Beteiligung an einer Gesellschaft zur Entwicklung von Wind- und Photovoltaikkraftwerken im Landkreis Kitzingen – Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele


Daten angezeigt aus Sitzung:  Stadtratssitzung Volkach, 12.12.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Volkach (Stadt Volkach) Stadtratssitzung Volkach 12.12.2022 ö beschließend 05

Vorbericht

Es soll eine Projektentwicklungsgesellschaft von den kommunalen Gebietskörperschaften und Ver­sorgungsunternehmen im Landkreis Kitzingen gegründet werden. Aufgabe ist es, den Ausbau der erneuerbaren Energien besser zu koordinieren. Mit einem koordinierten Vorgehen gemeinsam mit den Infrastrukturbetreibern/Energieversorgungsunternehmen - N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kitzingen - im Landkreis Kitzingen werden insbesondere folgende Ziele verfolgt: 

  • „Richtigen“ Technologiemix ermitteln
  • Netzausbau und Zubau der Erneuerbaren hinsichtlich richtigem Zeitpunkt und richtigem Ort koordinieren 
  • Investitionskosten begrenzen und in Folge Stromkosten für die Verbraucher der Region be­grenzen 
  • Flächenverbrauch begrenzen 
  • Langfristige und „breite“ Wertschöpfung vor Ort realisieren 

Das koordinierte Vorgehen in Form einer gemeinsamen Gesellschaft dient dazu, wesentliche Grundstücke für Windkraftanlagen und Photovoltaikfreiflächenanlagen zu sichern sowie diese Flächen und Projekte in der richtigen Reihenfolge zu entwickeln. Erreicht wird hierdurch ein zielgerichtetes Vorgehen zum Wohle der Menschen und Unternehmen in der der Region, welches Gemeinwohl vor Einzelinteressen und nachhaltigen Erfolg vor „schnellen Gewinn“ stellt.
 
Sachvortrag 
Rahmenbedingungen und Zielsetzung 
Die Erreichung der Klimaschutzziele wird sowohl auf der europäischen wie auch auf der nationalen Ebene vorangetrieben. Wegweisend ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes hierzu, wel­cher Ende April 2021 veröffentlicht wurde und die wesentliche Leitlinie für den Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist. Die Ausbauziele der Bundesregierung wurden im sog. „Osterpaket“ im Jahr 2022 definiert. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist essentiell für die Erreichung der Klimaschutzziele. Die Bundesregierung hat sich das konkrete Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien stammen. Zugleich ist von einem sehr deutlichen Anstieg des Strombedarfs in Deutschland auszu­gehen, bedingt durch die zunehmende Elektrifizierung im Verkehrs- und Gebäudesektor (im wesentlichen Elektromobilität und Wärmepumpen). 
Im Ergebnis bedeutet dies eine erforderliche Verdreifachung der installierten Leistung bei Erneuerbaren Energien ggü. dem heutigen Niveau bis zum Jahr 2030, die nur durch erhebliche Anstrengungen vor Ort in den Kommunen erreicht werden kann.

Zugleich muss das Stromverteilnetz als elementare Infrastruktur stark ausgebaut werden, um den Anschluss der Erneuerbaren Erzeugungsanlagen zu ermöglichen. Die Sichtbarkeit von Windkraft- und Photovoltaikfreiflächenanlagen, aber auch von Stromleitungen, Umspannwerken etc., wird deutlich zunehmen und das Landschaftsbild dauerhaft verändern. 
Ebenso steigt der Flächenbedarf für die technischen Anlagen stark an und damit die Nutzungskonkurrenz zu Landwirtschaft, Tourismus, Erholung/Freizeit etc. Ohne nachhaltige Akzeptanz in der Bevölkerung kann der Ausbau in der gesetzlich vorgegebenen Dimension nicht gelingen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ausbau des Stromverteilnetzes deutlich länger dauert als der Ausbau der Erneuerbaren Energien. 
Folge des bislang weitgehend unkoordinierten Vorgehens beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist, dass zahlreiche Photovoltaikfreiflächenanlagen errichtet werden, diese jedoch die Strommengen nur stark reduziert in das Verteilnetz einspeisen können. Daher steigen die erforderlichen Ausgleichszahlungen für nicht eingespeiste Strommengen stark an und in Folge die Stromkosten für die Verbraucher der Region. Eine analoge Entwicklung ist bei der Windkraft zu erwarten.
 
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist daher künftig so zu gestalten, dass keine unnötigen Folgekosten für die Menschen und Unternehmen des Landkreises Kitzingen entstehen, der Flächenverbrauch auf das erforderliche Maß begrenzt bleibt, Ressourcenengpässe berücksichtigt werden und die Wertschöpfung weitest möglich in der Region verbleibt. Es ist daher eine enge Koordination und ein hohes Maß an Verbindlichkeit zwischen Kommunen (in einem regionalen Zusammenhang) und ihren regionalen Energieversorgern zwingend erforderlich, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu wahren, unnötig hohe Stromkosten für Bürger/innen und Unternehmen sowie einen unnötigen Flächenverbrauch zu vermeiden und zugleich eine weiterhin sichere Versorgung zu gewährleisten.
 
Die im Folgenden vorgestellte geplante Kooperation von kommunalen Gebietskörperschaften und Versorgungsunternehmen im Landkreis Kitzingen fügt sich somit sehr gut in die aktuelle klimapoli­tische Aufgabenstellung ein und leistet einen relevanten Beitrag, die Herausforderungen im Land­kreis Kitzingen gut zu meistern. 

Modell und organisatorische Umsetzung 
Der zur Beschlussfassung vorgelegte Lösungsansatz sieht vor, dass die kommunalen Gebietskör­perschaften (Städte, Märkte, Gemeinden, Landkreis) und N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kit­zingen im Landkreis Kitzingen gemeinsam eine Projektentwicklungsgesellschaft gründen. 
Diese Gesellschaft soll die zentrale, kommunale Projektentwicklungsgesellschaft für alle Kommunen im Landkreis Kitzingen werden. 
Die gemeinsame Gesellschaft hat die Aufgabe, Photovoltaikfreiflächenprojekte und Windenergieprojekte bis zur Baureife (das ist in der Regel das Vorliegen des Ge­nehmigungsbescheids) zu entwickeln. Geographisches Zielgebiet der Tätigkeiten der Projektent­wicklungsgesellschaft ist der Landkreis Kitzingen; in Ausnahmefällen können auch Projekte außer­halb des Zielgebiets (z. B. bei Projekten, welche Flächen im Landkreis Kitzingen und in einem Nachbarlandkreis betreffen) entwickelt werden.

Eine Gesellschafterstellung steht allen Kommunen im Landkreis Kitzingen sowie dem Landkreis Kitzingen offen; dabei sollen die Anteile je kommunalem Gesellschafter gleich hoch sein. 50 % der Anteile an der Gesellschaft sollen insgesamt von den kommunalen Gebietskörperschaften gehal­ten werden, die weiteren 50 % der Anteile von den örtlichen Energieversorgungsunternehmen N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kitzingen: 

Die Projektentwicklungsgesellschaft soll im Zuge der Gründung insgesamt mit 500.000 EUR an Kapital ausgestattet werden, welches anteilig durch die Gesellschafter aufgebracht wird. Auf die kommunalen Partner entfallen insgesamt 250.000 EUR, welche sich auf 50.000 EUR Stammkapital und 200.000 EUR Kapitalrücklage aufteilen. Jede einzelne Kommune wird hieran einen Anteil halten, welcher sich aus dem insgesamt aufzubringenden Kapital von 250.000 EUR dividiert durch die Anzahl der teilnehmenden kommunalen Gebietskörperschaften aus dem Landkreis Kitzingen errechnet. 

Die Projekte sollen nach erfolgreicher Projektentwicklung nicht in der Projektentwicklungsgesell­schaft selbst gebaut und betrieben werden, sondern in eigens gegründeten Projektgesellschaften (Zweckgesellschaften). 
Hierzu wird die Projektentwicklungsgesellschaft in der Regel nach Erreichen der Baureife die Projekte zu marktüblichen Konditionen veräußern. Ziel ist es, dass die Projekte anschließend durch die an der Projektentwicklungsgesellschaft beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften und Energieversorgungsunternehmen sowie unter Beteiligung der Bürgerschaft umgesetzt werden. 
Die Gesellschafter der Projektentwicklungsgesellschaft haben daher nach einem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Mechanismus das Recht, aber nicht die Pflicht, Gesellschafter der jeweiligen Zweckgesellschaft zu werden und damit auch in den Bau der Anlagen zu investieren. Es steht daher jeder beteiligten Kommune offen, über die nun zur Entscheidung vorgelegte Beteiligung an der Projektentwicklungsgesellschaft hinaus, zu einem späteren Zeitpunkt auch über eine finanzielle Beteiligung an den zu bauenden Erzeugungsanlagen zu entscheiden. 
Die zu errichtenden Photovoltaikfreiflächenanlagen und Windenergie-Anlagen werden von der Zweckgesellschaft errichtet, dauerhaft betrieben und der produzierte Strom von der Zweckgesellschaft vermarktet. 
Die Gesellschafter streben an, dass der produzierte Strom vorrangig regional vermarktet wird und von Bürgern und Bürgerinnen und Unternehmen im Landkreis Kitzingen bezogen werden kann. Zudem ist ein fester Bestandteil des Konzepts, dass den Bürgern und Bürgerinnen vor Ort eine angemessene Beteiligungsmöglichkeit angeboten wird.

Ein wesentliches Element für den beschleunigten Ausbau Erneuerbarer Energien ist es, dass die kommunalen Gebietskörperschaften bei der Anpachtung geeigneter Flächen unterstützen sowie eigene Flächen vorrangig der Gesellschaft zu marktüblichen Konditionen zur Pacht anbieten. 

Die N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kitzingen werden energiewirtschaftliches Know-how in die Projektentwicklungsgesellschaft sowie in die Zweckgesellschaften einbringen. Die Projektentwick­lungsgesellschaft selbst wird Flächen bewerten, langfristig sichern und alle erforderlichen Schritte unternehmen, um Baurecht herbeizuführen. Das schließt neben dem Abschluss entsprechender Pachtverträge zur Grundstücksnutzung, der Einholung der erforderlichen Gutachten (Naturschutz, Immissionsschutz, Luftverkehrssicherheit, Denkmalschutz, etc.) auch die Klärung des Netzanschlusses ein.

Die Projektentwicklungsgesellschaft soll kein eigenes Personal beschäftigen. Die Geschäftsführung wird voraussichtlich nebenamtlich von den beteiligten Versorgungsunternehmen gestellt werden. Die Gesellschaft wird Dienstleistungsunternehmen für die Projektentwicklung sowie für die Erstellung der notwendigen Gutachten beschäftigen bzw. geeignete Kooperationen eingehen.

Die Projektentwicklungsgesellschaft finanziert sich über die Einlagen der Gesellschafter sowie über Gesellschafterdarlehen, die erforderlichenfalls von N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kitzingen gestellt werden. Perspektivisch soll über die Erlöse aus erfolgreichen Projektentwicklungen die Entwicklung neuer Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien ermöglicht werden. Es wird daher die Erzielung einer angemessenen und risikoadäquaten Rendite aus der Entwicklung und dem anschließenden Verkauf der Projekte angestrebt, um langfristig erfolgreich tätig bleiben zu können. Die Entwicklung mehrerer Projekte in der Gesellschaft stellt sicher, dass das Risiko des Scheiterns einzelner Projekte (Projektentwicklungsrisiko) ausgeglichen werden kann. Zugleich fühlt sich die Projektentwicklungsgesellschaft energiepolitischen, ökologischen und sozialen Zielen verbunden. 
Die Durchführung regionaler Projekte durch die beteiligten Kommunen ist grds. möglich.

Wesentliche Inhalte der Gesellschaftervereinbarung und Satzung 
Die Gesellschaftervereinbarung und Satzung regeln die vorstehend unter dem Punkt „Modell und organisatorische Umsetzung“ beschriebenen Eckpunkte für die Geschäftstätigkeit der Projektent­wicklungsgesellschaft. Satzungsgegenstand der Projektentwicklungsgesellschaft ist dementspre­chend die Identifikation, Prüfung und Entwicklung von Projekten im Bereich Erneuerbarer Energien zur langfristigen Stärkung einer ökologischen, nachhaltigen und kostengünstigen Energiever­sorgung der Bevölkerung. 

Der Gesellschaftsvertrag ist ein üblicher Standardvertrag für eine GmbH. Geregelt wird insbeson­dere, dass regelmäßige Gesellschafterversammlungen stattfinden und wichtige Angelegenheiten der Beschlussfassung der Gesellschafter bedürfen. Beschlüsse, welche die Gesellschaft selbst oder den Gesellschafterkreis betreffen, bedürfen einer qualifizierten Mehrheit, alle anderen Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit getroffen. 
Es besteht keine Nachschusspflicht. 
Das Risiko der Kommune beschränkt sich daher auf die geleistete Einlage. 
Daneben werden übliche Vorerwerbsrechte der Mitgesellschafter vereinbart, wenn ein Gesellschafter ausscheiden möchte. Die kommunalwirtschaftsrechtlichen Vorgaben aus der Bayer. Gemeindeordnung sind berücksichtigt. Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Licht, Gas und elektrischer Kraft fällt nach Art. 83 der bayer. Verfassung in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, so dass eine Freigabe des Beteiligungsvorhabens durch die kommunalen Aufsichtsbehörden erwartet wird (Vorabstimmung mit Aufsichtsbehörden wird noch durchgeführt). 

Weiteres Vorgehen 
Es ist geplant, dass die drei beteiligten Versorgungsunternehmen N-ERGIE, ÜZ Mainfranken und LKW Kitzingen die Projektentwicklungsgesellschaft nach Vorliegen der notwendigen kartell- und kommunalrechtlichen Freigaben zum Jahresanfang 2023 zunächst gemeinsam gründen. Der Auf­nahme der kommunalen Gebietskörperschaften erfolgt nach Vorliegen der notwendigen Beschlüsse bis spätestens Ende März 2023 in einem zweiten Schritt. 

Beschluss 1

Herr Kornell beantragt die Vertagung des Tagesordnungspunktes.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 10

Beschluss 2

Beschlussvorschlag 
Die Stadt Volkach begrüßt die Bemühungen zu einer stärkeren Verankerung der Energiewende auf regionaler Ebene unter kommunaler Trägerschaft und beschließt, sich deshalb an der Grün­dung einer Projektentwicklungsgesellschaft für Erneuerbare Energien für den Landkreis Kitzingen in der Rechtsform einer GmbH zu beteiligen. 

Die Entscheidung zur Beteiligung an der Gesellschaft dient dazu, eine Struktur zu schaffen, in de­ren Rahmen Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien im Landkreis Kitzingen entsprechend der kommunalen Zielsetzungen entwickelt und umgesetzt werden. 

Die Höhe der Gesellschaftereinlage der Stadt Volkach wird auf max. 12.500 EUR (abhängig von Zahl der Beteiligten festzulegen: Betrag fällt deutlich geringer aus, wenn alle bzw. ein Großteil der Gemeinden im Landkreis Kitzingen sich beteiligt) beschränkt. Eine Nachschusspflicht der Stadt Volkach zur Gesellschaftereinlage wird ausgeschlossen. Der Bürgermeister wird ermächtigt, im Rahmen des Gründungsaktes für die Stadt Volkach die erforderlichen Unterschriften zu leisten und die Gesellschaftereinlage aus Haushaltsmitteln der Stadt Volkach zu erbringen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 8

Datenstand vom 16.01.2023 20:49 Uhr