Kindergartenwesen Schaffung von weiteren Betreuungsmöglichkeiten Information und Entscheidung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Stadtratssitzung, 17.05.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Stadtratssitzung 17.05.2018 ö 4

Sachverhalt

1. Ausgangslage

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung durch die Städte und Gemeinden ist in
den vergangenen Jahren erheblich vorangeschritten. Es ist den Kommunen wie auch der Stadt Vöhringen bislang sogar weitestgehend gelungen, den seit dem 1. August 2013 in kraftgetretenen Rechtsanspruch für Kinder auf einen Kindertagesstättenplatz zu erfüllen. Noch vor wenigen Monaten konnte grundsätzlich allen Kindern in der Stadt Vöhringen ein Kindertagesstättenplatz angeboten werden. Bislang waren die Statistiker davon ausgegangen, dass die deutsche Bevölkerung eher schrumpft.
Nun zeichnet sich eine völlige Trendumkehr ab. Der Bedarf an Kindertagestättenplätzen steigt.

Der unerwartete und grundsätzlich sehr erfreuliche Babyboom löst bundesweit bei den Kommunen einen Kindertagesstättenengpaß aus. Ein weiterer Grund des steigenden Bedarfs liegt in dem sicherlich erfreulichen Zuwachs an Einwohnern in der Stadt Vöhringen. Bislang war die Einwohnerzahl über viele Jahre sehr konstant. Die Stadt Vöhringen wird bei jungen Familien, aber auch Älteren immer beliebter. Ein zusätzlicher Grund liegt an dem veränderten Elternverhalten, die ihre Kinder früher als all die Jahre zuvor zur Betreuung in die Kindertagesstätte geben. Die Zahl der Flüchtlingskinder ist hingegen nicht signifikant.

Zurzeit stehen die Kommunen deshalb bundesweit vor der Herausforderung, die stetig steigende Nachfrage zu erfüllen. Mit dem Ausbau reagieren die Kommunen auch auf die fortschreitende gesellschaftliche Veränderung. Der Bedarf wird nach Auffassung des Unterzeichners noch weiter steigen. Dieser Ausbau bleibt nach wie vor eine Herkulesaufgabe und ist bei weitem noch nicht abgeschlossen, wie dies auch Elternbefragungen erkennen lassen.

Die Stadt Vöhringen hat schnell und auch vorausschauend reagiert. Beispielhaft soll nur die Aufstockung der Kinderkrippe St. Michael Vöhringen erwähnt werden. Die Kinderbetreuungsbedarfsplanung der Stadtverwaltung war so konkret und exakt wie möglich. Sie hat auch beim ersten Anzeichen eines steigenden Bedarfs sofort reagiert. Die meisten Kommunen in Deutschland haben dieselbe Sachverhalts- und Bedarfslage.

Angesichts der aktuellen Ausgangslage zur Kindertagesbetreuung sind Bund und Länder gefordert, einen Masterplan für den Ausbau der Kindertagesbetreuung in Abstimmung mit den Kommunen zu erstellen. Es ist vollkommen unrealistisch, dass dies von heute auf morgen zu schaffen ist. Dies nur am Rande.

Wie in den vorangegangenen Sitzungen bereits dargestellt, besteht aktuell derzeit ein Bedarf an Betreuungsplätzen für ca. 20 Kindern, die ab dem neuen Kindergartenjahr im September dieses Jahres nicht in einer unserer sechs Kindertagesstätten im Stadtgebiet Vöhringen untergebracht werden können. Lediglich im Krippenbereich können derzeit alle Anmeldungen berücksichtig werden.

Dies bedeutet, dass wir bis September dieses Jahres einerseits uns über gewisse Zwischenlösungen behelfen müssen, um dem Bedarf für die Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen Rechnung tragen zu können. Andererseits sollten wir auch sehr zeitnah die Weichenstellung setzen, wie einem weiter steigenden Bedarf an Kindertagesstättenplätzen in der Stadt Vöhringen gerecht werden könnte.


2. Zwischenlösungen

2.1 Errichtung eines Containers

Bis September 2018 wäre die bereits in Erwägung gezogene Errichtung eines Containers bei der Kindertagesstätte „Rappelkiste“ (noch) realisierbar. In diesem Container könnte eine Regelgruppe mit 25 Kindern bzw. einer weitere Integrativgruppe mit 15 Kindern untergebracht werden. Die Arbeiterwohlfahrt hat die Übernahme der Trägerschaft für diese Gruppe bereits in Aussicht gestellt, die nach Fertigstellung des Anbaus auch dort integriert werden könnte.

Die Kosten würden laut grober Schätzung des Stadtbauamtes für die Montage, die Aufstellung und den Abbau eines Containers + Ausweichräumlichkeiten für ein Jahr einen Kostenaufwand von ca. 50.000,00 € bedingen (das Angebot belief sich auf einen Container für zwei Gruppen). Hinzu kämen noch Kosten für die Errichtung eines Fundamentes sowie für den Wasser- und Abwasseranschluss in Höhe von ca. 15.000,00 €.

Diese Lösung hätte den Vorteil, dass sie zeitlich bis September 2018 noch umsetzbar wäre und die dort befindliche Gruppe zu gegebener Zeit problemlos in den fertiggestellten Anbau integriert werden könnte.

Auch könnten die Container als Ausweichmöglichkeit für die während der Baumaßnahme wegfallenden Räumlichkeiten am Bestandsgebäude genutzt werden. Bekanntlich wird der jetzige Bewegungsraum umgebaut und fällt somit für die Dauer der Baumaßnahme aus.


2.2 Überbelegung der bestehenden Einrichtungen

Für den Betrieb der Kindertagesstätten ist grundsätzlich eine Betriebserlaubnis durch das Landratsamt Neu-Ulm erforderlich. Diese Erlaubnisse sind wiederum Voraussetzung für die staatliche Förderung. Im Rahmen der Betriebserlaubnisse ist es mit jeweiliger Ausnahmegenehmigung durch das Landratsamt Neu-Ulm gestattet, einige Notplätze (max. ein bis zwei Kinder pro Gruppe) vorübergehend zu besetzen.
Die Genehmigungen richten sich je nach Raumgröße und personeller Bestzungen der Einrichtungen. Während in den Kitas „Rappelkiste“ Vöhringen, Pusteblume“ Illerzell und „St. Martin“ Illerberg keine bzw. nur geringfügige Ausnahmen möglich sind, können im Kinderhaus „Arche“ in Vöhringen und „St. Michael“ Vöhringen eher Ausnahmen gemacht werden. Die sog. Notplätze reichen jedoch nicht aus, um die derzeit vorhandenen Überhänge auch nur annähernd abzubauen.


2.3 Vorübergehende Unterbringung in anderen städtischen Gebäuden

Andere städtische Gebäude, in denen evtl. eine Gruppe vorübergehend untergebracht werden könnte, stehen leider nicht zur Verfügung.

Bezüglich der vor kurzem vorgeschlagenen evtl. Nutzung des Obergeschosses in der Kindertagesstätte „Pusteblume“ in Illerzell bestätigt uns deren Leiterin, dass ein weiterer Gruppenraum im 1. Stock nicht zur Verfügung steht, da dieser mit den kleineren Kindern als Schlafraum und als Ausweichraum für die Vorschule und Frühförderung genutzt wird.

Das Erdgeschoss des neben dem Rathaus befindlichen „Knaur-Hauses“ stünde zwar prinzipiell zur Verfügung. Dieses müsste für die evtl. Unterbringung einer Kindergartengruppe aber zunächst mit nicht unerheblichem Kostenaufwand umgebaut werden. Es ist auch fraglich, ob diese Räume für eine Kindergartengruppe ausreichend wären und anerkannt würden. Zudem ist das Erdgeschoss im „Knaur-Haus“ bei weiterem Bedarf bereits für die Unterbringung einer sog. Großtagespflege für die Betreuung von ca. acht Kindern vorgesehen (siehe auch hierzu nachfolgende Ziff. 2.5).

Die Räume in der Marienstraße 4 (Dachgeschoss) oder in der Ulmer Straße 12 (1. OG) scheiden leider wegen des notwendigen zweiten Fluchtweges aus, der nur mit ganz erheb-lichem Kostenaufwand hergestellt werden könnte. Zudem müssten auch diese Räume zunächst grundlegend für die Unterbringung einer Kindergartengruppe umgebaut werden.


2.4 Errichtung eines Waldkindergartens

In den letzten Sitzungen wurde von einzelnen Stadtratsmitgliedern auch die Errichtung eines Waldkindergartens angesprochen. Die Stadtverwaltung sieht in der Errichtung eines Wald- oder Naturkindergartens zwar keine echte und effektive Lösungsmöglichkeit, den bestehenden Engpass an Kindertagesstättenplätzen zu beheben. Die Einrichtung eines Wald- oder Naturkindergartens könnte jedoch – unabhängig der konkreten Konzeptionierung – eine durchaus attraktive Ergänzung des bestehenden Angebotes sein, die sich wohl auch relativ zeitnah umsetzen ließe.

Je nach Konzeption, ob es sich um einen reinen, sog. klassischen Walkindergarten
oder einen integrierten Waldkindergarten (dies ist eine Kombination aus Natur und festen Räumen) handelt, sind unterschiedliche Voraussetzungen und Genehmigungen notwendig, die aber allesamt eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. In Wullenstetten betrug die Vorlaufzeit z.B. zwei Jahre, in Illertissen ca. ein gutes Jahr.

Eine staatliche Förderung gibt es für sog. Wald- oder Naturkindergärten nicht. D.h. die Finanzierung würde ausschließlich durch die Stadt Vöhringen erfolgen. Die Gruppengröße in einem klassischen Waldkindergarten liegt bei 15 bis 20 Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren.

Da es jedoch völlig unrealistisch ist, eine solche Einrichtung bis September 2018
zu realisieren, bestünde gleichwohl die Möglichkeit, interessierte Eltern auf ein Angebot der Stadt Illertissen zu verweisen. In diesem Waldkindergarten können bis zu 18 Kinder untergebracht werden. Aktuell sind dort nur sieben Kinder angemeldet, d.h. derzeit stünden noch bis zu elf Plätze für Eltern aus Vöhringen noch zur Verfügung.


2.5 Großtagespflege

Bei weiterem Bedarf besteht auch zudem die Möglichkeit, Plätze in einer Großtagespflege bereit zu stellen. Denkbar wäre die Unterbringung z.B. im Erdgeschoss des benachbarten „Knaur-Hauses“, das für diese Zwecke allerdings noch hergerichtet werden müsste. Die nötigen Finanzmittel in Höhe von vorläufig geschätzten ca. 50.000,00 € wurden bereits im Haushalt 2018 mit aufgenommen und bei den Etatberatungen mit einem Sperrvermerk versehen. Möglich wäre dort die Unterbringung von acht Kindern, die von Tagesmüttern betreut werden.


3. Bau einer weiteren Kindertagesstätte

Ungeachtet der in Ziff. 2 dargestellten Zwischenlösungen bedarf es aufgrund der aktuellen Anmelde- und Geburtenzahlen sowie nach Einschätzung des Unterzeichners und der Stadtverwaltung mittelfristig gleichwohl der Errichtung einer weiteren Kindertagesstätte.

Die Stadtratsmitglieder waren sich in der jüngsten Sitzung darüber einig, dass ein Standort hierfür im Nordwesten von Vöhringen zu präferieren wäre, nachdem dort auch ein neues Wohnbaugebiet entsteht. Die Grundstücksfrage müsste allerdings noch abschließend geklärt werden. Die Stadtverwaltung empfiehlt gleichwohl aus Zeitgründen, die diesbezügliche Planung ebenfalls möglichst zeitnah zu vergeben und die weiteren Details hinsichtlich Grundstück, Förderung usw. abzuklären.

Empfehlung

Siehe Sitzungsvorlage – ein konkreter Beschlussvorschlag wird in der Sitzung unterbreitet.

Diskussionsverlauf

Herr Bürgermeister Janson nimmt Bezug auf die ausführlichen Darstellungen in der
Sitzungsvorlage, in der verschiedene Möglichkeiten bezüglich der Schaffung von weiteren Betreuungsplätzen für die ab dem neuen Kindergartenjahr nicht untergebrachten Kinder aufgezeigt werden.
Als mögliche Zwischenlösung sei die vorübergehende Errichtung eines Containers bei der Kindertagesstätte „Rappelkiste“ denkbar, der auch gleichzeitig als Ausweichraum während der Baumaßnahme genutzt werden könnte.
Die Überbelegung von Kindergartengruppen sei bereits weitgehend vorgenommen worden und deshalb nur noch in sehr eng beschränktem Umfang möglich.
Die Errichtung eines Waldkindergartens sei zwar als ergänzendes Angebot vorstellbar, benötige aber auch eine gewisse Vorlaufzeit und sei auch kein Lösungsansatz im Hinblick auf den Gesamtbedarf.
Bei Bedarf könnte auch eine Großtagespflege im sog „Knaur-Haus“ eingerichtet werden, in welchem bis zu acht Kinder von sog. Tagesmüttern betreut werden könnten.
Ungeachtet dieser Zwischenlösungen komme die Stadt Vöhringen aufgrund der steigenden Anmeldezahlen durch Zuzug und höhere Geburtenzahlen nicht umhin, zeitnah die Weichenstellung für den Neubau einer weiteren Kindertagesstätte vorzunehmen. Präferiert werde dabei ein Grundstück im Norden von Vöhringen.

Im Gremium werden die aufgezeigten Zwischenlösungen von einigen Mitgliedern
nicht gerade als ideal angesehen.

Einige Mitglieder schlagen deshalb weitere Alternativen vor, z.B. Nutzung der Räume
in der Marienstraße 4 in Vöhringen, im ehemaligen Lehrschwimmbecken an der Mittelschule Vöhringen oder im ehemaligen Kindergarten in der Grundschule Illerberg. Einige Stadträte halten auch die vorübergehende Überbelegung von Kindergartengruppen für eine denkbare Alternative.

Die Vertreter der Stadtverwaltung zeigen auf, dass die Marienstraße 4 nicht zur
Verfügung steht, da dort zwischenzeitlich das Wasserwerk untergebracht ist und die
ehemaligen Kindergartenräume in Illerberg von zwei Mutter-Kind-Gruppen sowie von
örtlichen Vereinen bereits umfänglich genutzt werden. Das frühere Lehrschwimmbecken sei nur mit größerem finanziellem Aufwand nutzbar zu machen und sei bereits auch für andere schulische Zwecke vorgesehen. Ebenso sei die Überbelegung von Kindergartengruppen nur noch in sehr beschränktem Umfang möglich und pädagogisch auch nicht gerade ideal.

Im Verlaufe der Diskussion wird schließlich folgende mehrstufige Vorgehensweise
vorgeschlagen:

1.        Vorübergehende Unterbringung einer Notgruppe für 25 Kinder in einem Container bei der Kindertagesstätte „Rappelkiste“.
2.        Bei weiterem Bedarf Umbau des „Knaur-Hauses“ für die Errichtung einer Großtagespflege für bis zu acht Kinder.
3.        Ergänzend zum bestehenden Angebot sollen Möglichkeiten zur Errichtung eine Wald- oder Naturkindergartens aufgezeigt werden.
4.        Schnellstmögliche Einleitung der Planung für eine neue Kindertagesstätte.

Nach einer von der FWG-Stadtratsfraktion beantragten kurzen Sitzungsunterbrechung schlägt der Vertreter der CSU-Stadtratsfraktion vor, zunächst mit den Leiterinnen der örtlichen Kindertagesstätten ein Konzept auszuarbeiten.
Die SPD-Stadtratsfraktion bringt zum Ausdruck, dass die dadurch entstehende zeitliche Verzögerung zu Lasten der Eltern gehe, die dringend einen Kindergartenplatz benötigen.
Schließlich stellt Frau Hesser den Antrag, die Entscheidung bis zu einer Besichtigung der ehemaligen Kindergartenräumlichkeiten bei der Grundschule Illerberg zurückzustellen.

Dieser Antrag wird mit 12 : 5 Stimmen angenommen

Datenstand vom 22.06.2018 07:16 Uhr