Planung eines Naturfriedhofs - Anfrage eines privaten Unternehmers


Daten angezeigt aus Sitzung:  Haupt- und Umweltausschuss-Sitzung, 07.02.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Haupt- und Umweltausschuss Haupt- und Umweltausschuss-Sitzung 07.02.2022 ö Beschließend 1

Sachverhalt

Der Stadt Vöhringen liegt die Anfrage eines privaten Dienstleisters über die Möglichkeit vor, auf einem städtischen Waldgebiet einen Naturfriedhof anzulegen. Ziel soll es sein, dass die Stadt Vöhringen Träger des Naturfriedhofs werde und der Dienstleister das Betreiben des Friedhofs eigenverantwortlich übernehmen könnte. 

1.Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Stadt Vöhringen die Errichtung eines Naturfriedhofes zum jetzigen Zeitpunkt grundsätzlich anstreben und in die konkrete Planung einsteigen sollte. 
Der Naturfriedhof ist eine recht neue Bestattungsform, die von den Bürgerinnen und Bürgern in den bereits bestehenden Naturfriedhöfen gut angenommen wird. Die Vorstellung, die Verstorbenen in einem Wald unter einem Baum beisetzen zu können, sagt vielen Bürgerinnen und Bürgern zu. Die Nachfrage nach alternativen Bestattungsformen nimmt stetig zu. Mit der Errichtung eines Naturfriedhofs könnte dieser steigenden Nachfrage Rechnung getragen werden, insbesondere weil es in der Nähe nicht allzu viele vergleichbare Möglichkeiten gibt. 

Es gibt jedoch auch einige Punkte, die einer Errichtung eines Naturfriedhofs in Vöhringen entgegenstehen. 
Im Jahr 2017 hat die umfassende und kostspielige Umgestaltung der Vöhringer Friedhöfe begonnen. Seitdem wurden über 810.000 Euro für die Vöhringer Friedhöfe aufgewendet. 
Mit der aktuellen Umgestaltung werden mehrere neue naturnahe Bestattungsformen auf den bestehenden Friedhöfen angeboten. So werden z.B. künftig Bestattungen in der Wiese, die mit Sträuchern und Hecken bepflanzt wird, möglich sein. Zudem sieht die Planung auch die zeitnahe Schaffung von Baumgräbern auf unseren Friedhöfen vor. Gerade dies stellt ein ähnliches Angebot dar.
Bei der Überplanung und Umgestaltung wurde das Ziel verfolgt, dem öffentlichen Bedürfnis nach neuen und alternativen Bestattungsformen Rechnung zu tragen. Die Bürgerinnen und Bürger haben dadurch bereits jetzt die Auswahl zwischen mehreren unterschiedlichen Bestattungsformen. Es ist fraglich, ob hier die Schaffung einer zusätzlichen Bestattungsform – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt - wirklich notwendig ist. 

Mit welchen Kosten für das Anlegen des Friedhofs, den regelmäßig anfallenden Unterhalt und für die Ausschreibung gerechnet werden muss, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkretisiert werden. Diese Kosten können erst mit dem Einsteigen in die konkrete Planung und nach rechtlicher Prüfung der Voraussetzungen ermittelt werden. 

2.Sollte dennoch das Einsteigen in die konkrete Planung gewünscht werden, stellt sich die Frage, auf welche Art der Betrieb des Naturfriedhofs in der Praxis rechtlich gestaltet werden soll - ob die Stadt Vöhringen diesen Naturfriedhof selber betreiben möchte oder ob dies im Ganzen an einen privaten Unternehmer abgetreten werden soll. 
Eine direkte Übertragung des kompletten Betriebs an den die Anfrage stellenden privaten Dienstleister scheidet rechtlich aus, da zwingend eine Ausschreibung vorzunehmen wäre. 

Nach Art. 8 Abs. 2 BestG können nur juristische Personen des öffentlichen Rechts Träger von Friedhöfen sein. Friedhofsträger ist dabei, wer den Friedhof in eigener Verantwortung verwaltet.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, Sport und Integration beschreibt die Aufgaben der Gemeinden im Sinne des Bestattungsrechts wie folgt:
Mit ihren Friedhöfen und sonstigen Bestattungseinrichtungen (zum Beispiel Leichenhäuser, Feuerbestattungsanlagen) erfüllen die Gemeinden die Aufgabe der Totenbestattung, die ihnen in der Verfassung zugewiesen wird. Sie sind nach dem Bestattungsgesetz verpflichtet, Bestattungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, soweit dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht. Dabei werden sie in eigener Verantwortung tätig und legen die Einzelheiten zur Nutzung ihres Friedhofs in ihrer Satzung fest.
Gemeinden sind nicht nur Träger von Friedhöfen, sondern haben auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die bestattungsrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Das betrifft den Umgang mit dem Leichnam vom Zeitpunkt des Todes an bis zur Beisetzung oder Überführung des Verstorbenen.
Bei einer Abtretung des Betreibens an einen privaten Unternehmer muss die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben über viele Jahre sichergestellt werden. Sollte der externe Dienstleister, egal aus welchen Gründen, seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, muss letztlich die Stadt als Träger des Friedhofs für die Dauer des Ablaufs der Ruhefrist der zuletzt bestatteten Urne einspringen. Zudem ist eine Haftung der Stadt als Träger des Friedhofs im Schadensfall letztlich nie auszuschließen. Aus den genannten Gründen und der rechtlichen Komplexität des Sachverhalts rät auch der Bayerische Kommunale Prüfungsverband dringend von einer kompletten Übertragung an einen privaten Betreiber ab. 

Rechtlich unkompliziert dagegen ist die Übertragung der praktischen Aufgaben der Bestattung an einen externen privaten Unternehmer im Rahmen eines Bestattungsdienstvertrages, so wie es auch bei den anderen Vöhringer Friedhöfen gehandhabt wird. Die Stadt behält in diesem Fall die Entscheidungs- und Gestaltungshoheit in allen Fragen, die den Friedhof angeht, wie z.B. Gebühren, Art und Weise der Belegung, konkrete Ausgestaltung der Örtlichkeiten usw.

Empfehlung

Es soll beraten und entschieden werden, ob die weitere Planung zur Errichtung eines Naturfriedhofs - mit Berücksichtigung entsprechender Planungskosten im Haushalt 2022 - aufgenommen werden soll oder ob hiervon vorerst abgesehen werden kann.

Diskussionsverlauf

Der Tagesordnungspunkt wird von der Tagesordnung abgesetzt.

Datenstand vom 21.03.2022 11:20 Uhr