Das Vorhaben befindet sich im unbeplanten Innenbereich gem. §34 BauGB. Innerhalb im Zusammenhang bebauten Ortsteilen ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstückfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
1. Art der baulichen Nutzung:
Bei dem Gebiet handelt es sich um ein faktisches allgemeines Wohngebiet. Die geplante Wohnnutzung ist in dem Gebiet allgemein zulässig.
2. Maß der baulichen Nutzung und überbaubare Grundstückfläche:
2.1 Überbaubare Grundstückfläche:
Die umliegende Bebauung ist mit der überbauten Grundstückfläche auf dem Plan dargestellt.
Umgebungsbebauung:
GR Gesamt Grundstücksgröße
Schwalbenloh 1: 254,69m² 512,83m²
Schwalbenloh 3: 297,26m² 490,21m²
Schwalbenloh 4: 332,29m² 536,11m²
Schwalbenloh 5: 281,03m² 576,95m²
Bgm.-Brandl-Str. 1: 148,58m² 611,90m²
Bgm.-Brandl-Str. 2: 208,19m² 476,40m²
Bgm.-Brandl-Str. 3: 243,41m² 632,69m²
Schwalbenloh 2: 287,39m² 481,59m²
Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstückfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
2.2 Grundflächenzahl:
Gemäß §17 BauNVO ist die Obergrenze für die GRZ bei einem allgemeinen Wohngebiet bei 0,4. Nach §19 Abs. 4 BauNVO darf die GRZ um 50 v.H. für Nebenanlagen, Zufahrten, Garagen und Stellplätze überschritten werden. Hier wären das 0,6.
Die GRZ für das Hauptgebäude beträgt 0,29 (< 0,4) und ist damit eingehalten. Mit den Zufahrten, Stellplätzen und Nebenanlagen wird eine GRZ von 0,6 erreicht. Die Grundflächenzahl ist damit auch eingehalten und fügt sich ein.
2.3 Zahl der Vollgeschosse:
Die umliegende Bebauung weist eine Geschossigkeit von E+1 + D auf. Das Dachgeschoss ist kein Vollgeschoss. Die Zahl der Vollgeschosse beläuft sich damit auf 2.
Geplant ist eine Zweigeschossige Bauweise mit einem Dachgeschoss, welches auch nicht als Vollgeschoss ausgeführt wird.
Das Vorhaben fügt sich daher auch hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
2.4 Höhe baulicher Anlagen:
Die Höhenentwicklung der umliegenden Gebäude ist auf dem Plan dargestellt.
Der First des geplanten Gebäudes wird zwar im Vergleich zum alten Gebäude um 1,39m höher, fügt sich aber immer noch in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
Damit fügt sich das geplante Vorhaben auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
3. Bauweise
Das Vorhaben wird in einer offenen Bauweise, wie in der Umgebungsbebauung vorhanden ausgeführt.
4. Stellplätze
Durch die geplante Nutzung (5 Wohneinheiten) ist folgender Stellplatznachweis gemäß der Stellplatzsatzung der Stadt Vilsbiburg erforderlich:
EG
WE 1: 55,280m² 1 Stellplatz
WE 2: 55,280m² 1 Stellplatz
OG
WE 3: 49,64m² 1 Stellplatz
WE 4: 49,64m² 1 Stellplatz
DG
WE 5: 77,55m² 1. Stellplatz
SUMME: 5 Stellplätze
Nachgewiesen werden 6 Stellplätze auf dem Baugrundstück.
Es sind durch die Anordnung der Stellplätze folgende Befreiungen von der Stellplatzsatzung der Stadt Vilsbiburg erforderlich:
1. Keine gemeinsame Zu- und Abfahrt – gefordert für mehr als 4 zusammenhängende Stellplätze
Da die Straße lediglich dem Anliegerverkehr dient und eine Ortsstraße der Stadt Vilsbiburg ist, ist die Befreiung städtebaulich tragbar.
2. Keine 12 m Abstand zwischen Gebäude und Straße – gemäß der Satzung dürfen Stellplätze nur im Vorgartenbereich errichtet werden, wenn der Gebäudeabstand zur Straße mindestens 12m beträgt und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird
Diese Regelung ist vielleicht sinnvoll für kleinere Gebiete mit einem prägnanten Vorgartencharakter. Dies ist aber in dem Bereich nicht mehr gegeben. Siehe Luftbild.
Die Befreiung ist auch hier städtebaulich tragbar.
Auf dem Baugrundstück wird außerdem ein Spielplatz errichtet. Dieser wird aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 BayBO für mehr als drei Wohnungen erforderlich. Die Stadt Vilsbiburg hat (noch) keine Satzung, die die Errichtung von Kinderspielplätzen bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als 3 WE regelt. Es gehört auch nicht zum Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens. Daher ist es positiv zu werten, dass der Bauherr hier von selbst der Forderung aus der BayBO nachkommt.
Nachbarn:
Die Nachbarn wurden beteiligt. Nachbarunterschriften liegen nicht vor.
Folgende Stellungnahmen liegen der Stadtplanung vor:
Nachbar 1:
„Beginnen möchte ich mein Schreiben damit, Ihnen dafür zu danken, dass Sie dafür gesorgt haben, dass ich als Nachbarin des Grundstückes Schwalbenloh 2 nun über das geplante Bauvorhaben informiert wurde.
Am Mittwoch, dem 19.1.2022, erhielt ich ein Einwurfeinschreiben des Architekturbüros. Leider ist es ziemlich klein geraten -DIN A3-, sodass es kaum möglich ist, die eingetragenen Maße wirklich zu lesen.
Wenn ich allerdings sehe, wie nahe an mein Grundstück -Bgm.-Brandlstr.2- das neue Gebäude heranreichen soll, ist nicht mehr damit zu rechnen, dass ich in Jahreszeiten mit niedrigem Sonnenstand nach Errichtung dieses Riesengebäudes noch Sonne in meinem Garten haben werde. Schon bei jetzigen Verhältnissen verschwindet die Sonne im Winter gegen 14.30 Uhr hinter den Gebäuden, sodass ein Aufenthalt in meinem Wintergarten trotz Fußbodenheizung nicht mehr lange möglich ist. In Zukunft wird dann die Sonne bereits ab Mittag hinter dem Block verschwinden und mein Wintergarten nur noch äußerst eingeschränkt nutzbar sein.
Auch mein über Jahrzehnte gewachsener und gehegter Garten -meine Freizeitoase- wird durch Sonnenmangel in vielerlei Hinsicht leiden und eine Werteinbuse erleiden.
Außerdem fürchte ich um meinen Zaun zum Baugrundstück hin. Bedingt durch das natürliche Gefälle der beiden Grundstücke errichtete ein Vorbesitzer von Schwalbenloh 2 -1970ger Jahren eine Stützmauer, ca. 2m entfernt parallel zu Grundstücksgrenze (Höhe ca.70cm). Nach dem Auffüllen wurde dieser Grund zu meinem Grundstück hin als Gemüsegarten genützt. In den darauffolgenden Jahren erwies sich dennoch auch für meinen Zaun eine weitere Abstützung von ca. 30-40 cm Höhe.
Nun befürchte ich, dass mein Zaun abrutschen könnte, wenn der Bauherr sein Gebäude soweit an meine Grundstücksgrenze heranführen wird. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass der Bauherr sich in diesem Fall kaum kulant bei der Lösung des Problemes zeigen würde. Wollte er die Nachbarn doch auch bei der Planung ganz umgehen, um nicht zu sagen zu hintergehen.
Wenn ich den Plan betrachte, möchte der Bauherr praktisch an das momentan bestehende Gebäude in Richtung zu meiner Grundstücksgrenze eine komplette Wohneinheit anfügen. Zur Straße hin nach vorne kann er m.E. auf keinen Fall noch etwas ausweichen, da er dort ja 5 Stellplätze plant. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort Platz für 3 Autos parallel zum Gebäude sein soll. Jetzt ist dort im rechten Winkel zum Gebäude auch Platz für ein Wagen.
Ich erinnere mich noch, wie die Breiteneicher-LKWs oft in der Schwalbenloh standen und hupten, weil die Anwohner-Fahrzeuge dort auf der Fahrbahn geparkt waren und kein LKW mehr durch passte. Dann verschwanden in Schwalbenloh 2 plötzlich Zaun und Vorgarten und die Fahrzeuge fanden dort Platz. Bei 5 WE wird man wohl bald wieder das altbekannte Hupen vernehmen können! Doch wie sieht es da dann mit den LKWs von Müllabfuhr oder gar Feuerwehr aus?!?
Mir ist sehr wohl bewusst, dass wir auch in unserer wunderschönen kleinen Stadt -übrigens meiner Heimat seit fast 61 Jahren- dringend Wohnungen brauchen. Ob aber in einer seit 100 Jahren gewachsenen Siedlung aus Ein- und Zweifamilienhäusern ein Klotz mit 5WE sein muss, möchte ich sehr bezweifeln. Es würde doch auch reichen, das Gebäude, das unbedingt baufällig ist, darin stimme ich den Bauherrn durchaus zu, in den jetzigen Dimensionen zu erneuern -etwa mit 3 Wohneinheiten.
Dagegen hätte sicherlich keiner der Nachbarn Einwände!“
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Stellungnahme wurde auf folgende alte Planung abgegeben:
In der jetzt vorgelegten Planung ist das Gebäude um 1,20m von der nördlichen Grundstückgrenze und damit von der Nachbarin abgerutscht. Dadurch entstand auch die andere Anordnung der Stellplätze und ein zusätzlicher Stellplatz konnte geschaffen werden.
Das Gebäude fügt sich hinsichtlich der Höhe in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Eine Beschränkung der Wohneinheiten gibt es nicht, da es sich um einen unbeplanten Innenbereich handelt. Baurechtlich ist seitens AB32 zu sagen, dass sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung unproblematisch einfügt, die Abstandsflächen sind auch überall eingehalten.
Das Grundstück eignet sich für die geplante Nachverdichtung. Weitere nachbarliche Belange, die im Baurecht berücksichtigt werden, sind nicht gegeben.
Die von der Stellplatzsatzung geforderten Stellplätze werden nachgewiesen. Es wird sogar ein weiterer nicht geforderter Stellplatz geschaffen.
Hinsichtlich der angesprochenen Mauer und der Angst des Abrutschens des Geländes kann nur auf das Privatrecht verwiesen werden. Der Bauherr ist verpflichtet, dass keine Gefahren oder Schäden an den Nachbarprivatgrundstück entstehen. Dies ist kein Belang, um das Vorhaben abzulehnen.
Nachbar 2:
„Hallo Frau Eder,
möchte mich mit ein paar Gedanken zum Neubau an Sie wenden. Habe mit Erstaunen in der Vilsbiburger Zeitung gelesen,daß die Firma beabsichtigt uns einen
Wohnklotz vor die Nase zu stellen.Wir waren zu keiner Zeit über das Bauvorhaben informiert bzw. haben ein Einschreiben erhalten.
Bauträger hat uns,die Stadt Vilsbiburg und den Stadtrat belogen und hinters Licht geführt um so an die Genehmigung zu kommen. Ist so nicht die feine Art.
Das Bauvorhaben paßt nicht in die gewachsene Siedlung aus Ein- und Zweifamilienhäusern.5 WE sind entschieden zuviel für das kleine Grundstück.Es geht hier nur um max.
Gewinn auf kleinem Raum.Familie Nachbar 1 und Frau Nachbar 2 stehen im Garten und sehen auf ein ca. 10 Meter hohes Haus.Sind 5 Stellplätze in dieser Größe ausreichend?
Keine Sonneneinstrahlung mehr im Wintergarten von Frau Nachbar 2. Wer bezahlt die Zäune rund ums Grundstück,um die sich der Bauherr bis jetzt nicht gekümmert hat?
Grundfläche des Neubaus hat sich fast verdoppelt. Terassen und Bebauung so nah an den Grundstücksgrenzen.Man kann sprichwörtlich die Butter über den Zaun reichen.
Der Bauherr ist nur an möglichst großem Gewinn interessiert. Wie es den Anwohnern dabei geht ist ihm sprichwörtlich egal.
Er muß ja nicht dort wohnen,und jeden Tag den Schandfleck sehen.
Dies sind nur einige Gedanken,die mich mit dem Bauvorhaben beschäftigen,und schlecht schlafen lassen.
Daher mein Vorschlag:
Begrenzung auf 3 WE und 3 Stellplätze,
somit genügend Abstand zu den Grundstücksgrenzen,und jeder von uns kann damit leben.
Lade sie auch ein,sich ein Bild vor Ort zu machen.Dort sieht alles anders aus als vom Schreibtisch aus.“
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Stellungnahme wurde ebenfalls noch auf die alte Planung abgegeben.
Baurechtlich ist die Anzahl der Wohneinheiten kein Beurteilungskriterium für die Prüfung des Einfügungsgebotes. Gem. §34 BauGB sind nur die dort genannten Kriterien und solche aus der BauNVO im Prüfungsumfang der Stadt Vilsbiburg enthalten (§36 BauGB). Wenn sich ein Gebäude hinsichtlich der Art, des Maßes (z.B. Höhe, GRZ und Vollgeschosse) und der überbaubaren Grundstückfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, ist es bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig. Der Stellplatznachweis ist geführt. Die geforderten Stellplätze können nachgewiesen werden (1 zusätzlicher Stellplatz wird geplant).
Die Grundfläche des alten Wohngebäudes beträgt 83,76m². Das neue Gebäude soll eine Grundfläche von 139,76m² aufweisen und befindet sich noch weit unter dem baurechtlich möglichen Maß für das Wohngebäude. Würde man die Obergrenze der GRZ von 0,4 für das Wohnhaus ausreizen, wäre eine Grundfläche von 192m² für ein Wohnhaus möglich. Die GRZ für das geplante Wohngebäude beträgt gerade einmal 0,29.
Die geforderten Abstandsflächen werden ohne Probleme eingehalten. Nachbarliche, baurechtlich zu berücksichtigende Belange sind dadurch seitens AB32 nicht berührt.
Es gilt zu berücksichtigen, dass sich durch Nachverdichtungen, gewachsene Strukturen und Siedlungen zwangsläufig verändern müssen, denn bei Aufrechterhaltung eines Status quo, kann keine Nachverdichtung erreicht werden. Wichtig ist, dass sich bei der Nachverdichtung das Gebäude in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Abstandsflächen eingehalten werden. Die Baugesetze liefern hier schon einen guten Rahmen.
Hier befinden wir uns in einem Gebiet ohne Bebauungsplan, aber selbst in Gebieten mit einem Bebauungsplan lässt sich nicht mehr nur stur an alten Plänen festhalten, wenn man eine Nachverdichtung wünscht. Speziell Baugrenzen wurden in älteren Plänen enger gefasst und große Gartenflächen generiert.
Aus Sicht von AB32 ist das Vorhaben gem. §36 BauGB bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig, soweit die Befreiungen von der Stellplatzsatzung erteilt werden.
Das Vorhaben wurde bereits in der Sitzung am 22.03.2022 in einem Ortstermin erläutert und besprochen. Hierbei wurde beschlossen, dass die Entscheidung auf diese Sitzung vertagt wird, um nochmals einen Kompromiss zwischen dem Bauherrn und den Nachbarn finden zu können.
Der Bauherr bittet um Behandlung und Entscheidung im Gremium zum Stand der Unterlagen vom 22.03.2022 (ohne Änderungen zur letzten Sitzung). Bereits im Vorfeld zur letzten Sitzung wurde der erste Antrag zurückgenommen und auf manche Belange der Nachbarn angepasst (siehe beiliegendes Schreiben).