Antrag der SPD-Stadtratsfraktion auf schonenden Einsatz von Tausalz im Winterdienst durch die Stadt Vohenstrauß; Grundsatzbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  20. Sitzung des Stadtrates, 04.11.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat 20. Sitzung des Stadtrates 04.11.2021 ö beschliessend 5

Sach- und Rechtslage

Mit Schreiben vom 19.09.2021, welches am 14.10.2021 per E-Mail bei der Stadt Vohenstrauß einging, beantragt die SPD-Stadtratsfraktion über den schonenden Einsatz von Tausalz im Winterdienst durch die Stadt Vohenstrauß zu beraten. Es wird angeregt, soweit möglich auf Tausalz weitestgehend zu verzichten und auf andere abstumpfende Stoffe wie Splitt oder Sand zurückzugreifen.
Der Antrag der SPD-Stadtratsfraktion wurde den Stadtratsmitgliedern über das Ratsinformationssystem zur Kenntnisnahme bereitgestellt.

Der Einsatz von abstumpfenden Streustoffen im Bereich des kommunalen Winterdienstes ist angesichts der Umweltauswirkungen des Streusalzes auf den ersten Blick ein reizvoller Gedanke. Jedoch ergeben sich bei genauer Betrachtung viele Punkte, die der augenscheinlichen Alternative entgegenstehen.

Die Verwendung von Splitt im Bereich des Winterdienstes bringt folgende Nachteile mit sich:
  • Folgeschäden in den Entwässerungsanlagen (Kanalisation)
Durch den als Streumittel verwendeten Splitt werden Einlaufschächte (Straßensinkkästen) schneller verstopft, da sich dieser in den Fangkörben ansammelt. Dadurch ist dann eine ordnungsgemäße Entwässerung der Straßen in Gefahr. Zudem lagern sich die abstumpfenden Streumittel auch in den Kanälen ab, was wiederum zu einem höheren Unterhalt für die Anlagen der Entwässerungsanlage führt. Ebenso ist Splitt bzw. Sand im Abwasser für die in den Pumpwerken betriebenen Anlagen „Gift“, da durch die Schleifwirkung dieser Materialen die Pumpen sehr schnell verschleißen und defekt werden. Eine Ersatzbeschaffung dieser defekten Anlagenteile belastet dann wiederum die Nutzer der kostenrechnenden Einrichtung (hier: die Kanalbenutzer über die Kanalgebühren, die in dessen Folge wahrscheinlich ansteigen).
  • Nachteilige Auswirkung auf den Verkehr, da Rückstände den Bremsweg verlängern.
  • Höherer Straßenunterhalt, bedingt durch die schmirgelnde Wirkung kommt es zu schnelleren Verschleiß der Fahrbahnmarkierungen.
  • Ablagerungen am Rand führen dazu, dass der Seitenstreifen erhöht wird und dadurch der Wasserabfluss erschwert wird. Ein schlechter Wasserabfluss kann eine erhöhte Gefahrenquelle für die Bildung von Glatteisflächen darstellen.
  • Nur kurzfristige Wirkung von Splitt
Bei Verwendung von abstumpfenden Materialien ist dessen Wirkung nur von kurzer Dauer gegeben, da diese schnell in den Schnee gefahren werden und somit keine Wirkung mehr zeigen. Bei Splitt geht die Fachwelt davon aus, dass nach 300 – 400 Fahrzeugüberfahrten eine Nachstreuung erforderlich ist, weil das Material aus den Fahrspuren herausgeschleudert wird.
  • Beschädigung (Lackschäden und als sekundäre Folge Korrosionsschäden) der Fahrzeuge anderen Verkehrsteilnehmer bei der Ausbringung des Streuguts oder dem Aufwirbeln durch vorbeifahrenden Autos. 
  • Zusätzlicher Aufwand, bevor abstumpfende Materialien als Streumittel verwendet werden können
Um Splitt als Streumittel einsetzen zu können sind im Vorfeld einige bauliche und organisatorische Maßnahmen erforderlich. 
Als erstes ist es erforderlich, dass für die Lagerung eine geeignete Halle vorhanden ist. Eine Lagerung des Streuguts im Außenbereich ist nicht möglich. Das Streugut muss trocken gelagert werden, damit es nicht einfriert, da sonst eine vernünftige Verarbeitung nicht mehr möglich ist. Derzeit sind alle Hallen des städtischen Bauhofes belegt. Eine Einlagerung der enormen Mengen, die für den Winterdienst benötigt werden würden kann derzeit nirgends untergebracht werden. Daher müsste im Vorfeld ein geeignetes Lagergebäude errichtet werden in dem die benötigten Massen ihren Platz finden würden. Eine Bevorratung des Splittes in einem Silo, wie es bei Streusalz üblich ist, ist technisch nicht möglich.
Da das Streugut nicht in einem Silo bevorratet wird, ist zur Befüllung der Räum- und Streufahrzeuge auch ständig ein geeignetes Gerät (z. B. Lader) vorzuhalten. Ebenso ist zusätzliches Personal, welches die Befüllung der Einsatzfahrzeuge vornimmt, erforderlich.
Zur Verwendung von Splitt in den derzeitigen Streuautomaten ist entweder deren Einstellung grundlegend umzustellen bzw. diese nachzurüsten. Somit ist ein „schneller“ Wechsel des Streumaterials im Bedarfsfall nicht möglich, was die planbare Sicherstellung der Einsatzbereitschaft des Winterdienstes negativ beeinträchtigt.
  • Doppelte Fahrzeuge benötigt, für die Erledigung der Streuaufgaben in den eingeteilten Gebieten
Derzeit hat die Stadt Vohenstrauß für die Bewältigung der Aufgaben des Winterdienstes fünf Fahrzeuge im Einsatz. Die Aufgabenbereiche der Fahrzeuge sind gebietsweise eingeteilt. Wenn nun in einem Gebiet eine Straße vorliegt die mit Splitt gestreut werden soll, muss hier in dem Winterdienstfahrzeug Splitt geladen sein. Die angrenzende Straße ist z. B. sehr steil und ist demnach mit Streusalz zu streuen, kann dies durch das vor Ort befindliche Fahrzeug nicht vorgenommen werden, daher wäre es dann ab sofort erforderlich, dass in einem Gebiet parallel zwei Räumfahrzeuge unterwegs sind, eines welches Streusalz geladen hat und ein weiteres mit Splitt. Dies zieht logischerweise auch höhere – doppelte - Betriebskosten (Fahrzeugkosten, Personalkosten, etc.) nach sich.
  • Vielfaches höher Menge an Streumitteln erforderlich bei Splitteinsatz
In der Fachwelt geht man davon aus, dass bei Verwendung von Splitt im Gegensatz zum Streusalz eine 10 bis 20-fache Menge benötigt wird. Dies ist vor Allem durch die höhere Ausbringungsmenge bei der ersten Streuung, sowie den dann nötigen Folgestreuungen zur Aufrechterhaltung der Griffigkeit erforderlich.
  • Erhöhte Feinstaubbelastung der Umgebung durch Splitteinsatz
Der Streusplitt wird durch die Verkehrseinwirkung zum Teil zu Feinstaub zermahlen und am Fahrbahnrand sowie auf unbefahrenen Trennflächen abgelagert. Nach dem Abtrocknen kann Feinstaub in Aerosolgröße aufgewirbelt werden. Diese Staubbelastung durch zermahlenes abstumpfendes Streugut stellt für die Verkehrsteilnehmer und Anrainer eine Beeinträchtigung des Lebensumfeldes dar, eine gesundheitliche Beeinträchtigung ist nicht auszuschließen.
  • Hohe Entsorgungskosten des auf den Straßenflächen zurückgebliebenen Splitts
Der am Ende einer Winterperiode zurückgebliebene Splitt muss von den Straßenflächen entfernt werden. Das entstehende Kehricht ist durch Gummiabrieb, Ölreste und sonstigen verunreinigt und muss daher entsprechend kostenintensiv entsorgt werden.


Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat sich mit den „Umweltauswirkungen abstumpfender Streustoffe im Winterdienst“ befasst und in einem Bericht von ihr zusammengefasst.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass
  • für eisglatte Fahrbahnen abstumpfende Streustoffe ungeeignet sind.
  • der Einsatz von abstumpfenden Stoffen auf Fahrbahnen, wo aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses ein höherer Kraftschluss zwischen Fahrzeug und Fahrbahn erreicht werden muss (z. B. Durchgangsstraßen, Hauptverkehrs- und Hauptsammelstraßen mit hoher Verkehrsbelastung, Straßen mit besonderen Verkehren – ÖPNV, Rettungsdienste, Industrie- und Gewerbegebiete-, besondere Gefahrenstellen – Steigungsstrecken, Engstellen, …-), auszuschließen ist.

In dem erwähnten Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen ist auf Seite 73 als Ergebnis der Literaturanalyse folgende Aussage zu entnehmen:
„Als Arbeitsergebnis der Literaturanalyse ist festzustellen, dass der Einsatz abstumpfender Streustoffe im Winterdienst aus ökonomischen, verkehrstechnischen und juristischen Gründen grundsätzlich nicht zu empfehlen ist.“


Der Außendienstleiter und seine Beschäftigten beachten derzeit und auch in der Vergangenheit schon bei der Erledigung ihrer Aufgaben im Winterdienst den Grundsatz der bedarfsorientierten Streuung. Dies bedeutet, es wird immer nur so viel gestreut wie nötig um der gesetzlichen Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Es wird stets versucht, einen möglichst geringen Salzverbrauch pro Quadratmeter zu erreichen, soweit technisch möglich.
Die Aussage, dass der kommunale Winterdienst mit Streusalz freigiebig umgeht, ist demnach nicht richtig.


In dem Antrag der SPD-Stadtratsfraktion wird auch angeführt, dass andere Kommunen im Landkreis und auch die Stadt Weiden i. d. OPf. auf den Einsatz von Tausalz verzichten und auf Splitt oder Sand zurückgreifen.
Die Verwaltung hat sich diesbezüglich bei verschiedenen Gemeinden erkundigt:

  • Stadt Weiden i. d. OPf.:
Die Stadt Weiden i. d. OPf. verwendet für die Streuung der Straßen Feuchtsalz und Sole. Lediglich auf den Geh- und Radwegen wird Splitt als Streugut verwendet.
Bei der Nachfrage bei der Stadt Weiden wurde auch auf den bereits oben erwähnten Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen verwiesen, der die Verwendung von Streusalz in der Gesamtheit als das beste Mittel bezeichnet.

  • Stadt Pleystein:
Im Bereich der Stadt Pleystein wird für alle Flächen, die maschinell geräumt und gestreut werden, als Streugut Streusalz verwendet. Die an steilen Straßen aufgestellten Streukisten sind mit Splitt gefüllt (im Bereich der Stadt Vohenstrauß werden die Streugutkisten ebenfalls mit Splitt befüllt).

  • Stadt Neustadt a. d. Waldnaab:
Bei der Anfrage bei der Stadt Neustadt a. d. Waldnaab ist als Ergebnis festzuhalten, dass diese auf den Straßen nur Streusalz verwendet. Für Gehwegbereiche wird ein Salz-Splitt-Gemisch je nach Wetterlage und –prognose eingesetzt.

  • Pressath:
Im Bereich der VG Pressath (Pressath, Schwarzenbach, Trabitz) wird ausschließlich Streusalz verwendet.

  • Grafenwöhr:
Die Stadt Grafenwöhr verhält sich wie die Stadt Pleystein. Grundsätzlich wird für alle Bereich Streusalz als Streumittel eingesetzt. Die aufgestellten Streugutkisten sind mit Splitt gefüllt.


Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine Änderung der Praxis in Bezug auf die Durchführung und Umsetzung der Winterdienstarbeiten nicht angezeigt ist.
Die Verwendung von abstumpfenden Streugut anstelle von Streusalz ist aus den oben genannten Gründen nicht sinnvoll, daher wird vorgeschlagen weiterhin Streusalz zu verwenden.
Die Befüllung der aufgestellten Streugutkisten ist, wie in der Vergangenheit bereits geschehen, mit Splitt vorgesehen.

Beschluss

Dem Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 19.09.2021 auf schonenden Einsatz von Tausalz im Winterdienst durch die Stadt Vohenstrauß wird nicht zugestimmt.

An der Durchführung und Umsetzung der Winterdienstarbeiten ist nichts zu ändern. 
Der Außendienstleiter und das Personal des städtischen Bauhofs haben den Winterdienst in altbewährter Weise - wie bisher in der Vergangenheit – durchzuführen. Da stets bedarfsorientiert gehandelt wurde um den Aufgaben der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.

Eine Verwendung von abstumpfenden Materialien scheidet aus den vielen Nachteilen und der eindeutigen Aussage des Berichts der Bundesanstalt für Straßenwesen aus. Es ist weiterhin Streusalz als Streugut zu verwenden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 3

Datenstand vom 03.12.2021 08:27 Uhr