Kosten aus dem Bauleitplanverfahren wird der Betrieb Poller übernehmen und mit der Thematik Biogas, Erneuerbare Energien und Landwirtschaft erfahrene Planer beauftragen.

Betriebsstandort: Parschall 3, 83367 Petting
Flur Nr. 1223/8, 1223/9,1212/3 Gemarkung Nirnharting, Markt Waging am See

Geplante Erweiterungen (zu heutigem Stand):
  • Gaserzeugungsmenge ca. 4 Mio. Nm³/a
  • Installation weiterer Biogasverwertungs- und Stromerzeugungsanlagen (z.B. Blockheizkraftwerke, Gasthermen, etc.)
  • Errichtung weiterer Gär- und Gärrestlagerbehälter mit Gasspeicher
  • Errichtung weiterer Betriebsgebäude (Maschinenhaus)
  • Erweiterung des Biomasselagers
  • Erhöhung der Wärmenutzung (Gemeinde ist auch im Gespräch als möglicher Abnehmer)
  • Errichtung und Betrieb von Power to Gas Anlagen, wie auch zur Wasserstoffgewinnung
  • Anschluss an Gasleitungen (Power to Gas)
  • Errichtung und Betrieb von weiteren Anlagen zur Energiegewinnung aus Erneuerbare Energien (z.B. Photovoltaik)“
. . .

Begründung: Ein Bebauungsplan soll das Baurecht für die Erweiterung der Biogasanlage Poller Biogas GbR schaffen, um gemäß §1 Abs. (5) BauGB eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung voranzutreiben und mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien gleichzeitig das Klima zu schützen und dem Allgemeinwohl zu dienen.

Die meineumwelt GmbH als Planungsbüro für Biogas und Landwirtschaft hat bereits in der Vergangenheit die Biogasanlage Poller planungstechnisch betreut und ist auch an vergleichbaren Planungen beteiligt. Gerne betreuen wir auch in diesem Projekt die Familie Poller und sichern auch gegenüber der Gemeinde zu, diese eng und frühzeitig in die Planungen einzubeziehen.

Für Rückfragen und Absprachen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Alois Grundner, meineumwelt GmbH – gez. Johann Poller, Poller Biogas GbR“

Diskussionsverlauf

***

Zur Sitzung waren die Beteiligten der Biogas Poller GbR, Herr Johann Poller sen. und Herr Johann Poller jun., anwesend.
Auf Befragen erläuterten die beiden Beteiligten, dass es das vorrangige Ziel der GbR sei, die jährliche Gaserzeugungsmenge auf eine wirtschaftliche Basis von ca. 4 Mio Normkubikmeter Biogas pro Jahr zu steigern. Dabei müsse man mit der Fläche des derzeitigen Betriebsgeländes auskommen, weil die unmittelbar angrenzenden Grundstücke nicht im Eigentum der Familie Poller stünden. Eine räumliche Erweiterung sei deshalb noch heutiger Erkenntnis nicht geplant.

Beschluss

Der Bau- und Werkausschuss nimmt den vorliegenden Antrag zur Kenntnis. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein „Sondergebiet – Bioenergie Parschall“ im Bereich der bestehenden Biogasanlage westlich von Parschall (ca. 1,0 ha) wird in Aussicht gestellt. Die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens wird an die Voraussetzungen gebunden, dass der Marktgemeinderat parallel die Einleitung des erforderlichen Flächennutzungsplanänderungsverfahrens beschließt und dass die Verträglichkeit der geplanten Nutzung im Plangebiet mit den umgebenden Nutzungen durch ein Immissionsgutachten nachgewiesen und in die Planunterlagen eingearbeitet wird.
Alle im Rahmen der Planung anfallenden Kosten hat der Antragsteller zu tragen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 22.01.2020 09:40 Uhr