Sachvortrag:
Die Fraktion von SPD/Aktives Bürgerforum hat mit Schreiben vom 20.04.2017 einen Antrag auf Einführung eines Programmes „Baulandsicherung für Einheimische“ bei der Vermarktung von Baugrundstücken durch den Markt Zusmarshausen gestellt.
Grundsätzlich wurden neue Leitlinien für Einheimischenmodelle eingeführt. Diese Leitlinien gelten für Gemeinden bei der vergünstigten Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen des sogenannten Einheimischenmodells.
Die Leitlinien wurden zwischen der Europäischen Kommission, dem Bundesministerium und der Bayerischen Staatsregierung im Verhandlungswege definiert. Unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Freizügigkeit dienen Einheimischenmodelle dazu, einkommensschwächeren und weniger begüterten Personen der örtlichen Bevölkerung den Erwerb angemessenen Wohnraums zu ermöglichen.
Für die vergünstigte Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen eines Einheimischenmodells kommen nur Bewerber in Betracht, deren Vermögen und Einkommen (kumulativ) die jeweils von der Gemeinde vorab öffentlich bekannt gemachten Obergrenzen nicht überschreiten.
Die Kriterien zur Vergabe von vergünstigtem Bauland an die ortsansässige Bevölkerung sehen vor, dass mögliche Bewerber klar definierte Obergrenzen von Einkommen und Vermögen nicht überschreiten dürfen. Unter anderem darf ein Bewerber maximal über ein Vermögen in Höhe des betrachteten Grundstückswertes verfügen. Darüber hinaus darf ein Bewerber z.B. maximal ein Einkommen (Gesamtbetrag der Einkünfte) in Höhe des durchschnittlichen Jahreseinkommens eines Steuerpflichtigen innerhalb der Gemeinde erzielen.
Der Bewerber darf zudem nicht Eigentümer eines bebaubaren Grundstücks in der betreffenden Gemeinde sein. Immobilieneigentum außerhalb der betreffenden Gemeinde wird als Vermögen angerechnet.
Für alle diejenigen Bewerber, die die Einkommens- und Vermögenskriterien erfüllen, wird ein Auswahlsystem auf Basis einer Punkteverteilung etabliert. Dabei kann dem Kriterium der Ortsgebundenheit und der Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit eine Gewichtung von bis zu 50 % beigemessen werden. Auch weitere soziale Kriterien, wie z.B. Zahl der Kinder, pflegebedürftige Angehörige können festgelegt werden.
Nach Vorschlag von SPD/Aktives Bürgerforum soll das Einheimischenprogramm erstmals bei der der Bauplatzvergabe im Baugebiet „Rothseeblick“ zur Anwendung kommen.
Die Verwaltung hat im Rahmen einer Bestandsaufnahme alle 75 Interessenten am 10.05.2017 per E-Mail angeschrieben. Im ersten Schritt der Bauplatzvergabe wurde um Beantwortung der nachstehenden Fragen gebeten:
(1) Besteht Ihrerseits noch Interesse an dem Erwerb eines Baugrundstückes in der Marktgemeinde Zusmarshausen?
(2) Wünschen Sie den Beginn Ihres Bauvorhabens in den Jahren 2017/2018 oder 2018/2019?
(3) Würden Sie auch einen Bauplatz in einem Ortsteil von Zusmarshausen (z.B. Wörleschwang, Baubeginn 2018/2019) in Erwägung ziehen?
Baubeginn 2017/2018 16 Interessenten
(2 davon würden nachrangig auch einen Bauplatz in Wörleschwang in Erwägung ziehen)
Baubeginn 2018/2019 12 Interessenten
(1 davon würde nachrangig auch einen Bauplatz Wörleschwang in Erwägung ziehen)
Baubeginn sowohl 2017/2018
als auch 2018/2019 möglich
9 Interessenten
Absagen/keine Rückmeldungen/zurückstellen
38 Interessenten
Zwischenzeitlich erfolgte durch die Verwaltung eine Vorsortierung der Rückmeldungen, wobei
noch nicht alle vorliegen. Nachfolgend ein Zwischenbericht:
Als Verkaufspreis wurde ein Betrag von mindestens 200,-- €/m² und ein Bauzwang innerhalb von 4 Jahren angekündigt.
13 Bauparzellen stehen im Baugebiet „Rothseeblick“ zur Verfügung (einschließlich ursprüngliche Fläche „Gemeinschaftshaus“ im Baugebiet „Steineberg“ durch 8. Änderung des Bebauungsplans).
Aufgrund der eingegangenen Meldungen könnten diese Plätze aus Sicht der Verwaltung ohne ein eigenes Einheimischenprogramm vergeben werden. Dies auch unter dem Aspekt, dass der genaue Verkaufspreis noch festgelegt werden muss und auch noch ansteigen wird. Aufgrund einer vorläufigen Kalkulation ergibt sich ein Verkaufspreis von mindestens 200,-- €/m².
Die Aufstellung eines Einheimischenmodells erfordert juristische Beratung und Prüfung, um den Voraussetzungen der Europäischen Kommission gerecht zu werden. Der Aufwand steht nicht im Verhältnis zu den tatsächlichen, jetzt abgefragten Zahlen der Interessenten, die sich aus der o.a. Tabelle ergeben.
Ein Einheimischenmodell für die Vergabe von Baugrundstücken wird für den Markt Zusmarshausen aber notwendig werden, wenn die Entscheidungen für das Gelände der ehemaligen Zusamklinik hinsichtlich einer Bebauung zu treffen sind. Hier erfordert sowohl das „Weilheimer Modell“ als auch das Modell des „Zwischenerwerbs“ als Grundlage ein Einheimischenmodell, das einkommensschwächere Menschen in die Lage versetzen soll, in das Eigentum eines Baugrundstückes zu kommen.
Diskussionsverlauf:
Der ausgearbeitete Beschlussvorschlag der Verwaltung wird von der SPD-Fraktion kritisch gesehen. Es besteht vor allem mit dem zweiten Absatz kein Einverständnis. Details könnten in einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet werden und dann bis September zu einem Ergebnis führen, erklärt MR Aumann als Fraktionsvorsitzender der SPD den Antrag nochmals zusammenfassend.
MR Reitmayer hat zwischenzeitlich zur Stadtverwaltung in Friedberg Kontakt aufgenommen. Auch hier war die Einführung eines solchen Einheimischenmodells geplant. Allerdings wurde während der Erarbeitung festgestellt, dass die Kriterien zu hoch anzusetzen und das Ergebnis nicht erfolgsversprechend wären. Er sieht die Aussichten recht schmal.
Auch MR Sapper ist der Meinung, dass grundsätzlich der rechtliche Rahmen eingehalten werden muss. Trotzdem sollte der Marktgemeinderat sich mit dem Thema auseinandersetzen und nicht schon am heutigen Abend kategorisch ablehnen. Arbeitsgruppen haben sich schon zu anderen Thematiken und früheren Zeiten bewährt. Er wird den Vorschlag auf jeden Fall unterstützen.
Bgm. Uhl erklärt nochmals den bereits im Sachverhalt dargestellten Inhalt. Vor allem gibt er zu bedenken, dass das Wort „Einheimischenmodell“ kein adäquater Begriff für die herausgebrachten Richtlinien ist. „Sozialmodell“ wäre wohl der passendere Ausdruck. Aufgrund der Richtlinien sowie rechtlichen Rahmenbedingungen wird eine Arbeitsgruppe kein Ergebnis vorlegen können, das dann auch rechtssicher ausgestaltet wäre. Es handelt sich hier um so ein spezielles Gebiet, das nicht mal jeder Jurist beherrscht.
Von der Gemeinde müssten vorab öffentlich bekanntgemachte Obergrenzen des Einkommens und des Vermögens – am besten auf ein Gutachten gestützt – festgelegt werden, so der Vorsitzende weiter. Das muss seinem Erachten nach erst mal erarbeitet werden. Er kann sich ein solches Ergebnis nicht durch eine Arbeitsgruppe vorstellen. Grundsätzlich war früher das Einheimischenmodell zur Unterstützung Einheimischer gedacht, da bei Verkauf von Bauflächen ein etwa 30 % niedrigerer Quadratmeterpreis von dieser Personengruppe verlangt wurde. Wenn allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt Interessenten herangezogen werden, dann sind das nach Meinung des ersten Bürgermeisters alles Leute, die den vollen Preis genauso akzeptieren.
Gegenteilig zum Einheimischenmodell wäre die Aufstellung von Richtlinien zu sehen. Diese enthalten beispielsweise den Grundsatz der Unterstützung von Einkommensschwachen und weniger begüterten Personen. Vermögen und Einkommen zusammen dürfen dabei aber die von der Gemeinde bekanntgemachte Obergrenze nicht überschreiten. Maximal ist so viel Vermögen zulässig, wie der Grundstückswert des zu erwerbenden Bauplatzes beträgt. Der Eigentümer darf darüber hinaus kein bebaubares Grundstück im Gemeindegebiet besitzen. Immobilieneigentum außerhalb des Marktes Zusmarshausen würde zum Vermögen gerechnet werden. Die Ortsgebundenheit sowie die Ausübung eines Ehrenamtes könnten max. mit 50 prozentiger Gewichtung in die Beurteilung einfließen. Auch Kinder oder pflegebedürftige Angehörige dürfen eingerechnet werden. Wie im Sachvortrag dargestellt liegen zum aktuellen Zeitpunkt 75 Bewerber für Bauflächen im Markt Zusmarshausen vor. Derzeit sind allerdings nur 11 Bauplätze im Bereich des Bebauungsplanes Rothseeblick und 2 Plätze aus der 8. Änderung des Bebauungsplanes Steineberg verfügbar. Wir sprechen also von 13 zu vergebenden Bauflächen, so der erste Bgm.
Aus den 75 Bauwerbern haben sich auch nach nochmaliger, versuchter Rückfrage 38 Personen nicht mehr gemeldet. Genannte Kriterien waren: 4 Jahre Bauzwang und ein Quadratmeterpreis ab 200 Euro aufwärts. Weitere Fragen an die Bauwilligen waren unter anderem der gewünschte Baubeginn, der Kaufzeitpunkt des Grundstücks in 2017/2018 oder alternativ in 2018/2019. Auch wurde angefragt, inwiefern ein anderer Ortsteil, z. B. Wörleschwang, ebenfalls in Frage kommen würde.
Bei dieser Umfrage hat sich herauskristallisiert, dass lediglich 16 Interessenten für die derzeit freien 13 Bauflächen vorhanden sind. Zwei dieser Interessenten wären auch bereit, in einen Ortsteil des Marktes Zusmarshausen zu bauen, wobei einer dieser Bauwilligen ein spezielles Bedürfnis auch später befriedigen könnte. Bürgermeister Uhl hält aufgrund dieser Situation das Einheimischenmodell derzeit für wenig sinnvoll. Natürlich versteht er den guten Gedanken hinter dem Antrag der SPD, aber ein typisches Einheimischenmodell, wie der Markt es aus der Vergangenheit kennt, ist heute nicht mehr möglich. Auch sollte kein Einheimischenmodell aufgestellt werden, das später rechtliche Probleme mit sich bringt. Dennoch sieht der Vorsitzende für das Areal der Zusamklinik ein solches Modell als wichtig und richtig an. Deshalb wurde der Beschlussvorschlag auch so vorbereitet, dass die Anwendung nur bei weiteren Baugebieten, insbesondere beim Areal der ehemaligen Zusamklinik greift. Bürgermeister Uhl appelliert an die Kollegen im Gremium, ein solches Einheimischenmodell zu einem späteren Zeitpunkt erstellen zu lassen. Die notwendige Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dürfte ebenfalls mehrere Tage andauern, sodass der geplante Verkauf des Baugebietes Rothseeblick bis dahin möglicherweise schon in vollem Gange wäre.
MR Juraschek erkundigt sich nochmals: Wenn der Markt ein Baugebiet ausweist, kann dieser doch auch festsetzen, wie viele Wohnungen und welche Art der Bebauung vorgesehen wird. Daraufhin erklärt der Vorsitzende, dass dies Sache des Bebauungsplanes ist. MR Juraschek erwidert, dass aber spätestens zu diesem Zeitpunkt diese Gedanken über die Gestaltung und die Vergabe bereits erledigt sein sollten, denn dann kommt genau dieselbe Problematik wieder. Von daher zeigt der Marktrat seine Unterstützung zum Antrag auch persönlich. „Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir uns die Entwicklung von neuen Baugebieten (Zusmarshausen und Ortsteile) tatsächlich vorstellen.“ Nicht jeder kann sich heutzutage noch ein Einfamilienhaus leisten, weshalb der Arbeitskreis durchaus als sinnvoll zu erachten ist.
MR Richard Hegele zeigt sich aufgrund der Ausführungen des Bürgermeisters als verwundert. Die letzten Monate und Jahre hat der Markt dafür gekämpft, Grundstücke zu erwerben um Bauflächen schaffen zu können. Und jetzt stellt sich dies alles als Seifenblase dar, da anscheinend gar keine Bauflächen benötigt werden. Das Baugebiet Rothseeblick mit 13 Bauflächen scheint zu genügen. Trotzdem wäre es seiner Meinung nach sinnvoll, Kriterien für die Bauplatzvergabe sowohl als Anhaltspunkt für den Gemeinderat als auch für den Bürgermeister aufzustellen. Es spricht aus seiner Warte also nichts gegen eine Arbeitsgruppe.
Bürgermeister Uhl erklärt daraufhin nochmals, dass es sich hier um keinen „Schaum“ handelt. Allein in 2018/2019 verbleiben 21 Interessenten. Es ist also durchaus ein massiver Andrang zu spüren.
Auch MR Reitmayer ist für ein Einheimischenmodell und schlägt vor, das Vaterstettener Modell (unterzeichnet am 22.06.2017) als Grundlage heranzuziehen und auf Zusmarshausen umzumünzen. Nachdem der Vorsitzende sich hierzu kritisch äußert und auf die Vorreiterrolle des Marktes im Landkreis Augsburg verweist, erklärt MR Reitmayer, dass Friedberg seine Anstrengungen abgebrochen hat. Der Stadtrat hat sich dazu entschieden, Grundstücke zu versteigern.
MR Aumann erkundigt sich bei Bgm. Uhl, woher die Zahl der „30 %“ kommt. Diese Aussage stammt von Dr. …
, erklärt der Vorsitzende. Laut MR Aumann ist im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums nirgends „30 %“ genannt. Außerdem verweist er auf das Bayerische Landesamt für Statistik, welches auch Zahlen wie die Einkommensgrenzen zur Verfügung stellen könnte. Den Aufwand sieht MR Aumann als gering: Regierungen und Landratsämter wurden bei Umsetzung der Leitlinien zur Unterstützung angewiesen. Er sieht den Markt Zusmarshausen auf der sichersten Seite, wenn eine Orientierung an diesem Modell erfolgt. Natürlich schließt das eine individuelle Anpassung und Weiterentwicklung für den Markt Zusmarshausen nicht aus. Auch Horgau besitzt seit 17 Jahren ein Modell und hat super Erfahrungen damit. Zudem würde die Vorreiterrolle dem Markt gut zu Gesicht stehen, so MR Aumann. Trotzdem sieht Bgm. Uhl derzeit keinen Bedarf. Es geht den Markträten ja vor allem darum, dass der Quadratmeterpreis ermäßig wird. MR Aumann kontert nochmals, dass Horgau 10 % gibt. Damit müsste die Höhe des Nachlasses eigentlich Sache des Marktes Zusmarshausen sein. Ihm ginge es nicht um das Baugebiet Rothseeblick, sondern um ein sauberes und transparentes Modell zur Nachvollziehbarkeit für den Rat und die Bewerber in der Zukunft. Der Vorsitzende bleibt dabei, dass es sich hier um ein verfrühtes Unterfangen handelt und hält die Befassung mit dieser Thematik für keine recht gut investierte Zeit.