Antrag/Anfrage der Freie Wähler - Stadtratsfraktion auf Diskussion über verschiedene Themen aus dem Bereich Energie, sowie über Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen in Hinblick auf Nachhaltigkeit


Daten angezeigt aus Sitzung:  39. Sitzung des Stadtrates, 02.03.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat 39. Sitzung des Stadtrates 02.03.2023 ö beschliessend 9

Sach- und Rechtslage

Im letzten Jahr übergab in einer Stadtratssitzung die Freie Wähler – Stadtratsfraktion ihren Antrag/Anfrage die Diskussion im Gremium zu verschieden Themen aus dem Bereich Energie, sowie über Möglichkeiten in Bebauungsplänen Festsetzungen mit aufzunehmen die der Nachhaltigkeit dienen.

Das Antragsschreiben wurde den Fraktionssprechern in Kopie zur Kenntnisnahme zugeleitet, sowie ins Ratsinformationssystem für alle Gremiumsmitglieder eingestellt.

zu Nr. 1 des Antrags:

Seitens der Verwaltung wurden die Verbräuche der Heizenergie, des Strom- und Kraftstoffverbrauchs der Stadt Vohenstrauuß zusammengestellt, die Aufstellung wurde allen Gremiumsmitgliedern über das Ratsinformationssystem zur Verfügung gestellt.

Im Bereich Heizenergie wurde der derzeitige Zustand beschrieben, sowie eine Darstellung gefertigt, die geplante bzw. angedachte Umstellungsprojekte berücksichtigt.
Derzeit beseht ca. 64 % der Heizenergie aus regenerativen Quellen, der Rest in Höhe von 36 % kommt von fossilen Energieträgern.
Die Grafik mit der Betrachtung in der Zukunft (nach Umsetzung der geplanten Umstellungen) zeigt einen Anteil der regenerativen Quellen für die Heizenergie in Höhe von gut 87 %, lediglich nur noch ein Teil von knapp 13 % sind den fossilen Energieträgern zuzuschreiben.

Beim Stromverbrauch wird ein Jahresverbrauch von 710.443 kWh angeführt. 
Diesem Verbrauch kann die mit den städtischen Photovoltaikanlagen erzeugten Strommenge von 161.439 kWh entgegengesetzt werden. Man kann sagen, die Stadt hat ca. 22,72 % des Stromes selbst erzeugt. In der Umsetzung befinden sich zwei weitere Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 47,86 kWp. Bezieht man deren zukünftige Ertragsleistung mit in die Betrachtung – analoge der Heizenergie – ein, so liegt die Quote des selbsterzeugten Stromes bereits bei ca. 29,05 %.
In diesem Zusammenhang muss stets im Blick behalten werden, welche Gebäude sich auch noch für den Aufbau von Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung und Eigennutzung anbieten bzw. eignen. Für das Feuerwehrhaus Vohenstrauß wurden bereits im letzten Haushaltsjahr Mittel diesbezüglich vorgesehen, hier muss jedoch erst das Dach ertüchtigt werden. Ein weiteres Gebäude, welches tagsüber den meisten Strombedarf haben dürfte, da hier Betrieb ist, wäre das Rathaus. Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude ist grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen, daher wäre unter Umständen auch dies einmal zu diskutieren, da zudem die südliche und westliche Dachfläche (die sich für eine Photovoltaikanlage eignen würden) vom Marktplatz abgewandt sind.

Beim Kraftstoffverbrauch lässt sich erwähnen, dass der Jahresverbrauch einen durchschnittlichen monatlichen Verbrauch von ca. 4.400 Liter ergibt. Zur Versorgung der Fahrzeuge ist im Bauhof Vohenstrauß eine Dieseltankstelle installiert. Das Tankvolumen der Tankstelle beträgt 10.000 Liter. Nach voller Befüllung der Tankstelle steht demnach für einen Zeitraum von gut 2 Monaten Treibstoff zur Verfügung.


zu Nr. 2 des Antrags:

Regelungen, welche den Grundstückseigentümer, zu verschiedenen nachhaltigen Maßnahmen verpflichtet, können durch etwaige Festsetzungen in den jeweiligen Bebauungsplan festgelegt werden.

Bei der Aufstellung der vergangenen Bebauungspläne wurden bereits verschiedene Festsetzungen getroffen, welche dafür sorgen, dass bei der Bebauung von bisher unbebauten Grundstücken einige energetische und umweltpolitische Gesichtspunkte zu beachten und umzusetzen sind.

So wurden bereits bei der 2. Änderung des Bebauungsplanes Sommerwiesen, im 3. Bauabschnitt (Fassung vom 04.03.2021), im Hinblick auf die angesprochenen energetischen und umweltpolitischen Aspekte entsprechende Gedanken gemacht und u.a. nachfolgende, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gem. § 9 Baugesetzbuch (BauGB) zulässigen, textlichen Festsetzungen getroffen.

„2.2.4 Solarenergieanlagen / Sonnenkollektoren
Solarenergieanlagen oder Sonnenkollektoren sind auf oder an Dach- und Außenwandflächen der Wohngebäude und Garagen zu errichten. Die Voraussetzungen hierfür sind zu schaffen durch eine entsprechende Ausrichtung der Gebäude, eine für die Anbringung von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen günstige Gebäudeorientierung, Dachform und Dachneigung.“

„2.3.2 Vermeidung der Bodenversiegelung
Die Versiegelung ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Fußwege, wenig befahrene Fahrbereiche und Stellplätze sind nur im unbedingt notwendigem Umfang zu befestigen. Hierfür sind versickerungsfähige Beläge zu verwenden. Auch sonstige Beeinträchtigungen des Bodens, wie Bodenverdichtungen oder Bodenverunreinigungen, sind zu vermeiden (§ 1a Abs. 2 BauGB, § 7 BbodSchG).“

„2.3.3 Niederschlagswasser / Versickerung
Die auf den privaten Grundstücken anfallenden Niederschlagswässer sollen so weit wie möglich auf diesen versickert, zurückgehalten und als Brauchwasser genutzt werden. Die hieraus entstehenden Überwässer werden der Regenwasserkanalisation zugeführt. Auf jeder Parzelle ist eine Regenwasserzisterne mit einem Fassungsvermögen von mindestens 6 m³ vorzuhalten.“

„2.3.6 Private Grünflächen
Nicht überbaubare Grundstücksflächen sind als Grünflächen anzulegen. Pro 250 m² Grundstücksfläche ist mindestens ein standortgerechter Laubbaum 1. oder 2. Ordnung (Qualität: Stammumfang 18/20 cm) oder ein Obstbaumhochstamm zu pflanzen. Alternativ können Strauchpflanzungen mit mindestens 5 Gehölzen je angefangener 250 m² Grundstücksfläche erfolgen (Pflanzarten siehe Gehölzliste). Die Strauchpflanzungen sind mindestens zweireihig in Gruppen mit mindestens 10 Gehölzen je Gruppe anzulegen. Je Gruppe sind mindestens 2 Arten zu verwenden (Pflanzabstand: 1,0 x 1,0 m). Eine Kombination aus Baum- und Strauchpflanzungen zum Erbringen der Mindestbegrünung ist zulässig. Flächenhafte Stein-/ Kies-/ Splitt- und Schottergärten oder -schüttungen sind auf Baugrundstücksflächen unzulässig. Die nicht überbauten Grundstücksflächen sind darüber hinaus, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden, mit offenem oder bewachsenem Boden als Grünflächen anzulegen und zu unterhalten.“

Eine weitere Steuerungsmöglichkeit des Flächenverbrauchs und der Versieglung ist die Festsetzung einer entsprechend niedrigen Grundflächenzahl. Nach § 17 Baunutzungsverordnung (BauNVO) wird für Allgemeine Wohngebiete eine Grundflächenzahl von 0,40 empfohlen. Im Baugebiet Sommerwiesen gilt in allen Bauabschnitten die Grundflächenzahl 0,35. Vereinfacht gesagt heißt, dass hier 35 % der Grundstücksfläche mit baulichen Anlagen überdeckt werden darf, u.a. werden hier neben dem Hauptgebäude auch Terrassen, Garagen, Stellplätze und deren Zufahrten, sowie Nebenanlagen nach § 14 BauNVO (z.B. Holzlege oder Geräteschuppen etc.) mitgerechnet. Wird die zulässige GRZ daher zu niedrig angesetzt, haben die Grundstückseigentümer womöglich Probleme diese einzuhalten. Dies kann in der Konsequenz eine Vielzahl von Anträgen auf Befreiung mit sich bringen, was wiederrum die Umsetzbarkeit und Sinnhaftigkeit der getroffenen Festsetzungen in Frage stellen könnte. Daher ist die Wahl der festzulegenden Grundflächenzahl gewissenhaft zu überlegen.

Zur Vermeidung der übermäßigen Bebauung/Versiegelung der Baugrundstücke wäre die Festsetzung von privaten Grünflächen im zeichnerischen Planteil, zur Beschränkung der überbaubaren Flächen möglich. Dies wird jedoch aus nachfolgenden Gründen nicht empfohlen. 
  • Für die Festsetzung einer privaten Grünfläche, auch im Wohngebiet, ist eine genaue Nutzung festzusetzen (vorgegeben werden unter Nr. 9 der Anlage zur PlanZV die Zweckbstimmungen: Parkanlage, Zeltplatz, Dauerkleingärten, Badeplatz/ Freibad, Sportplatz, Friedhof und Spielplatz genannt) und dennoch kann hier auch eine untergeordnete Bebauung möglich sein.
  • Auch ist eine solche Festsetzung beitragsrechtlich kritisch zu sehen, da der Grundstückseigentümer sein Grundstück grundsätzlich nicht mehr in vollem Umfang baulich nutzen kann.
  • Zu Bedenken ist außerdem, dass mögliche Entschädigungsansprüche gegen die Stadt geltend gemacht werden könnten, soweit dem Grundstückseigentümer Vermögensnachteile entstehen (§ 40 BauGB).

Die Versickerung des auf dem Baugrundstück anfallenden Niederschlagswassers verpflichtend festzusetzen ist grundsätzlich ein guter und reizvoller Gedanke. Jedoch muss beachtet werden, dass nicht an allen Stellen des Stadtgebietes die geologischen Voraussetzungen für eine gute Versickerung gegeben sind.
Um dies entsprechend zu beurteilen, wird jeweils vor der Ausweisung eines Baugebiets bzw. deren Erschließung ein entsprechenden Baugrundgutachten in Auftrag gegeben, welches dann eine entsprechende Aussage zur Sickerfähigkeit des Bodens in dem Baugebiet beinhaltet.
In den Baugebieten, wo eine gute Sickerfähigkeit vorlag, wurde dies bereits im Bebauungsplan festgesetzt, ein Beispiel hierfür ist das Baugebiet „In der Leiten“. Die neuerdings umgesetzten Baugebiete hatten diesbezüglich schlechte Werte, sodass hier keine Versickerung in Anbetracht kam.


Um den Gedanken der Nachhaltigkeit bei den zukünftigen Baugebieten (sowohl Wohn- als auch Gewerbegebieten) Rechnung zu tragen und evtl. auch noch stärker zu fokussieren, erscheint als sinnvoller Weg, wie bereits bei der Ausweisung des 3. Bauabschnittes des Baugebietes „Vohenstrauß – Sommerwiesen“ an den oben aufgeführten Festsetzungen festzuhalten. Bei den Regelungen zum Aufbau von Solarenergieanlagen (Photovoltaik) sollte dies in der Gestalt festgelegt werden, dass ein Aufbau zwingend erforderlich ist.
Bezüglich der Versickerung von Niederschlagswasser wäre die Fortführung der bisherigen Praxis beizubehalten.


Um in der Bestandsbebauung (außerhalb der Geltungsbereiche der Bebauungspläne) etwaige Ziele umzusetzen gestaltet sich schwieriger.
Um hier evtl. Verbesserungen zu erreichen bzw. die Bürger zu nachhaltigeren Denken zu bewegen könnte unter Umständen durch die Auflegung etwaige kommunaler Förderrichtlinien erzielt werde.

Die Stadt Vohenstrauß hat diesbezüglich zum 01.03.2021 ihre Richtlinie für die Bezuschussung von Regenwassernutzungsanlagen bereits geändert. Sodass nicht nur eine Regenwassernutzungsanlage zum Betrieb der Toilettenspülung gefördert wird sondern auch jene, welche der Gartenbewässerung dient.
Die Brauchwassernutzung spart kostbares Trinkwasser und zugleich wir im Falle der Gartenbewässerung der gesammelte Niederschlag auf dem Baugrundstück wieder der Natur zugeführt.

Weitere kommunale Förderungen könnten im Rahmen der Leistungsfähigkeit (Finanzkraft) der Gemeinde durch diese aufgelegt werden. Es ist jedoch ausdrücklich daraufhin hinzuweisen, dass eine solche freiwillige Leistung stets vor dem Hintergrund der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Kommune zu beurteilen ist.
Als mögliche, die einen nachhaltigen Hintergedanken in sich tragen, wären z. B. 
  • Förderung / Bezuschussung von dem Aufbau von Photovoltaikanlagen auf Bestandsgebäude und/oder der Einbau / die Neuerrichtung dazugehöriger Speichersysteme
  • Förderung von freiwilligen Maßnahmen im Bereich „Grün in der Stadt“ wie z. B. Begrünung von Dächern und Fassaden bei Bestandsgebäuden, die Entsiegelung und Gestaltung von Hof- und Freiflächen oder Baumpflanzungen 


zu Nr. 3 des Antrags:

Zu Gründung von Stadtwerken oder einer ähnlichen Gesellschaft ist an eine Vielzahl von Punkten zu denken bzw. auf diese zu achten. Ob eine solche Gründung dann für sinnvoll zu erachten ist, muss daher genau abgewogen und überlegt sein.

Bei der in der Anfrage erwähnten Modellkommune Wunsiedel ist deren Stadtwerk – das 60 Mitarbeiter umfasst - ein aus der Vergangenheit heraus gewachsenes Unternehmen, da dies bereits 1898 gegründet wurde. 
Dass ein solches Unternehmen, welches auf Jahrzehnte lange Erfahrung im Energiebereich zurückgreifen kann, besser auf die derzeitigen Anforderungen auf dem Energiesektor reagieren kann wie ein Neuunternehmen wird wohl nicht zu bestreiten sein. 

Folgende Punkte/Fragen sind in Überlegungen hinsichtlich Stadtwerken oder ähnlicher Betriebsform mit zu berücksichtigen/einzubeziehen (Aufzählung nicht abschließend):

  • Welche Betreiberform soll gewählt werden?
  • Wer soll daran beteiligt sein? (nur Kommune, oder auch Investoren, Bürger, etc.)
  • Wie sieht es mit der Haftung der Kommune aus?
  • Wie wirkt sich dies steuerlich auf die Stadt aus?
  • Jede Organisation/Firma bedarf einer eigenen Verwaltung (separate Abschlusserstellung, eigene Geschäftsführung, Kontrollorgane, etc.).
  • Kann das viele, nötige Fachpersonal – in der derzeit schwierigen Situation des Fachkräftemangels – gefunden werden?
  • Wie ist das nicht vorhandene KnowHow bezüglich Netze zu handeln und der Betrieb zu gestalten?
(durch eigenes Personal oder Beauftragung von Fachfirmen, dann ist man jedoch auch wieder abhängig von den Anbieteren, die dies leisten können, was in der Regel wiederrum die großen Konzerne sein werden)
  • Kann ein kleines Unternehmen die Vielzahl der gesetzlichen Vorgaben erfüllen bzw. genauso kostengünstig abwickeln wie größere Unternehmen? 
(z. B. wenn gewisse fixe Aufwendungen nur auf einen kleineren Teilnehmerkreis umgelegt werden können, anstelle einer Vielzahl von Nutzern)
  • Kann ein neu gegründetes Unternehmen der auf dem Markt erfahrenen Konkurrenz standhalten?

Beschluss

Keiner.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 03.04.2023 13:06 Uhr