Ausgangslage:
Zu den Besonderheiten des bayerischen Schulwesens zählt eine Schulart,
die seit Generationen kaufmännische Nachwuchskräfte ausbildet: die Wirtschaftsschule.
Sie ist eine berufsvorbereitende Schule, die eine allgemeine Bildung und eine berufliche Grundbildung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung vermittelt.
Rund 24.000 Schüler besuchen derzeit eine Wirtschaftsschule in Bayern.
Auch in unserer Nachbarstadt Senden ist eine Wirtschaftsschule eingerichtet,
die städtische Wirtschaftsschule Senden (WISS), die im Schuljahr 2015/16 sogar ihr 30jähriges Jubiläum feiern darf.
Die Städtische Wirtschaftsschule Senden ist, wie ausgeführt, eine praxisorientierte schulische Einrichtung, die auch eine erstklassige Schulbildung bietet.
In der vierstufigen Form beginnt sie mit der Jahrgangsstufe 7 und verleiht am Ende der Jahrgangsstufe 10 nach bestandener Abschlussprüfung den Wirtschaftsschulabschluss.
In der zweistufigen Form beginnt sie mit der Jahrgangsstufe 10 und verleiht am Ende der Jahrgangsstufe 11 nach bestandener Abschlussprüfung den Wirtschaftsschulabschluss.
Insbesondere infolge eines sich abzeichnenden nicht unerheblichen Schülerrückgangs
sieht sich die Stadt Senden jedoch derzeit dazu veranlasst, dieses schulische Angebot auf die zukünftige Ausrichtung hin auf den Prüfstand zu stellen.
Man befürchtet, dass die städtische Wirtschaftsschule in Senden, mittel- und
langfristig betrachtet, vor einem gravierenden oder gar existenzgefährdenden Schüler-rückgang stehe.
Dies gelte umso mehr, als die Schülerzahlen auch eine bayernweite Entwicklung widerspiegeln würde.
Man beabsichtige dieserhalb, eine Kooperation mit der Staatlichen Realschule Vöhringen,
die als „Mutterschule“ den Weg zu einer sich später etablierenden selbständigen Realschule in Senden ebnen solle.
Eine zunächst angedachte sog. „Verbundrealschule“ Vöhringen – Senden sei in
Bayern vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst
nicht vorgesehen.
Herr 1. Bürgermeister Bögge, Stadt Senden, hat diese Sichtweise der Stadt Senden
jüngst persönlich sowohl in der Sitzung des Interkommunalen Ausschusses der Städte Senden und Vöhringen vom 27. Oktober 2015 als auch in der Stadtratssitzung vom
26. November 2015 ausführlich dargelegt und auch ausgeführt, dass durch die angedachte
Ausgründung der Staatlichen Realschule Vöhringen in das Schulgebäude der derzeitigen städtischen Wirtschaftsschule in Senden keine der benachbarten Realschulen in Neu-Ulm, Vöhringen und Weißenhorn gefährdet sein würden.
Eine Entscheidung in der Sache selbst obliegt aber weder dem Stadtrat der Stadt Senden, noch dem Stadtrat der Stadt Vöhringen.
Es müsste hierzu eine Antragstellung vom Kreistag des Landkreises Neu-Ulm an das
Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst gestellt werden.
Letztlich obliegt die Entscheidung dann diesem Staatsministerium.
Nach Ansicht des Landrates und der Kreisverwaltung des Landkreises Neu-Ulm
soll eine Antragstellung an das zuständige Staatsministerium auf Ausgründung der Staatlichen Realschule Vöhringen nach Senden nur dann gestellt werden, wenn keine der benachbarten Realschulen im Bestand gefährdet ist.
Dies sei aufgrund der erstellten Prognosen der Schülerzahlen bis zum
Schuljahr 2024/2025 zwar wohl nicht zu erwarten, es könnte jedoch gewisse Einschränkungen im Angebot der Wahlpflichtfächer zur Folge haben.
Im Hinblick hierauf bittet das Landratsamt Neu-Ulm mit Schreiben vom
28. Oktober 2015 neben den Städten Neu-Ulm und Senden auch die Stadt Vöhringen
um Stellungnahme zu dieser seitens der Stadt Senden geplanten Ausgründung der Staatlichen Realschule Vöhringen nach Senden.
Stellungnahme:
Die Stadt Vöhringen hat, insbesondere auch als gemeinsames Mittelzentrum
mit der Stadt Senden, einerseits Verständnis für die derzeitigen Überlegungen der Stadt Senden.
Andererseits sieht die Stadt Vöhringen, zumindest mittel- und langfristig betrachtet,
doch eine nicht außer jeglicher Realität liegende Bestandsgefährdung der Staatlichen Realschule Vöhringen.
Die Stadt Vöhringen ist ferner der Ansicht, dass auch die Frage der Einrichtung einer sog. Verbundrealschule noch nicht abschließend geklärt ist.
Inwieweit die städtische Wirtschaftsschule Senden trotz durchaus sehr guter Arbeit
in den letzten Jahren eine reelle Zukunftschance hat, ist unsererseits nur schwer zu prog-nostizieren.
Der Wirtschafts- und Verwaltungsbezug stellt sicherlich ein gewisses Alleinstellungsmerkmal dar.
Die Wirtschaftsschule muss sich gleichwohl evtl. modifiziert etwas neu ausrichten,
als eigenständige Marke definieren und dabei ihre Stärken mit eigenem Profil stärken.
Für eine solche Profilsuche wäre sicherlich die IHK ein guter Ansprechpartner.
Auch die Durchlässigkeit nach oben muss weiterhin gesichert sein.
Unter diesem Blickwinkel würde die Auflösung der Wirtschaftsschule in Senden durchaus einen großen Verlust für die Vielfältigkeit und Durchgängigkeit des Schulsystems in Bayern darstellen, wie dies bereits bei der Erörterung in der Stadtratssitzung vom 26. November 2015 zum Ausdruck kam.
Ganz abgesehen auch davon, dass die Bildungsmöglichkeiten an der Wirtschaftsschule vor allem auch von der Unternehmerseite sehr begrüßt werden.
Die Stadt Vöhringen hat im Falle einer Ausgründung der Staatlichen Realschule Vöhringen nach Senden jedoch vor allem große Bedenken hinsichtlich des weiteren Fortbestandes der Staatlichen Realschule Vöhringen selbst.
Diese Bedenken teilt die Schulleitung (siehe Anlage 1), diese Bedenken teilen aber
auch der Elternbeirat der Staatlichen Realschule Vöhringen (siehe Anlage 2) wie auch der Förderverein der Staatlichen Realschule Vöhringen (siehe Anlage 3).
Herr Landrat Thorsten Freudenberger hat in seiner vorläufigen Stellungnahme
zu diesem Thema in der jüngsten Sitzung des Schul-, Kultur-, Sport- und Stiftungsaus-schusses des Kreistages ausgeführt, dass die Neugründung einer Realschule in Senden
den Bestand der anderen Realschule im Landkreis wohl nicht gefährden würde.
Rein nach den Zahlen dürfte dies u.U. auch belegbar sein.
Unsere Zielausrichtung muss aber, primär auf unsere Stadt Vöhringen bezogen,
die sein, vor allem unsere Staatliche Realschule Vöhringen zu stärken.
Sicherlich haben wir dabei Verständnis für die Wünsche der Stadt Senden.
Andererseits müssen wir aber einer Schaffung einer „Sendener Realschule“ so lange
kritisch gegenüberstehen, bis uns aufgezeigt und vor allem bewiesen wird, dass die Staatliche Realschule Vöhringen durch die Realschule Senden nicht im Bestand gefährdet oder gar zur unattraktiven Kleinrealschule wird.
In diese Überlegungen fließen auch mit ein, dass die Staatliche Realschule Vöhringen
mit einem erheblichen Kostenaufwand von rund fünf Millionen € saniert wurde, für die Realschule in Weißenhorn wurden insgesamt ebenfalls mehrere Millionen € in den massiven Umbau investiert.
Ob durch eine neue Realschule in Senden der Bestand der Staatlichen Realschule Vöhringen letztlich tatsächlich gefährdet ist, kann im Augenblick so zwar niemand mit Sicherheit sagen.
Was man aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass es Probleme geben kann hinsichtlich des Aufrechterhaltens aller drei Wahlpflichtfächergruppen (Gruppe 1 Mathematisch naturwissenschaftlicher Zweig; Zweig 2 Wirtschaftszweig; Zweig 3 Sprachlicher Zweig mit Französisch).
Auch ist zu befürchten, dass das Angebot an Wahlfächern schrumpfen wird,
da für einige Wahlfächer sicher nicht mehr die nötige Gruppenstärke erreicht werden kann. Dies mindert natürlich die Attraktivität einer Schule.
Durch ähnliche Wahlpflichtfächergruppen und Wahlfächerangebote würden sich auch beide Schulen gegenseitig Konkurrenz machen.