Die Gemeinde Himmelstadt beabsichtigt, den Bebauungsplan „Mausberg IV mit 6. Änderung des Bebauungsplanes Mausberg II“ im beschleunigten Verfahren gem. §13b BauGB aufzustellen. Der Flächennutzungsplan stellt in diesem Bereich eine Wohnbaufläche dar. Im Geltungsbereich von ca. 1,8 ha ist eine Bebauung mit Einzel- und Doppelhäusern sowie Hausgruppen vorgesehen. Es sollen ca. 32 Bauplätze entstehen.
Die Prüfung nach regionalplanerischen Gesichtspunkten gemäß Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) und dem Regionalplan der Region Würzburg (RP2) hat folgendes ergeben:
1. Regionalplanerische Prüfung betroffener Belange:
Die regionalplanerische Prüfung der Planung hat folgende Hinweise ergeben:
- Der Geltungsbereich liegt überwiegend in der Zone III des Trinkwasserschutzgebietes Feldmühlquelle bzw. in der Zone IIIA eines geplanten Trinkwasserschutzgebietes.
Gemäß den Grundsätzen in 7.2.1 und 7.2.2 LEP soll darauf hingewirkt werden, dass das Wasser seine Funktionen im Naturhaushalt auf Dauer erfüllen kann. Grundwasser soll bevorzugt der Trinkwasserversorgung dienen; Tiefengrundwasser soll besonders geschont und nur für solche Zwecke genutzt werden, für die seine speziellen Eigenschaften notwendig sind. Analog sollen nach B XI 2, 2.1 und 2.2 RP 2 für die Trinkwasserversorgung bereits genutzte Grund- und Quellwasservorkommen gegenüber konkurrierenden Interessen vorrangig geschützt werden.
In der Begründung sind Aussagen zum Trinkwasserschutzgebiet bereits enthalten. Insofern entspricht die Planung den Erfordernissen der Raumordnung, wenn seitens der zuständigen Fachbehörden wasserwirtschaftliche Belange nicht entgegenstehen.
Nach Grundsatz 8.4.1 LEP sollen die heimischen Bau- und Kulturdenkmäler in ihrer historischen und regionalen Vielfalt geschützt und erhalten werden. Bei der weiteren Siedlungsentwicklung ist auf die Bodendenkmäler Rücksicht zu nehmen (Grundsatz B II 6.5 RP2).
In der Begründung ist das Bodendenkmal aufgeführt. Insofern entspricht die Planung den Erfordernissen der Raumordnung, wenn den Stellungnahmen der jeweiligen Fachbehörden in der Abwägung ein besonderes Gewicht zukommt.
2. Anforderungen an eine nachhaltige Siedlungsentwicklung
2.1 Bedarfsprüfung:
Gemäß den Grundsätzen und Zielen in 3.1.1 und 3.2 LEP, B II 1.1 und 3.2 RP2 und Art. 6 Abs. 2 Nr. 3 BayLplG soll die Siedlungsentwicklung nachhaltig und bedarfsorientiert sowie flächensparend erfolgen, die vorhandenen Potenziale der Innenentwicklung sind auszuschöpfen und vorrangig zu nutzen. Um diesen Festlegungen gerecht zu werden, bedarf es bei der Planung neuer Siedlungsflächen einer Prüfung, ob dafür hinreichender Bedarf besteht, der in Abwägung mit anderen Belangen die Flächeninanspruchnahme rechtfertigt (vgl. 1.2.1 und 3.1.1 LEP). Zudem sollen vor der Inanspruchnahme neuer Flächen im Außenbereich zunächst gemeindeweit sämtliche Potentiale der Innenentwicklung genutzt werden.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Auslegungshilfe zu „Anforderungen an die Prüfung des Bedarfs neuer Siedlungsflächen für Wohnen und Gewerbe im Rahmen der landesplanerischen Überprüfung“, die auch den Kommunen und Landratsämtern mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 07.01.2020 zur Verfügung gestellt wurde und anhand der auch die regionalplanerische Prüfung, ob Bauleitplanungen den Anforderungen gerecht werden, erfolgt.
2.2 Regionalplanerische Feststellungen zur Siedlungsentwicklung und zum Bedarfsnachweis
In der vorliegenden Bauleitplanung wurde ein umfangreicher Bedarfsnachweis geführt. Dieser kommt u.a. zum Ergebnis, dass rein rechnerisch kein Bedarf für Wohnbauflächen besteht. Die Gemeinde Himmelstadt möchte dennoch Bauland für ortsansässige Familien anbieten und sieht auch eine Nachfrage durch die attraktive Lage im Umfeld von Würzburg als gegeben an. Vorgesehen sind ca. 32 neue Baurechte in einem Nutzungsmix von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Hausgruppen.
Die Prüfung hat ergeben, dass die Planung in der vorgelegten Form nicht landes- und regionalplanerischen Festlegungen entspricht:
Im Hinblick auf die Inanspruchnahme von ca. 1,8 ha bisheriger Außenbereichsflächen lässt sich feststellen, dass die Planung zwar aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist, die entsprechende Änderung des FNP aber aus dem Jahr 1995 stammt. Die Kommunen stehen jedoch in der Verantwortung, ihre Bauleitpläne gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Diese sieht mittlerweile zahlreiche Festlegungen zur Flächenschonung und zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke vor. Maßgeblich für die Inanspruchnahme neuer Flächen zu Siedlungszwecken ist daher eine ausreichende Begründung durch die Gemeinde (Bedarfsnachweis).
Die Siedlungstätigkeit von Gemeinden, die wie Himmelstadt Nicht-Zentraler Ort sind, soll sich im Rahmen einer organischen Entwicklung vollziehen (vgl. Ziel B II 1.7 RP2). Das heißt für den Wohnsiedlungsbereich, dass die organische Entwicklung einer Gemeinde die Deckung des Bedarfs ihrer Bevölkerung sowie einer angemessenen Bevölkerungszuwanderung umfassen soll. Bei der gleichzeitigen Schaffung von 32 Baurechten ist nicht mehr von einer organischen Entwicklung auszugehen, was durch die Bedarfsprüfung belegt wird.
Vorrangig sind die vorhandenen Potenziale der Innenentwicklung zu nutzen (Ziel 3.2 LEP). Gem. Ziel B II 3.2 RP2 sollen vor Inanspruchnahme neuer Flächen am Rande bestehender Siedlungseinheiten verstärkt Maßnahmen zur Entwicklung brachliegender oder mindergenutzter Gebiete im Innenbereich durchgeführt werden. Dem Bedarfsnachweis ist zu entnehmen, dass eine Auseinandersetzung mit den Innenentwicklungspotenzialen stattgefunden hat. Es wurde jedoch – in Hinblick auf die Ausweisung eines so großen Neubaugebiets, keine differenzierte Betrachtung insbesondere der Baulücken vorgenommen. Auch ist nicht erkennbar, dass alle Maßnahmen zur Aktivierung von Innentwicklungspotentialen ausgeschöpft wurden.
Im Siedlungsbestand können weitere Leerstände entstehen, die zur Deckung eines künftigen Bedarfs genutzt werden können. Diese künftigen Potenziale sollten in die Überlegungen einbezogen werden. Durch die Erschließung von Neubaugebieten wird der Druck auf den Verkauf innerörtlicher Potenziale genommen und es kann die o.g. Bemühungen konterkarieren, Potentiale der Innenentwicklung für moderne Wohnformen nutzbar zu machen.
Die Ausweisung von Bauflächen soll an einer nachhaltigen und bedarfsorientierten Siedlungsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des demographischen Wandels und seiner Folgen, den Mobilitätsanforderungen, der Schonung der natürlichen Ressourcen und der Stärkung der zusammenhängenden Landschaftsräume ausgerichtet werden. Flächen- und energiesparende Siedlungs- und Erschließungsformen sollen unter Berücksichtigung der ortsspezifischen Gegebenheiten angewendet werden. Die Ausweisung größerer Siedlungsflächen soll überwiegend an Standorten erfolgen, an denen ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs-, Versorgungs- und Infrastruktureinrichtungen in fußläufiger Erreichbarkeit vorhanden ist oder geschaffen wird. (Grundsätze in 3.1.1 LEP).
Die Planung ist weder bedarfsgerecht noch zeichnet sie sich offensichtlich durch eine besondere Nachhaltigkeit (z.B. Festsetzungen zu Regenwassernutzung, Photovoltaik, Planung von Gemeinschaftsflächen zur Reduzierung von Parzellengrößen, usw.) aus. Weiterhin ist die Lage am Mausberg durch eine große Entfernung zu den wesentlichen Infrastruktureinrichtungen in Himmelstadt (Bahnhaltepunkt, Kindergarten, Schule, geplanter Einzelhandel,…) gekennzeichnet, so dass durch die Lage ein großes Siedlungsentwicklungsgebiet nicht begründet werden kann. Die vorgesehene Planung ist zudem ausschließlich auf „Familienwohnen“ in Einzel- und Doppelhäusern sowie Hausgruppen ausgelegt, weitere Zielgruppen werden nicht berücksichtigt. Somit lässt sich ein Wohngebiet in der vorliegenden Größenordnung auch nicht durch eine besondere städtebauliche Gesamtplanung rechtfertigen. Eine Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung kann nur dann hergestellt werden, wenn die Planung deutlich reduziert wird bzw. eine abschnittsweise Planung erfolgt. Lt. Begründung wurde das Baugebiet bereits für eine abschnittsweise Erschließung konzipiert. Bei einer abschnittweisen Planung sollte jedoch die städtebauliche Gesamtkonzeption nochmals hinterfragt werden in Bezug auf Zielgruppenorientierung, Flächensparen und Nachhaltigkeit.
Zu begrüßen ist, dass über eine Bauverpflichtung im Kaufvertrag - verbindlich für jeden Grundstückskäufer - sichergestellt werden soll, dass die Bauplätze im Sinne des Flächensparens (vgl. Grundsatz 3.1.1 LEP) auch für eine kurzfristige Bebauung zur Verfügung stehen.
Ergebnis: Der vorgelegte Bauleitplanentwurf entspricht nur dann den o.g. regionalplanerischen Erfordernissen an einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung (insbesondere Ziele und Grundsätze in 3.1.1 und 3.2 LEP, B II 1.7 und B II 3.2 RP2), wenn die Planung erheblich reduziert oder eine Ausweisung zunächst in einem ersten Bauabschnitt erfolgt. Eine Anpassung der Planung in Hinblick auf die Bedürfnisse weiterer Zielgruppen sowie auf das Flächensparen wäre wünschenswert.
Bzgl. der betroffenen Belange des Trinkwasserschutzes und der Denkmalpflege kommt den Stellungnahmen der Fachstellen in der Abwägung ein besonderes Gewicht zu.