Antrag auf Errichtung einer Großtagespflege in der Industriestraße


Daten angezeigt aus Sitzung:  Stadtratssitzung, 28.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Stadtratssitzung 28.07.2022 ö Beschließend 4

Sachverhalt

Frau Katharina Hermann betreibt seit 01.11.2019 die Großtagespflege „Klangkiste“ im sog. „Knaur-Haus“ in Vöhringen.
Bei der Kindertagespflege handelt es sich um eine gesetzlich anerkannte Betreuungsform im familiennahen Umfeld und gleichrangig mit der Betreuung in einer anderen Kindertageseinrichtung ist. In einer Tagespflege können Kinder zwischen 0 und 14 Jahren betreut werden. Die Tagespflegepersonen arbeiten auf selbständiger Basis. Sie müssen eine Eignungsüberprüfung durchführen und an Qualifizierungskursen teilnehmen. Die Vorteile der Tagespflege liegen vor allem in der Flexibilität der individuellen Betreuung, im geringeren Kosten- und Verwaltungsaufwand für die Kommunen und in der schnelleren Verfügbarkeit solcher Plätze. 

Bei der „Großtagespflege“ handelt es sich um einen Zusammenschluss von Tagespflegekräften in angemieteten Räumen. In solchen Einrichtungen werden die Kinder von 2 bis 3 Tagespflegepersonen gemeinschaftlich betreut und es kann dabei auch ein fachlicher Austausch stattfinden. Die Tagespflege stellt ebenso wie die Großtagespflege eine weitere Ergänzung der Kinderbetreuung dar. 

Die derzeitige Großtagespflege „Klangkiste“ ist nach Art. 20 a BayKiBiG anerkannt. Hierdurch erhält die Großtagespflege die kindbezogene Förderung analog der Kindertageseinrichtungen. Voraussetzung hierfür ist neben der Anerkennung durch die Gemeinde, dass mindestens eine Erzieherin in der Gruppe tätig ist und die restlichen Tagespflegepersonen die Qualifizierung als Tagespflegeperson erfolgreich abgeschlossen haben. Die Anerkennung liegt derzeit für die Betreuung von zehn Kindern vor. Aktuell werden dort neun Kinder betreut.

Aufgrund des steigenden Bedarfs an Betreuungsplätzen ist Frau Hermann bereit, ihr derzeitiges Angebot auszuweiten (siehe Anlage 1). Hierfür würde sie Räumlichkeiten in der Industriestraße 25 anmieten (siehe Anlage 2).

Die Möglichkeiten zur Finanzierung sind in Anlage 3 dargestellt. Hierfür bedarf es für eine Gruppe der Anerkennung nach Art. 20 a BayKiBiG, welche eine kindbezogene Förderung ermöglicht. Die Anerkennung ist jedoch nur in einer Gruppe möglich, da Voraussetzung hierfür die Betreuung durch eine Erzieherin ist. Der Vorteil hierbei ist, dass die Förderung zu 50 % durch den Freistaat Bayern erfolgt. 

Da allerdings die kindbezogene Förderung allein die Kosten nicht abdeckt und nur eine Gruppe mit einer Erzieherin besetzt ist, bittet Frau Hermann zusätzlich um den Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der Stadt Vöhringen. Darin würde eine monatliche, von der Stadt zu bezahlende Pauschale pro betreutes Kind festgelegt werden. Die Höhe ist hierbei variabel einzusetzen. In den umliegenden Gemeinden liegt diese zwischen 350,- € und 550,- €. 

Die Höhe der Pauschale der beiden neugegründeten Gruppen würde sich jährlich insgesamt auf ca. 101.000,- € belaufen. Zudem einen Zuschuss zur Erstausstattung der Räumlichkeiten in Höhe von ca. 30.000,- € (siehe Anlage 4). Die kindbezogene Förderung der Klangkiste (ca. 34.800,- €) würde auf eine Gruppe der Klanginsel übergehen. In diesem Zuge wurde für die derzeitige Klangkiste ebenfalls ein Kooperationsgeld in Höhe von ca. 52.800,- € beantragt.

Zur Orientierung wird als Anlage 5 die zur Neukalkulation der Kinderbetreuungsgebühren zugestellte Tabelle über die Kosten der Kita-Plätze für das Jahr 2021 in der Stadt Vöhringen beigefügt. Im Vergleich zu dem mittleren jährlichen Zuschussbetrag von rund 6.000,- € pro Kindergartenplatz für die bestehenden städtischen und von freien Trägern betriebenen Kindergärten erscheint die jährliche Pauschale für 18 Betreuungsplätze (entspricht rund 7.500,- € pro Platz inkl. BayKiBiG-Förderung) relativ hoch. Hinzu kommt die beantragte einmalige Bezuschussung der Einrichtungsgegenstände in Höhe von ca. 30.000,- €.

Andererseits wird durch die Erweiterung des Angebotes im Bereich der Ganztagespflege die Betreuungssituation im Stadtgebiet verbessert. Da die Anforderungen an das Betreuungspersonal bei der Großtagespflege geringer sind als im Kindergartenbereich, ist es offensichtlich auch einfacher, hier Personal zu finden. 

Empfehlung

Um Entscheidung des Stadtrates wird gebeten.

Diskussionsverlauf

Frau Laible stellt den Antrag von Frau Hermann anhand der Sitzungsvorlage vor und erläutert insbesondere die rechtlichen Hintergründe und die tatsächliche Betreuungssituation. Weiterhin spezialisiere sich die Einrichtung auf den Bereich des Krippenalters (0-3 Jahre). 

Zu erwarten seien daher für die Stadt Vöhringen laufende Kosten im Jahr für die drei Gruppen in Höhe von ca. 190.000 Euro. Auch eine Erstausstattung in Höhe von 30.000 Euro ist beantragt worden. Diese erscheint nach interner Prüfung der Höhe nach realistisch.

Im Rahmen einer kontroversen Diskussion werden die Vor- und Nachteile abgewogen. Insbesondere wird thematisiert, dass, auch im Hinblick auf die kommenden Baugebiete an die benötigte Infrastruktur zu denken sei. Unter Berücksichtigung der bestehenden Warteliste auf Betreuungsplätze ergebe sich jedoch kaum eine andere Alternative für den Moment.
Auch die rechtliche Seite des Anspruches auf einen Betreuungsplatz wird in diesem Zusammenhang noch einmal erläutert.

Bürgermeister Neher bestätigt, dass es schwierig sei, Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Dies liege weniger daran, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, sondern vielmehr an geeignetes Personal zu kommen. Weiterhin sei zu bedenken, dass die Großtagespflege ein zusätzliches, alternatives Angebot zur Betreuung darstelle.

Herr Mennel bestätigt dies, anhand der kürzlich in Baden-Württemberg vorgestellten Studie an Fehlplätzen im Bereich des pädagogischen Personals. Weiterhin sei dieser Trend leider bundesweit festzustellen. Dabei komme erschwerend hinzu, dass oft ausländische Bildungsabschlüsse bzw. Qualifikationen in dem Bereich hierzulande nicht anerkannt werden.

Seitens eines Gremiumsmitgliedes wird vorgeschlagen, eine zeitliche Befristung im Kooperationsvertrag zu berücksichtigen. Dementsprechend wäre wünschenswert, den Kooperationsvertrag noch im zuständigen Gremium zu behandeln.

Bürgermeister Neher bestätigt, dass eine Befristung vertraglich gefasst werden müsse, da für die Stadt keine unbefristete Verpflichtung eingegangen werden könne.
Dies könne jedoch auch mit der Vereinbarung einer jährlichen Kündbarkeit gelöst werden. Eine weitere Behandlung scheide wegen der zeitlichen Not aus, da das Objekt bereits längere Zeit schon hierfür reserviert sei.

Weiterhin wird aus dem Gremium vorgeschlagen, die Höhe des Kooperationsgeldes für die Gruppen nach Qualifikation der Mitarbeiter hin zu staffeln.

Frau Laible schlägt insofern vor, 550 Euro bei Beschäftigung einer Erzieherin, 450 Euro bei Beschäftigung einer Kinderpflegerin und 350 Euro bei Beschäftigung von Tagesmüttern vorzusehen.

Beschluss

1.        Die Stadt Vöhringen stimmt dem Antrag auf Errichtung einer Großtagespflege in der Industriestraße 25 zu.
2.         Die erforderlichen zusätzlichen Mittel in Höhe von einmalig 30.000 Euro sowie 190.000 Euro Kooperationsgeld pro Jahr werden im Haushalt des Jahres 2023 und der Folgejahre zur Verfügung gestellt
3.        Der Bürgermeister wird ermächtigt, die entsprechende Kooperationsvereinbarung mit einer jährlichen Kündigungsmöglichkeit abzuschließen. Die Kooperationsvereinbarung wird abschließend im zuständigen Gremium gebilligt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 23, Dagegen: 0

Datenstand vom 10.10.2022 08:34 Uhr