Antrag auf Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Gewerbefläche im EG einer Bäckerei zu einem Arbeiterwohnheim auf dem Grundstück Fl.Nr. 38 der Gemarkung Holzolling, Esterndorfer Straße, 83629 Weyarn.


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 07.12.2023

Beratungsreihenfolge

Gmoablattl (redakt. verkürzte Fassung)

Der Antragsteller ist neuer Eigentümer des Grundstückes in Holzolling in der Esterndorfer Straße. Das auf dem Grundstück sich befindliche Bestandsgebäude wurde bislang im Erdgeschoss als Bäckerei mit Ladengeschäft genutzt und soll nun in ein Arbeiterwohnheim mit 11 Zimmern umgenutzt werden. Eine gesonderte Betriebsbeschreibung war dem Antrag nicht beigefügt. Deshalb wurde dem Antragsteller eine solche abverlangt. Als Antwort wurde übermittelt: 
„Das Nutzungskonzept ist die Vermietung von Zimmern mit Gemeinschaftsbad und Gemeinschaftsküche im Allgemeinen an Handwerksbetriebe oder Angestellte von Zeitarbeitsfirmen die in der Nähe von Weyarn arbeiten. Die Dauer der Vermietung ist von ca. 3 Monaten bis zu 18 Monaten."
Im Flächennutzungsplan ist das Grundstück als Allgemeines Wohngebiet (WA) dargestellt. Das betroffene Grundstück ist faktisch umgeben von einer Wohnbebauung. Es handelt sich um eine nicht beplante Fläche im Innenbereich gemäß § 34 BauGB. 
Fraglich ist, ob der aus den Plänen zu vermutende Beherbergungsbetrieb die Wohnruhe in dem faktischen Wohngebiet erheblich stört und gebietsverträglich ist und durch das Vorhaben ggf. ein Verstoß gegen das „Rücksichtnahmegebot“ besteht. Die Nutzungsart „Arbeiterwohnheim“ erfüllt den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens nicht. 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Begriff des Wohnens durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Davon unterscheiden sich andere Nutzungsarten, die sich durch ein übergangsweises, nicht „alltägliches“ Wohnen oder ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen auszeichnen. Ein kurzer geschäftlicher Aufenthalt ist ggf. wenig auf Dauer angelegt wie das Unterkommen in Herbergen jeder Art. 
Das Vorhaben als Beherbergungsbetrieb stellt aus Sicht der Verwaltung einen Gewerbebetrieb dar und ist somit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nur im Gewerbegebiet oder Sondergebieten zulässig. Ein Beherbergungsbetrieb setzt dabei voraus, dass Räume ständig wechselnden Gästen zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können. Neben der Dauer des Aufenthalts sind dabei auch Kriterien wie der Zweck der Unterkunft, deren Zielgruppe und die Ausstattung der Räume zu berücksichtigen.
Der Bauantrag zeige, dass die Räume weder Erholungszwecken dienen noch eine Wohn- oder wohnähnliche Nutzung vorliege. Man gehe davon aus, dass mit dem Begriff „Arbeiterwohnheim“ kurzfristige Aufenthalte von hauptsächlich Geschäftsreisenden und Monteuren gemeint seien. 
Unabhängig davon, ob man von einem Beherbergungsbetrieb oder einem sonstigen Gewerbebetrieb ausgehe, sei aus Sicht der Verwaltung die beantragte Nutzung als Arbeiterwohnheim auch nicht ausnahmsweise zulässig. Dem Vorhaben stehe die unmittelbar geltende Zulässigkeitsgrenze aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entgegen, sodass die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahme nicht gegeben seien. Eine Ausnahme sei unzulässig, wenn das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets widerspreche. Vorliegend widerspreche die Zweckbestimmung der zur Genehmigung beantragten Nutzung als Arbeiterwohnheim der speziellen Prägung in dem zu betrachtenden Gebiet.
Im Übrigen führe die beabsichtigte Nutzung zu einer erhöhten Nutzung und Lärmentwicklung gerade in den außerhalb der üblichen Arbeitszeiten liegenden Zeiträumen, mithin in den Abend- und Nachtzeiten. Es würde vermutlich auch zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen kommen.
Weiterhin sei unabhängig von den gesetzlichen Stellplatzanforderungen damit zu rechnen, dass nahezu jeder Bewohner ein Fahrzeug benötigen würde, da in Holzolling keinerlei öffentliche Verkehrsmittel verkehren. So würden bei einer Genehmigung die vier zusätzlich ausgewiesenen Stellplätze in keinem Fall ausreichend sein, da die Wohnnutzung der übrigen Räume beibehalten werden soll. 
Bereits jetzt lägen Erkenntnisse vor, dass die Vermietung des Obergeschosses an die vermutliche Zielgruppe zu einem Fahrzeugaufkommen von über 10 parkenden Fahrzeugen führen könnte. Der Parkplatz sei bereits vollkommen ausgelastet. Die Nutzungsänderung mit weiteren 17 Betten würde das Parkaufkommen mindestens verdoppeln. 
Der Stellplatznachweis kann auf der zu verfügbaren Stellfläche nicht im ausreichenden Maß erbracht werden. An der Esterndorfer Straße liegt auch das Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr Holzolling, sodass die Zufahrt über die Esterndorfer Straße nicht durch parkende Autos gefährdet werden darf. In diesem Fall müssten ggf. Parkverbote auf dem Einsatzweg geprüft werden.
In der Diskussion wurde auf die mangelnde Infrastruktur am Ort im Allgemeinen hingewiesen sowie auf die schwierige Situation speziell im unmittelbaren Umfeld des Objekts: zu wenig Parkraum an der schmalen Straße, gefährliche Situation durch eingeschränkte Sicht an der Eimündung zur Staatsstraße, unzureichende Zahl an Stellplätzen am Haus.
Entsprechend der Empfehlung des Bauausschusses verweigerte der Gemeinderat das gemeindliche Einvernehmen zum Bauantrag, da der aus den Plänen zu vermutende Beherbergungsbetrieb die Wohnruhe in dem faktischen Wohngebiet erheblich störe und damit „nicht gebietsverträglich“ sei. Es sei ein Verstoß gegen das „Rücksichtnahmegebot“. Die Nutzungsart „Arbeiterwohnheim“ erfülle den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens nicht.
Ebenso könnten auf der kleinen Fläche die Stellplatzanforderungen für eine so massive Nutzung nicht erfüllt werden, zumal die Esterndorfer Straße für die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen nicht als öffentlicher Parkraum zur Verfügung stehe.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 0

Datenstand vom 15.12.2023 07:51 Uhr