Antragsteller/Bauherr: Niedermeier Albert; hier: Errichtung eines Pferdestalles mit Reitplatz (Erweiterung des bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes) auf den Grundstücken Fl.Nr. 473 und 474/2 der Gemarkung Wolnzach, Nähe Gartenstraße - Stellungnahme zum Schreiben des Landratsamtes Pfaffenhofen a. d. Ilm vom 18.02.2021


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bauausschusses, 23.03.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bauausschuss (Markt Wolnzach) Sitzung des Bauausschusses 23.03.2021 ö beschliessend 8

Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Das Bauvorhaben wurde bereits im Jahre 2015 durch die vormalige Grundeigentümerin der Flächen Fl.Nr. 473 und 474/2 der Gemarkung Wolnzach ohne Baugenehmigung rechtswidrig errichtet und ist seither Bestand. 

Für das gegenständliche Bauvorhaben wurde mit Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 15.12.2015 sowie 27.06.2017 das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt. Mit Beschluss vom 23.07.2019 hat der Bau- und Umweltausschuss des Marktes Wolnzach auf ein Schreiben des Landratsamtes Pfaffenhofen a. d. Ilm hinsichtlich der Erschließung und der möglichen Verweigerung des Grundstückanschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungsanlagen entsprechend beantwortet. 

Das Landratsamt Pfaffenhofen a. d. Ilm hat mit Bescheid vom 20.08.2019 den letztmaligen Bauantrag wegen mangelnder landwirtschaftlicher Privilegierung, nicht gesicherter Erschließung und planungsrechtlicher Bedenken abgelehnt. Hiergegen wurde durch den Antragsteller/Bauherren entsprechend Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingereicht. 

Das Landratsamt Pfaffenhofen a. d. Ilm hat die Marktgemeinde daher mit Schreiben vom 18.02.2021 um die Beantwortung folgender Fragen gebeten (1. Bürgermeister Machold trägt zur besseren Verständlichkeit dem Gremium die einzelne Fragestellung und Herr Kling direkt im Anschluss den jeweiligen Antwortvorschlag aus dem Beschlussvorschlag vor): 

  1. Ist es richtig, dass Herr Albert Niedermeier einen Antrag auf Befreiung vom Anschlusszwang gestellt hat? Falls ja, können Sie uns den Beschluss hierüber bitte zusenden? Laut Klägervertreter sei ein entsprechender Antrag (…) vollkommen unberücksichtigt geblieben. 
  2. Hat Herr Niedermeier ein Angebot für die Kostenübernahme der Erschließung abgegeben? Fall ja in welchem Rahmen? Wie wurde hierüber entschieden? 
  3. Der Klägervertreter führt zudem aus, dass keine Beeinträchtigung hinsichtlich der städtebaulichen Entwicklung sowie der schutzwürdigen Wohnbebauung vorliege. Die landwirtschaftliche Fläche Fl.Nr. 475/2 und 480 stelle ausweislich der Naturschutzbehörde eine schützenswerte terrassenartige Struktur mit Hecken und Ranken dar., sodass diese ohnehin nicht bebaut werden darf und weiterhin landwirtschaftliche Fläche darstellt. Nach Kenntnis des Klägers war hier ein Baugebiet angedacht, das jedoch wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Belange nicht umgesetzt wurde. Eine städtebauliche Entwicklung würde somit nicht beeinträchtigt. Die angrenzende Wohnbebauung, die im Westen/Südwesten besteht, wird durch das Vorhaben ausweislich der Immissionsschutzstellungnahme mit Begrenzung auf maximal fünf Pferde nicht beeinträchtigt. Auch das neue Baugebiet „Am Kiefernweg“ steht immissionsschutzrechtlich nicht entgegen, da die Entfernung zu diesem Baugebiet noch weiter ist, als zu dem bestehenden Wohngebiet im Westen/Südwesten. 
Wir bitten um Stellungnahme hinsichtlich der Argumente des Klägervertreters im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der städtebaulichen Entwicklung. Liegt auch aus Sicht der Gemeinde keine Beeinträchtigung dieser Entwicklung durch das Vorhaben vor? 

Beschluss

Der Bauausschuss des Marktes Wolnzach nimmt zu den Fragen des Landratsamtes Pfaffenhofen a. d. Ilm wie folgt Stellung: 

  1. Herr Niedermeier hat mit Schreiben seines Anwaltes vom 10.03.2019 (welches jedoch erst am 04.04.2019 per Fax bei uns eingegangen ist und zuvor nicht vorlag) einen Antrag auf Befreiung vom Anschlusszwang gestellt, dieser Antrag wurde dem Landratsamt durch die Marktgemeinde per E-Mail am 05.04.2019 zur Kenntnis zugesandt, das Landratsamt hat den Markt um Stellungnahme hierzu gebeten. Der Markt Wolnzach hat mit Schreiben vom 23.05.2019 entsprechend Stellung genommen und erklärt, dass „(…) ob hier eine (ggf. Teil-) Befreiung von § 5 der Entwässerungssatzung (EWS) in Frage kommt, kann aufgrund der vagen Angaben im Bauantrag nicht beurteilt werden.“ 
Der Markt Wolnzach weist daher die Aussage des Klägervertreters, der Antrag auf Befreiung vom Anschlusszwang sei vollkommen unberücksichtigt geblieben, mit Nachdruck zurück und erklärt, dass einem Antrag gemäß § 5 der Entwässerungssatzung auf Befreiung vom Anschlusszwang seitens der Marktgemeinde keinesfalls zugestimmt wird. Es wird auf die Ausführungen im Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 23.07.2019 verwiesen, wonach die Marktgemeinde des Weiteren in jedem Falle das Recht hat, den Anschluss an die betreffenden Ver- und Entsorgungsanlagen zu verweigern. Die Erschließung des Vorhabens wird daher nach wie vor als nicht gesichert betrachtet. 
  1. Es wurde gegenüber der Marktgemeinde zu keinem Zeitpunkt durch den Antragsteller ein Angebot für die Kostenübernahme der Erschließung seines ohne Baugenehmigung errichteten Vorhabens abgegeben. Der Kostentragung durch den Antragsteller wird durch die Marktgemeinde nicht zugestimmt. 
  2. Der Markt Wolnzach erlaubt sich, hier folgenden Teil des Beschlusses des Bau- und Umweltausschusses vom 23.07.2019 vollständig wiederzugeben: „Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 24.5.1984 - 4 CB 2/84) sichert das Zulässigkeitserfordernis einer ausreichend gesicherten Erschließung auch die Planungshoheit der Gemeinde, wie § 35 Abs. 3 Nr. 4 BauGB mit der ausdrücklichen Nennung des Interesses der Gemeinde an der Vermeidung unwirtschaftlicher Aufwendungen u. a. für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung als eines öffentlichen Belangs bestätigt. Wenn im Außenbereich ein – wie hier - nicht ausreichend erschlossenes Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB durchgeführt wird, so leitet dies eine ungeordnete städtebauliche Entwicklung ein. Die Planungshoheit der Gemeinde erstreckt sich nicht nur darauf, Darstellungen und Festsetzungen in Bauleitplänen zu treffen, sondern schlechthin darauf, eine geordnete städtebauliche Entwicklung insbesondere durch Bauleitplanung und die Mittel zu ihrer Durchsetzung zu gewährleisten; dazu gehört auch die Sicherung der Erschließung (vgl. § 123 Abs. 1 BauGB) und die Verhinderung solcher nicht erschlossener Vorhaben, für deren Zulässigkeit das Gesetz eine ausreichend gesicherte Erschließung voraussetzt (BVerwG, B. v. 24.5.1984 - 4 CB 2/84).“
Dass die Marktgemeinde hier im Falle einer Genehmigung des ohne Baugenehmigung errichteten Vorhabens hinsichtlich Ihrer geordneten städtebaulichen Entwicklung vor Vollendete Tatsachen gestellt wird und Ihre öffentlichen Belange an einer ungeordneten und städtebaulich nicht vertretbaren Entwicklung auszurichten hätte und auf Kosten der Allgemeinheit die Belange eines einzelnen vorgezogen werden, ist nicht akzeptabel. Dass keine Beeinträchtigung des Westlich/Südwestlich liegenden bestehenden Wohngebietes sowie des künftigen Wohngebietes „Am Kiefernweg“, welches sich derzeit im Verfahren befindet, vorliegt kann anhand der auch dem Landratsamt vorliegenden äußerst zahlreichen Nachbarbeschwerden /-einwendungen wegen erheblicher Geruchsbelästigung verneint werden. 
Es liegt daher eine Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung der Marktgemeinde durch das Vorhaben vor. 

Die Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses vom 15.12.2015 sowie 27.06.2017 und 23.07.2019 werden vollumfänglich aufrechterhalten, auf diese wird nochmals mit Nachdruck verwiesen. 
Das Landratsamt wird gebeten, diese und die dem Landratsamt bekannten und vorliegenden äußerst zahlreichen Nachbareinwendungen gegen das Vorhaben in seiner Stellungnahme gegenüber dem Gericht Ihrer hohen Bedeutung gemäß entsprechend zu würdigen. 

Der Markt Wolnzach ist nach wie vor der Ansicht, dass es sich bei dem Vorhaben um die versuchte nachträgliche Legalisierung einer ohne Genehmigung errichteten Reitanlage handelt, die des Weiteren den eindeutigen Versuch der vormaligen Grundstückseigentümerin, welche die Anlage nutzt und betreibt darstellt, sich über den Antragsteller/Bauherren als Mittelsmann eine nachträgliche Baugenehmigung für ihre ohne baurechtliche Genehmigung und irgendwelche Rücksicht auf nachbarliche oder öffentliche Belange errichtete Reitanlage zu erlangen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Datenstand vom 23.12.2021 14:57 Uhr