Hiermit zeigen wir an, dass wir die rechtlichen Interessen der Penny Markt GmbH, Domstraße 20, 50668 Köln, vertreten. Unsere Bevollmächtigung versichern wir anwaltlich.
Gerne nehmen wir die Gelegenheit wahr, im Namen unserer Mandantin im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit zum Entwurf des Bebauungsplans „Sondergebiet großflächiger Einzelhandel Rote Wiese" (im Folgenden „Bebauungsplan") Stellung zu nehmen. Es bestehen grundlegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Planung. Hierzu führen wir im Einzelnen aus:
I.
Die Bekanntmachung der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist nicht geeignet, die erforderliche Anstoßwirkung zu entfalten, da der Bebauungsplan Ausgleichsflächen festsetzt, die nicht aus der Bekanntmachung ersichtlich werden.
1. Die Bekanntmachung ist nur dann ordnungsgemäß, wenn sie eine Anstoßwirkung entfaltet.
Unter diesem Begriff wird schlagwortartig zusammengefasst, was mit der Bekanntmachung erreicht werden soll. Sie soll interessierte Bürger dazu ermuntern, sich am Ort der Auslegung des Planentwurfs zu den angegebenen Zeiten über die gemeindlichen Planungsabsichten zu informieren und ggf. mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.09.2008-4 BN 22.08-, juris Rn. 4.
Die Bekanntmachung hat daher in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, das Informations- und Beteiligungsinteresse der Bürger zu wecken, die an der beabsichtigten Bauleitplanung interessiert oder von ihr betroffen sind. Der Inhalt der Bekanntmachung muss - mit anderen Worten - geeignet sein, potentiell planbetroffenen Bürgern ihre Betroffenheit bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1984 - 4 C 22.80 -, juris Rn. 19.
2. Dies vorausgeschickt erfüllt die vorliegende Bekanntmachung die erforderliche Anstoßfunktion nicht, da sich in der Bekanntmachung kein Hinweis auf die Ausgleichsfläche (Gemarkung Himmelstadt, Flurstück Nr. 8375) enthält.
Weder ist das betreffende Flurstück aus den in der Bekanntmachung enthaltenen Übersichtskarten enthalten noch von der Aufzählung der Flurstücke unter der Überschrift „Geltungsbereich" erfasst. Dadurch ist der von der Planung betroffene Bürger nicht mehr in der Lage, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen.
Dieses Defizit fällt umso schwerer ins Gewicht, da die Aufzählung der Flurstücke den Eindruck der Vollständigkeit vermittelt.
Ausschnitt aus der Bekanntmachung im Mitteilungsblatt für die Verwaltungsgemeinschaft Zellingen vom 09.09.2022
Um diesen Fehler im Rahmen der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung zu beheben, muss die Bekanntmachung der Offenlage wiederholt werden.
II.
Auch in materieller Hinsicht bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der Planung.
1. Verstoß gegen die Ziele der Raumordnung
Die Planung ist nicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung angepasst.
1.1 Gemäß Ziel 5.3.1 „Lage im Raum" des LEP sind Flächen für Betriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO, die ganz überwiegend dem Verkauf von Waren des Nahversorgungsbedarfs dienen, bis 1.200 m2 Verkaufsfläche in allen Gemeinden zulässig. Entsprechende Ausweisungen sind unabhängig von den zentralörtlichen Funktionen anderer Gemeinden zulässig und unterliegen nur der Steuerung gem. Ziel 5.3.2 des LEP.
Gemäß Ziel 5.3.2 „Lage in der Gemeinde" des LEP hat die Flächenausweisung für Einzelhandelsgroßprojekte an städtebaulich integrierten Standorten zu erfolgen. Die Zulässigkeit dieses Ziels wurde bereits vom Bayerischen VGH bestätigt.
Vgl. BayVGH, Urteil vom 14.12.2016 - 15 N 15.1201 – juris Rn. 62.
Ausweislich der Begründung des Ziels 5.3.2 des LEP sind städtebaulich integrierte Lagen Standorte innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs mit wesentlichen Wohnanteilen oder direkt angrenzend, die über einen anteiligen fußläufigen Einzugsbereich und eine ortsübliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verfügen.
Abweichend davon sind Flächenausweisungen für Einzelhandelsgroßprojekte in städtebaulichen Randlagen zulässig, wenn das Einzelhandelsgroßprojekt überwiegend dem Verkauf von Waren des sonstigen Bedarfs dient oder die Gemeinde nachweist dass geeignete städtebaulich integrierte Standorte auf Grund der topographischen Gegebenheiten nicht vorliegen.
1.2 Eingedenk dessen verstößt die Planung der Gemeinde Himmelstadt gegen Ziel 5.3.2 des LEP. Weder stellt der Standort eine städtebaulich integrierte Lage dar (dazu 1.2.1) noch liegen die Voraussetzungen für die Ausweisung eines Sondergebietes in städtebaulicher Randlage vor (dazu 1.2.2).
1.2.1 Angesichts dessen, dass sich die nächste nennenswerte Wohnbebauung in einer Entfernung von über 400 m befindet. handelt es sich nicht um einen „baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen". Sämtliche Flächen südlich der Brückenstraße sind von dem Bebauungsplan „Gewerbegebiet an der B27" überplant. Das darin festgesetzte Gewerbegebiet erstreckt sich in westlicher Richtung bis zur Bahntrasse, sodass nicht zu erwarten ist, dass sich nennenswerte Wohnbebauung in der näheren Umgebung des Vorhabenstandortes ansiedelt.
Auch eine ortsübliche Anbindung an den ÖPNV ist nicht gegeben. Dies ist ebenfalls dem Entwurf der Begründung des Bebauungsplans zu entnehmen. Zur ÖPNV-Anbindung heißt es:
„Um die gemäß Ziel 5.3.2 des LEP geforderte fußläufige Anbindung des Einzelhandelsstandorts an die Wohnbebauung sicherstellen zu können, wird gemeinsam mit dem Staatlichen Bauamt Würzburg als Straßenbaulastträger für die Bundesstraße B 27 und dem Landkreis Main-Spessart als Straßenbaulastträger für die Kreisstraße MSP 8 die Anordnung eines begleitenden Geh- und Radweges auf der westlichen Seite der MSP 8 von der Bundesstraße B 27 bis zum ÖPNV Anschluss am Bahnhof Himmelstadt errichtet. Diese Planung wird in einer eigenen Aufgabenstellung vorangetrieben und ist daher nicht Bestandteil der vorliegenden Bauleitplanung."
Für die Erfüllung der Anforderungen des LEP reicht eine (unsichere) Perspektive, dass eine ortsübliche Anbindung an den ÖPNV hergestellt werden kann, nicht aus, da die Regelung im LEP erkennbar auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses abstellt („verfügen"). Bis der geplante Geh- und Radweg genehmigt und errichtet wurde, kann die Gemeinde diesen nicht in anderen Planungen (hier: Bebauungsplan „Sondergebiet großflächiger Einzelhandel Rote Wiese") als vorhanden unterstellen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Realisierung der Wegeverbindung auch von Faktoren abhängt, die die Gemeinde nicht allein beeinflussen kann.
1.2.2 Sofern die Flächenausweisung für das Einzelhandelsgroßprojekt auf die Ausnahmevorschrift in Ziffer 5.3.2 Satz 2 des LEP gestützt werden soll, fehlt es insoweit an dem hierfür erforderlichen Nachweis, dass geeignete städtebaulich integrierte Standorte auf Grund der topographischen Gegebenheiten nicht vorliegen.
Ein solcher Nachweis dürfte durch die Gemeinde Himmelstadt nur schwer zu führen sein, da beispielsweise im Nahbereich des Bahnhofs und westlich des Mains Flächen zur Verfügung stehen, die städtebaulich besser integriert liegen als der hier ins Auge gefasste Standort an der Bundesstraße.
2.2 Unbestimmtheit der Einzelhandelsfestsetzung
Die Festsetzung mit der Ziffer 1.2 ist zu Unbestimmt. da offengelassen wird, was unter „Sortimente des Nahversorgungsbedarfs" zu verstehen ist.
2.2.1 Selbstverständlich steht es dem jeweiligen Plangeber frei, in einem Sondergebiet zwischen einzelnen Sortimentsgruppen zu differenzieren. Es muss jedoch für den Planbetroffenen erkennbar sein, welche Sortimente im Einzelfall von der Festsetzung erfasst wird. Erforderlich - aber auch ausreichend - ist in solchen Fällen eine Bezugnahme auf eine Sortimentsliste des jeweiligen Einzelhandelskonzeptes oder des Landesentwicklungsplans erfolgt.
2.2.2 Vorliegend ist wird in den textlichen Festsetzungen noch in der Begründung klargestellt, was unter „Sortimenten des Nahversorgungsbedarfs" bzw. des „Innenstadtbedarfs" zu verstehen ist. Insofern kann lediglich vermutet werden, dass die Begrifflichkeiten aus dem LEP entnommen wurden.
Um eine rechtssichere Anwendung zu ermöglichen, sollte in den textlichen Festsetzungen und/oder der Begründung des Bebauungsplans auf die Anlage 2 zur Begründung des LEP, in der die Einteilung der Sortimente in Bedarfsgruppen enthalten ist, Bezug genommen werden.
3. Widersprüchlichkeit der Planung
Im Hinblick auf die Erschließung des Plangebiets sind die Festsetzungen des Bebauungsplans und die Darstellungen in der Planurkunde nicht deckungsgleich.
Während es in der Begründung des Bebauungsplans heißt, dass die Anbindung des Plangebietes ausschließlich an die bestehende Kreisstraße MSP 8 „Brückenstraße" erfolgt (Begründung des Bebauungsplans, S. 15), wird aus der Planurkunde ersichtlich, dass die Erschließung des Sondergebietes nicht an die Brückenstraße erfolgt, sondern an die westlich verlaufende Rudolf-Diesel-Straße.
Ausschnitt aus der Planurkunde
Durch den vorliegenden Widerspruch ist es den politischen Entscheidungsträgern nicht ohne weiteres möglich, den Bebauungsplan fehlerfrei abzuwägen. Gerade die Erschließung eines Vorhabens ist ein wichtiger Aspekt, dessen Sicherung deutlich aus den Planunterlagen ersichtlich sein muss.
III.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Standort aufgrund der Lage außerhalb eines siedlungsräumlich integrierten Bereichs nach den Zielen des LEP nicht für die Ansiedlung von einem Einzelhandelsgroßprojekt geeignet ist und alternative Flächen geprüft werden müssen.
Darüber hinaus sind in den offenliegenden Unterlagen und in der Bekanntmachung der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung selbst Fehler enthalten, die einer Korrektur bedürfen, um die Planung nicht angreifbar zu machen.