Am 05. Mai 2025 stellte die SPD-Fraktion ein Antrag auf Durchführung eines Bürgerbegehrens mit der Zielsetzung „Kein Verkauf des städtischen Grundstücks an einen Investor“.
Nach Artikel 18 a Abs. 8 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) hat der Stadtrat innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens über dessen Zulässigkeit zu entscheiden.
Ein Bürgerbegehren ist zulässig, wenn die mit ihm verlangte Maßnahme zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört, die Angelegenheit nicht unter den Ausschlusskatalog des Artikel 18 a Abs. 3 GO fällt, die Unterschriftenlisten den formellen Anforderungen entsprechen, die erforderliche Unterschriftenzahl erreicht worden ist und vor allem die Fragestellung in materiell-rechtlich zulässiger Weise den Bürgerinnen und Bürgern zur Abstimmung unterbreitet werden kann.
Die Zulässigkeitsentscheidung des Stadtrates ist eine rechtlich gebundene Entscheidung, d.h. der Stadtrat darf sich bei seiner Entscheidung ausschließlich an rechtlichen Maßstäben orientieren. Darüber hinaus steht dem Stadtrat bei seiner Zulässigkeitsentscheidung auch keinerlei Ermessensspielraum zur Verfügung.
1. Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises
Bei der Veräußerung im Eigentum der Gemeinde stehender Grundstücke im Zusammenhang mit der Gestaltung des Ortskerns handelt es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises.
2. Katalog des Art. 18 a Abs. 3 GO
Ein Fall des Art. 18 a Abs. 3 GO, beispielsweise die Entscheidung über die Haushaltssatzung, liegt ebenfalls nicht vor.
3. Fragestellung und Begründung
Gemäß Art. 18a Abs. 4 GO muss ein Bürgerbegehren eine Begründung enthalten.
Die rechtlichen Anforderungen hinsichtlich des Begründungserfordernisses hat die Rechtsprechung umfassend konkretisiert, namentlich dahingehend, dass die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens zumindest in den Grundzügen wissen müssen, warum eine bestimmte Frage den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt werden soll.
Es ist auch erforderlich, dass die Unterzeichner nicht nur mündlich durch die Unterschriftensammler, sondern durch eine der regelmäßig beengten räumlichen und zeitlichen Situation angepasste knappe, einheitliche Begründung auf den Unterschriftenlisten erfahren, wofür sie sich einsetzen.
Ein Bürgerbegehren ist aber dann unzulässig, wenn dem Bürger ein unzutreffendes oder unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung vermittelt wird, d.h. wenn tragende Elemente seiner Begründung unrichtig sind.
Die Abstimmenden müssen in der Lage sein, den Inhalt des Bürgerbegehrens
zu verstehen, seine Auswirkungen zu überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abzuschätzen. Es ist zwar unvermeidlich und somit grundsätzlich hinzunehmen, dass Tatsachenmitteilungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens „gefärbt“ sein mögen. Es ist auch vorranging Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den vorgelegten Argumenten folgen wollen.
Die Grenze des rechtlich Zulässigen ist jedoch überschritten, wenn die Darstellung nicht bloß tendenziös, sondern objektiv irreführend ist.
Auch ein mündiger Bürger, der sich selbst um weitere Informationen bemüht, darf zumindest erwarten, dass die Fragestellung des Bürgerentscheids sie nicht zu unrichtigen Schlussfolgerungen verleitet und ihn damit in seiner Abstimmungsfreiheit beeinträchtigt.
Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Bürgerbegehren hingegen nicht. Mit triftigen Gründen ist es als objektiv irreführend, manipulativ, unvollständig sowie auch als viel zu unbestimmt einzustufen.
Im Einzelnen:
a) „Verkauf“ an „Investor“
In der Überschrift des Bürgerbegehrens heißt es, das Grundstück solle nicht „an einen Investor“ verkauft werden. In der darauffolgenden konkreten Frage heißt es, dass das Grundstück „weiterhin im städtischen Besitz bleiben soll und somit nicht verkauft wird“. Die konkrete Frage und die Überschrift des Bürgerbegehrens enthalten also einen gewissen Widerspruch, denn ein Verkauf „an einen Investor“, also einen außerhalb der Stadt stehenden Dritten, der finanzielle Mittel investiert, und ein gänzlicher Ausschluss des Verkaufs sind nicht deckungsgleich. Auch die konkrete Frage ist bei genauer Betrachtung in sich widersprüchlich, denn dass das Grundstück „weiterhin in städtischem Besitz bleiben soll“, schließt einen Verkauf nicht rechtlich zwingend aus.
Unabhängig von der rechtlichen Bedeutung des Begriffs „Besitz“, ist eine – von den Initiatoren als Alternativlösung favorisierte – Übertragung des Grundstücks an eine städtisch kontrollierte Gesellschaft denkbar. Dabei kann es, abhängig von der konkreten rechtlichen Konstellation, auch zu einem „Verkauf“ im Rechtssinne kommen.
Schon in dieser Hinsicht ist das Bürgerbegehren also überaus unpräzise formuliert und geeignet, sowohl bei den unterzeichnenden Bürgern also auch von dem dann zur Beschlussfassung und Umsetzung verpflichten Gemeindeorganen Verwirrung und Unklarheit auszulösen.
Angesichts dessen ließe sich hier auch vertreten, dass ein Verkauf gemeint ist, welcher der Stadt die Kontrolle über die Grundstücke entziehen würde, unabhängig von der rechtlich konkreten Ausgestaltung und korrekten Benutzung von Begriffen wie „Besitz“ oder „Verkauf“.
b) Verbleiben im städtischen „Besitz“ / „zukünftige Nutzung und Gestaltung des Areals“
Die Frage des Bürgerbegehrens zielt darauf ab, dass das besagte Grundstück „weiterhin im städtischen Besitz bleiben soll“, ein Verkauf, so wie ihn der „Vöhringer Stadtrat beabsichtig[e]“, habe laut Begründung „maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Gestaltung und Nutzung des Areals“.
Hierbei handelt es sich um die zentrale Begründung und Rechtfertigung des Bürgerbegehrens. Das Grundstück solle nicht verkauft werden, weil andernfalls die Stadt keinen ausreichenden Einfluss mehr auf die Gestaltung und Nutzung des Gesamtareals habe.
Indes enthält bereits der einschlägige Bebauungsplan „Neue Rathausmitte“ und seine Begründung genaueste Regelungen zur Nutzung und Gestaltung des Bereichs. Diese begrenzen sich nicht nur auf den Mindestinhalt auch eines qualifizierten Bebauungsplans, sondern enthalten etwa detaillierte Festsetzungen zur Bepflanzung und Begrünung, Neben- und Werbeanlagen, Stellplätzen und Tiefgaragen, Ein- und Ausfahrten, der Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen sowie örtliche Bauvorschriften zur Gestaltung der Gebäude, Einfriedungen oder Müllstandorte. Dieser Bebauungsplan wurde so nicht nur durch den Stadtrat beschlossen, sondern im Bebauungsplan-verfahren hat es bereits eine umfangreiche Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben.
Dieser Bebauungsplan wird ergänzt durch ein konkret auf die Situation zugeschnittenes, umfangreiches und detailliert geregeltes Auswahlverfahren für den Investor, wie es in der im Stadtrat beschlossenen Verfahrensunterlage dargestellt ist.
Im Ergebnis verbleibt die Planungshoheit vollumfänglich bei der Stadt Vöhringen. Der Investor verpflichtet sich vertraglich zur Umsetzung der nach vom Stadtrat festgelegten Kriterien bewerteten Projektidee. Es wird lediglich die Finanzierung und damit auch ein Teil des wirtschaftlichen Risikos an einen Investor ausgelagert.
Die Begründung des Bürgerbegehrens ist in dieser zentralen Hinsicht also jedenfalls grob irreführend, manipulativ und auch objektiv unwahr. Eine auch nur andeutungsweise Auseinandersetzung oder Information über die entgegenstehende Beschlusslage des Stadtrats findet nicht statt. Es kann auch keinesfalls unterstellt werden, dass dem Durchschnittsbürger der Inhalt des Auswahlverfahrens bekannt ist und es deshalb praktisch nicht zu einem Irrtum bei den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens kommen könne.
Aufgrund ihrer Kausalität für die Unterzeichnung des Bürgerbegehrens sind diese Fehler auch nicht heilbar.
c) Nicht rückübertragbares Grundstücksgeschäft?
Maßgeblich wird das Bürgerbegehren auch damit begründet, dass ein „nicht rückübertragbares Grundstücksgeschäft“ beabsichtigt sei.
Es handelt sich dabei jedoch um eine objektiv unzutreffende Tatsachenbehauptung. Auch Grundstücksübertragungen können nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts rückgängig gemacht werden. Vorliegend ist sogar die Festlegung darüber hinausgehender vertraglicher Rücktritts- und damit Rückübertragungsrechte im zu schließenden Kaufvertrag ausdrücklich und unveränderlich vorgesehen
d) Fehlende Aussagen zur Finanzierung und Zukunft
Auch zu der wesentlichen Frage, was die Stadt mit dem Grundstück machen solle, wenn es gemäß Bürgerbegehren nicht verkauft werden dürfe und den mit dem (Nicht-)Verkauf verbunden erheblichen finanziellen Auswirkungen, enthält das Bürgerbegehren nicht einmal Andeutungen.
Hierin könnte die Grenze zu einer unzulässigen Unvollständigkeit der Begründung überschritten sein. Andererseits ist nicht fernliegend, dass im Fall einer Bejahung des Bürgerbegehrens durch einen anschließenden Bürgerentscheid dann eine Bebauung durch die Stadt Vöhringen selbst stattfinden soll. Es bleibt jedoch unklar, in welchem Maße und auf welche Weise.
Ein Kostendeckungsvorschlag ist in Art. 18a GO nicht vorgesehen und deshalb nicht erforderlich. Diese gesetzgeberische Entscheidung geht auch der („Soll“-)Regelung des § 25 Ziffer 1 Satz 4 der Geschäftsordnung für den Stadtrat Vöhringen vom 21.12.2023 vor. Zudem sind diese Themen auch im Rahmen des „Wahlkampfes“ vor dem Bürgerentscheid thematisierbar, weshalb im Ergebnis eine Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens wegen fehlender Aussagen zur Finanzierung und Zukunft des Projekts nicht in Betracht kommt.
e) Bestimmtheit der Grundstücksbezeichnung in der Fragestellung
Die Fragestellung des Bürgerbegehrens muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
Auch wenn man unter sehr wohlwollender Auslegung davon ausgehen wollte, dass mit der Fragestellung im Bürgerbegehren jedenfalls kein bebautes Grundstück gemeint sein soll, sind aber jedenfalls die Grenzen des gemeinten „Grundstücks“ weder für die abstimmenden Bürger noch für die einen erfolgreichen Bürgerentscheid dann vollziehenden Stellen klar.
Schon die Fragestellung, die nur von einem „Grundstück“ im Singular spricht, trägt zur Irreführung bei, denn im in Betracht kommenden Bereich gibt es kein klares „Grundstück“, sondern mehrere Flurstücke. So befinden sich die Baugrenzen für die drei geplanten Gebäude auf den verschiedenen Flurstücken Nr. 19 - 22. Ein (einziges) „einheitliches“ Grundstück ist nicht erkennbar.
Auch aus dem Bebauungsplan ist nicht ersichtlich, wo das im Bürgerbegehren gemeinte „Grundstück“ beginnen oder enden soll. Es ist auch keine Abgrenzung zu den jeweils angrenzenden Bereichen, insbesondere auch zur dort geplanten Straße ersichtlich. Hierfür kämen etwa die Baugrenzen, die Grenzen der Verkehrsflächen oder die Grenzen der Flurstücke in Betracht, wobei jedoch auch nicht klar ist, welche Gebäude, Flurstücke oder Verkehrsflächen gemeint sind.
Dem Bürger wird weder aus der Fragestellung des Bürgerbegehrens noch aus dem Bebauungsplan ersichtlich, welche der Bereiche überhaupt im Eigentum der Stadt stehen. Er kann das gemeinte „Grundstück“ auch nicht mit Hilfe dieser Informationen präzisieren.
Falls mit „Grundstück“ das etwa in der Verfahrensunterlage rot umrandete Gebiet gemeint sein sollte, hilft dies bei der erforderlichen Bestimmtheit der Frage nicht weiter. Denn weder ist in der Frage in irgendeiner Weise auf diese Verfahrensunterlage oder Umrandung Bezug genommen, noch wurde die Verfahrensunterlage veröffentlicht und somit den interessierten Bürgern überhaupt zugänglich gemacht. Zuletzt ist auch die Abgrenzung dieses Bereiches im Laufe des Verfahrens mehrfach strittig gewesen und zum Teil auch abgeändert worden, insbesondere seine Grenze zum Straßenverlauf im Norden.
Mithin wird weder den Bürgern noch dem Stadtrat oder Bürgermeister, welche entsprechende Entscheide auszuführen hätten der eigentliche Gegenstand des Bürgerbegehrens genau klar. Daran ändern auch die in der Begründung erwähnten „drei Wohn- und Geschäftshäuser“ nichts, die aber nach der o.g. Rechtsprechung sowieso nicht zu berücksichtigen sind.
Für den durchschnittlichen Bürger ist durch die Begründung des Bürgerbegehrens auch nicht erkennbar, dass die Stadt Vöhringen die Straße auf eigenem Grund bauen und nach Fertigstellung an den Landkreis als Straßenbaulastträger übertragen will.
Eine Heilung durch Veränderung der Fragestellung ist nicht möglich, weil die Unterzeichner nicht hinreichend genau wussten, über welchen Gegenstand sie abstimmen.
4. Vertretungsregelung, Art. 18a Abs. 4 S.1 Hs. 2 GO
Auch die Vertretungsregelung des gegenständlichen Bürgerbegehrens ist – aus mehreren Gründen – mangelhaft.
a) Vertreterbenennung nicht von den Unterschriften gedeckt
So erfolgt die Benennung der Vertreter auf den Listen zum Bürgerbegehren erst nach den Unterschriftenfeldern. In der Satzung der Stadt Vöhringen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden legt § 2 Abs. 2 fest, dass Antrag, Fragestellung, Begründung und Vertreterbenennung Gegenstand der Unterzeichnung sein müssen. Vorliegend unterschrieben die Bürger zwar unter dem Antrag, der Fragestellung und der Begründung, jedoch nicht unter der Vertreterbenennung. Diese war vielmehr unterhalb der Unterschriften angebracht. Im Hinblick auf die Vertreterbenennung handelt es sich also bei den Unterzeichnungen des Bürgerbegehrens um eine bloße „Oberschrift“.
Bereits nach allgemeinen rechtlichen Maßstäben, kann eine solche „Oberschrift“ eine Unterschrift nicht ersetzen, die Unterschrift muss vielmehr den erklärten Text grundsätzlich auch räumlich abschließen.
Insbesondere liegt auch bei durchgestalteten Formularen von sonstigen Willenserklärungen, die eine Unterzeichnung weiter oben vorsehen, keine Unterschrift vor.
Auch für eine nachträgliche Heilung oder Legitimation der als Vertreter aufgeführten Personen ist nichts ersichtlich oder besteht nach Maßgabe der Rechtsprechung überhaupt Raum.
b) Nur gemeinschaftliche Rücknahmeermächtigung
Das Bürgerbegehren enthält eine Ermächtigung der Vertreter, das Bürgerbegehren „gemeinschaftlich zurückzunehmen“. Eine Zurücknahme nur durch einen der Vertreter ist somit ausgeschlossen. Es erscheint fraglich, ob der Ausschluss, das Bürgerbegehren durch Erklärung nur eines einzigen Vertreters zurückzunehmen, mit dem Sinn und Zweck von Art. 18a Abs. 4 GO vereinbar ist. Jedoch ist eine solche gemeinschaftliche Rücknahme von § 4 Abs. 4 BBS zugelassen. Nach diesseitiger Rechtsauffassung verstößt diese Vorschrift damit gegen Art. 18a Abs. 4 GO. § 4 BBS ist daher nicht anzuwenden. Das Bürgerbegehren verstößt grundsätzlich gegen Art. 18a Abs. 4 GO. Ein „Vertrauensschutz“ der Vertreter und Initiatoren des Bürgerbegehrens scheidet aus. Letzteres nicht nur deshalb, weil dieser gesetzlich nicht vorgesehen ist, sondern weil über ein objektiv rechtswidriges Bürgerbegehren nicht im Wege eines Bürgerentscheids abgestimmt werden soll. Ferner ist der Verstoß des § 4 Abs. 4 BBS gegen den Sinn und Zweck des höherrangigen Art. 18a Abs. 4 GO sehr offensichtlich, weshalb man den Vertretern und Initiatoren mindestens Fahrlässigkeit vorwerfen kann, was einen „Vertrauensschutz“ gegenüber der Stadt Vöhringen ausschließt.
c) Rücknahme „bis zum Beginn der Versendung der Abstimmungsbenachrichtigungen“
Zugleich werden die Vertreter ermächtigt, das Bürgerbegehren „bis zum Beginn der Versendung der Abstimmungsbenachrichtigungen“ zurückzunehmen.
Die in dem Bürgerbegehren erteilte Ermächtigung für die Vertreter, auch noch bis zum Beginn der Versendung der Abstimmungsbenachrichtigung das Bürgerbegehren zurücknehmen zu dürfen, verstößt gegen § 4 Abs. 4 BBS und ist rechtlich unzulässig.
d) Änderungsermächtigung
Das Bürgerbegehren enthält nach dem Unterschriftenteil weiter die Ermächtigung der Vertreter „zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen zu dürfen, soweit diese nicht den Kern des Antrages berühren“.
Diese Änderungsermächtigung verletzt das Transparenzgebot und die Abstimmungsfreiheit der Unterzeichner. Weiter gewährt das vorliegende Bürgerbegehren seinen Vertretern aber auch eine viel weitergehende Abänderungsbefugnis als in § 4 Abs. 3 BBS zugestanden; sie begrenzt sich nicht nur auf die Fragestellung, sondern soll allumfassend wirken.
5. Entgegenstehende rechtliche Verpflichtungen
Die bloß entgegenstehende Beschlusslage des Stadtrats genügt nicht für die Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
Nach dem aktuellen Stand sind bereits die Einreichung der Projektidee, die Sitzungen des Bewertungsgremiums und die Abgabe eines Kaufpreisangebots erfolgt. Je nach den im Einzelnen getroffenen Vereinbarungen, sind auch insoweit rechtliche Bindungen denkbar, insbesondere wenn schon feststeht, welcher Bieter zum Zuge kommen wird. Je nach Vertragslage könnte auch eine abrupte Beendigung des schon seit Monaten laufenden Bieterverfahrens zu Schadensersatzansprüchen der Bieter führen, weil bereits die Angebotserstellung, die Vorbereitung und Teilnahme an der Sitzung etc. mit erheblichen Kosten bei den Bietern verbunden wäre; über diese konkrete Gefahr von Schadensersatzansprüchen werden die Unterzeichner in der Begründung des Bürgerbegehrens ebenfalls nicht informiert.
6. Kein Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB
Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot liegt nicht vor, denn das Bürgerbegehren zielt auf die Eigentümerstellung an bestimmten Grundstücken, nicht auf bauplanerische, der Abwägung nach § 1 VII BauGB zugängliche, Festsetzungen.
7. Ordnungsgemäße Einreichung einer ausreichenden Zahl an Unterschriften
Das Bürgerbegehren muss von mindestens 9% der Gemeindebürger unterzeichnet worden sein. Bei 10667 Wahlberechtigten müssen daher mindestens 960 gültige Unterschriften vorliegen. Da 1.313 gültige Unterschriften eingereicht wurden, ist die Voraussetzung des Art. 18 a Abs. 4 GO erfüllt. Das Bürgerbegehren wurde auch von den Vertretern (bzw. Stellvertretern) in dieser Eigenschaft, und nicht etwa von der SPD-Stadtratsfraktion, die deckungsgleich mit den Vertretern und Stellvertretern ist, eingereicht.
8. Zusammenfassung
Im Ergebnis ist aufgrund einer Vielzahl an Fehlern von der Rechtswidrigkeit des Bürgerbegehrens auszugehen.
Dafür sprechen vor allem die inhaltlich fehlerhafte und irreführende Begründung, die unbestimmte Fragestellung sowie Fehler im Zusammenhang mit der Vertretungsregelung, die jeweils nicht heilbar sind. Jeder dieser Verstöße würden für sich allein zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führen.
Sollte der Stadtrat das Bürgerbegehren wider Erwarten und unter Verkennung der geltenden Rechtslage für rechtlich zulässig erklären, wäre der Bürgermeister gemäß § 9 BBS schon aus rechtlichen Gründen verpflichtet, diese Entscheidungen zu beanstanden, ihren Vollzug auszusetzen und die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeizuführen.
Hierzu wurde bereits im Vorfeld die Stellungnahme der Rechtsaufsichtsbehörde angefordert.
Bei der Bewertung des Bürgerbegehrens gelten ausschließlich rechtliche Maßstäbe. Eine entgegenstehende Entscheidung des Vöhringer Stadtrates kann von der Rechtsaufsichtsbehörde sanktioniert werden, aber u.U. auch Ansprüche von betroffenen Bürgern oder Investoren nach sich ziehen.
Sollte der Stadtrat, wozu er, wie dargelegt, vorliegend rechtlich verpflichtet ist, das Bürgerbegehren für unzulässig erklären, bestünde für die Vertreter des Bürgerbegehrens nach Art. 18a Abs. 8 S. 2 GO die Möglichkeit, gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen.
Herr Rechtsanwalt Dr. Uwe Lipinski, der seitens der Stadt Vöhringen mit der rechtlichen Prüfung der Zulässigkeit beauftragt wurde, wird in der Sitzung am 22.05.2025 die Themenbereiche der rechtlichen Zulässigkeit noch näher erläutern.