Privat C:
Meike Kraasch-Ohlhaut und Dirk Ohlhaut
vom 27.07.2023
Wir widersprechen fristgerecht dem Bebauungsplan vom 26. Juni 2023. Als direkte Anwohner sind wir unmittelbar von der geplanten Änderung betroffen und widersprechen dieser daher mit folgender Begründung:
1. Kein realer Bedarf
„Gemeinde in den letzten zwei Jahren einen Zuzug von jungen Familien verzeichnet", was auf „die hervorragende verkehrstechnische Anbindung" zurückzuführen sei. Auch hier widersprechen Sie sich in Ihren Ausführungen.
Einerseits argumentieren Sie, dass es eine sehr hohe Nachfrage nach neuen Grundstücken gibt (S. 8ff), auf Seite 11 behalten Sie sich dann jedoch vor, das Baugebiet abschnittsweise zu erschließen, was der vorangestellten hohen Nachfrage widerspricht.
In der Begründung des Bebauungsplans gibt die Gemeinde Himmelstadt selbst an, dass „rein rechnerisch" kein Bedarf an Wohnbauflächen bestehe (Seite 10 der Begründung zum Bebauungsplan). Ein Bedarf auf Grundlagen von Nachfragen - ohne Zusicherung des Kaufes und anschließender tatsächlicher Bebauung bei aktuell höchsten Baukosten, spiegelt somit auch keinen realen Bedarf wider.
Ebenfalls auf Seite 10 der Begründung antizipiert der Antragsteller: „dass ein Großteil dieser Bewerber tatsächlich konkret Interesse an einem Grunderwerb hat“. Von einem konkreten Bauvorhaben nach Grunderwerb ist nicht die Rede. Auch auf Nachfrage wird auf eine Interessentenliste verwiesen, die aus datenschutzrechtlichen Gründen für Bürger*innen nicht einsehbar ist, um deren Aktualität überprüfen zu können. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass
erneut viele Baulücken entstehen werden. Die Wahrscheinlichkeit steigt sogar noch, falls kein einheitlicher Bauzwang im Bebauungsplan verankert wird. Eine einzelvertragliche Regelung mit den jeweiligen Käufern fördert an dieser Stelle ebenfalls die Intransparenz und gemäß aktuellem Baurecht haben alle Eigentümer dann die gleichen Rechte, müssen somit ihre Baupflicht nicht ausüben. Ebendies ist bereits in der Vergangenheit mehrfach passiert. Womit die vielen aktuell bestehenden Baulücken zu erklären sind.
2. Genügend unbebaute erschlossene Grundstücke
Auch hier benennt die Gemeinde selbst, dass es mindestens so viele bereits erschlossene Grundstücke im Gemeindegebiet wie Anfragen gibt.
Es wird benannt, dass sich bemüht worden sei, die privaten Grundstückseigentümer zum Verkauf zu bewegen, jedoch gibt es auch die Rückmeldung, dass es angenehm ist in Himmelstadt – im Vergleich zu anderen Gemeinden - ein unbebautes Grundstück zu besitzen, da man ausgesprochen selten kontaktiert wird. Andere Gemeinden würde da deutlich unnachgiebiger und unbequemer eine Bebauung bzw. Veräußerung einfordern.
Bei bestehenden erschlossenen Grundstücken bestünde der Vorteil, dass die Grundstückspreise niedriger wären und somit einfacher verkauft und bebaut werden könnten. Die Gemeinde müsste an dieser Stelle gegenüber den Eigentümern der in privatem Besitz befindlichen Grundstücken konsequenter die bestehenden Pflichten einfordern (Nutzung entsprechend vorgesehenem Nutzungszweck, regelmäßige Rodung der Fläche (ggf. mit dem Angebot, das von der Gemeinde auszuführen gegen einen entsprechenden Preis), Einhaltung der Räumpflichten im Winter
etc.).
Als weiteres Beispiel dafür, dass die Gemeinde sich nicht ausreichend bemüht hat, bestehende Grundstücke dem Markt zu zuführen: es wird ein Grundstück landwirtschaftlich genutzt (Birkenstraße Nr. 6), was definitiv nicht der in diesem Bereich ausgewiesenen Flächennutzung entspricht.
Was genau hat die Gemeinde unternommen, um unbebaute Grundstücke zu erwerben, die im Privatbesitz sind?
3. Schwierigkeiten bzgl. Kindergartenplätze, Grundschulplätzen, Mittags- und Ferienbetreuung
Angenommen, alle Flächen werden verkauft und bebaut, dann bringt das Baugebiet zu viele Menschen auf einmal nach Himmelstadt.
In der Folge muss die Grundschule weiter ausgebaut werden. Der Kindergarten muss schneller ausgebaut und betrieben werden, wozu zunächst mal genügend pädagogisches Personal gefunden werden muss. Leider ist für den Umgang mit dem erhöhten Zuzug keinerlei Konzept bekannt. Sollten an dieser Stelle nicht zuerst akzeptable Rahmenbedingungen geschaffen werden, bevor mit der Umsetzung eines weiteren Baugebietes begonnen wird?
Ab 2026 besteht in ganz Deutschland eine Pflicht einer Mittags- und Ferienbetreuung
(https://www.bmfsfi.de/bmfsfi/aktuelles/alle-meldunen/rechtsanspruch-auf-ganztagsbetreuunq-fuer-ab-2026-beschlossen-178826 Stand: 25.07.2023).
Auch hier müssen für mehr Kinder Räumlichkeiten und Personal gefunden werden. In diesem Jahr ist die Mittagsbetreuung an ihre Obergrenze gestoßen. Wie soll es dann weitergehen? In einer E-Mail an den Bürgermeister, in der ich (Meike Kraasch-Ohlhaut) gefragt habe, wie es mit einer möglichen Ferienbetreuung aussehe, kam die Antwort des Bürgermeisters „Das fehlende Personal und auch die fehlenden Räumlichkeiten sind die ausschlaggebenden Punkte. Über finanziellen Auswirkungen müsste auch noch gesprochen werden." Wie gedenkt die Gemeinde die genannte Verpflichtung ab 2026 umzusetzen?
Denn selbst in der Begründung des Bebauungsplans gibt Himmelstadt an, Familien mit jungen Kindern anwerben zu wollen.
4. Mängel an der Planung des geplanten Baugebiets
a. Beschleunigtes Verfahren nach §13b BauGB:
Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 18.7.2023 entschieden. (Quelle: (https://www.bverwg.de/pm/2023/59 Stand: 23.07.2023) anhand dieser hier geschaffenen Rechtsgrundlage möchten wir unseren Einspruch ebenfalls festmachen.
b. Gemäß Bebauungsplan sind Einzel-, Doppelhäuser und Hausgruppen zugelassen. Es wird darauf hingewiesen, dass durch diese Wahl der vorgegebenen Gebäudeformen auch Mehrparteienhäuser mit Mietwohnungen und Eigentumswohnungen umgesetzt werden können. In Kombination mit der explizit ausbleibenden Begrenzung der Vollgeschosszahl und der maximalen Wandhöhe von 8 m bzw. Firsthöhe von 10 m bedeutet dies, dass bei einer Etagenhöhe von ca. 2,40 m Mehrfamilienhäuser bzw. Hausgruppen mit bis zu 4 Etagen möglich sein werden. In wie fern sich dies in die bestehenden Gebäude in den angrenzenden Baugebieten Mausberg I und Mausberg II einbinden soll, bleibt ein Rätsel. Derartige Gebäude erinnern an eine städtische Bebauung. Ein Bürger Himmelstadts hat es im Jahr 2021 auf den Punkt gebracht: „Vom Giebel aus betrachtet wird das Baugebiet Mausberg IV das Ortsbild von Himmelstadt für die nächsten 100 Jahre prägen, da ist es schon wichtig, dass man sich genau Gedanken macht, wie die Fläche zu bebauen ist.“ Der aktuell vorliegende in alle Richtungen offene Bebauungsplan spiegelt diesen schönen Gedanken nicht wider! Ist es im Sinne des Gemeinderates, dass im Anschluss an eine Einfamilienhaus Siedlung (Mausberg I und Mausberg II) ein derartiges Baugebiet anschließt? Ist das die Zukunftsvision für Himmelstadt?
5. Andere Optionen
Sind andere Optionen bedacht und abgewogen worden?
Vollkommen richtig arbeiten Sie heraus, dass der Trend zu kleineren Haushalten geht. Auf Seite 9 benennen Sie hierfür als Ursachen die Zunahme der älteren Bevölkerung (Tatsächlich ist die Gruppe der > 75 jährigen in den nächsten 10 Jahren die einzige erwachsene Bevölkerungsgruppe die stetig größer wird.
Quelle: (https://www.statistik.bayern.de/mam/statistik/gebiet_bevoelkerung/demographischer_wandel/demographische_profile/09677.pdf) Stand: 25.07.2023; Seite 5) sowie den generellen Trend zu Ein- und Zweipersonenhaushalten. Wollten Sie diesem Trend wirklich entgegentreten, dürfte die Lösung nicht heißen ein neues Baugebiet für Einfamilienhäuser zu erschließen, vielmehr sollte die Renovierung bzw. Neuanlage von Mehrfamilienhäusern im Ortskern (um der alternden Bevölkerung durch kurze Wege zur Infrastruktur, das Leben zu erleichtern.) das Ziel sein. Auch machen umliegende Gemeinden (Retzstadt, Karlstadt, Uettingen, etc.) erfolgreich vor, wie man ältere Mitbürger durch innovative und integrierende Konzepte (z.B, betreutes Wohnen) im Ortskern ein Zugehörigkeitsgefühl geben kann und in der Mitte der Gesellschaft / Ortsgemeinschaft ansiedelt. Hierfür wäre die Investition in Infrastruktur (Bäckerei, Metzgerei, Supermarkt, Bank, medizinische Versorgung, Freizeitgestaltung) deutlich besser angelegt als weiterhin Flächen zu versiegeln und ein neues Baugebiet auszuweisen. Mit ambulant betreutem Wohnen würde die Selbstständigkeit aufrechterhalten und es attraktiver gemacht, sich räumlich zu verkleinern. In der Folge würde dadurch auch Wohnraum für Familien kreiert und gleichzeitig im Zuge der Sanierung älterer Gebäude (durch den Verkauf existierender Immobilien älterer Bürger an junge Familien), wie von der Bundesregierung gefordert und gefördert. Weiterhin würde energieeffizienteres Wohnen gewährleistet sowie bestehendes Siedlungsgebiet modernisiert. Dies wäre ökologisch und würde den Ortskern erhalten.
Hierbei ist zudem zu beachte, dass aufgrund der Arithmetik bei der Kreditvergabe ältere Bürger tendenziell eher am Mieten Interesse zeigen, da eine Kreditfinanzierung (insb. in der aktuellen Zinslage) für Personen >55 Jahren nur mit sehr hoher Eigenkapitaldecke möglich sein wird. Derartiger konzeptioneller Weitblick und bedarfsgerechte Planung sind leider ebenfalls nicht zu erkennen.
Wir als Bürger und Wähler in der Gemeinde sind schockiert von der Konzeptlosigkeit, ist es Desinteresse an einer nachhaltigen Entwicklung oder wird versucht, die Meinung einzelner in den Vordergrund zu stellen, in der Hoffnung, der Rest des Gremiums folgt diesen Ausführungen willfährig.
Auf Seite 13 führen Sie aus, dass die Gemeinde kontinuierlich die Infrastruktur stärkt. Sowohl der Dorfladen, Metzger, Banken als auch der Bäcker haben mittlerweile geschlossen. Von einer Stärkung der Infrastruktur kann nicht die Rede sein. Der Kindergarten läuft seit Jahren an der Belastungsgrenze und darf aktuell nur wegen einer jährlich verlängerten Sondergenehmigung weiterbetrieben werden. Ein Ausbau ist geplant, zieht sich nun mittlerweile auch schon über mehrere Jahre hin (Ausgang: ungewiss).
Ebenfalls führen Sie auf, dass keine alternativen Standorte für eine städtebauliche Erweiterung in der Ortslage existieren und begründen dies mit nicht möglichem Zugriff auf die Grundstücksflächen und deutlichen Mehraufwendungen für die Erschließung. In der Initiative „Innen statt Außen" wird tatsächlich auch nicht davon ausgegangen, dass eine nachhaltige Entwicklung und ein flächenschonender Umgang mit den Flächen automatisch auch immer wirtschaftlich vorteilhaft sein muss. Aus diesem Grund wurde vom Bayerischen Städtebauförderungsprogramm eine Förderinitiative gegründet:
„Im Rahmen der Vereinfachung des Bayerischen Städtebauförderungsprogramm ist die Förderinitiative im Schwerpunkt „Flächen schonen" aufgegangen, die Gemeinden profitieren von einem erhöhten Fördersatz von grundsätzlich 80 Prozent." (Quelle: (https://www.stmb.bayern.de/buw/staedtebaufoerderung/foerderschwerpunkte/flaechenschonen/index,php Stand: 23.07.2023) Hier sollte eine umfassende Prüfung stattfinden, ob der Fokus auf derartige Konzepte nicht besser mit der demographischen Entwicklung vereinbar wäre.
Ziel sollte es also sein und dies gibt die Regierung auch eigentlich vor: Baulücken schließen, Aufleben des Ortskerns, statt neue Baugebiete zu erschließen. Aus diesem Grund fordern wir ein Grundstückskataster mit vorhandenen Baulücken und Ausbaumöglichkeiten. Die Gemeinde soll sich aktiv bemühen, Bauinteressenten und Investoren mit den Eigentümern zusammen zu bringen und Anreize schaffen, die Grundstücke für Wohnbauzwecke freizugeben (Ideen s.o.). Als weitere Argumente für diese Vorgehensweise gilt es anzuführen, dass Neubaugebiete nicht nachhaltig sind und die Bundesregierung energetische Sanierung deutlich stärker fördert.
Wir fordern Sie auf, die Entscheidung noch einmal zu überprüfen, die Bauleitplanung einzustellen und das geplante Baugebiet Mausberg IV nicht umzusetzen.